MKL1888:Libănon

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Libănon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 758759
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Libănon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 758–759. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lib%C4%83non (Version vom 22.04.2023)

[758] Libănon (lat. Libanus, arab. Dschebel Libnân, „weißes Gebirge“), Gebirge oder richtiger stufenförmig vom Meer aufsteigender Plateaurücken in Syrien, an der Nordgrenze des alten Palästina. Von NNO. nach SSW. 160 km weit der Küste parallel ziehend, wird der L. durch das Querthal des Litani von den Höhen Galiläas getrennt und endigt im N. am Nahr el Kebir in schroffem Abfall. Seine höchsten Erhebungen hat er bei Beirut und Tripolis im Dschebel Machmal (3052 m) und im Dar el Kodib (3063 m). Bis 2030 m steigt der Dschebel Knese an, unter welchem die 112 km lange Poststraße von Beirut nach Damaskus, die einzige ihrer Art in Syrien, entlang zieht. Nach O., zur tief eingesunkenen Bekaa (Kölesyrien), fällt der L. ziemlich steil und rauh ab, während der bedeutend längere Westabhang viel reicher gegliedert, von zahlreichen Flüssen durchströmt und gut bevölkert ist. Einzelne Äste des Gebirges treten in kühnen Vorgebirgen bis an das Meer. In der Ferne, besonders vom Meer aus gesehen, gewährt das Gebirge einen sehr malerischen Anblick. Es ist voll tiefer, fast unzugänglicher Schluchten und schroffer Abfälle, deren nackte Kalkwände die dazwischenliegenden fruchtbaren Thäler nicht ahnen lassen. Die Vegetation ist auf den Höhen dürftig; in den untern Regionen dagegen, die gut bewässert und angebaut sind, zeigt sich oft üppiger Pflanzenwuchs. Man trifft Haine von Cypressen, Pinien, Platanen, Eichen; der Weinstock gedeiht ohne mühevolle Pflege bis zu 1500 m Höhe, und Feigen-, Nuß-, Maulbeer- und Ölbäume werden in Menge gezogen. Auf den fetten Triften weiden Schafe und Ziegen; in den dichten Wäldern hausen Bären, Wölfe, Schakale, Panther und mancherlei Wild. Das Küstenland am westlichen Fuß des L., wo auch die Dattelpalme vorkommt, ist das Phönikien des Altertums; das Tiefland zwischen dem L. und Antilibanon (s. d.) hieß im Altertum Bukka oder Kölesyrien (heute Bekaa, „Spalte“). Was die geognostische Beschaffenheit des L. anlangt, so bilden die Hauptmasse desselben Flözschichten von Mergel, Kalk und Thon, von Marmor, Dolomit und Kreide, von Sandstein und Sand, die in selten vorkommender Klarheit übereinander liegen und ohne Ausnahme der mittlern Kreidezeit angehören. An Hunderten von Stellen werden dieselben aber von Basaltiten und Melaphyren durchbrochen. Von nutzbaren Mineralien finden sich Eisenerze (im Sandstein), Braunkohlen und Lignite, reichlicher Bernstein und Bitumen. Die Bevölkerung des L. repräsentieren besonders die Drusen (s. d.) und Maroniten (s. d.). So wild und einsam auch das Gebirge ist, so ist es doch durch vielfach gewundene, oft in den Fels eingehauene Pfade zugänglich, und zahlreiche Klöster gewähren dem Wanderer ein wirtliches Obdach. Etwa 4 km oberhalb Bscherre, am Fuß des kahlen und steilen Dar et Kodib, in einer Höhe von 1925 m, steht das berühmte Zedernwäldchen, im ganzen (1875) noch 377 Stämme zählend, darunter nur noch fünf, deren Stamm 10 m und darüber mißt, und keiner über 24 m hoch. Es sind die dürftigen Reste jener Zedernwaldungen, die einst dem König Salomo das Holz zum Tempelbau lieferten. Leider wird das Wäldchen nicht geschützt. – Der L. ist den Türken niemals vollständig botmäßig geworden. Als 1840 Syrien Mehemed Ali entzogen und dem Sultan zurückgegeben wurde, forderten die europäischen Mächte für den L. mit seiner christlichen Bevölkerung administrative Privilegien. Es trat daher eine getrennte Regierung der vielfach untereinander wohnenden Drusen und Maroniten unter zwei Kaimakamen ins Leben: der maronitische Kaimakam regierte im Norden, der drusische im Süden; hinsichtlich der Bezirke mit gemischter Bevölkerung griffen besondere Bestimmungen Platz. Diese Einrichtung erhielt sich bis zu den Metzeleien des Jahrs 1860 (s. Syrien). Infolge der französischen Intervention wurde darauf 1862 der ganze L. als selbständiges Paschalik von Syrien abgetrennt und unter der Kontrolle der westmächtlichen Gesandten einem christlichen Gouverneur zur Verwaltung unterstellt; doch blieben Orte mit überwiegend moslemitischer Bevölkerung sowie die drei wichtigsten Hafenstädte [759] Tripolis, Beirut, Saida bei Syrien (s. Karte „Palästina“). Vgl. Burton und Drake, Unexplored Syria (Lond. 1873); Fraas, Drei Monate am L. (Stuttg. 1876); Derselbe, Geologische Beobachtungen am L. (das. 1878); Diener, Libanon. Grundlinien der physikalischen Geographie und Geologie von Mittelsyrien (Wien 1886).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 565
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[565] Libanon. Die Bevölkerung des L., welcher 1889 zu einem eignen Wilajet (Dschebel Libnan) erhoben wurde, während er vorher ein Sandschak des Wilajets Beirut gebildet hatte, setzte sich 1886 nach Hartmann zusammen aus 11,000 Mohammedanern, 200,000 Maroniten, 38,000 Drusen, 41,000 Griechisch-Orthodoxen, 25,000 Griechisch-Unierten, 11,000 Metawiles (Schiiten) und 1500 verschiedenen Glaubens, meist Protestanten, zusammen 327,500 Seelen.