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MKL1888:Galläpfel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Galläpfel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Galläpfel“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 850851
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Galläpfel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 850–851. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gall%C3%A4pfel (Version vom 27.08.2025)

[850] Galläpfel, die von der Gallwespe (Cynips gallae tinctoriae Ol.) auf Quercus infectoria Oliv. in Vorderasien, in Mitteleuropa auch auf Q. pubescens Willd. und Q. sessiliflora Sm. erzeugten Gallen (s. d.). Die kleinasiatischen G. (Aleppogallen) sind kugelig, von 1,5–2,5 cm Durchmesser, kurzgestielt, auf der obern Hälfte höckerig und faltig, blaßgelb, bräunlich bis schwärzlichgrün, mit etwa 3 mm weitem Flugloch, innen heller, mit 5–7 mm weiter Höhlung. Sie sind spröde, auf dem Bruch wachsartig glänzend, locker-körnig oder wie strahlig-kristallinisch, auch ganz zerklüftet, die dunklern sind schwerer, die hellern leichter als Wasser. Sie sind geruchlos und schmecken intensiv zusammenziehend. Der Gerbsäuregehalt steigt (besonders bei dunkeln, nicht durchbohrten, d. h. vor dem Ausschlüpfen des Insekts gesammelten, Sorten) bis auf 70 Proz.; außerdem enthalten sie Gallussäure, Zucker, einen pektinartigen Körper, Ellagsäure, einen Farbstoff, Gummi, ätherisches Öl, Harz, Eiweißkörper, Cellulose und unter den Aschenbestandteilen besonders Kalkverbindungen. Im Handel erscheinen meist die großen, bestäubt aussehenden mosulschen (welche häufig über Bombay kommen) und die Aleppo-Galläpfel (Yerli). Die ausgelesenen kleinsten G. kommen [851] als Soriangalläpfel von Triest aus auf den Markt. Die deutschen, französischen und kleinen ungarischen G. werden von Cynips Kollari Hart. auf Quercus sessiliflora Sm., Q. pubescens Willd., auch auf Q. infectoria Oliv. erzeugt; sie sind ziemlich genau kugelig, außen meist glatt, hellbraun, innen heller, von 1–2,5 cm Durchmesser und schwammigem Gefüge und enthalten 25–30 Proz. Gerbsäure. Die größten mitteleuropäischen G. (bis 3,5 cm Durchmesser) sind die großen ungarischen, welche Cynips hungarica Hart. auf Quercus pedunculata Ehrh. erzeugt; sie sind kugelig, auf der kahlen, grauen bis braunen Oberfläche mit zahlreichen stumpfen bis spitzen und kantigen Erhabenheiten versehen, besitzen kleine Fluglöcher und schwammiges, tiefbraunes Gewebe. Durch den Stich von Cynips calicis Burgsd. in die junge Frucht von Quercus pedunculata Ehrh., seltener Q. sessiliflora Sm. entstehen die Knoppern (s. d.). Kleinasiatische und griechische G. wurden schon zur Zeit des Hippokrates und Theophrast technisch und medizinisch verwendet. Mit Galläpfeln getränktes Papier benutzte man nach Plinius zur Prüfung des Kupfervitriols auf Eisenvitriol. Auch später blieben G. in medizinischem Gebrauch, und nach den Kreuzzügen bildeten kleinasiatische G. einen regelmäßigen Ausfuhrartikel jener Länder. Die chinesischen G. werden durch den Stich einer Blattlaus, Aphis chinensis Bell., an Blättern und Blattstielen wahrscheinlich von Rhus semialata Murray erzeugt und gleichen meist in die Länge gezogenen, zugespitzten, höckerigen, häufig verschieden gekrümmten und eingedrückten, 10 cm langen und 4 cm breiten Blasen. Die Wand derselben ist hornartig, brüchig, etwa 2 mm dick, die Oberfläche grau, fein samtartig behaart, innen braun, schellackartig. Im Wasser erweichen sie zu einer weißlichen, dicken, biegsamen und leicht schneidbaren Masse. Sie enthalten 65–75 Proz. Gerbsäure, 8 Proz. Stärkemehl und fast 1 Proz. Fett. Man benutzt die G. zum Schwarz-, Braun-, Graufärben von Wolle, Leder etc., zur Bereitung von Tinte, Tannin, Gallussäure und Pyrogallussäure. Japanische G. sind den chinesischen durchaus ähnlich, meist aber etwas kleiner und nach dem Aufweichen in kaltem Wasser heller. Chinesische G. wurden früh von Reisenden erwähnt und gelangten 1816 nach London, wurden aber erst seit Mitte der 40er Jahre, die japanischen etwa seit 1860 regelmäßig in Europa eingeführt. Galläpfeltinktur, ein mit schwachem Spiritus bereiteter Auszug von Galläpfeln, dient als Reagens.