Nachtrag zu dem in diesen Annalen, Bd. LVIII S. 100 -, enthaltenen Aufsatze

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Autor: Karl Friedrich Salomon Liskovius
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Titel: Nachtrag zu dem in diesen Annalen, Bd. LVIII S. 100 –, enthaltenen Aufsatze: Ueber den Einfluß der Flaschenform auf die Tonhöhe der darin tönenden Luft, mit Beziehung auf die Menschenstimme
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
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Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
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[482]
II. Nachtrag zu dem in diesen Annalen, Bd. LVIII S. 100 —, enthaltenen Aufsatze: Ueber den Einfluß der Flaschenform auf die Tonhöhe der darin tönenden Luft, mit Beziehung auf die Menschenstimme;
von Dr. Karl Friedr. Sal. Liskovius in Leipzig.


Um jene Untersuchung weiter zu verfolgen, wählte ich eine Weinflasche mit cylindrischem Bauche, flachem Boden und sehr flach gewölbter Decke des Bauches, weil diese Form vorzüglich messbar ist, und überhaupt am besten zu den folgenden Versuchen sich eignet.

Länge des Bauchs (den Boden abgerechnet) 5 Zoll 6 Linien Par. Maaß, Länge des Halses 5 Z. 3 L., Breite des Bauchs (die Seitenwandung abgerechnet) 3 Z., Breite des Halses unten 1 Z. 6 L., oben 10 L., Capacität der ganzen Flasche Kubikzoll, Tonhöhe, wenn die (leere) Flasche oben querüber angeblasen wird, groß A.

Ich verengerte den Bauch der Flasche durch Einsenken von Holzstäbchen, 5 Z. lang, so, daß sie sich an die Wand des Bauches anlegen konnten und die Mitte des Kanals frei ließen. Auch wurde zu demselben Behufe die Flasche liegend angeblasen. Je mehr solcher Holzstäbchen, desto schwächer der Ton. War der Bauch bis etwa zu einem Drittel der Breite davon angefüllt, so sprach die Pfeife gar nicht mehr an. Die Tonhöhe aber wurde durch diese Verengerung nicht verändert.

Es entstand die Frage: Wurde die verdrängte Luft etwa durch das elastische und bekanntlich sehr tonfähige Holz hierin ersetzt, und auf diese Art der Ton auf gleicher Höhe erhalten? Anstatt des Holzes nahm ich daher Pappstreifen, ihrer geringen Elasticität wegen. Der Erfolg war derselbe.

[483] Also ganz, wie bei jenen Labialpfeifen Bd. LVIII, VIII.

Noch war übrig, anstatt jener festen Körper Wasser einzufüllen. Dann aber fiel das Ergebniß anders aus; dann trat Tonerhöhung ein, und zwar gleichviel, ob die Flasche lag, und also das Wasser eine Seite einnahm, oder ob die Flasche aufrecht stand, und also das Wasser auf dem Boden ruht — in beiden Fällen war bei einer und derselben Wassermenge auch die Tonhöhe dieselbe.

Ich stimmte die Flasche von ihrem tiefsten Tone aus durch allmählichen Wasserzusatz stufenweise die diatonische Tonleiter hinauf, und bemerkte dabei jedesmal die Höhe des Wassers und der Luft nach Par. Zollen, und das Volum des Wassers und der Luft nach Par. Kubikzollen. Den Betrag zeigt folgende Tabelle:

Höhe Volum
des Wassers. der Luft. des Wassers. der Luft.
groß A 0 Z. Z. 0 K.Z. K.Z.
groß H Z. Z. 7 K.Z. K.Z.
klein cis Z. Z. 13 K.Z. K.Z.
klein d Z. 8 Z. 16 K.Z. K.Z.
klein e Z. Z. 22 K.Z. K.Z.
klein fis Z. Z. K.Z. K.Z.
klein gis Z. Z. 29 K.Z. K.Z.
klein a Z. Z. 30 K.Z. K.Z.
klein h Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. cis 5 Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. d Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. e Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. fis Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. gis Z. Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. a Z. 5 Z. K.Z. K.Z.
1 gestr. h 6 Z. Z. K.Z. K.Z.
2 gestr. cis Z. Z. K.Z. K.Z.
2 gestr. d Z. Z. K.Z. K.Z.
2 gestr. e Z. Z. 39 K.Z. K.Z.
2 gestr. fis 7 Z. Z. K.Z. K.Z.
2 gestr. gis Z. Z. K.Z. K.Z.
2 gestr. a Z. Z. 40 K.Z. K.Z.
3 gestr. cis Z. Z. K.Z. K.Z.
3 gestr. e Z. 2 Z. K.Z. 1 K.Z.
3 gestr. a Z. Z. 41 K.Z. K.Z.

[484] Je höher hier die Töne, desto matter und heiserer. Die höchsten sind nur hauchartig.

Zur Vergleichung ließ ich bei einem Orgelbauer eine cylindrische Röhre machen, eben so lang als die Flasche, und eben so breit als der oberste Theil des Halses. An beiden Enden offen, giebt sie das zweigestrichene d. Der tiefste Ton der Flasche ist also zwei Octaven und eine reine Quarte tiefer, als es der Kanalänge nach seyn sollte. Allerdings eine auffallende Tiefe.

Eine Octave davon ist zu rechnen auf die Deckung durch den Boden. Erwägt man nun hier das Verhältniß der Breite zur Höhe, und vergleicht man dieses Verhältniß mit den Resultaten meiner obigen Untersuchung über den Einfluß der verschiedenen Weite der Labialpfeifen auf ihre Tonhöhe (Bd. LVIII, VIII), erwägt man ferner die Convergenz dieser Flasche, von 3 Zoll bis zu 10 Linien Querdurchmesser oder von 9 Zoll bis Zoll Querumfang, also beinahe bis zum Viertel, und bedenkt man, wie weit ein solcher Grad der Convergenz bei den Labialpfeifen tonerniedrigend wirkt, so wird jene auffallende Tiefe sehr erklärlich.

Dreierlei also ist es, wovon die so auffallend tiefe Stimmung der Luft in Flaschen herrührt, nämlich die Deckung durch den Boden, die Breite des Bauchs und die Convergenz des Halses.

Daraus folgt: In der Flaschenform stimmt sich die Luft nicht nach besonderen, eigenthümlichen, sondern ganz nach denselben Gesetzen, wie in den Labialpfeifen.