MKL1888:Papier

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 12 (1888), Seite 672680
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Papier. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 672–680. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Papier (Version vom 21.05.2021)

[672] Papier, ein blattförmiges, durch Verfilzung feiner Fäserchen entstandenes Fabrikat, das in den verschiedensten Größen (Formaten) und Dicken hergestellt [673] wird. Bis zu der Dicke, bei welcher es, ohne einzureißen oder zu zerbrechen, noch gefaltet werden kann (0,02–0,3 mm), heißt es kurzweg P., während dickere Fabrikate den Namen Pappe oder Karton führen. Der Name P. stammt ab von Papyros, dem Namen einer Wasserpflanze, aus deren Schaft die Alten (schon vor 1562 v. Chr.) Blätter zum Schreiben herstellten. Sie spalteten das vom Bast befreite Mark vermittelst eines scharfen Instruments in sehr feine, möglichst breite Längsstreifen. Diese Streifen wurden mit Nilwasser angefeuchtet, auf Brettern schichtenweise übereinander gelegt, und zwar abwechselnd in der Länge und in der Quere, und mit einem glatten Gegenstand (Zahn, Muschel etc.) geglättet. Dann wurde ein solches Blatt, das durch einen Pflanzenleim Zusammenhang bekommen hatte, scharf gepreßt oder mit Hämmern geschlagen, hierauf in der Sonne getrocknet. Durch Zusammenkleben solcher Blätter mittels Kleisters entstanden die längern Rollen. Die Griechen nannten dieses Fabrikat biblos oder chartos und die Römer charta.

Geschichte des Papiers.

Die Erfindung des durch Verfilzung feinster Fasern dargestellten Schreibblattes gehört den Chinesen. Der Ackerbauminister Tsailün unter dem Kaiser Hiao-Wuti (Han-ho-ti, um 123 v. Chr.) lehrte die Bereitung des Schreibblattes aus der Baumwolle und der Bastfaser des Papiermaulbeerbaums (Kodzu), des Strohs, des Bambus, der Ulme und, wie die Sage geht, selbst aus Hadern, und alsbald entstanden zahlreiche Werkstätten an den Orten, wo geeignete Rohstoffe zu finden waren. Tsailün lehrte das Schriftblatt Schi in der vollkommenen Weise bereiten, wie sie heute noch in China, auf der Hochebene des Himalaja, im Pandschab, in Vorderindien, Bengalen, Siam, Korea und Japan zu finden, und wie sie bis zu uns gekommen ist. Um 610 n. Chr. brachten die vom König von Korea nach China gesandten Priester Donchô und Hojo diese Kunst nach Japan und Korea, und die Tataren, welche sie auf ihren Eroberungszügen um 580 n. Chr. in China kennen lernten, verpflanzten sie in ihre Heimat. In und um Samarkand errichteten sie zahlreiche Papierhäuser; doch diente als Material zumeist die Baumwolle und die Nesselbastfaser, da sie den Papiermaulbeerbaum und den Bambus nicht besaßen. Um 650 lernten die Araber auf ihren Streifzügen in die Tatarei die Papiermacherkunst kennen, brachten sie nach Mekka, Medina und einigen andern Städten, namentlich Damaskus, woher die Benennung Charta damascena, und errichteten überall, wo sie als Eroberer sich niederließen, bedeutende Papierhäuser, wo, ebenfalls aus Baumwolle, aber auch, wie die Funde von El Fayûm beweisen, spätestens im 8. Jahrh. aus Lumpen und zwar vorwiegend aus leinenen Lumpen, sehr festes, freilich aber auch sehr dickes P. (Charta cuttunea oder bombycina) gemacht wurde, das sich durch vorzügliche Glätte der Oberfläche vor allen, auch den chinesischen, auszeichnete. Die Bibliothek des Escorial enthält ein Manuskript auf Baumwollpapier aus dem 10. Jahrh.; diese alten arabischen Papiere sind mit Stärke (nicht mit Mehl) geleimt und enthalten, gleichsam als Füllmasse, nicht verkleisterte Stärke. Meist waren die arabischen und maurischen Papiermacher Gelehrte, was erklärt, daß dieselben auf den Titeln oft das Wort „al warrák“ hinzusetzten, was (von wark, das Blatt) „Blattmacher“ bedeutet. In Griechenland, Sizilien, Spanien, die Nordküste Afrikas entlang und in Asien gab es zahlreiche maurische Papierhäuser.

Auf den Kreuzzügen hatten die Deutschen Ritter und Templer und die französischen Kreuzritter das Papiermachen im Orient kennen gelernt, und am Ende des 12. Jahrh. finden sich die ersten Spuren der Papiermacherei in Deutschland, um 1250 in Frankreich, um 1275 in Italien (Ancona). Papiermacher soll es bereits gegeben haben zu Kaufbeuren (1312), Nürnberg (1319), Augsburg (1320), in Au bei München (1347), Leesdorf in Österreich (1356), in Basel (1380) und um dieselbe Zeit bei verschiedenen Klosterschulen und in der Nähe der Universitätsstädte. 1390 wurde von Ullmann Stromer in Nürnberg eine vollständige Papiermühle angelegt. In Frankreich wurde das erste P. wahrscheinlich schon 1248 gemacht und die erste Papiermühle in Troyes um 1350, in England bei Stevenage 1460 und später, nachdem diese erste Fabrik eingegangen, 1558 zu Dartford gegründet, und auch in Italien entstanden um diese Zeit Papiermühlen in Savoyen, in der Lombardei, Toscana und der Romagna (Fabriano und Ancona 1293). Nach Untersuchungen von Briquet in Genf sollen übrigens alle Papiere aus dem 12. und 13. Jahrh. aus Leinenfasern bestehen.

Einen großen Aufschwung erhielt die Papiermanufaktur durch die Erfindung der Buchdruckerkunst, so daß in der Mitte des 15. Jahrh. schon zahlreiche Mühlen anzutreffen sind, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Dänemark und Schweden (1550). In hohem Grad wirkte seit der Mitte des 16. Jahrh. die Kirchenreformation im Verein mit dem allgemeinen geistigen Aufschwung auf die Papiermanufakturen günstig ein durch die große Anzahl von Schriften und Schulbüchern. Durch den Dreißigjährigen Krieg wurde in Deutschland die gewerbliche Thätigkeit gelähmt, und erst nach dem Westfälischen Frieden (1648) fand ein neuer Aufschwung auch in der Papiermanufaktur statt, welche nun auch besonders in England durch die eingewanderten Hugenotten zur Blüte gelangte. Dazu kam die von Holland eingeführte, früher in Deutschland erfundene neue Vorrichtung zum Zerkleinern der Lumpen, der sogen. Holländer, die bald statt des alten „Stampfgeschirrs“ Eingang fand, da sie viel mehr leistete.

Die wesentlichste Umgestaltung jedoch erfuhr die Papierfabrikation am Ende des vorigen Jahrhunderts durch die Erfindung der Papiermaschine, welche auf dem Prinzip beruht, sämtliche Arbeiten des Papiermachens in der Weise durch mechanische Vorrichtungen auszuführen, daß mit großer Schnelligkeit ein sehr breites und beliebig langes Papierband (endloses P.) gewonnen wird. Es entstanden bei diesem Bestreben zwei noch heute beliebte Systeme, die sich wesentlich nur durch die Anordnung der Siebe (die auch hier Form heißen) unterscheiden, indem das eine System eine rotierende, cylindrische Form (Cylindermaschine), das andre eine sich als Sieb ohne Ende größtenteils horizontal bewegende Form (Maschine mit gerader Form) besitzt. Da die letztere Maschine sich leicht mit einer Schüttelvorrichtung verbinden läßt (daher auch kurz Schüttelmaschine genannt wird), welche so wesentlich zur Papierbildung beiträgt, so bildet sie die Regel, die Cylindermaschine die Ausnahme. Als Erfinder der Schüttelmaschine ist Louis Robert, Werkführer in der Papierfabrik Essonne, nicht weit von Paris, anzusehen, der 1799 ein darauf bezügliches Patent erhielt, das er 1800 an Didot, den Direktor der Fabrik St.-Leger, verkaufte. Didots Schwager John Gamble erwarb das Patent für England und führte es in Verbindung mit Fourdrinier (Papierfabrikant) [674] und Donkin (Maschinenbauer) aus, wonach dann die Maschine, welche anfangs nur 60 cm breites P. lieferte, immer mehr vervollkommt, allmählich bekannt und verbreitet wurde. Frankreich erhielt die erste Maschine 1815, Deutschland 1819. Die Cylindermaschine wurde zuerst 1797 von Michael Leistenschneider in Saarlouis ausgedacht, dann 1805 von Bramah in London nach einem sehr unvollkommenen Plan entworfen, aber erst etwa 1810 von Dickinson in England ausgeführt, auch in Deutschland etwas später 1816 von Keferstein in Weida (Weimar) nach eignem Plan gebaut. Seit 1840 ist die Maschinenpapierfabrikation zur vollen Bedeutung gelangt und hat die Büttenmanufaktur bis auf eine geringe Zahl von Mühlen verdrängt.

Fabrikation des Papiers.
(Hierzu die Tafel „Papierfabrikation“.)

Die Fabrikation des Papiers kommt darauf hinaus, kleine Fäserchen von geeigneter Beschaffenheit mit Wasser zu einem dünnen Brei anzurühren, sodann in möglichst unregelmäßiger Weise durcheinander zu legen und endlich mit der Entfernung des Wassers zu einer blattförmigen, fest zusammenhängenden Masse zu vereinigen.

I. Gewinnung der Fasern. Die Rohmaterialien stammen fast ausschließlich aus dem Pflanzenreich, nur zu grobem P. benutzt man wohl Wolle, während Seide fast unbrauchbar ist. Asbest wird zu unverbrennlichem P. verarbeitet. Unter den Rohmaterialien sind Lumpen (Hadern, Stratzen) aus Leinen, Baumwolle und Jute am wichtigsten, weil sie schon bis zu einem gewissen Grad für die Fasergewinnung vorbereitet, überdies für die Kosten des Sammelns zu erhalten sind. Dann folgt die künstlich gewonnene Faser aus Holz (Holzstoff), Stroh (Strohstoff) und einer Reihe andrer Pflanzen (Esparto, neuseeländischer Flachs, Manilahanf, Jute, Aloehanf, Nessel, Yukkafaser, Zuckerrohr etc.). Von den Lumpen bestehen die besten aus gebleichtem, reinem, feinem Leinen, dann folgen der Reihe nach die Lumpen aus grobem, sehr grobem, halbgebleichtem, ungebleichtem, gefärbtem Stoff, Stricken, Tauen, Baumwollgeweben etc. Das Sortieren geschieht gleichzeitig mit einem vorläufigen Zerschneiden, um Knöpfe, Haken, Ösen etc. zu entfernen. Dann folgt ein weiteres

Fig. 1. Lumpenschneider.

Zerschneiden auf dem Lumpenschneider (Textfig. 1). Letzterer besteht in der Regel aus einem eisernen Cylinder A, auf dessen Peripherie sich drei etwas schraubenförmig gestellte Messer befinden, welche bei der Drehung des Cylinders hart an einer feststehenden Stahlschiene g vorbeistreifen und so die durch ein Lattentuch a c und eine Stachelwalze d auf diese Schiene geschobenen Hadern je nach der Geschwindigkeit der Zubringung in mehr oder weniger kleine Stücke zerschneiden. In neuerer Zeit konstruiert man auch Hadernschneider nach dem Prinzip der Kreissägen, Kreisscheren und Hacken. Die zerschnittenen Lumpen werden darauf in einem Stäuber (Drescher) oder Wolf mechanisch von anhängendem Schmutz befreit. Ein solcher Lumpenwolf hat große Ähnlichkeit mit dem Schlagwolf zum Lockern der Baumwolle (s. Spinnen). Der Stäuber dahingegen besteht aus einem hohlen, 1 m langen und 550 mm weiten Haspel aus acht Holzstäben, welche mit stumpfen Zähnen besetzt sind. Dieser Haspel dreht sich in einem hölzernen Kasten, in dem ebenfalls Zähne angebracht sind, so daß die eingeschlossenen Lumpen kräftig geschlagen werden und den durch ein Sieb abfallenden Staub verlieren. Von anhängendem Staub möglichst befreit und oft sogar mit Wasser einmal gewaschen, werden die Lumpen sodann einer chemischen Reinigung vermittelst Kalk- oder Natronlauge und Kochens mit Dampf in einem Kessel (Lumpenkocher) unterworfen. Um hierbei ein die Wirkung verminderndes Anlegen der Lumpen an die Kesselwand zu vermeiden, werden die Kocher, die zwischen 500 und 3000 kg Hadern fassen u. eine cylindrische oder kugelige Form haben (Kugelkocher, s. Tafel, Fig. 1), fortwährend langsam mit 1–3 Umdrehungen in der Minute gedreht. Ein gewöhnlicher rotierender Kocher besteht aus zwei ineinander geschobenen horizontalen Cylindern, in deren Zwischenraum die Lauge und der Dampf eingeführt werden. Hierzu dient ein Rohr für den Dampf und eins für die Lauge. Ein Hahn schließt das Laugerohr ab. Innerhalb des Kessels tritt das Rohr in eine abgeschlossene Kammer und zerteilt sich in drei Stränge zwischen den beiden Cylindern. Zum Herausnehmen der Lumpen ist der Deckel abzunehmen und durch eine Laufkatze zu entfernen. Die Drehung des Cylinders erfolgt auf vier Rollen. Durch Hähne verschließbare Stutzen dienen zum Abfließen der Lauge und des Waschwassers. Inwendig sitzen Pflöcke zum Wenden des Kocherinhalts. Nachdem durch wiederholtes Kochen unter einer Pressung von 2–4 Atmosphären die Trennung aller Fett- und Schmutzteile von den Hadern und die Zerstörung der Wollfasern herbeigeführt ist, werden die Hadern durch Waschen mit warmem Wasser in Schaufelwaschmaschinen gründlich gereinigt und dann zerkleinert. Das Zerkleinern wurde früher in Stampfmühlen (Stampfgeschirr, deutsches Geschirr, Hammergeschirr), jetzt fast ausschließlich vermittelst zerreißender Werkzeuge (Messer) in Mahlapparaten

Fig. 2. Holländer.

(Stoffmühle, holländisches Geschirr, Holländer) vorgenommen. Diese bestehen (Textfig. 2) aus einem Trog u, der in der Mitte durch eine Querwand a t so geteilt ist, daß die in demselben sich befindende Masse aus Lumpen und Wasser in der Richtung der Pfeile darin zirkulieren kann (Ziehen). Hierbei gerät die Masse fortwährend unter den Cylinder d (Walze), welcher mit einer großen Zahl (32–48) Schienen oder Messern ausgestattet ist, die

[Ξ]

Papierfabrikation.
Fig. 1. Rotierender kugelförmiger Hadernkocher. 2½ Meter Durchmesser. / Fig. 2. Stoffmühle oder Holländer. Länge 4½ Meter. / Fig. 3. Papiermaschine. System Robert-Fourdrinier, mit horizontal liegendem Metallsieb. Länge 25 Meter. / Fig. 4. Papiermaschine. System Leistenschneider-Dickenson, mit Cylinder-Metallsieben. Länge 11 Meter. / Fig. 5. Fields Pappenmaschine, mit Doppelcylinder. Länge 6 Meter.

[675] mit den unten bei c im sogen. Grundwerk b liegenden Messern (3–20 an der Zahl) das Zermalmen bewirken, zugleich aber auch die Masse nach m l hinauf- und über den Sattel oder Berg l hinwegschieben. Zur Entfernung der sich ablösenden Schmutzteilchen und des Sandes dient die vor dem Kropf liegende Rinne (Sandfang) o sowie die Waschtrommel s und die bei r gezeichnete Waschscheibe. Letztere ist ein mit feinem Drahtsieb überzogener Rahmen, gegen welchen der Holländerinhalt geschleudert wird, wodurch das Wasser mit dem Schmutz durchfliegt und seitwärts durch q abläuft. Erstere ist eine ebenfalls mit Drahtsieb überzogene, sich langsam drehende Trommel, in deren Inneres das schmutzbeladene Wasser dringt, um durch einen Heber abzulaufen. Durch Einschieben der Blindscheiben p können die Waschscheiben außer Thätigkeit gesetzt werden, was am Ende des Mahlprozesses zur Vermeidung von Faserverlust notwendig ist. Um endlich die Messer nach und nach schärfer angreifen zu lassen, ist (Fig. 2 der Tafel) die Walze mit ihren Zapfen in Hebeladen gelegt, welche durch eine Schraube mit Handrad allmählich gesenkt werden. Das Mahlen erfolgt in zwei Absätzen in zwei Holländern. In dem ersten Absatz handelt es sich um das Zerreißen oder Zermalmen der Lumpen zu sogen. Halbzeug, in dem zweiten um die Verfeinerung zu fertigem Zeug, Ganzzeug (Halbzeug- und Ganzzeug-Holländer). Beim Mahlen wird zugleich eine der zu produzierenden Papiersorte angepaßte Mischung verschiedener Halbzeuge sowie der Zusatz andrer Stoffe (Holzzeug und Füllstoff [Schlämmkreide, Thonerde, Blanc fixe, Gips etc.]), das Bläuen durch Ultramarin etc., das Leimen mittels eines Harzleims und, natürlich vor jedem Zusatz das Bleichen der Lumpen vorgenommen. Letzteres wird gewöhnlich durch Chlorkalk bewirkt, der, in passenden Mengen in Wasser gelöst, dem Zeug im Holländer beigemengt wird. Üblich ist auch das Bleichen in besondern Bleichkammern mittels Chlorgas, das auf das durch Zentrifugieren entsprechend entwässerte Zeug zur Wirkung gelangt. Das zu verwendende Quantum Chlorkalk variiert zwischen 1 und 8 kg auf 100 kg trocken gedachte Lumpen.

Da die Lumpen zur Erzeugung des Papiers nicht mehr ausreichen, so spielen ihre Surrogate eine wichtige Rolle. Große praktische Bedeutung haben namentlich Holzstoff, Stroh und Esparto gewonnen. Über die Herstellung des Holzstoffs s. d. Der auf chemischen Wege gewonnene Holzstoff (Cellulose) hat wegen der Beseitigung der inkrustierenden Materien bessere Qualität als der geschliffene und findet daher besonders als Zusatz zu feinen Papieren Verwendung. Holzstoff im allgemeinen wird dem Halbzeug in Quantitäten von 15–90 Proz. zugesetzt. Strohstoff wird fast auf dieselbe Weise gewonnen wie die Holzcellulose, nämlich durch Kochen in Laugen. Leichter als Stroh ist das Esparto zu verarbeiten. Die Pflanze wird sorgfältig von Wurzeln und Unkraut gereinigt und dann im Kochkessel mit Natronlauge bei einem Druck von 2–3 Atmosphären gekocht. Die weiche Masse kann ohne weiteres im Holländer zu Halbzeug vermahlen, dann gebleicht und in Ganzzeug verwandelt werden. Von gutem spanischen Rohmaterial gewinnt man 42–50, von algerischem nur 40–45 Proz. an Fasern, die sich durch große Festigkeit, weiße Farbe und bedeutende Verfilzungsfähigkeit auszeichnen und deshalb in England schon die ausgedehnteste Verwendung zu den feinsten Brief- sowie den festen Banknotenpapieren gefunden haben.

II. Bildung des Papiers. Die Bildung des Papiers erfolgt dadurch, daß man das entsprechend mit Wasser verdünnte Ganzzeug auf ein Metallsieb bringt, zum Zweck der Faserverfilzung und der Entwässerung auf und mit diesem Sieb gehörig schüttelt, das entstandene, noch durch und durch nasse Blatt auf einen wasseransaugenden Filz bringt und endlich durch Pressen und Trocknen an der Luft oder in künstlicher Wärme gänzlich vom Wasser befreit. Je nachdem diese Operationen sämtlich durch Menschenhände oder durch Maschinen ausgeführt werden, unterscheidet man die Hand- und Maschinenfabrikation, Hand- und Maschinenpapier. Bei der erstern Art läßt man zunächst das Ganzzeug in einen größern hölzernen, steinernen oder aus Zement hergestellten Behälter, die sogen. Bütte (daher das Handpapier auch Büttenpapier genannt wird), ab, in dem ein Rührapparat dasselbe fortwährend in Bewegung und ein kleiner Ofen (Blase) oder ein Schlangendampfrohr

Fig. 3. Handpapierform.

warm erhält. Aus dieser Bütte hebt ein Arbeiter (Büttgeselle oder Schöpfer) eine Portion Zeug vermittelst der sogen. Form und schüttelt diese so lange, bis das Wasser abgelaufen ist. Die Form (in Textfig. 3 in einem Teil dargestellt) besteht aus einem hölzernen Rahmen a mit einem darübergespannten, durch aufgenagelte Streifen i festgehaltenen Drahtsieb b und einem abnehmbaren Deckel c. Zum Tragen des Siebes dienen die Stege d mit einem Rost e aus Drahtstäben, welche mit den Bindedrähten f festgehalten werden und die Querdrähte g, h tragen, welche die obern Drähte b unverschiebbar aufnehmen. Diese Formen heißen gerippt, weil das P. von den parallelen Drähten ein geripptes Aussehen erhält; besteht das Sieb aus Drahtgewebe mit viereckigen Maschen, so heißt die Form Velin. Nach dem Schütteln schiebt der Schöpfer die Form ohne Deckel (den er in der Hand behält, um ihn von neuem auf eine vorgeschobene leere Form zu legen) auf dem Büttenbrett einem Gehilfen (Gautscher, Kautscher) zu, der dasselbe mit dem Papierblatt nach unten auf ein Stück verfilztes Wollengewebe (Filz) drückt (Gautschen, Kautschen), auf welchem bei behutsamer Abnahme der Form das P. unversehrt liegen bleibt. Nachdem man auf solche Weise und durch abwechselndes Übereinanderschichten von Filz und P. einen Stoß von 180 Bogen und 181 Filzen (Bauscht, Buscht, Pauscht) hergestellt hat, bringt man denselben in eine große Presse (Büttenpresse) zum Abpressen des ersten Wassers (Naßpressen). Hiernach legt ein dritter Arbeiter (Leger) die Stöße auseinander, nimmt die Bogen heraus und unterwirft sie neuerdings ohne Filze (im weißen Bauscht) einer Pressung und endlich einer Trocknung durch [676] Aufhängen in Trockenräumen. Das Hand- oder Büttenpapier nimmt auch Eindrücke von mit Draht auf die Form aufgenähten Zeichen (Firmen, Zahlen, Figuren etc.) an, wodurch die sogen. Wasserzeichen gebildet werden. Außerdem ist es beim Trocknen kraus geworden und muß durch Pressen geglättet werden. Eine besondere Eigenschaft desselben ist aber die Fließbarkeit (Fließpapier), welche es zum Schreiben unbrauchbar macht. Zur Verwandlung in Schreibpapier wird es daher geleimt, indem der Leimer die Bogen bündelweise in eine warme Lösung von tierischem Leim taucht, die mit Alaun versetzt wird, weil dieser dem Leim die Eigenschaft erteilt, einmal getrocknet, sich nicht mehr in Wasser zu lösen. Mit dieser Flüssigkeit durchtränkt, werden die Bogen stoßweise gepreßt und dann zum zweitenmal getrocknet und geglättet und zwar gewöhnlich durch Satinieren zwischen Kalandern (s. d.).

Die Handpapierfabrikation bedingt außer langsamer und teurer Erzeugung besonders eine Beschränkung in der Größe, welcher man selbst durch Einführung großer Formen (Doppelformen) nur wenig abhelfen konnte. Aus diesem Grund fand die Papiermaschine, welche mit großer Schnelligkeit das endlose P. erzeugt, einen so raschen Eingang, daß nunmehr fast nur noch Maschinenpapier fabriziert wird. Die Form der Maschine ist ein langes, endloses Sieb mit eben gespannter Oberfläche oder ein cylindrisches Drahtsieb (gerade Form und Cylinderform). Die Anlage und Einrichtung einer Langsiebmaschine erklärt sich mit Hilfe der Tafelfigur 3 wie folgt: Zur Entfernung des Sandes und andrer schwerer Körper sowie zum Zurückhalten von Faserverschlingungen (Katzen und Knoten) durchläuft das P. zunächst einen mindestens 6 m langen, flachen Kanal (Sandfang) über eine Menge quergestellter Leisten, dem dasselbe in genau abgemessenen Mengen und regelmäßigen Intervallen durch besondere Schöpfvorrichtungen (Stoffregulator) zugeführt wird, und darauf einige mit geschlitzten Platten versehene Rahmen oder drehende Cylinderknotenfänger, welche zur Vermeidung der Verstopfung eine schüttelnde Bewegung erhalten, während das Zeug durch einen Quirl stets aufgerührt wird. Von diesen Knotenfängern gelangt das Zeug unter einem Schützen durch über einem Lederlappen (Schürze) in der Pfeilrichtung wie ein breiter, dünner Wasserfall auf die endlose Form (Metallsieb), welche, von der ersten sogen. Brustwalze aus über eine große (24–36) Zahl dünner Tragwalzen (Registerwalzen) genau horizontal geführt und durch unten liegende Walzen gespannt und geleitet, stets zurückkehrt und auf dem Weg mit Hilfe einer starken Rüttelung den Stoff entwässert, so daß am Ende der horizontalen Fläche das P. gebildet ist. Damit das Zeug nicht seitwärts von der Form abläuft, liegt auf jeder Längskante derselben ein durch Rollen gespannter Riemen ohne Ende (Deckelriemen), der sich fest an die Form anlegt und sich mit derselben fortbewegt. Zur Hervorbringung der schüttelnden Bewegung der Form liegt die Brustwalze mit den Registerwalzen auf einem Rahmen, der von beweglichen Stützen getragen und von der Seite her durch kleine Exzenter in schwingende Bewegung gesetzt wird. Das ablaufende Wasser wird von einem flachen Kasten aufgefangen und fortgeleitet. Um das Wasserabfließen möglichst zu fördern, liegen unter der Form zwei schmale Gefäße mit Hebern, welche eine saugende Wirkung hervorbringen (Saugkasten). Dadurch wird das P. so weit entwässert, daß es sich nunmehr durch die mit rauhem Filz überzogene Walze (Gautschwalze) von der Form abnehmen und auf den Filz ohne Ende (Naßfilz) übertragen läßt, der es nun durch die zwei Naßpressen führt. Dann hebt sich das P. von dem Naßfilz ab, um über zwei Walzen auf den zweiten Filz ohne Ende (Trockenfilz) über- und mit diesem um fünf mit Dampf geheizte Trommeln zu gehen. Darauf passiert es das erste Glättwerk, geht weiter zum endgültigen Trocknen mit dem dritten Filz über drei Dampfcylinder, endlich nochmals durch zwei Glättwerke, um dann auf einem Haspel aufgewickelt oder sofort durch Schneidwerke in der Länge und in der Quere in Bogen oder allein in der Länge zu langen Bahnen (zu Tapeten etc.) zerschnitten zu werden. Zum fortwährenden Reinhalten des ersten Filzes ist eine Filzwäsche in einem Trog mit Walzen und zum Trocknen der Trockenfilze eine Anzahl Trockencylinder notwendig. Die Breite der Form, welche die Leistung wesentlich mit bedingt, beträgt gewöhnlich 1,5 m, mitunter 2 m, neuerdings sogar 3,2 m. Die die Leistung der Papiermaschine ebenfalls bedingende Geschwindigkeit der Form liegt je nach der Dicke des Papiers zwischen etwa 10 und 40 m in der Minute; die Leistung beziffert sich auf 1500–5000 kg P. in 24 Stunden. In der Papierfabrik von Kübler und Niethammer in Kriebstein ist eine Papiermaschine aufgestellt, die 2,8 m Arbeitsbreite hat und in 24 Stunden 7500 kg P. erzeugt. Zur Hervorbringung des gerippten Ansehens und der Wasserzeichen dient die sogen. Dandywalze (Sieb- oder Vordruckwalze), welche die Muster aufgenäht erhält und neben der Gautschwalze auf die Papierbahn mit Druck aufgelegt wird. Das Leimen des Maschinenpapiers erfolgt in einzelnen Fällen nachträglich wie beim Handpapier mit tierischem Leim entweder im Bogen oder mit Hilfe von Leimmaschinen, die wesentlich in einem Leimtrog bestehen, in welchem das P. durch ein Walzenpaar mit Leim durchtränkt wird, um dann in einem zweiten Walzenpaar ausgepreßt und darauf getrocknet zu werden, wozu sich die bei der Tapetenfabrikation üblichen Aufhängemaschinen besonders eignen (s. Tapeten). Die überwiegend größte Menge des Maschinenpapiers wird im Zeug mit Harz geleimt, indem man im Holländer eine Auflösung von Harz in Sodalauge, sogen. Harzseife, zusetzt und nachträglich durch einen Zusatz von Alaunlösung unlösliche harzsaure Thonerde auf die Fasern niederschlägt, so daß das P. die Maschine geleimt verläßt. Mitunter, bei den besten Sorten, wird auch wohl mit Harz im Zeug vor- und mit tierischem Leim im fertigen P. nachgeleimt.

Für die größte Zahl der Verwendungszwecke benutzt man weißes P.; soll dasselbe gefärbt werden, dann setzt man die Farben ebenfalls im Holländer zu. Da für einige Papiergattungen, namentlich Brief-, Schreib-, Kupferdruck- und andres feines P., die in der Papiermaschine gewonnene und für Druck-, Affichen-, Umschlag- u. dgl. P. vollkommen ausreichende Glätte nicht genügt, so wird ersteres nachträglich noch durch Satinieren im Satinierwerk (s. Kalander) geglättet und mit Glanz versehen, oft sogar hier noch durch Einpressen von Linien etc. für bestimmte Gebrauchszwecke vorbereitet.

Die Cylindermaschine (Tafelfigur 4) unterscheidet sich von der Langsiebmaschine im Prinzip nur durch die Form, die hier aus einem mit Messingsieb überzogenen Cylinder besteht, welcher sich in einem mit Papierzeug gefüllten Behälter dreht und sich dabei mit einer Papierschicht bedeckt, indem das Wasser durch die Siebmaschen abläuft. Da jedoch hier die Rüttelung ausgeschlossen ist, so liefert die Cylindermaschine [677] P. von bedeutend geringerer Qualität und findet hauptsächlich Verwendung in der Pappenfabrikation. Bedeutend verbessert hat man in neuerer Zeit das Produkt dieser Maschine dadurch, daß man 2–4 Cylinder anwendet und die 2–4 Bahnen unter der Gautschpresse aufeinander führt und verbindet. Solche Cylindermaschinen haben wegen ihrer Einfachheit und großen Leistungsfähigkeit vielfach Aufnahme gefunden. Die von Sembritzky in Schlöglmühl erfundene Papiermaschine zum Schöpfen einzelner Bogen nach Art der Handfabrikation liefert vorzügliches P.

Im Lauf der Zeit haben sich zahlreiche Sorten und Formate des Papiers gebildet, welche, nach Zusammensetzung und Eigenschaften geordnet, folgende gebräuchlichste Gattungen ergeben.

Papiersorten.

A. Lösch-, Schrenz- und Packpapiere.

a) Löschpapier, Fließpapier, ungeleimt;
b) Schrenzpapier, eigentliches Packpapier von kleinerm Format und dünn, ungeleimt;
c) Packpapier, geleimt und halbgeleimt:
1) rotes (aus roten Hadern),
2) braunes (aus Stricken, Werg, Tauen etc.),
3) gelbes (aus Stroh und braunem Holzschliff),
4) blaues (entweder aus blauen Hadern oder gefärbt): Nadelpapier, zum Verpacken der Nähnadeln; Zuckerpapier, zum Verpacken der Zuckerbrote; Leinwandpapier, zum Verpacken der Leinwand etc.

B. Druckpapiere, ungeleimt oder halbgeleimt, weiß.

a) Eigentliches Druckpapier:
1) Konzeptdruck, ordinärste Sorte,
2) Kanzleidruck, Mittelsorte,
3) Postdruck, feinere Sorte, gerippt,
4) Velindruck, in verschiedener Feinheit (auch Filtrierpapier);
b) Notendruckpapier, besonders stark;
c) Kupferdruckpapier, dick, velin, ungeleimt;
d) Gold- und Seidenpapier, in verschiedener Feinheit.

C. Schreib- und Zeichenpapiere, geleimt, weiß.

a) Schreibpapier, gerippt und velin:
1) Konzept, die geringste Gattung,
2) Kanzlei, mittelfeines und feines,
3) Post, feines und feinstes, namentlich Briefpapier,
4) Velinschreib, die feinern Sorten, dazu Postvelin etc.;
b) Notenpapier, dick;
c) Zeichenpapier, velin, nicht gebläut;
d) Tapetenpapier.
Formate (in Millimetern):
  breit hoch
Groß Elefant 1028 675
Klein Elefant 900 633
Colombier 821 590
Imperial 766 554
Groß Regal 736 529
Super Regal 688 487
Mittel Regal 657 498
Klein Regal (Regal royal) 621 487
Lexikonformat (Emoisin) 590 462
Groß Median 578 444
Mittel Median 542 444
Schmal Median 529 420
Klein Median (Register) 511 402
Schmal Register 487 396
Mittel Register 475 383
Propatria (Dikasterial) 450 471
Klein Format bis 402 320
432 371
Pandekten 371 264

Seit dem Jahr 1883 hat man auf Vorschlag des Vereins deutscher Papierfabrikanten im Einverständnis mit den Hauptbeteiligten angefangen, die große Zahl der oft ganz willkürlichen Abmessungen erheblich zu verkleinern und folgende Normalformate mit Weglassung der Benennungen, dahingegen nach 12 Nummern bezeichnet, einzuführen.

Nummer: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Höhe: 33 34 36 38 40 42 44 46 48 50 54 57 cm.
Breite: 42 43 45 48 50 53 56 59 64 65 68 78 cm.

Zwischen den deutschen, französischen und englischen Formaten findet keine vollständige Übereinstimmung statt. Zum Vergleich kann jedoch nachstehende Tabelle dienen, welche neben den deutschen Formaten die der beiden andern Länder enthält, welche den erstern am nächsten kommen:

Groß Elefant, Grand Aigle, Double Elephant,
Klein Elefant, Petit Aigle, Atlas,
Colombier, Soleil, Colombier,
Imperial, Grand Jésus, Imperial,
Groß Regal,
Klein Regal, Grand Raisin, Royal,
Groß Median, Coquille, Medium,
Klein Median, Écu, Demy,
Propatria, Couronne, Foolscap.

Vielfach wird in Europa das P. noch folgendermaßen eingeteilt, sortiert und benannt: Briefpapiere, in 3 Qualitäten und drei Formaten in plano (in folio, in quarto, in octavo) gelegt und verpackt; Schreibpapiere, in 5 Qualitäten Kanzlei- und 3 Qualitäten Konzeptstoff und in 7 Formaten in folio gelegt, in Lagen gebrochen (gebogen); Bücher- und Aktenpapiere in 3 Qualitäten und 5 Formaten in folio; Noten- und Zeichenpapiere in 2 Qualitäten und 9 Formaten in plano; Druckpapiere in 7 Qualitäten und 10 Formaten in plano; Noten-, Kupfer- und Steindruckpapiere in 2 Qualitäten und 5 Formaten in plano; Seiden-, Goldschlag-, Kopier- und Zigarrettenpapiere in 2 Qualitäten und 4 Formaten in folio; farbige Umschlag- und Zettel- (Affichen-) Papiere in 2 Qualitäten und 3 Formaten in plano; farbige, graue und halbweiße Packpapiere, Tütenpapiere, in 5 Formaten in plano; dann Karton-, Pappen-, Hanf-, Bast-, Stroh- und Löschpapiere in 8 Formaten und nach den Urstoffen sich ergebenden Qualitäten in plano. Endlich Papiere für Tapeten- und Buntpapierfabrikation, für Telegraphenstreifen, Photographie u. a.

Die Qualitäten oder Feinheitsgrade der Papiere sind in Fabrikation und Handel genau bestimmte; nur in der Farbe, Textur (Durchsicht, épair, web) weichen die gleichen Qualitäten der verschiedenen Manufakturen und Fabriken voneinander ab. Die Benennungsweise der Qualitäten ist fast in jeder Fabrik eine verschiedene; am verbreitetsten waren bei der Handpapierbereitung (Büttenmanufaktur) die Bezeichnungen nach den Wasserzeichen, z. B. Adler, Lilien, Löwen, Propatria etc., oder nach Rang und Qualitäten der Papiersorten: superfein Post, fein Post, Post, fein Kanzlei, Kanzlei, fein Konzept, Konzept, ordinär Konzept, fein Pack, ordinär Pack etc. (wie man die Hadernsorte ebenfalls benannte, woraus die betreffenden Papiere meist ausschließlich gemacht wurden), oder nach Buchstaben oder Zahlen. Als ein Unterschied besteht dann noch die Bezeichnung: „geripptes“ und „gleiches“ (vergé und vélin) P.

Da das P. durch verschiedene Zusätze (erdige Substanzen, Holzschliff u. dgl.) dermaßen an Qualität einbüßt, daß seine Dauerhaftigkeit eine sehr geringe ist, so sind in neuester Zeit besondere Qualitätsnormen für die bei Behörden etc. gebrauchten Papiersorten wissenschaftlich festgestellt und unter anderm von der preußischen Regierung angenommen. Diese Normen gründen sich auf Zusammensetzung, Festigkeit und Dehnbarkeit des Papiers und umfassen zunächst vier Stoffklassen:

Sorte I: Papier nur aus Hadern mit nicht mehr als 2 Proz. Asche, zu Urkunden, Standesamtsregistern, Geschäftsbüchern.
Sorte II: Papier aus Hadern mit Zusatz von Holzzellstoff, Strohstoff, Esparto, aber frei von Holzschliff, mit nicht mehr als 5 Proz. Asche, zu Kanzlei-Mundier, Briefpapier u. dgl. für dauernde Aufbewahrung.
Sorte III: Papier von beliebiger Stoffzusammensetzung, jedoch ohne Holzschliff, mit weniger als 15 Proz. Asche, zu Kanzlei, Mundier-Briefpapier, für kurze Aufbewahrung.

[678]

Sorte IV: Papier von beliebiger Stoffzusammensetzung und mit beliebigem Aschengehalt, zu untergeordneten Zwecken.

Bezüglich der Festigkeit und Dehnung gelten sechs Klassen:

1 2 3 4 5 6
Mittlere Reißlänge in Metern mindestens 6000 5000 4000 3000 2000 1000
Mittlere Dehnung in Prozenten mindestens 4,5 4 3 2,5 2 1,5
Widerstand gegen Zerknittern 6 6 5 4 3 1

(Näheres hierüber in Hoyer, Das P., seine Beschaffenheit und deren Prüfung, Münch. 1882.)

Die Formate waren in den ersten Zeiten der Papiermacherei sehr wenig zahlreich und wurden nach der Größe der damals allein gebräuchlichen Pergamente eingehalten, somit in dem Format der Kanzleien, des Stempelpergaments und dem für Diplome oder Urkunden. Aus jenen Zeiten haben sich die Namen: Stempelformat (Neu- und Altstempel), Kanzleipapier und Kanzleiformat, Registerpapier und Registerformat etc. bis heute erhalten. Berühmte Bücher und Kupferstiche liehen auch den Papierformaten, auf welche sie gedruckt waren, den Namen, z. B. Dekretalien-, Cicero-, Katechismus-, Kalender-, in neuerer Zeit Lexikon-, Schiller- etc. Format für Bücher, Jesus-, Colombier-, Abendmahl-, Galerie- etc. Format für Kupfer- und andre Stiche. Am meisten und verbreitetsten haben sich die Formatbenennungen: Kanzlei und klein Kanzlei oder Neustempel, Schulformat, Altstempel oder Propatria, klein und groß Median (engl. medium), Regal oder Royal, Imperial, groß Imperial erhalten.

Die Einteilung des Papiers für den Groß- und Kleinhandel ist zwar in den verschiedenen Weltteilen nicht gleich; doch stimmt die Haupteinteilung des Ballens in 10 Ries überein, und nur die Bogenzahl der Riese variiert zwischen 200 und 500. In Europa war allgemein die Einteilung des Ballens in 10 Ries, das Ries zu 20 Buch, das Buch zu 24 Bogen Schreib- oder 25 Bogen (1 Bogen als Zuschuß beim Drucken) Druckpapier eingeführt, und nur in Italien, Frankreich und England ändert man diese Zählung für die Versendungen nach Mittel- und Südamerika, Ägypten und dem Orient. In Deutschland zählt man das Neuries zu 1000, rechnet aber ohne weitere Bezeichnung nach 100, 200 etc., 1000, 2000 etc. Bogen.

Bemerkenswerte Papierarten sind noch folgende: Das Zigarrettenpapier ist ein aus sehr festem Fasermaterial bereitetes, sehr dünnes (0,02 mm), ungeleimtes P., das sich durch seine innige Verfilzung und leichte Verbrennlichkeit ohne Geruch auszeichnet. Das ihm ähnliche, 0,03 mm dicke Seidenpapier aus Hanffaser dient als Einlage beim „Spiegel“ zur Schonung des Glanzes des vordersten Endes der Seidenzeuge (Atlas). Dasselbe P., nur in andern Formaten, gibt das Kopier- und das Goldschlagpapier zum Einlegen der Goldblättchen. Das Visitenkartenpapier ist ein feines Karton- oder geringeres, mit Kreide, Blei- oder Zinkweiß, Gips etc. überstrichenes und stark geglättetes P. Das Nadelpapier besteht aus festen, schwarz oder dunkelviolettblau gefärbten Stoffen; weniger fest sind die farbigen Natur- und die Anschlagzettelpapiere, ebenfalls schon in der Faser vor der Bereitung gefärbt. Die Crayonpapiere zeichnen sich durch Festigkeit und ihre matten Farbentöne aus, während das Photographiepapier die höchste Leistung der Papierfabrikation repräsentiert und untadelhaft in Reinheit, Geschlossenheit der Verfilzung, Leimung und Gleichmäßigkeit der Oberfläche sein muß. Das sogen. Reispapier (chines. rice) von der Insel Formosa ist kein P. in unserm Sinn des Wortes, sondern ein fein geschältes Blatt aus der schneeweißen Wurzel der Aeschynomene paludosa (Familie der Papilionaceen) und wird zur Aquarellmalerei und Blumenverfertigung verwendet. Alle Papiere, auch wenn sie sorgfältig gebleicht wurden, nehmen mit der Zeit eine gewisse Färbung an. Verhängnisvoll ist aber nur das schnelle Vergilben der Papiere, welche verholzte Fasern, also besonders Holzschliff, Jutefasern, ungebleichten Strohstoff etc., enthalten, weil hiermit eine große Herabminderung der Festigkeit bis zu völligem Zerfall verbunden ist. Diese Vergilbung ist ein durch das Licht bedingter Oxydationsprozeß, der durch Anwesenheit von Feuchtigkeit begünstigt wird und sich namentlich schnell bei Gegenwart stark brechbarer (violetter und ultravioletter) Lichtstrahlen vollzieht. Da an diesen Strahlen das elektrische Licht sehr reich ist, so erklärt sich damit die Erscheinung, daß Holzschliffpapier in elektrischem und direktem Tageslicht sehr schnell, bei Gaslicht und diffusem Tageslicht sehr langsam vergilbt, wonach sich in Bibliotheken elektrische Beleuchtung nicht empfiehlt. Zu den Hadernsurrogaten sind übrigens auch mineralische Stoffe hinzugekommen, besonders Thon (China-Clay), Gips (Annaline), Blanc fixe etc.

Die wichtigsten Verwendungen des europäischen Papiers sind außer zu Schrift, Druck und Verpackung die zu den Bunt-, Tapeten-, Iris- und Kreidepapieren, zu Papierwäsche, zu Kartonagen, als Ersatz der Malerleinwand etc. und in neuester Zeit zu Gefäßen etc. Außerdem dient Papiermasse als Ersatz für Holz, welches sie an Gleichmäßigkeit, Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse, namentlich auch gegen Feuchtigkeit, weit übertrifft, zu Kalanderwalzen, Füllungen in Fuhrwerken, Eisenbahnwagenrädern.

Sicherheitspapier, zu wertvollen Dokumenten, namentlich zu Papiergeld, soll gegen Radieren, Zerstörung der Schrift durch chemische Mittel, insbesondere gegen Verfälschungen Sicherheit gewähren. Man benutzte früher allein Wasserzeichen, später gewisse Zusätze zu der Papiermasse, welche äußere Eingriffe sofort, gewöhnlich durch Farbenveränderungen, erkennen lassen. So bedient sich unter anderm die Lyoner Bank zu Wechseln eines Papiers, das in der Masse mit Ultramaringrün gefärbt ist, so daß die mit verdünnter Säure oder Alaunwasser geschriebenen Zahlen weiß erscheinen. Von großer Bedeutung ist das nach seinem Erfinder benannte Wilcoxpapier geworden, das auch in Deutschland das Material für die Banknoten bildet. Dieses P. wird dadurch erzeugt, daß man das aus festen Hanffasern gewonnene Zeug auf der Hand- oder der Maschinenform, bevor es viel Wasser verloren hat, mit verschiedenartig (rot, blau etc.) gefärbten Fasern von ca. 6 mm Länge bestreut, die sich so einbetten, daß sie zwar mit einer Nadel abgehoben werden können, aber doch dem Papierkörper angehören. Der Wert dieses Papiers liegt in der Schwierigkeit, die Anfertigung desselben geheimzuhalten, und darin, daß man demselben durch eine passende Lokalisierung der Fasern einen bestimmten Charakter geben kann. Thatsache ist, daß bis jetzt falsche Banknoten auf diesem auch Pflanzenfaserpapier genannten P. nicht vorgekommen sind.

Die Papiere Ostasiens und Vorderasiens unterscheiden sich wesentlich von den unsrigen. In China, Japan, Korea, bis nach Kaschmir besteht noch die ursprüngliche, 2000jährige Manipulation, welche darauf beruht, daß man die Rohpflanze in Bündeln bis zur Fäulnis (Wasserröste) in Wasser einlegt; dann die Faser auswäscht und reinigt, in Kasten mit Kalkschichten [679] ein paar Wochen überdeckt stehen läßt, wieder auswäscht, trocknet und die feine Faser durch Schlagen oder Stampfen zerkleinert. Die breiige Masse der zerkleinerten Fasern wird auf Formsieben aus feinsten Bambusfäden aus einer Bütte geschöpft, auf Filze oder Tücher abgegautscht, auf langen, schräg liegenden Porzellanöfen getrocknet, wenn erforderlich, mit Reis oder Oreniwurzel und Alaun geleimt (faniert) und endlich geglättet. Die wichtigsten Rohmaterialien sind in China, Japan und Korea der Bambus und der Papierbaum (Broussonetia papyrifera), in Siam außer jenen auch Trophis aspera und Chinagras (Boehmeria nivea), in Vorderindien die Jute (Corchorus capsularis), die Agave, der Sunhanf (Crotalaria juncea), der Pisang, Daphne, Astragalus und Borassus etc. In Japan werden Papiere aus dem Bast von Broussonetia papyrifera hergestellt, welche bei überraschender Weichheit und Biegsamkeit eine unsern Papieren fremde Festigkeit besitzen. Man benutzt europäische Papiermaschinen und hat auch die europäischen Formate angenommen. Zur Darstellung dieser Papiere wird der Bast der Broussonetia nur so weit zerfasert, daß die Zellen fast unversehrt bleiben und in dem P. in Längen von 12–15 mm vorkommen. Sie besitzen eine so außerordentliche Verfilzungsfähigkeit, daß das P. daraus in der Regel nur mit Alaun getränkt zu werden braucht, um die Eigenschaft des geleimten Papiers zu erhalten. Die Verwendung des japanischen Papiers ist namentlich zu Dokumenten und Landkarten, besonders für militärische Zwecke, zu empfehlen, da dasselbe des Aufziehens auf Leinwand nicht bedarf; man benutzt die stärkern Sorten desselben gefärbt und gepreßt vielfach statt des Leders zu Etuis, Portemonnaies, Brieftaschen u. dgl.; außerdem dient das japanische P. zu allerlei Gefäßen, Teppichen, zu Gegenständen, welche sonst aus Geweben hergestellt werden, zu Fenstern, Laternen, Fächern, Schirmen etc.

Prüfung des Papiers.

Die Prüfung des Papiers bezieht sich hauptsächlich auf das Material, aus welchem es hergestellt wurde, den Gehalt an mineralischen Stoffen, seine physikalischen Eigenschaften und seinen Chlorgehalt. Am besten ist P., welches aus Fasern hergestellt ist, die eine große Festigkeit, gehörige Länge und Geschmeidigkeit besitzen und aus möglichst reiner Cellulose bestehen. Man ordnet deshalb die Papiere in folgende fünf Klassen: 1) Flachs oder Hanf, 2) Baumwolle, Esparto, Jute, Nessel, 3) Holzcellulose, Stroh, 4) Holzschliff, 5) Wolle, Haar, Seide. Da nun auch die tierische Leimung mehr als jede andre zur Haltbarkeit beiträgt, so zerfällt jede Klasse noch in Unterabteilungen nach der Art der Leimung, und überdies kommen zahlreiche Zwischenstufen durch Mischung verschiedener Fasern vor. Zur Beurteilung der Papiersorten hat man daher Papiernormalien (s. S. 677) aufgestellt, und im allgemeinen kann man sagen, daß die besten Papiersorten von Holzschliff, Stroh und ähnlichen Fasern frei sein müssen. Zur Prüfung der Festigkeit benutzt man eine geeignete Maschine und prüft das P. nach Länge und Breite und zwar an Streifen von 15 mm Breite und mindestens 20 cm Länge. Das arithmetische Mittel aus beiden Prüfungen ergibt die gesuchte Zahl, wenn die Differenz nicht mehr als 30 Proz. beträgt. Bei größerer Differenz ist das P. zu ungleichmäßig in der Masse. Meist genügt auch eine Festigkeitsprüfung in der Diagonale. Zur Angabe der Festigkeit berechnet man, wie lang ein aus dem P. geschnittener Streifen von überall gleicher Breite sein muß, damit er durch sein eignes Gewicht zerreißt. Die gefundene Zahl heißt die Reißlänge. Zerreißt ein Streifen P. von 15 mm Breite bei einer Belastung mit 5000 g, und wiegt 1 qm 75 g, so ist die Reißlänge . Die Stärke des Papiers bestimmt man mit Hilfe eines Piknometers. Zur Bestimmung der Widerstandsfähigkeit des Papiers gegen Zerknittern ballt (knittert) man einen halben Bogen P. fest zusammen und zieht ihn wieder auseinander, bis der Bogen voller Kniffe ist. Hat das P. hierbei bereits Löcher bekommen, so bezeichnet man die Widerstandsfähigkeit gegen Zerknittern als außerordentlich gering. Im andern Fall wird das P. darauf zwischen den Handballen, wie beim Wäschereinigen, gerieben, bis Löcher entstehen, und nach der Dauer und Stärke dieser Behandlung bestimmt, welcher von etwa 7 Graden [0) außerordentlich gering, 1) sehr gering, 2) gering, 3) mittelmäßig, 4) ziemlich groß, 5) groß, 6) sehr groß, 7) außerordentlich groß] zutrifft. Nach einiger Übung ist man im stande, nach diesem Verfahren ein ziemlich zutreffendes Urteil über die Beschaffenheit des Papiers zu gewinnen. Zur Bestimmung des Gehalts an mineralischen Substanzen, welcher die Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Papiers sehr wesentlich beeinflußt, verbrennt man einen Streifen bei 30–40° getrockneten Papiers von 3–4 cm Breite und 2 g Gewicht in einer Platinspirale in einer Spiritus- oder Gasflamme und wägt die weiße Asche. Die faserigen Bestandteile des Papiers bestimmt man mit dem Mikroskop, Holzschliff und Jute kann man aber auch durch chemische Reagenzien nachweisen. Phloroglucin in 0,5proz. Lösung färbt mit Salzsäure betupftes P. bei Gegenwart von Holzschliff purpurrot, schwefelsaures Anilin in 1proz. Lösung färbt solches gelb, salzsaures Naphthylamin orange, ein Gemisch von 1 Schwefelsäure und 3 Salpetersäure braungelb. Gut gebleichte Holzcellulose gibt diese Reaktionen nicht. Stärke (und mit ihr die Harzleimung) wird durch die intensive Bläuung angezeigt, welche ein Tropfen Jodwasser erzeugt. Zur Erkennung von tierischem Leim kocht man 5–10 g zerschnittenes P. mit 120 g Wasser, bis nur 25 g Flüssigkeit übriggeblieben sind, und kocht diese mit 5 ccm einer 5proz. Ätznatronlauge und 5 ccm 1proz. Quecksilberchloridlösung 3–5 Minuten. Bei Gegenwart von Leim färbt sich das gelbrote Quecksilberoxyd schwarzgrau. Chlor erkennt man in der Abkochung durch den weißen Niederschlag, den Höllensteinlösung erzeugt, freies Chlor durch die blaue bis violette Färbung durch Jodkaliumstärkekleister.

Statistik.

Von den 1400 Mill. auf der Erde lebenden Menschen bedienen sich 276 Mill. keiner Schrift; 30 Mill. schreiben auf Palmblätter, Rinden, Bast und Holztafeln (jenseit des Ganges, Himalaja und in Afrika); 620 Mill. brauchen das chinesisch-japanische und 350 Mill. das gewöhnliche P. und zwar 17,059,000 Ztr. pro Jahr. Diese Menge verteilt sich auf die Hauptproduktionsländer nach den statistischen Erhebungen des Jahrs 1878 von Rudel folgendermaßen: Es liefert

Deutschland 244 300 000 Kilogr. oder 4 886 000 Ztr.
Frankreich 134 700 000 2 694 000
Großbritannien 168 200 000 3 364 000
Nordamerika 213 500 000 4 270 000
Österreich-Ungarn 92 250 000 1 845 000
Zusammen: 852 950 000 Kilogr. oder 17 059 000 Ztr.

Diese Tabelle zeigt zugleich, daß Deutschland das quantitativ am meisten P. produzierende Land der Erde geworden ist. Nach Abzug des 6,300,000 kg [680] betragenden Überschusses der Ausfuhr über die Einfuhr werden daher in Deutschland pro Kopf 52/3 kg konsumiert, während in Frankreich 4, in Großbritannien 6, in Nordamerika 5 und in Österreich nur 2½ kg auf den Kopf kommen. Zur Erzeugung dieser Papiermengen dienen in

Deutschland:
187 Bütten und 782 Maschinen mit 79,400 Arbeitern,
260 Holzschleifereien mit 600 Apparaten und 4800 Arbeitern,
45 Strohstofffabriken mit 75 Kesseln und 800 Arbeitern,
20 Cellulose- und Lignitfabriken (28 Kessel, 300 Arbeiter),
40 000 Lumpensammler und Nebenarbeiter,
3 326 000 Zentner Hadern,
1 600 000 Holzschliff,
540 000 Strohstoff,
120 000 Holzcellulose.
Österreich:
163 Bütten und 252 Maschinen mit 21,700 Arbeitern,
84 Holzschleifereien mit 152 Apparaten und 1220 Arbeitern,
9 Strohstofffabriken mit 14 Apparaten und 120 Arbeitern,
3 Cellulosefabriken mit 7 Apparaten und 76 Arbeitern,
20 000 Lumpensammler und Hilfsarbeiter,
2 500 000 Ztr. Hadern,
580 000 andre Faserstoffe.

Zu diesen Hauptmaterialien kommt außer dem gelegentlichen Verbrauch an andern Faserstoffen (Jute, Alfa, Nessel, Manilahanf, Chinagras etc.) noch eine sehr ansehnliche Menge von Nebenmaterialien zum Reinigen und Leimen, als Füllstoff, als Bleich- und Färbemittel etc., und zwar werden konsumiert

in Deutschland in Österreich
an Gips und Thonerden 600 000 140 000 Ztr.
Kalk 160 000 78 000
Soda 132 000 18 400
Harz 240 000 92 000
Kartoffelstärke 120 000 46 000
Schwefelsaurer Thonerde u. Alaun 240 000 92 000
Ultramarin 13 400 4 600

Rechnet man die obigen 187 Bütten und 782 Papiermaschinen zusammen gleich 790 Maschinen, so ergibt sich, daß eine Maschine durchschnittlich jährlich 310,000 oder täglich etwa 1000 kg P. erzeugt. Welche Zunahme an Papierverbrauch in Deutschland stattgefunden hat, zeigt folgende Übersicht.

Es verbrauchten im Jahr 1840: 1878:
die Staatsverwaltung 3 300 000 28 560 000 Kilogr.
die Schulen und Wissenschaft 1 980 000 28 560 000
der Handel und Verkehr 3 960 000 23 800 000
die Industrie 2 200 000 19 040 000
die Bücher und Zeitschriften 8 800 000 123 760 000
der Privat- und Postverkehr 1 760 000 14 280 000
Zusammen: 22 000 000 238 000 000 Kilogr.
Der Verbrauch nach Sorten 1840: 1878:
Brief- und Schreibpapier 6 600 000 71 400 000 Kilogr.
Buch- und Kupferdruck etc. 11 000 000 119 000 000
Tapeten-, Pack-, Buntpapier 2 750 000 29 750 000
Pappe, Preßspäne 1 650 000 17 850 000
Zusammen: 22 000 000 238 000 000 Kilogr.

Vgl. außer den ältern Schriften von Schäffer (1765), Wehrs (1789), Piette (1831–63), Lenormand (1833), Planche (1853), Rudel (1854 u. 1862) u. a. besonders: Müller, Die Fabrikation des Papiers (4. Aufl., Berl. 1876); Hofmann, Handbuch der Papierfabrikation (das. 1875); Derselbe, Treatise on the manufacture of paper (Lond. 1874); Dropisch, Papierfabrikation (3. Aufl., Weim. 1881); Derselbe, Papiermaschine (Braunschw. 1878); Hoyer, Fabrikation des Papiers (das. 1887); Derselbe, Das P., seine Beschaffenheit und deren Prüfung (Münch. 1882); Mierzinski, Handbuch der praktischen Papierfabrikation (Wien 1886, 3 Bde.); Abel, Papiernormalien (Magdeb. 1886); Winckler, Der Papierkenner (Leipz. 1886); Wiesner, Die mikroskopische Untersuchung des Papiers, namentlich der ältesten orientalischen und europäischen Papiere (Wien 1888); Karabacek, Das arabische P. (das. 1888); Müller, Die Bestimmung des Holzschliffs im P. (Berl. 1887); Herzberg, Papierprüfung (das. 1888); Raab, Die Schreibmaterialien und die gesamte Papierindustrie (Hamb. 1888); „Zentralblatt der deutschen Papierfabrikation“ (Dresd., seit 1850); „Wochenblatt für Papierfabrikation“ von Günther und Staib (Biberach, seit 1871); „Papierzeitung“ (Berlin, seit 1874); „Zentralblatt für die österreichisch-ungarische Papierindustrie“ (Wien, seit 1883); „Zeitschrift für Papiererzeugung und Verbrauch“ (Berl. 1887); „Papierkalender“, herausgegeben von Claus (das. 1887).

Papier, kaufmännisch s. v. w. Wertpapier (insbesondere Wechsel); daher Londoner, Pariser Papiere, kurze, langsichtige, gute, gemachte Papiere etc. Auf Kurszetteln bezeichnet deshalb „P.“ den Briefkurs oder das Angebot (vgl. Brief, S. 420).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 639642
korrigiert
Indexseite

[639] Papier (Herstellung). Obwohl die Untersuchungen über die Eigenschaften des Handpapiers gegenüber dem Maschinenpapier ergeben haben, daß letzteres in den wertbestimmenden Eigenschaften dem erstern keineswegs nachsteht, so ist doch die Nachfrage nach Handpapier so stark geworden, daß die Bestrebungen, P. mit Maschinen bogenweise zu schöpfen, lebhaft hervortreten. Zum Teil erreicht man den Zweck mit der Cylinderformmaschine; am nächsten aber kommt man dem Ziel, wenn man die Arbeit des Handschöpfens mit der Rüttelung direkt durch mechanische Vorrichtungen verrichtet, welche mit der Hand- oder Rahmenform versehen sind. 1862 erhielt Dumas eine solche Maschine zur Anfertigung runder Papierfiltrierblätter patentiert. Ihm folgten Ermel in [640] Paris 1877 mit einer ähnlichen Maschine zur Herstellung von Banknotenpapier und Clark in London ebenfalls 1877, mit einem Patent, das sich auf Schöpfformen bezieht, die mittels zwei nebeneinander herlaufender Ketten über die Bütte gebracht, hier durch eine Schöpfvorrichtung mit Stoff versehen, dann gerüttelt und abgegautscht werden. Die neueste, mit Erfolg in Betrieb gesetzte Maschine dieser Art ist von M. Sembritzki in Schlöglmühl (Niederösterreich) angegeben und wird von Escher, Wyß u. Komp. in Zürich gebaut. Fig. 1 vergegenwärtigt das Prinzip derselben. Der Schöpfrahmen A trägt die viereckige Form a, welche in dem viereckigen, doppelwandigen Kasten vollkommen dicht schließend sich auf und ab bewegen kann. Über der Form liegt der sogen. Verteiler D, der sich zusammensetzt aus dem festen Kasten f, welcher mittels des Kanals g in beständiger Verbindung mit dem Stoffbehälter E bleibt, dem der Stoff vom Knotenfänger zugeht, und dem eigentümlichen Schwimmer h, der die Bestimmung hat, den Stoff gleichmäßig verteilt auf die Form zu bringen. Zu dem Zweck befinden sich im Boden des Kastens f eine größere Anzahl Röhrchen i und im Schwimmer ebensoviel Löcher i1, welche so weit sind, daß die Röhrchen mit Spielraum in dieselben eintreten können. Wenn sich demnach der Schwimmer senkt und somit der Kasteninhalt steigt, so tritt dieser durch den Spielraum in die Röhrchen i und fließt auf die Form. Die hierzu erforderliche Senkung des Schwimmers erfolgt durch den Hebel l1l, der nach untenhin einen Arm trägt, gegen den rechtzeitig ein Stoß erfolgt. Nachdem die Form mit Stoff gefüllt ist, entfernt sie sich mit dem Rahmen; zu dem Ende ruht sie auf einem Schlitten B, welchem durch eine Zahnstange

Fig. 1. Sembritzkis Papiermaschine.

mittels eines sich abwechselnd nach beiden Drehrichtungen angetriebenen Zahnrades eine hin- und hergehende Bewegung erteilt wird. Bei dieser Bewegung wird der Formrahmen durch seitwärts sitzende, auf den Schienen c gleitende Arme a2 an bestimmten Stellen gehoben und gesenkt und außerdem bei der Aufwärtsbewegung noch dadurch horizontal gerüttelt, daß der Schlitten B zwischen zwei schwingenden Schienen läuft. Während dieser Bewegung muß auch die Entwässerung stattfinden, und zwar erfolgt dieselbe durch das Saugrohr C, das mit einer Flantsche e auf der Schiene kk1 gleitet und dabei infolge der Senkung dieser Schiene allmählich frei wird und das Wasser mit einer Saugkraft auslaufen läßt, die von der Länge dieses Rohrs abhängt, dessen Durchgangsöffnung durch einen Hahn geregelt wird. Das Abgautschen des fertigen Bogens geschieht mittels endlosen Filzes und der Gautschwalze F, gegen die das Blatt infolge einer entsprechenden Hebung der Form auf deren Rückwärtsbewegung kräftig angepreßt wird. Das Bewegungsschema, Fig. 2, zeigt den beschriebenen Vorgang: bei 1 steht die Form unter dem Verteiler zur Aufnahme des Stoffes, zwischen 1 und 2 findet Schüttelung und Entwässerung statt, zwischen 2 und 3 Hebung zum Anpressen an die Gautschwalze, zwischen 3 und 4 das Gautschen, zwischen 4 und 5 Senkung und zwischen 5 und 1 Abspritzen des Siebes,

Fig. 2. Bewegungsschema.

zugleich mit Füllung des Saugrohrs C, bei 1 Rückkehr zur Schöpfstelle mit Anstoßen an den Hebel l, zum Heben des Schwimmers h und neuem Beginn des Prozesses. Das bei F abgegautschte P. wird bei o von dem Steigfilz G mit ergriffen, durch eine Naßpresse N geführt und bei H von dem endlosen Filz F mit der Hand abgenommen, um dann stapelweise in die Trockenpresse zu gelangen. Die Maschine wird zur Ausnutzung der Bewegungsvorrichtung gewöhnlich doppelt gebaut, so daß sich der Verteiler in der Mitte befindet und abwechselnd eine Form von links und rechts gefüllt und abgegautscht wird. Die vorstehend beschriebene Maschine liefert wirklich geschöpfte Papierbogen von solcher Regelmäßigkeit und Vorzüglichkeit, wie es selbst die geübtesten Büttenarbeiter nicht zu schaffen vermögen. Erhabene und vertiefte Musterungen auf dem Sieb treten in dem fertigen P. als Wasserzeichen scharf und klar hervor. Eine Form schöpft je nach der Papierstärke zwei- bis viermal in der Minute. Wählt man daher eine Größe der Form, daß daraus z. B. 4 Bogen Schreibpapier hervorgehen, so liefert jede Form in 10 Stunden 4800–9600 Bogen Schreibpapierformat. Die weitere Behandlung (Trocknen, Leimen, Satinieren etc.) stimmt mit derjenigen bei der Handpapierfabrikation überein.

[Schädlichkeiten.] Das hauptsächlichste Rohmaterial für die Papierfabrikation, die Hadern oder Lumpen, sind oft mit Infektionsstoffen behaftet, welche zur Entstehung der sogen. Hadernkrankheit (s. d., Bd. 17) Veranlassung geben. Zum Schutz der Arbeiter ist Desinfektion der Hadern, Verbot der Ausfuhr von Hadern aus Ländern, in welchen Epidemien herrschen, Verarbeitung der Hadern in gut ventilierten und regelmäßig desinfizierten Räumen, Revaccination in mindestens sechsjährigen Zwischenräumen, Wechsel der Kleider und Reinigung des Gesichts und der Hände beim Verlassen des Raums erforderlich. Bei der Verarbeitung der Hadern entsteht viel ekelhafter und schädlicher Staub, welcher starke Ventilation erforderlich macht, auch sind die Maschinen zur Zerkleinerung der [641] Hadern mit genügenden Schutzvorrichtungen zu versehen. Die Kochapparate erfordern dieselben Vorsichtsmaßregeln wie die Dampfkessel, namentlich auch in bestimmten Zwischenräumen wiederholte Prüfung auf ihre Haltbarkeit. Holländer und Papiermaschine verlangen besondere Schutzeinrichtungen. Bei der Anfertigung von Buntpapier kommen die zu verwendenden Farben in Betracht, doch sind nur Hautausschläge und Geschwüre beobachtet worden. Die Abwässer der Papierfabriken sind reich an fäulnisfähigen Substanzen, man sammelt sie gewöhnlich in Klärbassins und behandelt sie mit Kalk. Sehr wichtig ist die Anwendung eines Stofffängers, welcher vor dem Abfließen der Abwässer alle Fasern auf einem engmaschigen Sieb zurückhält.

[Sicherheitsvorrichtungen.] In der Papierfabrikation kommen verschiedene Maschinen vor, welche häufig Unglücksfälle verursacht haben. Zur Vermeidung der letztern sind besondere Vorrichtungen angegeben, deren allgemeine Einführung im Interesse der Sicherheit der Arbeiter wünschenswert erscheint. Beim Betrieb der Lumpenschneider entstehen nicht selten dadurch Unglücksfälle, daß Arbeiter bei dem Einführen der Lumpen mit der Hand in die Messer geraten. Hier empfiehlt sich, über dem Lumpenzuführungstisch eine Holzwalze anzubringen, deren Zapfen in zwei rechts und links angebrachten Führungen auf- und niedergehen können. Diese Walze muß in einer solchen Entfernung von den Messern angebracht werden, daß die Finger der Arbeiter nicht zu diesen gelangen können. Um den beim Betrieb der Lumpenschneider auftretenden Staub unschädlich zu machen, sind dieselben in besondern Räumen aufzustellen, für deren genügende Ventilation Sorge zu tragen ist. Auch ist es zweckmäßig, die Lumpen vor dem Sortieren einem Entstäubungsprozeß mittels besonderer Lumpen- oder Hadernstäuber zu unterwerfen, wobei der Staub durch Ventilationsvorrichtungen abzuführen ist. In den Holzstofffabriken werden Rindenschälmaschinen gebraucht, welche meist aus einer um eine wagerechte Achse umlaufenden Scheibe bestehen, auf welcher radial eingesetzte Messer angebracht sind. Die sehr schnell rotierende Messerscheibe ist durch einen Blechmantel verdeckt, welcher nur einen Ausschnitt an der Arbeitsstelle frei läßt. Die Lumpen-, Hadern-, Stroh- und Holzkocher werden zweckmäßig, um gefährlichen Explosionen vorzubeugen, gleich den Dampfkesseln mit Sicherheitsventilen, Manometern und Reduktionsventilen versehen sowie regelmäßigen Prüfungen auf ihre Sicherheit unterworfen. Bei den Holländern und Papiermaschinen müssen bezüglich der im Bereich der Bedienungsmannschaften liegenden Räderwerke die bei diesen angegebenen Vorsichtsmaßregeln beobachtet werden. Die Satinierwalzen erhalten Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter

Fig. 3. Schutzvorrichtung von Satinierwalzen.

gegen das Zerquetschen der Finger beim Einführen des Papiers. Vor den Walzen a und b (Fig. 3) ist der Auflegetisch c angebracht, auf welchem die schräg liegende Platte d aufgestellt ist. Das zu satinierende P. wird in den Winkel e eingeführt. Hierdurch ist es unmöglich gemacht, daß ein Arbeiter den Walzen zu nahe kommt. Andre, gleichem Zweck dienende Schutzvorrichtungen beruhen darauf, daß das P. nicht zwischen die Walzen geschoben, sondern auf die oberste Walze oben zu beiden Seiten ganz leicht aufgeklebt wird. Das P. wird dann von der Walze mit herumgenommmen und zwischen ihr und der nächst untern gepreßt, darauf gleich hinter der Berührungsstelle der Walzen durch einen schräg gegen die Oberwalze gestellten Schieber von dieser abgelöst und von einem über Rollen laufenden, die zweite Walze zur Hälfte umgebenden endlosen Band weitergeführt, um zwischen der zweiten und einer dritten Walze nochmals gepreßt zu werden, worauf es wieder durch einen gegen die zweite Walze anliegenden Schieber abgehoben wird und mittels eines fernern endlosen Tuches zwischen die dritte und eine vierte Walze geführt wird etc.

[Geschichtliches.] Die größtenteils aus dem Ende des vorigen und dem Anfang unsers Jahrhunderts stammenden Untersuchungen über die Erfindung des Papiers mußten sehr unsicher sein, da man z. B. nicht in der Lage war, die zum P. benutzten Fasern zu bestimmen, und so sind die Irrtümer erklärlich, welche sich seiner Zeit über die Erfindung des Papiers gebildet und bis vor kurzem erhalten haben. Dazu gehört unter anderm die unrichtige Behauptung, daß die Bezeichnung Charta bombycina, cuttunea oder gossypina ein aus Baumwollfasern erzeugtes P. bedeute, während damit nachweislich nur die Ähnlichkeit mit einem glatten, dichten Baumwollgewebe angedeutet werden soll. Infolge obiger Annahme aber hat die Geschichte der Papierfabrikation eine durchaus falsche Grundlage erhalten, die erst vor kurzem durch Wiesner und Karabacek in Wien als irrig erkannt wurde. Das Material zu diesen Untersuchungen lieferte die Sammlung von Beschreibstoffen (Häute, Pergamente, Papyrus und P.), welche unter dem Namen Papyrus Erzherzog Rainer[WS 1] aufbewahrt wird und mehr als 12,500 Stücke beschriebenes P. enthält, die in Arsinoe-Fayûm und Uschmûnein (Ortschaften in Mittelägypten) ausgegraben wurden. Karabacek wies nach, daß sie nach den gefundenen Datierungen eine geschlossene Reihe von Urkunden bilden, welche mit dem 9. Jahrh. n. Chr. beginnt und mit dem Jahr 1388 abschließt, demnach sechs Jahrhunderte umfaßt und einen großartigen Einblick in die Kulturverhältnisse Ägyptens gewährt, insbesondere aber den Zeitpunkt angibt, an dem das aus Fasern erzeugte P. den Papyrus zu verdrängen begann. Wiesner zeigte, daß die Fayûmer und Uschmûneiner Papiere sämtlich aus Hadern und zwar vornehmlich Leinenhadern bereitet sind, daß die Araber zum Leimen ihrer Papiere Stärke und zum Beschreiben Eisentinte oder schwarze Tusche benutzt haben. Damit ist der jahrhundertelang bestandene Irrtum, daß das P. aus roher Baumwolle hergestellt sei, aufgeklärt und bewiesen, daß es Baumwollpapier überhaupt nicht gegeben hat, indem selbst die Erfinder des Faserpapiers, die Chinesen, nicht Baumwolle, sondern den Bast des Papiermaulbeerbaums und die jungen Schößlinge des Bambusrohrs sowie das chinesische Gras (Boehmeria urtica) schon 650 n. Chr. als Material verwendeten. Als der Unterstatthalter von Samarkand, Zijad ibn Salîh, an der Spitze einer Armee Sieger gegen die Türken blieb, letztere gegen die Mauern Chinas verfolgte und 751 wieder in Samarkand mit Kriegsgefangenen einrückte, befanden sich unter diesen Leute, welche die Herstellung des Papiers verstanden und auch sofort zu betreiben anfingen, so daß das Jahr 751 als der Zeitpunkt für den Beginn der Papierfabrikation im Orient feststeht. Desgleichen ergeben alte [642] Aufzeichnungen, daß dieses Samarkander oder Chorasaner P. aus alten Leinengeweben erzeugt wurde und dadurch mit Recht bald den Ruf eines ausgezeichneten Fabrikats erhielt. Von den Chinesen erlernten die in Samarkand ansässigen Perser die Papierfabrikation, welche sie in großer Ausdehnung betrieben, da bereits um diese Zeit das Faserpapier alle andern Schreibstoffe zu verdrängen begann. Diesem vergrößerten Verbrauch entsprechend entstand zwischen 794 und 795 eine zweite Papierfabrik auf Veranlassung der in hohen Staatsämtern befindlichen Brüder Dscha’fâr und El Fadhl in der Kalifenresidenz Bagdad, wo die Papierfabrikation bis ans 15. Jahrh. blühte. An Bagdad schlossen sich Tihâma, Jemen, Damaskus an, welch letztere Stadt im 10. Jahrh, mit sonstigen kunstgewerblichen Gegenständen (Damastgeweben) unter dem Namen Charta damascena vorzügliches P. für das Abendland erzeugte. Dann verbreitete sich die Papiermacherkunst über die nordafrikanische Küste bis zu den Mauren in Mauretanien, um von hier nach der Iberischen Halbinsel zu gelangen, wo sie mit Bestimmtheit 1154 (wahrscheinlich erheblich früher) in Jativa, dem heutigen San Felipe in Valencia, ihren Sitz aufschlug und endlich von Spanien aus die Wanderung durch Europa antrat.

Nicht nur beweisen die in dem Fayûmer Fund vorkommenden gesponnenen Fäden und Gewebereste die Benutzung der Hadern als Rohmaterial, sondern die äußere Erscheinung der Papiere zeigt auch, daß die Araber bereits geripptes und Velinpapier anfertigten und sich dazu schon der Drahtformen bedienten, weil mit Sieben aus anderm Material (Gewebe, Holzstäbchennetz) geripptes P. nicht herstellbar ist, bei dem wie hier sechs Rippen, also auch sechs Stäbe auf 10 mm kommen. Hierdurch fällt zugleich die vielfach verteidigte Behauptung weg, daß die Drahtform eine abendländische, dem 12. Jahrh. angehörende Erfindung sei. Das Gautschen erfolgte nach chinesischer Methode auf warmen Gipsplatten oder nach heutiger Art auf Filz. Gewöhnlich wurden zwei Blätter mit ihren rauhen Flächen zusammengeklebt (zweigesichtiges P.). Die Fabrikation des Papiers war von Anbeginn ein einträgliches Staatsmonopol und wurde in Papierhäusern (kaghid-châne) unter der Verwaltung eines Vorstehers (naib) fabrikmäßig in der Weise betrieben, daß man die Hadern sortierte, der Fäulnis unterwarf, dann kochte und durch gründliches Waschen reinigte. Die Zerkleinerung der Hadern erfolgte sowohl auf Stampfwerken als Mahlsteinen, die durch Wasserkraft betrieben wurden, so daß also die Papiermühle eine arabische Erfindung ist, was auch schon die Thatsache beweist, daß um das Jahr 1200 allein in der Maurenhauptstadt Fes 400 Mahlsteine für die Papierfabrikation in Betrieb standen.

Das gewöhnliche P. war von weißer Farbe, d. h. aus gebleichten Hadern hergestellt und mit roher Stärke gefüllt. Daneben standen gefärbte Papiere in Gebrauch, welche je nach der Farbe bestimmten Zwecken dienten, die mit der Bedeutung der Farben zusammenhingen. Blau war die Farbe der Trauer, daher wurden auf mit Indigo oder Kobalt gefärbtem P. die Todesurteile ausgefertigt; Rot bedeutete Glück und Humanität, rotes P. zu gebrauchen war ein Vorrecht und eine Auszeichnung hohen Ranges sowie eine Aufforderung zum Mitleid; Gelb (Gold vergleichbar) die Farbe des Reichtums und der Pracht, mit Safran gelb gefärbtes P. genoß dem entsprechend besonders hohes Ansehen. Auch bunt besprenkeltes P. fand für allerhand Zierat Verwendung.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 711713
korrigiert
Indexseite

[711] Papier. Infolge des fortwährend zunehmenden Verbrauchs an P. und der dadurch bedingten Vermehrung der Produktion wie auch infolge des günstigen Einflusses der amtlich und privatim geübten Papierprüfungen auf die Beschaffenheit des Papiers sind in neuester Zeit die Bestrebungen der Papierfabrikation wesentlich auf die Erzeugung einer ausreichenden Menge von Ersatzstoffen gerichtet, deren Faserbeschaffenheit jener der Hadern möglichst nahekommt. An die Spitze dieser Stoffe ist nunmehr das Holz getreten, nachdem es gelungen ist, durch Verbesserungen und Vervollkommnungen der Gewinnungsmethoden daraus Fasern von solcher Beschaffenheit herzustellen, daß dieselben nicht nur ein sehr gutes P. liefern, sondern die andern Fasern, namentlich Strohfasern, verdrängen. In der Erzeugung der Holzfasern (Holzstoff) handelt es sich um die zwei Produkte Holzschliff und Holzcellulose, je nachdem mechanische oder chemische Mittel die Grundlage derselben bilden. Der durch Abschleifen auf drehenden Steinen gewonnene Holzschliff fällt sehr verschieden aus, je nach der Lage, in welcher das Holz an den Stein gepreßt wird, da letzteres z. B. niemals mit der Hirnfläche anzulegen ist, weil dann zu kurze Fasern entstehen. Stets ist die Aderholzfläche die Arbeitsfläche, und man unterscheidet Querschliff und Längsschliff, je nachdem der Stein rechtwinkelig oder parallel zu den Fasern zur Wirkung kommt. Der Längsschliff liefert ohne Frage längere und daher für die Verfilzung günstiger beschaffene Fasern als der Querschliff. Dennoch war bis jetzt der letztere überwiegend in Gebrauch, weil er ein gleichmäßigeres Produkt lieferte als der Längsschliff, da bei diesem auf der runden Steinoberfläche Mulden eingearbeitet werden, die ein Abspalten von größern Holzstücken und somit ein sehr splitterreiches Fasermaterial hervorrufen, während zugleich bei tiefern Mulden der Stein in einer Fläche zum Angriff gelangt, die sich der Hirnfläche immer mehr und mehr nähert. Um die mit dem Längsschliff verbundenen großen Vorteile der langen Fasern jedoch zu erzielen, wurde von Direktor Schmidt in Bockau eine Tangensschliff genannte Schleifart eingeführt, welche darin besteht, daß die zum Abschleifen bestimmten und vorbereiteten Holzstücke mit ihrer Faserrichtung tangential an dem Stein hin und her bewegt werden. Zu diesem Zwecke befindet sich an jeder Seite eines mit horizontaler Achse gelagerten Schleifsteins ein Kasten zur Aufnahme der Holzklötze, welcher durch eine Stange mittels Kurbel an Führungen auf und ab geschoben wird, während die aufrecht stehenden Holzstücke durch Schrauben u. dgl. Andruck erhalten. Die abgeschliffenen Fasern machen ihrer mangelhaften Beschaffenheit wegen noch ein Mahlen auf dem sogen. Raffineur erforderlich, das allerdings dieselben wieder in kürzere Fasern verwandelt und somit die Vorteile zum Teil aufhebt. Diejenigen Fasern jedoch, welche nicht durch den Raffineur hindurchgehen, bilden ein vorzügliches Material zu Pappen und groben Packpapieren.

Die große Brüchigkeit und Unbeständigkeit des Holzschliffes infolge der sogen. Inkrusten macht denselben überhaupt für alle Papiere, welche auf einige Dauer Anspruch haben müssen, so ungeeignet, daß derselbe hier fast als ausgeschlossen und nur als Füllstoff zu betrachten ist, namentlich seitdem die Erzeugung der sogen. Cellulose mit großer Sicherheit und geringem Kostenaufwand gelungen ist, da die Holzcellulose eine geschmeidige Faser ohne Inkrusten darstellt, die für sich allein schon ein sehr haltbares P. liefert. Dieses Übergewicht der Cellulose datiert von der Einführung der schwefligen Säure zum Aufschließen der Faser, für die Mitscherlich sich ein großes Verdienst erworben hat. Für dieses Verfahren, die Herstellung von Sulfitstoff, wird das Holz vorbereitet, indem es, von der Rinde befreit, schräg (etwa 45°) gegen die Fasern in Scheiben zerschnitten wird, und zwar entweder mittels Hobelmesser, die radial auf einer sich drehenden schweren runden Gußeisenscheibe sitzen, oder in neuester Zeit vielfach mittels eines schweren, nach Art der Guillotine eingerichteten, durch Kurbel und Schubstange auf und ab bewegten Messers, das wie eine Schere gegen ein unten festliegendes Messer arbeitet. Hierbei werden die je nach Bedürfnis 5–30 mm dicken Holzscheiben derart gelockert, daß die Äste und dergleichen Teile leicht beseitigt, die Scheiben selbst auf das zweckmäßigste für das Eindringen der Kochlaugen zugängig werden. Der wirksame Bestandteil der letztern ist eine Lösung von schwefligsaurem Kalk oder schwefligsaurer Magnesia, weshalb sie Sulfitlaugen genannt werden. Die Gewinnung dieser Laugen erfolgt überwiegend in hölzernen, mit Bleiblech ausgefütterten runden oder viereckigen Türmen [712] nach Art der sogen. Glovertürme, die am Boden mit einem netzartigen, durchbrochenen Gewölbe abgeschlossen sind, welche das aus Kalksteinen (Marmor gibt das reinste Fabrikat) oder Dolomitstücken bestehende Basenmaterial trägt, mit dem der Turm gefüllt wird. Die in besondern Öfen durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelkies erzeugte schweflige Säure strömt unter diesem Gewölbe in den Turm, durchstreicht das Füllmaterial und bildet damit Sulfit, das sofort in Wasser gelöst wird, welches von oben her durch den Turm über den Kalk rieselt und sich unter dem Gewölbe als Sulfitlösung von 6–8° Beaumé sammelt. Zur Vermeidung der Säureausströmung sind die Türme mit einer Haube abgedeckt, unter welcher eine Brause zur Zerteilung des Wassers hängt. Die Einwirkung der mit Wasser auf das etwa 20fache verdünnten Lauge auf das Holz findet in großen stehenden oder liegenden Cylinder- oder Kugelkochern statt. Zuerst unterwirft man die eingefüllten Holzscheiben einem Dämpfungsprozeß während 2 Stunden. Nachdem das hierbei entstandene Kondensationswasser abgelassen ist, füllt man den Kessel mit der Sulfitlauge und kocht darauf den Inhalt etwa acht Stunden mittels Dampf, der durch Röhren strömt, die im Kocher liegen, und der eine solche Spannung hat, daß im Kessel etwa zwei Atmosphären Überdruck, entsprechend einer Temperatur von 120°, entsteht. Nach der Kochung wird erst die Lauge abgelassen, darauf der Kessel entleert und der fertige Sulfitstoff zum Auswaschen in große hölzerne Bottiche geschafft. Von großer Wichtigkeit ist die Ausfütterung der Kocher mit einem Material, welches der Säure Widerstand leistet und entweder aus Blei oder säurefesten Steinen besteht.

Nach dem Waschen unterwirft man den Sulfitstoff einem Zerkleinerungs- (Auflösungs-) Prozeß entweder in einem Stampfwerk oder einer dem Holländer nachgebauten Maschine, einem Mahlgang, einem Kollergang, oder endlich besondern Apparaten, unter denen der sogen. Quirl bemerkenswert ist. Derselbe besteht dem Wesen nach aus einem aufrecht stehenden cylindrischen Gefäß, in dessen Innern Schlagstifte festgeschraubt sind, und aus einer in der Cylinderachse drehbar gelagerten Welle mit Schlagstäben, die sich an den Stiften vorbei bewegen. Der mit Wasser gehörig verdünnte Stoff passiert das Gefäß von unten nach oben und wird dabei zwischen den Stiften und Schlägern ohne jede Beschädigung aufs feinste verteilt. Nach einer andern Methode zum Zerfasern und Reinigen wird das erstere durch eine sanft rüttelnde Bewegung gelockert, indem der Stoff durch vertikale Abteilungen hindurchgetrieben wird, in denen sich feste und bewegliche Wellbleche befinden, zwischen welchen derselbe eine hin und her rollende Bewegung erhält, die ein Zerreiben bewirken. Nach diesem Zerreiben gelangt der Stoff in vertikale, mit Bürsten ausgeschlagene Cylinder, in welchen rotierende Bürstenwalzen die Auflockerung vollenden. An diesen Bürstenapparat schließt sich sodann ein Trommelsieb an, durch welches die unbrauchbaren, staubartigen Teile fortgewaschen werden. Die fertige Masse muß nach der Feinheit der Fasern eine Sortierung erfahren und deshalb Schüttel- oder Trommelsiebe von verschiedener Maschengröße passieren. Für den Versand endlich ist noch eine Entwässerung erforderlich, welche in der Regel auf einer einfachen Langsiebpapiermaschine ohne Rüttelung in Verbindung mit Walzenpressen oder durch eine Art Zentrifuge erfolgt. Die Erfahrung hat die Vermutung bestätigt, daß der Sulfitstoff an Brauchbarkeit für Papiere von größerer Dauerhaftigkeit und Festigkeit den durch Kochen von Holz mit Natronlauge gewonnenen Natronzellstoff nicht erreicht. Aus diesem Grunde hat die Herstellung des letztern wieder einen größern Umfang angenommen und mehrfache Verbesserungen hervorgerufen. Dazu gehört als eine der wichtigsten die Zusammensetzung der Kochflüssigkeit, bei der ein Teil der Soda durch Schwefelnatrium ersetzt wird, um eine größere Schonung der Fasern zu erreichen, so daß der auf diese Weise erzeugte sogen. Sulfatstoff stark in Aufnahme gekommen ist. Nach Dahls Verfahren gewinnt man den Stoff, indem man zerschnittenes Holz unter einem Drucke von 5–10 Atmosphären 30–40 Stunden mit einer aus 27 Teilen schwefelsaurem Natron, 8 kohlensaurem Natron, 24 Ätznatron und 28 Schwefelnatrium bestehenden Lauge von 6–14° Beaumé kocht. Die gebrauchte Lauge wird zur Wiedergewinnung abgedampft und kalciniert.

In der Verarbeitung der Hadern ist neuerdings das elektrische Bleichverfahren von Hermite in Anwendung gekommen, welches darauf beruht, daß eine fünfprozentige wässerige Lösung von Chlormagnesium, dem elektrischen Strom ausgesetzt, Chlor und Sauerstoff abscheidet, die sich am positiven Pol vereinigen und eine stark bleichende Wirkung ausüben. Die wichtigste Arbeit besteht im Mahlen des Stoffes in den Holländern, mit denen man aus naheliegenden Gründen nur ungern Änderungen vornahm. Nichtsdestoweniger sind eine Menge Neukonstruktionen zu verzeichnen, unter welchen einige sehr bemerkenswerte Resultate den alten Einrichtungen gegenüber aufweisen. Als Material zu den Messern wird vielfach dem Stahl die Phosphorbronze vorgezogen, und werden die Messer viel zahlreicher (bis 80) auf einer Walze sowie des bessern Angriffs wegen nach Schraubenlinien angeordnet. Um eine möglichst

Fig. 1. Hoyts Holländer.

schnelle und gleichmäßige Zirkulation des Zeuges zu erzielen, ist ein Holländersystem entstanden, bei dem das Zeug nicht in horizontaler, sondern in vertikaler Richtung kreist. Eine bewährte Konstruktion (System Hoyt) dieser Art von Voith in Heidenheim besteht dem Wesen nach (Fig. 1) aus dem Holländertrog AB, der durch eine horizontale Scheidewand cc in zwei Abteilungen a und b geteilt ist, die an den Enden ineinander übergehen und einen endlosen vertikalen Kanal bilden. An einem Ende dieses Kanals liegt die Holländerwalze h mit dem Grundwerk n und dreht sich in der Pfeilrichtung. Hierbei wird nicht nur ein gleichmäßiges Mahlen erzielt, sondern auch das Zeug von der Walze gehoben und in die obere Abteilung und somit in einen ununterbrochenen Kreislauf gebracht.

Auf Grund umfangreicher Versuche und Studien ist die Ansicht berechtigt, daß die Harzleimung im Stoffe durch Ausscheidung feiner Harzteilchen erfolgt, welche bei dem Trocknen auf den heißen Trommeln der [713] Trockenpartie der Papiermaschine zusammenschmelzen, während die Nachleimung mittels Tierleim eine Verklebung der Fasern durch einfache Verdunstung des Leimwassers bewirkt. Der letzte Vorgang ist die Ursache, daß die tierische Leimung dem P. eine größere Festigkeit gibt, und hat schon seit langer Zeit Versuche veranlaßt, das P. im Zeuge mit Tierleim zu leimen, jedoch ohne brauchbare Ergebnisse. In einem besondern Material (Ammoniumalbumin) hat man nun nicht nur die Eigenschaften des Tierleims, sondern auch zum Teil die des Harzleims vereinigt und somit eine Leimart gefunden, die alle Aufmerksamkeit verdient. Das Ammoniumalbumin wird aus den in der Milch enthaltenen leimenden Körpern hergestellt, die bei der Butterbereitung als Topfen oder Quark zurückbleiben und, mit Ammoniak behandelt und getrocknet, eine in Wasser zu einer milchigen, gallertartigen Flüssigkeit sich auflösende Masse bilden. Diese Masse hat die Eigenschaft, wie der Harzleim durch schwefelsaure Thonerde auf die Fasern niedergeschlagen zu werden, dabei aber wegen ihrer gallertartigen Beschaffenheit wie tierischer Leim dieselben zu überziehen und durch Verdunstung des Lösungswassers zu verkleben. Die Verwendung dieses Leimmaterials erfolgt gleichzeitig mit dem Harzleim im Holländer, indem man 300–400 g davon in 1 Liter Wasser von 15° Wärme durch 24stündiges Stehenlassen löst und je nach der beabsichtigten schwachen oder starken Leimung in kleinern oder größern Mengen zu Beginn des Mahlens zusetzt. Während eines 4–8stündigen Mahlens nehmen die Fasern die durch Thonerdesalze abgeschiedenen Aluminate begierig auf, welche zugleich mit dem Harzleim eine vollständige Ausfüllung der Papierporen hervorbringen.

Da die sogen. Cylindermaschine zur Erzeugung des Papiers sich den Langsiebmaschinen gegenüber durch eine große Einfachheit auszeichnet, weil das ganze für die letztere Maschine notwendige Zubehör (Führungs- und Spannwalzen, Rüttelzeug etc.) in Wegfall kommt, jedoch der fehlenden Rüttelung wegen dem P. eine zu geringe Querfestigkeit erteilt, so ist man mit Erfolg bemüht gewesen, diesem letzten Nachteil dadurch zu begegnen, daß das Anlegen der Papierfasern an den Cylinder nicht ausschließlich in der Bewegungsrichtung des letztern, sondern mehr in der Querrichtung (parallel zur Achse) stattfindet. Zu dem Zwecke werden entweder an der Auflaufstelle hin und her gehende Rechen oder schräge Führungsleisten für den Stoff oder bewegliche Trogböden angebracht. Die letztere, sehr wirksame Einrichtung geht aus Fig. 2 hervor. Der bei der Eintrittsstelle H etwas weiter von dem Siebcylinder C abstehende Trogboden B erhält mit den die Siebachse tragenden Seitenwänden eine nachgiebige Verbindung durch Kautschukplatten und eine Rüttelung unter dem Cylinder mittels eines Exzenters mit oder auf dem schwingenden Gestell E. Das Zeug läuft durch den Kanal V und die Gänge O, M und N bei H auf den Cylinder. Um demselben zunächst das Bestreben zu nehmen, sich stark in die Richtung der Cylindertangente zu legen, gibt man ihm durch ein Gefälle eine Geschwindigkeit, welche der Oberflächengeschwindigkeit der Siebtrommel fast gleich ist. Hierzu dient die Kammer P, in welcher das Zeug bis zur obern Kante des Regulierschiebers L aufsteigt, wobei das Überflüssige durch den Kanal Q in die Bütte zurückläuft. Beim Einlaufen in den Trog passiert der Brei sodann eine biegsame, konzentrisch den Cylinder umgebende Platte, deren Verstellung die Papierdicke regelt. Der ablaufende Teil des Zeuges gelangt durch den Kanal GJ zu der Flügelpumpe R, um vor dieser wieder mit frischem Zeuge von genügender Konsistenz vermischt zu werden.

Beim Trocknen des Papiers entsteht infolge der Wasserverdunstung ein Zusammenziehen desselben und dadurch eine Annäherung der Fasern, die einen sehr günstigen Einfluß auf die Festigkeit des Papiers ausübt, wenn das Zusammenziehen ungehindert vor sich gehen kann, aber das P. spröde macht, wenn dasselbe sich nicht zusammenzieht, wie es auf den Papiermaschinen der Fall ist. Außerdem soll eine plötzliche Wasserentziehung durch Wärme vermieden werden, weil auch hierdurch eine Beeinträchtigung der guten Beschaffenheit stattfindet. Mit Rücksicht auf diese Vorgänge hat man vielfach in neuerer Zeit die gewöhnliche, mit der Papiermaschine verbundene Trockenpartie aufgegeben und durch besondere Vorrichtungen ersetzt oder derart abgeändert, daß während des Trocknens ein zwangloses Zusammenziehen des Papiers vor sich geht. In allen Fällen nähert man sich mehr oder weniger der alten Methode des Trocknens in freier Aufhängung. Unter den neu entstandenen Anordnungen seien hier als die wichtigsten folgende erwähnt: Bei dem Trockenapparat von Kaiser wird im Anfang, wo das P. noch sehr feucht ist, eine direkte Berührung desselben

Fig. 2. Cylindermaschine.

mit den Trommeln dadurch vermieden, daß die letztern mit Haspeln umgeben sind, über welche zwei schmale endlose Bänder das P. hinwegführen. Außerdem durchströmt der Dampf sechs Trockentrommeln nacheinander in der Weise, daß die zuletzt vom P. verlassene Trommel den frischen Dampf erhält, also am heißesten ist. Zum Trocknen von Papierbahnen, die nachträglich geleimt sind, findet in Amerika ein Apparat Verwendung, der aus einer Kammer besteht, in welcher das P. im Zickzack dreimal an großen hohlen, mit heißer Luft oder Wasserdampf geheizten Platten vorübergezogen wird. Seitdem die Fabrikation des Papiers in Bogen durch Hand oder Sembritzkis Maschine wieder größern Umfang angenommen hat, sind auch verschiedene höchst wirkungsvolle Bogentrockner eingeführt. Dieselben beruhen darauf, daß die Bogen entweder auf Rahmen gelegt oder über Stäbe gehängt werden, die mittels horizontaler oder vertikaler endloser Ketten genügend erwärmte und gelüftete Räume oder Kammern durchziehen. Von den Stäben vereinigt man in der Regel 8–10 Stück zu einem Roste in einem Rahmen, aus dem die Blätter nach abwärts herunterhängen, ohne sich berühren zu können. Wenn sich die vertikal gespannten Ketten mit diesen Rahmen in Türmen von etwa 30 m Höhe bewegen, denen warme Luft unten zu- und oben mittels eines Ventilators abströmt, so ist der Erfolg ein vorzüglicher, da die unten mit nassen Bogen gefüllten Rahmen, nach einem Rundgang wieder unten angekommen, vollkommen trockenes P. abliefern.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. vgl. Wikipedia-Artikel zu Papyrussammlung und Papyrusmuseum Wien