Melpomene/Band 2/065 Bei dem Grabe einer stillen Dulderin

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 176–178
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[176]

65. Bei dem Grabe einer stillen Dulderin.

Melod. V.

Trauert, Christen! hier an diesem Grabe
Denn es steht auch uns der Tod bevor.

1. Seht, auch dieser Grabeshügel
Stellet uns als treuen Spiegel
Unser nahes Lebensende vor.

2. So, wie diesem armen Weibe,
Geht auch uns der Tod zu Leibe,
Und es hilft kein Zittern vor dem Tod.

3. Doch zu früh für ihre Lieben
Hat der Tod sie aufgerieben;
Doch sie starb, weil es der Herr geboth.

4. Für des Wohlbefindens Freuden
Hatte schmerzlich sie zu leiden,
Und ihr Leiden daurte Tag und Jahr.

5. Viele Sorgen Gram und Kummer
Störten ihren sanften Schlummer,
Und sie schwebte immer in Gefahr.

[177] 6. Doch sie litt die größten Schmerzen
Stets mit gottergebnem Herzen,
Und mit wahrhaft christlicher Geduld.

7. Sie bereute ihre Sünden,
Um Verzeihung dort zu finden,
Und des strengen Richters Gnad und Huld.

8. Sie verzieh auch ihren Feinden
Die sich wider sie vereinten
Jede schmerzliche Beleidigung;

9. Und empfieng vor ihrem Ende
Noch die heil’gen Sakramente,
Voll der Hoffnung auf Begnadigung.

10. Abgezehrt auf Haut und Knochen
War ihr Aug und Herz gebrochen,
Und ihr letzter Lebenshauch verschwand.

11. Dieses Alles läßt uns hoffen:
Daß sie dort den Himmel offen,
Und bei dem Gerichte Gnade fand.

12. Denn der Büßer und Gerechte
Wird mit dem getreuen Knechte
Dort belohnt bey Gottes Gnadenstuhl;

13. Aber Übelthäter müssen
Ewig ihre Sünden büssen
Dort im feurdurchglüten Höllenpfuhl.

14. Lasst uns also noch bei Zeiten
Uns zum Tode vorbereiten,
Eh er uns in Sünden überfällt;

[178] 15. Lasst uns Gutes thun hienieden,
Dann entschlafen wir im Frieden
Und erwachen froh in jener Welt.