MKL1888:Zirkel

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Zirkel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 930931
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Zirkel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 930–931. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Zirkel (Version vom 23.10.2021)

[930] Zirkel (lat. circulus), ein zur Beschreibung eines Kreises sowie zur Ausmessung gerader Linien etc. dienendes Instrument. Der gewöhnliche Scharnierzirkel, von Metall oder Holz, besteht aus zwei Schenkeln (Armen), die unten spitz auslaufen, und aus dem Kopf, welcher die Schenkel durch ein Scharnier zusammenhält und zugleich die Bewegung mittels [931] der in ihm sitzenden Schraube bedingt. Dahin gehören auch die Bogenzirkel, bei denen mit dem einen Schenkel ein Kreisbogen verbunden ist, der durch ein Loch des andern Schenkels geht und an demselben festgeschraubt werden kann; die Haarzirkel, bei welchen der eine Schenkel mittels einer kleinen Schraube um eine sehr geringe Weite vor- oder zurückgerückt werden kann, ohne daß man deshalb das Kopfgewinde des Zirkels in Bewegung zu setzen braucht; die Doppelzirkel, mit festem und beweglichem Gewinde, und die Nullenzirkel, zum Beschreiben sehr kleiner Kreise. Der Scharnierzirkel dient hauptsächlich dazu, Entfernungen abzustechen und zu messen, Einteilungen zu machen und Kreise zu beschreiben, zu welch letzterm Zweck man auch Reißfedern oder Bleifederhalter u. dgl. in einen Schenkel des Instruments einsetzt. Wird ein Messer in den einen Schenkel eingesetzt, so erhält man einen Schneidezirkel. Die Bewegung des Zirkels im Scharnier muß möglichst gleichmäßig sein und eher etwas schwer als zu leicht ausgeführt werden können. Zur Einteilung von Linien ist der Federzirkel sehr vorteilhaft, bei dem beide Schenkel (von denen der eine mit einer Schraube verbunden ist, die durch ein Loch des andern geht) durch eine bogenförmige stählerne Feder zusammenhängen. Beim Stangenzirkel sind beide Schenkel durch eine metallene oder hölzerne Stange verbunden, auf welcher sie sich verschieben, mittels Schrauben aber feststellen lassen. Die Schenkel der Dick-, Greif- oder Tasterzirkel, welche dazu dienen, die Dicke von Cylindern und andern Körpern zu messen, sind stark auswärts gekrümmt. Die Hohlzirkel dienen dazu, den Durchmesser von Höhlungen zu messen, und bestehen gewöhnlich aus Schenkeln, deren Enden rechtwinkelig auswärts gebogen sind. Die Mikrometerzirkel stellen ein genommenes Maß vergrößert dar und können von sehr verschiedener Einrichtung sein. Bei dem Z. der Seefahrer sind die Schenkel dergestalt gegen den Kopf des Instruments umgebogen, daß der Druck einer und derselben Hand es zu öffnen und zu schließen vermag. Der Trisektionszirkel hat den Zweck, einen vorliegenden Winkel in drei gleiche Teile zu teilen, und ist von verschiedener Einrichtung. Der Reduktionszirkel dient dazu, Linien oder Figuren in andre zu verwandeln, die sich zu jenen verhalten wie irgend ein paar ganze Zahlen zu einander. Nur uneigentlich wird zu den Zirkeln der Proportionalzirkel gerechnet, der gleichfalls dazu dient, Linien in gegebenen Verhältnissen zu teilen. Er besteht aus zwei gleichen Linealen, welche, wie die Schenkel eines gewöhnlichen Zirkels, dergestalt miteinander verbunden und um einen Punkt beweglich sind, daß, wenn man das Instrument zusammenlegt, die Oberflächen der Lineale genau in eine einzige Ebene fallen. Aus diesem Punkt sind auf beiden Linealen gerade Linien gezogen, welche nach verschiedenen Verhältnissen eingeteilt sind und als Maßstäbe dienen. Der Gebrauch desselben beruht auf der Lehre von der Ähnlichkeit des Dreiecks.

Zirkel, Ferdinand, Mineralog, geb. 20. Mai 1838 zu Bonn, widmete sich zuerst der bergmännischen Laufbahn, studierte in Bonn, ging 1860 mit Preyer nach Island, hielt sich dann zwei Jahre am Hofmineralienkabinett und an der Geologischen Reichsanstalt in Wien auf, wurde 1863 Professor an der Universität zu Lemberg, 1868 zu Kiel und 1870 zu Leipzig. Größere geologische Studienreisen unternahm er nach Schottland, den Pyrenäen und (1874) nach Nordamerika behufs Untersuchung der bei der „geologischen Durchforschung des 40. Breitengrads“ gesammelten Gesteine. Z. lieferte zahlreiche mikroskopische Untersuchungen von Gesteinen und trug wesentlich dazu bei, die Mikroskopie der Mineralien und Gesteine zur selbständigen Wissenschaft zu entwickeln. Er schrieb: „Reise nach Island im Sommer 1860“ (mit Preyer, Leipz. 1862); „Lehrbuch der Petrographie“ (Bonn 1866, 2 Bde.); „Untersuchungen über die mikroskopische Zusammensetzung und Struktur der Basaltgesteine“ (das. 1869); „Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine“ (Leipz. 1873); „Microscopical petrography“, im „Report of the U. S. geological exploration of the fortieth parallel“ (Washingt. 1876). Auch veröffentlichte er nach Naumanns Tode die neuen Auflagen von dessen „Elemente der Mineralogie“.