MKL1888:Chieti

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Chieti“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 1010
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Chieti. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 1010. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Chieti (Version vom 14.04.2021)

[1010] Chieti (spr. kjē-), eine Provinz Unteritaliens, bis 1871 Abruzzo citeriore genannt, grenzt im O. an das Adriatische Meer, im N. an die Provinz Teramo, im W. an Aquila, im S. an Campobasso (Molise) und umfaßt 2861 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 3092 qkm = 56 QM.) mit (1881) 343,948 Einw. Das Land zerfällt in zwei Regionen, eine innere gebirgige (mit der rauhen, 2780 m hohen Gebirgsgruppe Majella) und eine flache Küstenregion, und wird von zahlreichen Flüssen, unter denen der Pescara, Trigno, Palena, Sangro, Sinello und Trista die bedeutendsten sind, bewässert. Der Boden ist auf den Höhen größtenteils steril, in den Ebenen und Flußthälern dagegen außerordentlich fruchtbar; dennoch sind etwa zwei Fünftel des Areals unbebaut. Als Hauptprodukte erzeugt die Provinz Getreide, Öl, Reis und Wein (besonders bei Vasto, Atessa und Chieti); auch Hülsenfrüchte, Tabak und Flachs werden angebaut. In den Eichenwäldern gedeiht die Schweinezucht, auf den ausgedehnten Weideflächen die Schafzucht; das Meer liefert Überfluß an Fischen. Die Industrie ist in Tuch, Baumwollwaren, Hüten und Mützen, Handschuhen, Schuhwaren, Essig, Seife, Zündhölzchen etc. von Bedeutung. Die Provinz zerfällt in die drei Kreise: C., Lanciano, Vasto. – Die Hauptstadt C., auf einer kleinen Hochebene in fruchtbarer Gegend an der schönen Heerstraße und der Eisenbahn gelegen, welche von Neapel zur Pescaramündung führt, ist gut gebaut, hat eine imposante Kathedrale (1070 erbaut, 1595 erneuert, mit einer Krypte), mächtige Trümmer einer altberühmten Normannenburg sowie Überreste römischer Bauten (Amphitheater, Tempel der Diana Trivia etc.). Die Einwohner, deren Zahl (1881) 12,273 beträgt, treiben ansehnliche Fabrikation von Wollwaren, Hüten, Glas, Zündhölzchen etc. sowie Handel mit Wein, Getreide, Öl etc. C. ist Sitz eines Erzbischofs, des Präfekten und eines Generalkommandos; es hat ein Lycealgymnasium, eine Normalschule, eine technische Schule, ein Seminar, eine Handelskammer und ein Theater. – Im Altertum hieß C. Theate Marrucinorum und war eine der bedeutendsten Städte dieses sabellischen Stammes. Die Stadt nahm an dem zweiten Samnitischen Kriege gegen die Römer teil und fiel 305 v. Chr. in deren Hände. Nach dem Sturz des römischen Reichs geriet sie zuerst in die Gewalt der Goten, dann der Langobarden. Von Pippin dem Kurzen zerstört, wurde sie von den Normannen wieder aufgebaut, befestigt und zur Hauptstadt der Abruzzen erhoben (1088). 1524 stiftete hier der heil. Gaetano von Theate den Orden der Theatiner.