Melpomene/Band 1/054 Bei dem Grabe des Herrn Sebastian Drexler, Wund-Artztes in Kirchdorf

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aus: Melpomene
Seite: Band 1, S. 188–190
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[188]

54. Bei dem Grabe des Herrn Sebastian Drexler, Wund-Artztes in Kirchdorf.

Melod III.

1. Ach ach! schon wieder eine Leiche,
Die dieses neue Grab verschließt,
Wo unser Bruder in dem Reiche
Des Todes angekommen ist.
So muß der eine nach dem andern,
Da hilft kein Zittern für den Tod,
Ins dunkle Thal des Todes wandern,
Und jeder fällt in diese Noth.
[189]
2. So kommen wir mit jedem Tage
Dem Ziele näher hier im Grab,
So nimmt mit jedem Glockenschlage
Die Summe unsres Lebens ab;
Mit jedem neuen Schritte wallen
Wir näher an des Grabes Rand,
Und eh wir es vermuthen, fallen
Wir in die kalte Todeshand.

3. So giengs dem Bruder hier im Grabe
Mit seiner schwer beklemmten Brust,
Er keuchte, tief gebeugt am Stabe,
Dahin war der Gesundheit Lust;
Das Übel wurde immer schlimmer,
Und nahm zuletzt so überhand,
Daß auch der Hoffnung letzter Schimmer,
Um ihn zu retten, ganz verschwand.

4. Das große Leiden seines Lebens
War unheilbare Wassersucht,
Und jedes Mittel ward vergebens
Zu seiner Besserung versucht;
Der ganze Leib war angeschwollen
Und ausgespannt in höchstem Schmerz:
Und statt des warmen Blutes rollen
Nur kaltes Wasser durch das Herz.

5. Doch litt er alle diese Schmerzen
Mit unerschütterter Geduld,
Bereute noch von ganzem Herzen
Die Größe seiner Sündenschuld;
Empfieng mit wahrer Vorbereitung
[190] Der heil’gen Sakramente Gnad,
Und übergab sich Gottes Leitung,
Und wallte froh den Todespfad.

6. Deswegen können wir vermuthen,
Daß, als sein letzter Hauch verschwand,
Er mit den Büssern oder Guten
Bei dem Gerichte Gnade fand.
Laßt uns daher mit jedem Tage
Zum Tode stets bereitet seyn,
Dann gehen wir beim letzten Schlage
Des Herzens in den Himmel ein.