Zum Inhalt springen

Neu aufgerichtetes March-Reglement

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Friedrich III., Kurfürst zu Brandenburg und Ernst August, Kurfürst zu Hannover
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Neu aufgerichtetes March-Reglement
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 18. Januar 1697
Erscheinungsdatum: 1697
Verlag: [s.n.]
Drucker:
Erscheinungsort: [Hannover]
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: im VD17 unter der Nummer 75:704925Q und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[1]
Neu aufgerichtetes
MARCH-REGLEMENT,
Zwischen
Seiner Churfürstl.

Durchlauchtigkeit zu

Brandenburg / etc.
Und
Seiner Churfürstl.
Durchlauchtigkeit
zu Braunschweig und Lüneburg / etc.


[3] ZU wissen! Demnach die Situation Seiner Churfl. Durchl. zu Brandenburg / etc. und Sr. Churfl. Durchl. zu Braunschweig und Lüneburg / etc. angehöriger Lande dergestalt beschaffen / daß / wann mit Dero beyderseits Trouppen einig Mouvement gemachet wird / des andern Lande dadurch zum öfftern berühret / und ein Durchzug durch dieselbe genommen werden muß. Und dann höchsterwehnte Ihre Churfl. Durchlauchtigkeiten nach der zwischen denenselben sich befindenden Freund-Vetterlichen guten Intelligence, verlangen / daß solches mit so wenigem Beschwer und Incommodität Ihrer Unterthanen / als möglich / jedesmahl geschehen möge: Als haben sich dieselbe deshalb folgenden Reglements, so zu beeden Seiten genau und unverbrüchlich unterhalten werden soll / mit einander verglichen.

1.

Anfanglich werden Seine Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg / und Seine Churfürstl. Durchl. zu Braunschweig Lüneburg / der eine des andern Lande [4] mit Marchen und Durchzügen so viel immer geschehen kan / verschonen / und dieselbe / es sey dann / daß die unumgängliche Noth es erfordere / nicht suchen noch praetendiren / vielweniger aber soll dergleichen Durchmarch vor andere / als die in ihren würcklichen Pflichten stehende Völcker / begehret werden.

2.

So offt dergleichen March von des einen Hohen Paciscenten Trouppen durch des andern Lande geschehen muß / soll nicht allein von demjenigen deme die Trouppen angehören / dem andern die Notification des Durchmarches / und die gewöhnliche Requisition bey zeiten schrifftlich geschehen / und der Orth bestimmet werden / wo / wie starck / und unter wessen Commando die Trouppen so wohl an Mannschafft als Pferden / sambt etwa dabey befindlichen Commissariat, Proviant-Werck / Attillerie und andern Attirail anlangen werden / sondern es soll auch der bey den marchirenden Trouppen / commandirender Officier schuldig seyn zwey oder drey Tage vorher / ehe die Trouppen das Territorium des andern hohen Pasiscenten erreichen / an die zu Observirung dergleichen Marche daselbst bestellte Commissarien / jemand voraus zu senden / oder wenigstens dieselbe durch Schreiben von der Leute Annäherung zu advertiren / damit die Nachtlager vor der Trouppen würcklichen Ankunfft so viel füglicher reguliret und eingetheilet auch die nothdürfftige Vivres vor Menschen und Pferde an gehörigen Orten angeschaffet werden können.

3.

Denen Regimentern / Bataillons, Compagnien / oder sonst commandirten Trouppes / welche solchergestalt einen Durchmarch durch des andern Hohen Herrn Paciscenten Lande nehmen wollen / sol jederzeit ein gewisser Kriegs-Commissarius, dessen Nahme in dem Requisitions-Schreiben zu [5] benennen / mitgegeben werden / welcher bey seiner Ankunfft sofort denenjenigen Commissarien / so die Marche beobachten / eine accurate Liste, wie starck das Corps, oder eine jede Compagnie an Unter-Officiers und Gemeinen sey / so die Ordonnantz-mäßige Verpflegung geniessen / extradiren / nach Inhalt dieses Reglements die Verpflegung und Abfuhren oder Vorspann liquidiren / und für ermeldte Unter-Officier bezahlen / und darüber von demjenigen Commissario, welcher jeden Orts zu Observirung der Marche gesetzet ist / quittiret werden soll. Was aber die Ober-Officier und Commissarii, auch Geissel / mit ihren Knechten und Pferden verzehren / solches haben die Officier und Commissarien selbst nach billigem Preisse / jedoch daß sie dabey nicht übersetzet werden / zu bezahlen; Dafern aber nicht allemahl ein besonderer Commissarius den Trouppen mitgegeben werden könnte / sol der bey demselben commandirenden Officier gehalten seyn / die Abfuhren und genossene Verpflegung von einem Nachtlager zum andern specialiter zu liquidiren / und alsdann die Zahlung an den Commisarium, jeder Provintz / in einer Summe gegen Quittung würcklich zu thun / dergestalt / daß die Bequartierte an keinen Capitaine / weniger an die Gemeinen / sondern an dem commandirenden Officier gewiesen werden / und derselbe dafür zu respondiren gehalten sey.

4.

Was für eine Route die Truppen zu nehmen vorhabens / daß muß jedesmahl in denen abgehenden Requisitions-Schreiben angezeiget werden / man wil auch andererseits darin alsdann nach Möglichkeit fügen / und ohne erhebliche Ursachen die Trouppen keine Umwege nehmen lassen / nur wird von beyden Theilen dahin zu sehen seyn / damit eine Route nicht zu offt genommen / oder ein gar zu grosses Corpo auf einmahl den Weg geführet / sondern damit [6] mit nach Gelegenheit / so offt als möglich abgewechselt werde. Es muß auch bey solchen Marchen jederzeit genaue und scharffe Disciplin gehalten werden / und an Zäunen / Hecken / und Bäumen / absonderlich aber an den Korn / und der Staat auf dem Felde / und denen Wiesen kein Schade geschehen / oder widrigenfalls solches nach billiger Landüblichen Taxa bezahlet werden.

5.

Gestalt dann zu dessen mehrer Versicherung / und damit man nicht nöthig habe / der Bezahl- und Reparirung der etwa geschehenen Schäden nach zu warten / und mit deren Sollicitirung die Gnädigste Herrschafften oder Dero Regierungen zu behelligen / der bey den durch marschirenden Trouppen commandirende Officier / wann Er auf den Grentzen anlanget / einen der vornehmsten Officier vom Regiment oder der Compagnien zum Geissel in der nechsten Stadt oder Ambt / oder bey den Commissarien zu lassen / welche Geissel jedoch / wann die Trouppen passiret, und die nach diesem Reglement gehörige respectivè Bezahlung und Satisfaction verfüget / nicht ferner aufgehalten / sondern alsdann sofort dimittiret werden sollen.

6.

Wann die durchgehende Trouppen in Dörffer zu stehen kommen / müssen sie ohne einige Insolentien nach der Commissarien Anordnung logiren / und sich mit des Wirths ordinari Licht und Feuer begnügen lassen / die Officier aber so ein mehres begehren / sich solches selber anschaffen und bezahlen.

7.

Eine jede Mund-Portion sol mit 2. gute Gr. und eine Pferde-Portion ebenfalls mit 2. g. Gr. inclusivè des Rauch-Futters / bezahlet werden; Eine Mund-Portion aber wird [7] gerechnet täglich auf 2. Quartier Bier und 2. Pfund Brodt nebst Haußmanns-Kost / worunter aber kein Fleisch / als welches der Bauer keinesweges schuldig zu schaffen / sondern nur vorgedachtes Bier / Brodt und Zugemüsse zu verstehen / über welches ein Soldat ein mehrers nicht zu fordern / wann jedoch Hühner / Gänse und ander Geflügel / auch Rind- und ander Fleisch / auch Würste / Schincken und Speck gegeben werden müssen / soll solches absonderlich und nach Marckgängigem Preisse bezahlet werden; Auf ein Pferd soll in einem Nachtlager eine Viertel-Metzen Haber / 6. Pfund Heu / und nöthig Hexel und Stroh / und wann kein Rauch-Futter vorhanden / an dessen statt auf jedes Pferd ein 3te Metze Haber / an statt der ersten Viertel-Metzen / und also auf drey Pferde ein Himbten / in den Provintzien aber / wo diese Art Maasses nicht üblich / so viel als solches austräget / oder was in jeglicher Provintz die Landes-Herrschafft vermöge ihrer eigenen Ordonnantz bey Marchen auf ein Pferd reichen lässet / von denen Bequartierten gegeben und abgefolget werden. Es soll auch wegen Heckerling oder Stroh in die Unterthanen nicht gedrungen werden / sondern der Soldat sich mit demjenigen Stroh und Hexel vergnügen / was der Unterthan in seinem Hause hat.

8.

Wann aber wegen einer etwann in denen Dörffern graßirender Contagion, oder daß das Corps der Trouppen zu starck / oder auch selbige nicht zu weit aus einander zu legen / die Nothdurfft erforderte / oder anderer erheblicher Ursachen / dieselbe / wann es die Saison und das Wetter erleidet / campiren zu lassen / beyderseits gut befunden und verglichen werden solte / und solchenfalls die particulire Eintheil- und Rechnung der Portionen auf jeden Mann in specie, und dergestalt / als wann sie in den [8] Dörffern logiren nicht geschehen kan: So sol alsdann für baare Bezahlung angeschaffet und abgefolget werden / auf eine Compagnie zu Fuß von 125. Mann täglich

250. Pfund Brodt /

200. Maaß / oder 50. Stübchen / ein- oder nechst-gebrauen Bier.

1. Met oder Malter Haber.

2. Met oder Malter Hexel.

50. Pfund Heu / und höchst-benöthigtes aber nicht überflüssiges Stroh.

Und solches alles auch nach Proportion wann die Compagnien stärcker oder schwächer; Auf eine Compagnie zu Pferde / oder Dragonner von 100. Pferden aber

5. Met oder Malter Habern / oder

3. Met oder Malter Gersten / oder

2. Met oder Malter Roggen /

10. Met oder Malter Hexel /

300. Pfund Heu und nöthig Stroh /

200. Pfund Brodt /

200. Maaß oder 50. Stübchen Bier / und solches gleichfalls nach Proportion, wann die Compagnien geringer oder stärcker /

Und zwar Thlr. g. Gr. Pf.
100. Pfund Brodt 1. 8.
50. Stübchen Bier 2. 12.
1. Pfund Fleisch 1.
1. Met / Malter oder vier Scheffel Habern 1. 8.
1. Met oder Malter Hexel 2.
50. Pfund Heu 6.
1. Bund Stroh 2.
1. Fuder Holtz / deren zwey Fuder jede Nacht auf 100. Mann zugeben 12.

[9] Und solches alles nach Advenant, nach dem viel oder wenig genommen wird.

9.

Die Infanterie sol 2. oder höchstens 3. Meilen / die Cavallerie aber durchgehends 3. Meilen alle Tage marchiren / und müssen die Nachtlager nicht näher und nicht weiter von einander genommen / auch zu deren Anweisung keine Wegweiser eigenmächtig mitgenommen noch mit Gewalt dazu gezwungen / sondern dieselben nicht anders als vom Durchführungs-Commissario oder der Obrigkeit des Orts oder Dorffs / worinn das Nacht-Quartier gewesen / gefordert / und von selbigen so viel nöthig / und zwar auf die Mannschafft so in einem jeden Dorff gelegen / ein der Wege wohl kündiger Bote bis ins andere Nacht-Quartier gegeben werden. Wann aber solcher Bote den Weg nicht gantz bis in solch Nacht-Quartier wüste / und nöthig einen andern aus dem nechsten Dorffe zu suchen; Sollen die Schuldheissen oder Bauermeistere jeden Orts auff des bey der Mannschafft commandirenden Officiers Begehren / und wann dieser zuforderst / 2. g. Gr. für jede Meile bezahlet / einen solchen Boten der die Wege wohl wisse / zu geben gehalten seyn. Wann aber die Trouppen 2. oder höchstens 3. Tage hinter einander marchieret / so sol denenselben der 3te oder 4te Tag zum Ruhe-Tag gegönnet werden. Damit auch die Nachtlager nicht weiter als hierinn enthalten von einander angewiesen werden; So haben die Commissarien von einer Provintz zur andern mit einander zeitig zu correspondiren / welche Oerter Sie von einer Nacht zur andern beleget / damit von Tag zu Tag die Nachtlager in denen Landen / wohin der March des folgenden Tages gehet / darnach reguliret werden können.

10.

Die nöthige Vorspann sollen folgender massen gegeben [10] werden / als / wann Sie nehmlich in Campagne gehen / auf einen Staab es sey zu Pferde oder zu Fuß / zwey / auf eine Compagnie zu Pferde oder Dragouner ein Wagen / und auf eine Compagnie zu Fuß zwey Wagens / auf dem Rückmarch aber / wann die Trouppen aus der Campagne kommen / und da sich viele Krancken und Ohnberittene dabey befinden würden / zweene Wagens auf eine Compagnie zu Pferde und Dragouner, und drey Wagens auf eine Compagnie zu Fuß / wann die commandirende Officier / und dabey sich befindende Commissarius solches gut und nöthig finden solten; Solche Wagens gehen von einem Nachtlager zum andern / woselbst sie alsofort dimittiret werden; Es sol aber jeglicher Wagen / er sey bey bösen Wetter und Wegen mit 6. oder bey guten Wegen mit 4. Pferden bespannet / mit einem Reichsthaler täglich von dem Commissario so die Trouppen führet / oder dem commandirenden Officier bezahlet werden; Im Fall aber viele Krancke bey den Trouppen sich befinden / und deshalb über obige Anzahl annoch mehrere Abfuhren erfordert würden / so kan zwar auf des Commissarii Begehren / gegen obgedachte Zahlung ihnen damit solchergestalt / daß ein gantzes Regiment ein oder zwey Wagen über vor specificirte Anzahl bekommen / gefüget werden / es müssen aber alsdann die Wagens praecise zu diesem Behueff angewand / keinesweges aber zu Fortbringung der Officier Bagage oder sonst zu andern Behueff gebrauchet werden. Nachdem auch verschiedentlich geschehen / daß nicht allein die Bagage-Wagens dergestalt überladen worden / so gar auch über das / unterwegens so viel Musquetier auf dieselbe sich gesetzet / und selbige noch mehrers beschweret / so daß 8. bis 10. Pferde vor solche Wagen gespannet werden müssen / und doch ein mehrers nicht als 1. Thaler für die Fuhr bezahlet worden; Sondern auch die Officiers so bey den [11] Trouppen befindlich / und die Commissarien nach ihren Gefallen die Vorspann angeordnet / und offte von denen Bagage-Wagens die Pferde ab- und vor ihre Chaisen, oder von denen Compagnie-Wagens ab- und vor ihre Bagage-Wagen spannen / und dazu die Bauren mit Gewalt zwingen lassen; so sol hinführo dergleichen gäntzlich verboten und abgestellet seyn / und wenn je mehr als 6. Pferde vor einem Stabs-Commissariat- oder Compagnie-Wagen nöthig / oder auch von denen Ober-Officiers vor ihre Rüst- und Bagage-Wagen Vorspann-Pferde verlanget werden / sollen dieselbe absonderlich / und zwar jedes Pferd mit 6. g. Gr. oder ¼. Thal. täglich bezahlet werden.

11.

Wann Recreuten marchiren / kan zwar denenselben kein besonderer Commissarius mitgegeben werden / sie sollen aber dennoch diesem Reglement gemäß tractiret werden / und ist der dabey commandirender Officier schuldig / die Zahlung für sie zu thun / und vor alles zu respondiren.

12.

Wann geschwinde Marchen vorfallen / so daß die gewöhnliche Requisitoriales und darauf ergehende Ordres an die in denen Provincien bestellte Commissarien und Beambte / ehe die Trouppen ein- und das ander Territorium erreichen / nicht einlauffen könten / sollen die Regierungen / Commissarien und Beambte schuldig seyn auf desjenigen hohen paciscirenden Theils / dem die marchirende Trouppen zugehören / an Sie kommende Notificationes und Pässe / so lange Sie in Alliance mit einander stehen den gesuchten Durchmarch zu verstatten und davon alsobald nach Hofe zu berichten.

13.

Alldieweil auch wegen der Deserteurs, die aus des einen Hohen Paciscenten Diensten zu dem andern übergangen / [12] bisher ein- und andermahl Difficultät vorgefallen / so bleibt es deshalb bey dem bisherigen Herkommen / bis man sich deshalb über gewisse Articul näher vergleichen wird.

Im übrigen und was hierin nicht enthalten oder verändert / deshalb bleibet es bey denen vorhin ausgelassenen March-Edicten und Verordnungen / auch des Reichs gemeinen Satzungen und Constitutionen. Des zu Uhrkund seynd von diesem March-Reglement zwey gleichlautende Exemplaria, deren eins von Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Brandenburg / und das andere von Seiner Churfürstlichen Durchlauchtigkeit zu Braunschweig und Lüneburg unterschrieben / gemachet / und selbige gegen einander verwechselt. So geschehen / in Unser Residentz-Stadt Hannover / den 8/18 Januarii 1697.

Ernst August / Churfürst.

L. S.
J. Hattorff.