MKL1888:Aprikosenbaum

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Aprikosenbaum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 703704
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Aprikosenbaum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 703–704. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Aprikosenbaum (Version vom 18.04.2021)

[703] Aprikosenbaum (Armeniaca Tourn.), Untergattung der Gattung Prunus (Familie der Rosaceen), Bäume und Sträucher mit ganzen, breiten, gesägten Blättern, seitlich aus besondern Knospen vor den Blättern erscheinenden, meist nur zu einer bis zwei stehenden Blüten, saftiger, nicht aufspringender, samtartig behaarter Steinfrucht mit Längsfurche auf der einen Seite, runzeligem, auf der Kante ringsum gefurchtem und auf der einen Seite in der dort sehr breiten Furche mit scharfem Kiel. Der gewöhnliche A. (Marille, Alberge, A. vulgaris Lam.), kahler, 3–4 m hoher Baum mit eiförmigen, rundlich spitzen, an der Basis fast herzförmigen, doppelt gesägten Blättern, drüsigem Blattstiel und weißen, außen rötlich überlaufenen Blüten. Die kurzgestielte Frucht ist gewöhnlich kugelig, orangegelb, auf der einen Seite rot angelaufen. Das Fleisch ist mehr oder weniger gelblich, saftig, in der Überreife oft mehlig und dann geschmacklos, daher die Früchte am Baum nicht allzulange hängen dürfen und schmackhafter sind, wenn man sie einige Tage auf dem Lager nachreifen läßt. Der Stein enthält einen süßen oder bittern Kern. Der A. verlangt ein sehr warmes Klima, und seine in Syrien gereiften Früchte übertreffen daher die europäischen, selbst die Pfirsiche. Dagegen erträgt der A. viel ungünstigeres Klima als der Pfirsichbaum und hält in Norddeutschland ziemlich gut aus. Man zieht die Aprikose gewöhnlich am Spalier, wiewohl Hochstämme wohlschmeckendere Früchte liefern. Durch Aussaat erhält man nie dieselbe, gewöhnlich aber recht gute, bisweilen selbst bessere Sorten; am vorteilhaftesten veredelt man sie auf starkwüchsige Pflaumen mit filzigen Blättern und Sommertrieben, wie die Julianspflaume, Damaszenerpflaume u. a. Der A. liebt gute humusreiche, kräftige und tief bearbeitete Gartenerde mit durchlassendem Untergrund; in kältern Gegenden läßt er sich nur am Spalier ziehen, bereitet aber auch dann Schwierigkeiten und leidet oft sehr am Gummifluß, der gerade beim A. am schwierigsten zu heilen ist. Man unterscheidet vier Gruppen: 1) Mandelaprikosen (Aprikosen der Provence), in Südfrankreich, von mehr verwildertem Gehölz, mit wenig wertvollem Fleisch, aber süßem Kern, der wie Mandeln von Konditoren und zur Gewinnung von Öl benutzt wird. Hierher gehören auch die frühreifen holländischen Aprikosen. 2) Albergen, frühreife, kleine Früchte von einem Baume mit kleinen Blättern und Blüten. 3) Echte Aprikosen, größere, spät (bisweilen aber auch früh) reifende Früchte. 4) Italienische Aprikosen, mit glatter, glänzender Oberhaut. Die violette (schwarze, alexandrinische) Aprikose, mit säuerlich-süßem, außen rotem, innen gelbem Fleisch, von Prunus dasycarpa Ehrh., wird nicht der Früchte halber, sondern als Zierstrauch kultiviert. Zum allgemeinen Anbau sind von der Pomologenversammlung in Trier folgende zehn Sorten vorgeschlagen worden: Aprikose von Nancy, Aprikose von Breda, große Zuckeraprikose, Aprikose von Tours, Luizets Aprikose, wahre große Frühaprikose, Ambrosia-Aprikose, Ruhm von Pourtalès, Andenken an Robertsau, Moorpark.

Die Heimat des Aprikosenbaums ist unbekannt, denn man hat ihn noch niemals wild angetroffen; wahrscheinlich stammt er aus dem mittlern Asien und wurde gegen Mitte des 1. Jahrh. in Italien angepflanzt. Weil die Aprikose früher reifte als die Pfirsich, erhielt sie den Beinamen praecoqua, praecocia, welcher im mittelgriechischen Mund in berikoka sich verwandelte. Daraus machten die Araber mit Vorsetzung ihres Artikels al-barquq, und so entstand das spanische al-baricoque, französische abricot. Durch die lange Kultur sind die zahlreichen Varietäten entstanden, welche aber nur von einer Art abstammen. Man zieht den A. hauptsächlich in südlichen Gegenden und in großem Maßstab in den Vereinigten Staaten, wo die Früchte zur Branntweinbereitung, gedörrt und gepreßt auch zur Schiffsverproviantierung benutzt werden. Auch Italien liefert getrocknete, Südfrankreich und die Donaufürstentümer eingemachte und kandierte Aprikosen. Die Frucht enthält im Mittel: 81,22 Wasser, 4,69 Zucker, 1,16 freie Säure, 0,49 Eiweißstoffe, 6,35 Pektinstoffe etc., 5,27 [704] Holzfaser, Kern und Schale, 0,82 Mineralstoffe. Aus den Kernen wird fettes Öl gepreßt (0,919 spez. Gew., Ausbeute über 50 Proz., dient in Südfrankreich zur Verfälschung des Mandelöls), aus den bittern Kernen wird Branntwein bereitet; die verkohlten Steine geben schwarze Tusche; das Holz dient zu Drechslerarbeiten. Mandelaprikosenbaum (Amygdalopsis Lindleyi Carr., Prunus [armeniaca] triloba Lindl.), ein 1–2 m hoher, prachtvoller Blütenstrauch mit eirundlichen, doppelt gesägten, oben bisweilen dreilappigen, unterseits grau behaarten Blättern, einzeln stehenden, rosafarbigen Blüten und rundlichen, behaarten Früchten, in China, wird bei uns, auch mit gefüllten Blüten, als Zierstrauch kultiviert und gehört zu den beliebtesten Ziersträuchern. Auch P. (a.) tomentosa Thunb., aus Nordchina, mit breit elliptischen, gesägten, unterseits weichhaarigen Blättern und kleinen, eirundlichen Früchten, wird als Zierstrauch kultiviert.