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Melpomene/Band 2/056 Bei dem Grabe eines hoffnungvollen Knaben

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 161–162
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[161]

56. Bei dem Grabe eines hoffnungvollen Knaben.

Melod. IV.

1. Hier stehen wir und beben
Vor Tod und Grab zurück,
Denn Staub und Moder schweben
Vor unserm Thränenblick.

2. Ein hoffnungvoller Knabe,
Der Eltern einz’ger Sohn;
Vermodert hier im Grabe
In zarter Blüthe schon.

3. Mit namenlosen Schmerzen
War er im Kopfe krank,
Daß er mit schwerem Herzen
Aufs Sterbelager sank.
[162]
4. Man reichte zwar dem Knaben
Arzney zur Besserung,
Doch alle Mittel gaben
Ihm keine Linderung.

5. Und zum Beweis: es nage
An ihm des Todes Zahn,
Fieng er mit jedem Tage
Mehr abzuzehren an.

6. So welkte dieser Knabe
In zarter Blüthe hin,
Und modert schon im Grabe,
Statt länger noch zu blühn.

7. Doch besser ists dem Kinde,
Wenn es in Unschuld stirbt,
Als wenn es durch die Sünde
An Leib und Seel verdirbt.

8. Denn besser, nie gebohren,
Als Knecht der Sünde seyn,
Und ewig gehn verlohren
In grenzenloser Pein.

9. Lasst uns das ganze Leben
Daher der Tugend weihn,
Und nach dem Himmel streben,
Und uns in Gott erfreun.