MKL1888:Stahl

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Stahl“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 218219
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Stahl. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 218–219. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Stahl (Version vom 03.07.2023)

[218] Stahl, s. Eisen, S. 418 ff.

Stahl, 1) Georg Ernst, Chemiker und Mediziner, geb. 21. Okt. 1660 zu Ansbach, studierte in Jena, wurde 1687 Hofarzt des Herzogs von Weimar, 1694 Professor der Medizin in Halle, 1716 Leibarzt des Königs von Preußen; starb 14. Mai 1734 in Berlin. S. stellte eine Theorie der Chemie auf, welche bis auf Lavoisier allgemeine Geltung behielt und auf der Annahme des Phlogistons beruhte. Auch entdeckte er viele Eigenschaften der Alkalien, Metalloxyde und Säuren. Seine Hauptwerke sind: „Experimenta et observationes chemicae“ (Berl. 1731) und „Theoria medica vera“ (Halle 1707; Leipz. 1831–33, 3 Bde.; deutsch von Ideler, Berl. 1831–32, 3 Bde.), in welcher er Hoffmann bekämpfte und die Lehre vom psychischen Einfluß (Animismus, s. d.) aufstellte.

2) Friedrich Julius, hervorragender Schriftsteller im Fach des Staatsrechts und Kammerredner, geb. 16. Jan. 1802 zu München von jüdischen Eltern, trat 1819 in Erlangen zur protestantischen Kirche über, studierte in Würzburg, Heidelberg, Erlangen Rechtswissenschaft und habilitierte sich im Herbst 1827 als Privatdozent in München. In demselben Jahr erschien seine erste größere Schrift: „Über das ältere römische Klagenrecht“ (Münch. 1827). Von Schelling angeregt, schrieb er: „Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht“ (Heidelb. 1830–1837, 2 Bde. in 3 Abtlgn.; 5. Aufl. 1878), sein wissenschaftliches Hauptwerk, welches trotz großer Mängel epochemachend für die Geschichte der Staatswissenschaft ist. S. trat darin der naturrechtlichen Lehre schroff entgegen und begründete seine Rechts- und Staatslehre „auf der Grundlage christlicher Weltanschauung“, indem er „Umkehr der Wissenschaft“ zum Glauben an die geoffenbarte Wahrheit der christlichen Religion forderte. 1832 ward S. zum außerordentlichen Professor in Erlangen, im November zum ordentlichen Professor für Rechtsphilosophie, Pandekten und bayrisches Landrecht in Würzburg ernannt. Später kehrte er nach Erlangen zurück und lehrte hier Kirchenrecht, Staatsrecht und Rechtsphilosophie. 1840 als Professor der Rechtsphilosophie, des Staatsrechts und Kirchenrechts nach Berlin berufen, 1849 von König Friedrich Wilhelm IV., der ihm seine Gunst zuwandte, zum lebenslänglichen Mitglied der damaligen Ersten Kammer, des spätern Herrenhauses ernannt, wurde S. der Hauptwortführer der Reaktion und der ritterschaftlichen Partei, der er bis zu seinem Ende treu geblieben ist. Auch auf kirchlichem Gebiet benutzte er seine Stellung als Mitglied des evangelischen Oberkirchenrats (1852–58) zur Lockerung der Union, zur Stärkung des lutherischen Konfessionalismus und zur Erneuerung der Herrschaft der orthodoxen Geistlichkeit über die Laienwelt. Der politische Umschwung infolge der Erhebung des Prinz-Regenten und der Sturz des Ministeriums Manteuffel brachen auch Stahls Herrschaft im Oberkirchenrat und veranlaßten 1858 seinen Austritt aus dieser Behörde. Seitdem setzte er den politischen Kampf gegen das „Ministerium der liberalen Ära“ mit zäher Energie im Herrenhaus fort, drohend, „das Haus werde in seinem Widerstand gegen die neue liberale Richtung der Regierung vielleicht brechen, aber nicht biegen“, erlebte jedoch nicht mehr den Umschlag der Regierung, welche nach schwachen liberalen Versuchen ihre Stütze wieder in dem Herrenhaus suchte. Er starb 10. August 1861 in Brückenau. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: „Die Kirchenverfassung [219] nach Lehre und Recht der Protestanten“ (Erlang. 1840, 2. Aufl. 1862); „Über Kirchenzucht“ (Berl. 1845, 2. Aufl. 1858); „Das monarchische Prinzip“ (Heidelb. 1845); „Der christliche Staat“ (Berl. 1847, 2. Aufl. 1858); „Die Revolution und die konstitutionelle Monarchie“ (das. 1848, 2. Aufl. 1849); „Was ist Revolution?“ (1.–3. Aufl., das. 1852); „Der Protestantismus als politisches Prinzip“ (das. 1853, 3. Aufl. 1854); „Die katholischen Widerlegungen“ (das. 1854); „Wider Bunsen“ (gegen dessen „Zeichen der Zeit“, 1.–3. Aufl., das. 1856); „Die lutherische Kirche und die Union“ (das. 1859, 2. Aufl. 1860). Nach seinem Tod erschienen: „Siebenzehn parlamentarische Reden“ (Berl. 1862) und „Die gegenwärtigen Parteien in Staat und Kirche“ (2. Aufl., das. 1868). Vgl. „Pernice, Savigny, S.“ (Berl. 1862).

3) Karl, Pseudonym, s. Gödeke.

4) Pierre Jules, Pseudonym, s. Hetzel.

5) Arthur, Pseudonym, s. Voigtel.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 878
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[878] Stahl, Ernst, Botaniker, geb. 21. Juni 1848 zu Schiltigheim bei Straßburg i. E., studierte Naturwissenschaften in Straßburg, Halle und Würzburg, promovierte 1873 in Straßburg, habilitierte sich 1877 für Botanik in Würzburg, wurde Anfang 1880 außerordentlicher Professor der Botanik in Straßburg, 1881 ordentlicher Professor und Direktor des botanischen Gartens an der Universität Jena. Im Winter 1889–90 machte er eine Reise nach Ceylon und Java. Von seinen Schriften, die immer fördernd und anregend wirkten, seien folgende angeführt: „Entwickelung und Anatomie der Lenticellen“ (Leipz. 1873); „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Flechten“ (das. 1877); „Über den Einfluß von Richtung und Stärke der Beleuchtung auf einige Bewegungserscheinungen im Pflanzenreich“ (das. 1880); „Über sogenannte Kompaßpflanzen“ (Jena 1883); „Über den Einfluß des sonnigen oder schattigen Standortes auf die Ausbildung der Laubblätter“ (das. 1883); „Einfluß des Lichtes auf den Geotropismus einiger Pflanzenorgane“ (Berl. 1884); „Zur Biologie der Myxomyceten“ (Leipz. 1884); „Pflanzen und Schnecken. Eine biologische Studie über die Schutzmittel der Pflanzen gegen Schneckenfraß“ (Jena 1888).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 882
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[882] Stahl, Matthias, klassischer Philolog, geb. 10. Nov. 1833 zu Baasem im Kreis Schleiden (Rheinprovinz), studierte 1851–56 in Bonn unter Ritschl und wurde 1856 Gymnasiallehrer in Münstereifel, 1861 in Düren, 1863 am Gymnasium an der Apostelkirche zu Köln, 1868 Oberlehrer am Gymnasium an Marzellen daselbst, 1874 Professor an der Akademie zu Münster. Er veröffentlichte: „Quaestiones gramaticae ad Thucydidem pertinentes“ (Köln 1872; 2. Aufl., Leipz. 1886), eine Ausgabe des Thukydides (das. 1873–74, 2 Bde.) und besorgte auch die Neubearbeitung der Popposchen Ausgabe des Thukydides (Bd. 2–5, 2. Aufl., das. 1875–83; Bd. 1, 3. Aufl. 1886–89).