MKL1888:Posen
[268] Posen, s. Federn, S. 95.
Posen, ehemaliges Bistum des Königreichs Polen, wurde 968 vom Herzog Mieczyslaw I. gestiftet und zunächst dem Erzbistum Magdeburg, seit dem Ende des 12. Jahrh. Gnesen unterstellt. Sein Sprengel umfaßte das Warthegebiet zwischen der Oder und mittlern Netze nebst dem Archidiakonat Warschau. Nach der ersten Teilung Polens wurde letzteres 1773 abgetrennt, 1821 die russisch-polnischen Gebiete dem Bistum Kujavien-Kalisch überwiesen. Das Bistum ward zwar zu einem Erzbistum erhoben, aber mit Gnesen vereinigt. In dieser Diözese machten sich die Folgen des Kulturkampfes am meisten fühlbar, indem seit 1873 mehr als ein Viertel der Geistlichen durch Tod oder Maßregelung aus dem Amt schied und nur wenige Pfarreien mit staatstreuen Geistlichen besetzt werden konnten. Erst nachdem der 1874 abgesetzte Erzbischof Ledochowski auf das Bistum verzichtet hatte und 1886 ein Deutscher, Dinder, zum Erzbischof ernannt worden war, wurden wieder geordnete Zustände hergestellt. Vgl. Lukaszewicz, Diöcesi Poznanski (Pos. 1858, 3 Tle.).
Posen (hierzu Karte „Provinz Posen“), preuß. Provinz (Großherzogtum), nach Auflösung des Großherzogtums Warschau aus dem größten Teil des vormaligen Departements P. und Teilen der vormaligen Departements Bromberg und Kalisch gebildet, grenzt gegen N. an die Provinz Westpreußen, gegen O. an Polen, gegen S. an Schlesien und gegen W. an Brandenburg und hat einen Flächenraum von 28,958 qkm (525,93 QM.). Die Provinz liegt im Norddeutschen Tiefland und zwar zwischen den beiden Landrücken desselben; der Norddeutsche Landrücken tritt mit ziemlich hohem Abfall von N. her an das Netzethal heran (Lichberge bei Netzthal 194 m hoch), während der Märkisch-Schlesische Landrücken aus Schlesien einige Höhenzüge nach P. hineinsendet, unter denen der in der südöstlichen Spitze (im Kreise Schildberg) bis über 200 m ansteigt. Der innere Teil der Provinz ist eine Platte von durchschnittlich 80–120 m Höhe, durch welche die Warthe in einem breiten Thal zieht, und in welcher das Obrabruch, 40 km lang, 8 km breit, nach frühern vergeblichen Versuchen 1850–60 entwässert, eine tiefe Einsenkung bildet. Ferner durchziehen diese Platte in Thälern die Obra und die Netze, und nennenswerte Brücher sind noch das Konczabruch bei Polajewo im Kreis Obornik und das Parchaniebruch unweit der obern Netze im Kreis Inowrazlaw. Von höchster Bedeutung ist die 6–8 km breite Einsenkung, die den nördlichen Teil der Provinz von O. nach W. durchzieht, durch welche ehemals die Fluten der Weichsel einen Ausweg nach W. fanden, und in welcher
[Ξ]
| POSEN. Maßstab = 1 : 1 100 000. |
| [Nebenkarte:] UMGEBUNG VON POSEN. Maßstab 1 : 240 000 [Datumsangabe:] I. 89 |
[269] gegenwärtig durch den Bromberger oder Netzekanal eine Verbindung zwischen Netze und Brahe (Oder und Weichsel) besteht. Die Hauptflüsse sind: die Warthe, Netze und als Grenzfluß gegen Westpreußen die Weichsel mit der Brahe. Die Netze, welche außerhalb der Provinz in die Warthe mündet, empfängt hier die Küddow und auf der brandenburgischen Grenze die Drage. Die Warthe erhält rechts die Welna und links die Prosna (auf der polnischen Grenze) und die Obra. Die Landseen sind zahlreich; die größten derselben (der Goplo-, Skorzenciner und Powidzer See) liegen an der obern Netze, von hier hinüber zur Scheide gegen die Warthe und an der polnischen Grenze in der Abdachung zu dieser selbst. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Posen 8 und in Bromberg 7,7° C.; der Winter ist rauh, die Regenmenge nicht sehr beträchtlich (jährlich 50–52 cm). Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 auf 1,715,618 Seelen (59 auf 1 qkm, darunter 531,722 Evangelische, 1,131,869 Katholiken, 1143 sonstige Christen und 50,866 Juden). Die Evangelischen sind überwiegend in den nördlichen und westlichen Grenzkreisen, am wenigsten zahlreich in den Kreisen an der obern Warthe. Nach der Sprache gibt es etwa 725,000 Deutsche und 880,000 Polen. Über 80 Proz. beträgt die polnische Bevölkerung in den Kreisen Wreschen, Pleschen, Adelnau und Schildberg, unter 20 Proz. in den Kreisen Meseritz und Czarnikau. Die größern Städte haben eine überwiegend deutsche Bevölkerung (Gnesen selbst noch 55 Proz.). Um das deutsche Element auf dem Land zu mehren, ist durch Gesetz vom 28. April 1886 eine Ansiedelungskommission in der Stadt P. errichtet, welche die Aufgabe hat, Güter von polnischen Besitzern anzukaufen, zu parzellieren und an deutsche Kolonisten zu veräußern. Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und Gärten 61,8, auf Wiesen 8,0, auf Weiden 5,2 und auf Waldungen 20,2 Proz. Der Großgrundbesitz ist hier fast so stark wie in Pommern vertreten. Auf ihn kommen, wenn man ihm die Besitzungen von mehr als 100 Hektar Größe zurechnet, 55,3 Proz., auf den eigentlichen Bauernstand mit Grundstücken von 10–100 Hektar nur 32,5 Proz. vom Grundbesitz überhaupt. Außer dem Anbau von Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln ist der des Hopfens von hervorragender Wichtigkeit (1883 auf 2094 Hektar), welchem in weitem Kreis um Neutomischel herum große Landstriche gewidmet sind; Weinbau wird in der südwestlichen Ecke bei Bomst betrieben. Die ansehnlichsten Waldungen, fast nur aus Nadelhölzern bestehend, finden sich zwischen Warthe und Netze an der Westgrenze und im Kreis Bromberg im Anschluß an die Tuchelsche Heide in Westpreußen. Nach der Viehzählung von 1883 gab es in P. 211,291 Pferde, 625,723 Stück Rindvieh, 1,892,336 Schafe, 469,043 Schweine und 71,353 Ziegen. Zur Pflege der Pferdezucht besteht ein Landgestüt in Zirke; die Rindviehzucht ist in den Schlesien zunächst liegenden Kreisen am bedeutendsten; die Schafzucht befindet sich auf den großen Gütern in Flor. Aus dem Mineralreich gibt es Salz bei Inowrazlaw und Wapno, Gips, Kalk, Braunkohlen, Raseneisenerz, Torf etc. Die Industrie ist nur in einigen Orten beträchtlich; es gibt Maschinenfabriken, Tuchmanufakturen, große Ziegeleien und Mahlmühlen, Zuckerfabriken, ein Salzwerk, Schnupftabaksfabriken, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien etc. Der Handel wird befördert durch die schiffbaren Gewässer, Kunststraßen und Eisenbahnen. Letztere sind meist Staatsbahnen und stehen unter den Direktionen zu Bromberg und Breslau. Die wichtigsten Linien sind: Berlin-Schneidemühl, Posen-Neustettin, Posen-Thorn, Breslau-Posen, Frankfurt a. O.-Posen, Posen-Stargard, Posen-Kreuzburg und Öls-Gnesen. An Unterrichtsanstalten sind in P. vorhanden: 14 Gymnasien, 2 Progymnasien, 4 Realgymnasien, ein Pädagogium, 6 Lehrerseminare, 3 Taubstummenanstalten, eine Blindenanstalt etc. Die Provinz zerfällt in zwei Regierungsbezirke: Bromberg und P., bisher mit zusammen 28 Kreisen, seit 1887 in 42 Kreise geteilt, wovon 28 auf den Regierungsbezirk P., 14 auf Bromberg entfallen. Für die Rechtspflege bestehen ein Oberlandesgericht zu Posen und 7 Landgerichte zu Bromberg, Gnesen, Lissa, Meseritz, Ostrowo, Posen und Schneidemühl (zu dessen Bezirk auch der westpreußische Kreis Deutsch-Krone gehört). Militärisch gehört der nördliche Teil zum Bezirk des 2., der südliche zum Bezirk des 5. Armeekorps. In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 15, in das preußische Abgeordnetenhaus 29 Mitglieder. An der Spitze der evangelischen Kirchenangelegenheiten steht das Konsistorium zu Posen, an der Spitze der katholischen Geistlichkeit der Erzbischof von Gnesen und Posen; die Generalkommission für Gemeinheitsteilungssachen in Bromberg ist zugleich für Ost- und Westpreußen bestellt. Das Wappen der Provinz P. ist ein silberner gekrönter Adler im roten Felde; die Farben sind Karmesin u. Weiß. – P. war früher ein Teil des Königreichs Polen. Bei der ersten Teilung 1772 kam der Netzedistrikt und 1793 ganz Großpolen, mit Ausschluß Masoviens, an Preußen (unter der Benennung Südpreußen); 1807 wurde es mit dem Großherzogtum Warschau vereinigt, bis es 1815 in etwas geringerm Umfang als früher an Preußen zurückfiel. S. Karte „Schlesien und Posen“. Vgl. Bäck, Die Provinz P. in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung (Berl. 1847); „Statistisches Handbuch der Provinz P.“ (3. Aufl., Posen 1877); „Gemeinde-Lexikon der Provinz P.“ (hrsg. vom königl. Statistischen Büreau, Berl. 1888); Wuttke, Städtebuch des Landes P. (Leipz. 1864; Nachtrag, das. 1866); Chr. Meyer, Geschichte des Landes P. (Pos. 1881); Bergmann, Zur Geschichte der Entwickelung deutscher, polnischer und jüdischer Bevölkerung in der Provinz P. seit 1824 (Tübing. 1883); „Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz P.“ (Posen 1882 ff.).
Posen (poln. Poznań), Hauptstadt des gleichnamigen preuß. Regierungsbezirks und der gleichnamigen Provinz und Festung ersten Ranges, liegt an der Mündung der Zybina in die Warthe, über welche vier Hauptbrücken führen, 58 m ü. M., ist Knotenpunkt
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| Wappen von Posen. | |
der Linien P.-Stargard, P.-Kreuzburg, Breslau-P., P.-Neustettin, P.-Wreschen, Frankfurt-P. und P.-Thorn der Preußischen Staatsbahn und besteht aus der von der Podlinka durchflossenen eigentlichen Stadt (Altstadt) und der eleganten, unter preußischer Herrschaft erst entstandenen Neustadt auf dem linken und den Vorstädten Wallischei (Chwaliszewo), Schrodka, Ostrowek, Zawade und St. Roch auf dem rechten Wartheufer. Von 1827 bis 1853 ward P. zu einer Festung ersten Ranges umgeschaffen und diese seit 1876 noch durch einen Kreis von Außenforts verstärkt. Die Trace um die Stadt besteht aus sechs regelmäßigen Bastionen und sechs Kavalieren. Das [270] Fort Winiary bildet gleichsam die Citadelle; auf dem rechten Ufer liegt die sogen. Dombefestigung. P. hat meist schöne breite Straßen, worunter die mit einer Kastanienallee bepflanzte Wilhelmsstraße mit dem Raczynskischen Brunnen, die große Gerberstraße, Friedrichsstraße, Neue Straße, Mühlenstraße, Berliner Straße, Bismarckstraße, die Große und Kleine Ritterstraße u. a. die ansehnlichsten sind. Unter den vielen Plätzen sind hervorzuheben: der Alte Markt, der Wilhelmsplatz mit dem vom 5. Armeekorps seinen im österreichischen Kriege Gefallenen errichteten Löwendenkmal (1870 enthüllt), der Sapiehaplatz, der Königsplatz, der Kanonenplatz. Von den 15 katholischen und 5 evang. Kirchen Posens verdienen Erwähnung: der 1775 in gotischem Stil erbaute katholische Dom auf der Dominsel der Vorstadt Wallischei, mit zahlreichen Grabmonumenten und der sogen. goldenen Kapelle, welche 1842 Graf Raczynski in byzantinischem Stil errichten und mit vielen Kostbarkeiten und Kunstwerken, namentlich mit den vergoldeten Erzstandbildern der ersten polnischen Könige, Mieczyslaw und Boleslaw (von Rauch), ausstatten ließ; ferner die katholische Stadtpfarrkirche, ehemals den Jesuiten gehörig, ein Meisterwerk der italienischen Baukunst; die alte Marienkirche (1859 restauriert), die evangelische Petrikirche (von 1841) und die evangelische Paulikirche (1867 eingeweiht). Die griechischen Christen haben einen Betsaal, die Juden mehrere Synagogen. Die bemerkenswertesten Gebäude sind: das Rathaus (seit 1508 in slawisch-romanischem Stil erbaut) mit einem ansehnlichen Turm (von 1730) und einem an alten Urkunden reichen Archiv; ferner der prächtige, an der Fassade mit 24 korinthischen Säulen aus Gußeisen gezierte Palast, welchen mit der darin befindlichen Bibliothek von 30,000 Bänden der frühere Besitzer, Graf Raczynski, 1832 der Stadt schenkte; das Dzialynskische Palais mit reicher Sammlung polnischer Urkunden, der erzbischöfliche Palast, der Bazar, die Kavalleriekaserne, das Militärlazarettgebäude, das von dem Stadtrat Berger seiner Vaterstadt gestiftete monumentale Realschulgebäude, das Polizeipräsidium, die Post, der Justizpalast; das Stadttheater, das polnische Theater, das Diakonissenhaus und (vor der Stadt) die prächtigen, 1874 vollendeten Gebäude des 1875 aufgehobenen Klosters der Damen vom Herzen Jesu, welches jetzt zu einem Hospital eingerichtet ist. Die Stadt hat doppelte Wasserleitung. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (1 Grenadierreg. Nr. 6, 1 Infanteriereg. Nr. 46, 2 Infanteriebat. Nr. 47, 1 Husarenreg. Nr. 2, 1 Feldartilleriereg. Nr. 20, 1 Fußartilleriereg. Nr. 5 und 1 Trainbat. Nr. 5) auf 68,315 Seelen, darunter 23,498 Evangelische, 37,960 Katholiken und 6719 Juden, der Nationalität nach etwa zur Hälfte Polen, im übrigen Deutsche. Unter den Industrieanlagen nehmen diejenigen, welche sich mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse befassen, ein hervorragenden Platz ein. Besonders bedeutend sind die Müllerei, die Spiritus- und Likörfabrikation, Bierbrauerei etc. Sonst sind von Bedeutung: die Fabrikation künstlicher Dungmittel und landwirtschaftlicher Maschinen, von Dachpappe, Möbeln, Watte, Tabak und Zigarren, Leder, Gold- und Silberwaren, Schokolade, Konserven, Billards, Wagen etc. Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Börse, eine Handelskammer, eine Reichsbankhauptstelle, eine Provinzialaktienbank und eine Landschaftsbank, beschäftigt sich vorzugsweise mit dem Vertrieb der landwirtschaftlichen Produkte, namentlich von Getreide, Kartoffeln, Futterstoffen, Vieh; ferner von Spiritus, der hier börsenmäßig gehandelt wird, landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, Wolle etc. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn. Neben dem Vertrieb auf der Eisenbahn kommt hier auch noch der auf der Wasserstraße, auf der Warthe, in Betracht. An Bildungsanstalten etc. hat P. 2 Gymnasien, ein Realgymnasium, ein Priester-, ein israelitisches Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummenanstalt, eine Hebammenlehranstalt, 2 Theater, ein Museum für die Altertümer der Provinz P., eine Historische Gesellschaft für die Provinz P. etc. In P. erscheinen 11 deutsche und 21 polnische Zeitungen und Zeitschriften. An öffentlichen Anstalten befinden sich dort: eine Diakonissenkrankenanstalt, ein Krankenhaus der Grauen Schwestern, ein städtisches Krankenhaus, mehrere Hospitäler und Waisenhäuser, eine Kinderrettungsanstalt etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 13 Magistratsmitgliedern und 36 Stadtverordneten. Sonst ist P. Sitz des Oberpräsidenten der Provinz P. und der übrigen Provinzialbehörden, einer königlichen Regierung, eines Erzbischofs mit Metropolitankapitel; eines Kollegiatstifts, einer Provinzial-Steuerdirektion, einer Oberpostdirektion, eines Oberlandesgerichts und eines Landgerichts, der Ansiedelungskommission für Ost- und Westpreußen, eines Staatsarchivs, einer Rentenbank etc., ferner: des Generalkommandos des 5. Armeekorps, des Kommandos der 10. Division, der 19. und 20. Infanterie-, der 10. Kavallerie-, der 5. Feldartillerie- und der 5. Gendarmeriebrigade, der 3. Festungsinspektion etc. An Spaziergängen und Vergnügungsorten sind der Eichwald (Luisenhain), der Viktoriapark, der Schilling und zoologische Garten zu nennen. Zum Landgerichtsbezirk P. gehören die neun Amtsgerichte zu Obornik, Pinne, P., Pudewitz, Rogasen, Samter, Schrimm, Schroda und Wreschen. – P. war eine der ältesten und bedeutendsten Städte im ehemaligen polnischen Reich und seit 968 Bischofsitz (s. S. 268). Zeitweilige Residenz der ersten Könige, namentlich Boleslaws I., des Begründers der polnischen Macht, mit welchem der Erzbischof Tagino von Magdeburg im Auftrag des deutschen Königs Heinrich II. 1005 hier einen Frieden schloß, im 12. und 13. Jahrh. Residenz der Herzöge von Großpolen, erhielt P. 1253 das Magdeburger Recht, stand als königliche Stadt direkt unter dem König von Polen und war bis 1733 auf dem polnischen Reichstag durch Abgeordnete vertreten. Während des 16. Jahrh., namentlich unter den letzten Jagellonen, blühte P. empor, besonders im Handel und Gewerbe; die Einwohnerzahl stieg bis über 30,000. Im J. 1571 erfolgte die Einführung der Jesuiten in P.; es kamen die religiösen Wirren, die nordischen Kriege, die Bürgerkriege und mit ihnen Verheerungen der Stadt durch Brand, Plünderung und Epidemien, so daß im 18. Jahrh., kurz vor der ersten Besitznahme durch Preußen, die Einwohnerzahl bis gegen 10,000 gesunken war. Unter preußischer Herrschaft, zuerst als die zweite Stadt der Provinz Südpreußen (1793–1806), dann als Hauptstadt der Provinz P. seit 1816, ist P. in stetem, nur durch die Beschränkungen als Festung und durch die Ungunst der östlichen Grenzverkehrsverhältnisse etwas gehemmtem Wachstum begriffen. In P. wurde 11. Dez. 1806 der Friede zwischen Napoleon I. und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen geschlossen. Vgl. Lukaszewicz, Geschichtlich-statistische Beschreibung der Stadt P. in ältern Zeiten (deutsch, 2. Aufl., Pos. 1881, 2 Bde.); Öhlschläger, Kurzgefaßte Geschichte und Beschreibung der Stadt P. (das. 1866).
[271] Der Regierungsbezirk P. (s. Karte „Provinz Posen“) umfaßt 17,509 qkm (318 QM.), zählt (1885) 1,106,959 Einw. (darunter 287,605 Evang., 786,170 Kath. u. 32,891 Juden) u. besteht aus den 28 Kreisen:
| Kreise | QKilom. | QMeilen | Einwohner | Einw. auf 1 qkm |
| Adelnau | 470 | 8,53 | 32096 | 68 |
| Birnbaum | 642 | 11,66 | 27252 | 42 |
| Bomst | 1036 | 18,82 | 58165 | 56 |
| Fraustadt | 480 | 8,72 | 28933 | 60 |
| Gostyn | 600 | 10,90 | 38000 | 63 |
| Grätz | 415 | 7,54 | 31437 | 75 |
| Jarotschin | 715 | 12,98 | 43548 | 61 |
| Kempen | 457 | 8,29 | 32988 | 72 |
| Koschmin | 458 | 8,31 | 29444 | 64 |
| Kosten | 607 | 11,02 | 42116 | 69 |
| Krotoschin | 496 | 9,01 | 42403 | 85 |
| Lissa | 521 | 9,46 | 37945 | 73 |
| Meseritz | 1153 | 20,94 | 49663 | 43 |
| Neutomischel | 537 | 9,75 | 31964 | 59 |
| Obornik | 1095 | 19,89 | 48092 | 44 |
| Ostrowo | 422 | 7,66 | 31624 | 75 |
| Pleschen | 480 | 8,72 | 31551 | 66 |
| Posen (Stadt) | 9 | 0,16 | 68315 | – |
| Posen-Ost | 458 | 8,31 | 37658 | 82 |
| Posen-West | 635 | 11,53 | 34128 | 54 |
| Rawitsch | 495 | 8,99 | 49227 | 99 |
| Samter | 1092 | 19,83 | 53113 | 49 |
| Schildberg | 520 | 9,44 | 31584 | 61 |
| Schmiegel | 554 | 10,06 | 34022 | 61 |
| Schrimm | 928 | 16,85 | 53508 | 58 |
| Schroda | 1015 | 18,43 | 52939 | 52 |
| Schwerin a. W. | 650 | 11,80 | 22632 | 35 |
| Wreschen | 567 | 10,29 | 32612 | 58 |
[745] Posen. Die Bevölkerung in der Provinz P. betrug nach der Volkszählung vom 1. Dez. 1890: 1,751,642 Seelen und hat seit 1885 um 36,024 Seelen oder 2,1 Proz. zugenommen. Davon entfallen auf die
| Reg.-Bez. | Einwohner | Zunahme |
| Posen | 1126591 | 19632 |
| Bromberg | 625051 | 16392 |
Die jährliche Zunahme mit durchschnittlich 0,42 Proz. war stärker als in den Jahren 1880–85 (0,14 Proz.), aber erheblich schwächer als in der Zählungsperiode 1871–75 (1,17 Proz.). Nach dem Geschlecht entfallen auf 100 männliche 108,6 weibliche Personen. Die Provinz besitzt nur 2 Städte mit mehr als 20,000 Einw.: Posen 69,627 und Bromberg 41,399 Einw. Über die bisherigen Erfolge der deutschen Kolonisation in der Provinz P. vgl. den besondern Artikel (S. 180); als Ergänzung hierzu s. unten: „Prämiierung bäuerlicher Wirtschaften“. – Zur Litteratur: Chr. Meyer, Geschichte der Provinz P. (Gotha 1891).

