Neuere Literatur zur Geschichte Frankreichs im Mittelalter (DZfG Bd. 7)

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Autor: Auguste Molinier
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Titel: Neuere Literatur zur Geschichte Frankreichs im Mittelalter
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 7 (1892), S. 342–375.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. Br
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Neuere Literatur zur Geschichte Frankreichs im Mittelalter.


I. Bibliographie, Quellenkunde und Hilfswissenschaften. Der unter den Auspicien des Französischen Cultusministeriums erscheinende Handschriften-Katalog[1] ist im Jahre 1890 um drei neue Bände (XIII, XIV und XVII) bereichert worden. Der erste verzeichnet den Inhalt von 30 mehr oder weniger bedeutenden Bibliotheken, unter denen die meisten, selbst die kleinsten, theils archivalische Documente, theils historische oder literarische Sammlungen von einer gewissen Bedeutung enthalten. Aus dem zweiten verdient das Verzeichniss der Bestände der Bibliotheken von Clermont-Ferrand und Caen besonders hervorgehoben zu werden. Band XVII endlich ist ausschliesslich den ansehnlichen Sammlungen von Cambrai gewidmet. Historiker und Paläographen werden hier viele Handschriften erwähnt finden, die entweder durch ihren Inhalt oder durch ihre Ausstattung von Interesse sind. Noch vier oder fünf Jahre, und diese Publication wird abgeschlossen vorliegen. Es werden dann in einem Zeitraum von zehn Jahren einige fünfzig Bände erschienen sein, gewiss ein bedeutendes Resultat für ein amtliches, mit recht bescheidenen Mitteln ausgestattetes Unternehmen.

Die Inventaires sommaires des Archives départementales, communales et hospitalières[2] schreiten gleichfalls rüstig vorwärts. Eine Uebersicht über die bis zum 28. Februar 1891 erschienenen Bände enthalten die Archives historiques, artistiques, et littéraires[3]. Darnach wurden im Laufe des Jahres 1890 und in den beiden ersten Monaten des vergangenen Jahres folgende Bände publicirt : Ardennes tome I (A–C); Côte d’or, série C, tome IV; Eure-et-Loir, tome VI (G. Suppl.); Orne, série H, [343] tome I; Sarthe, tome V (Suppl. zu B). Für einige Départements – gross ist ihre Zahl freilich nicht – sind die Inventaires bereits vollendet; für alle aber oder fast für alle ist mit dem Druck derselben begonnen worden.

Von der Bibliographie des travaux historiques et archéologiques[4], herausgegeben im Auftrage der sociétés savantes de France von R. de Lasteyrie und E. Lefèvre-Pontalis, erschien 1891 das 2. Heft des 2. Bandes, von Maine-et-Loire bis Nièvre.

Die Sammlungen der Nationalbibliothek gaben im verflossenen Jahre zu mehreren erwähnenswerthen Arbeiten Anlass. In erster Linie ist A. Corda’s Catalogue des factums et d’autres documents judiciaires antérieurs à 1790[5] zu nennen. Der erste Band desselben umfasst die Buchstaben A–C. Unsere Historiker werden in diesen nur zu oft vernachlässigten Urkunden reiche Ausbeute finden. Eine Anzahl alter Texte, welche man anderwärts vergeblich suchen dürfte, sind hier abgedruckt. Für die neuere Zeit wird das Studium dieser äusserlich wenig anziehenden Documente namentlich der Cultur- und Verfassungsgeschichte zu gute kommen.

Ch. de Grandmaison bietet in einer Abhandlung über Roger de Gaignières[6] eine Charakteristik dieses berühmten Sammlers, eines Mitbegründers der archäologischen Wissenschaft. Die von ihm gesammelten und dem König vermachten Kunstwerke, Handschriften und Documente befinden sich jetzt zum Theil in der Nationalbibliothek, in den Abtheilungen für Handschriften und Kupferstiche.

Ueber die Collection Moreau[7] erschien ein von H. Omont bearbeiteter Katalog. Diese von den Gelehrten viel benützte Sammlung enthält Actenstücke zur Geschichte Frankreichs, welche zu den Zeiten Ludwig’s XV. und Ludwig’s XVI. von den damaligen Vorständen des Cabinet des chartes zusammengebracht wurden. Darunter befinden sich in Abschrift zahlreiche Acten zur Provinzialgeschichte, ferner umfangreiche Excerpte aus den Archiven Londons, der ehemaligen Niederlande und des Vatican, endlich der für das Studium der altfranzösischen Literatur werthvolle Nachlass Lacurne’s de Sainte-Palaye.

Ebenfalls von Omont verfasst ist ein kurzes Verzeichniss der die sogenannte Collection du Parlement bildenden Bände[8] Diese [344] besteht aus Abschriften und Auszügen aus den Registern des Pariser Parlaments, wie sie von Fouquet, Lamoignon und Anderen gesammelt wurden. Bei der selbst heute noch so schwierigen Benutzung der Originalregister vermögen jene Sammlungen recht gute Dienste zu leisten.

Im vorigen Jahrhundert hatte die Verwaltung des Cabinet des chartes dem Benedictiner D. Fonteneau den Auftrag ertheilt, die Archive von Poitou, Aunis und der Saintonge zu untersuchen. Die von ihm dort angefertigten Abschriften und Excerpte liegen jetzt in der Bibliothek zu Poitiers. Mit der Person dieses merkwürdigen Localforschers beschäftigt sich eine Abhandlung de la Marsonnière’s[9]; man ersieht aus derselben, welche Stellung noch im 18. Jahrhundert ein einfacher, mehr strebsamer als wirklich gelehrter Geistlicher einnahm.

Der 2. Band von B. Hauréau’s Notices et extraits de quelques mss. latins de la Bibl. nationale[10] enthält die ausführliche Beschreibung von 66 Handschriften. Auch dieser Band zeichnet sich gleich seinem Vorgänger aus durch eine Menge zuverlässiger Nachweise und interessanter Details über Werke, die weit öfter citirt als gelesen zu werden pflegen. Wer immer sich mit der Geschichte der Lateinischen Literatur beschäftigt, wird dieses Buch zur Hand nehmen müssen, und auch die künftigen Herausgeber des schon seit vielen Jahren in Aussicht stehenden kritischen Katalogs über den Fonds latin der Nationalbibliothek werden Anlass haben, sich seiner dankbarst zu erinnern.

Der Mangel an gedruckten Katalogen für die grösseren Französischen Bibliotheken lässt eine Arbeit zweier Beamten der Bibliothek Ste. Geneviève, Poirée und Lamouroux, um so nützlicher erscheinen. Unter dem Titel: Les éléments d’une grande bibliothèque. Catalogue abrégé de la Bibliothèque Ste. Geneviève[11] verzeichnen dieselben die wichtigeren im Besitz dieser Bibliothek befindlichen Werke. Für die Benutzer der Bibliothek, Studenten sowohl wie Professoren, äusserst brauchbar, wird dieses Repertorium, ist es erst einmal vollendet (von 12 Heften sind bis jetzt 4 erschienen), einen gedruckten Katalog des grösseren Theiles der Sammlungen einer der grossen Pariser Bibliotheken darbieten und die Vollendung des Catalogue général, an welchem schon seit mehreren Jahren rührig gearbeitet wird, beschleunigen.

Da hier von den Bibliotheken die Rede ist, so erwähnen wir gleich [345] noch eine Broschüre J. Loiseleur’s: Les Bibliothèques communales, historique de leur formation, examen des droits respectifs de l’Etat et des villes sur ces collections[12]. Verfasser behandelt hier die viel umstrittene Frage des Eigenthumsrechtes an gedruckten Büchern und Handschriften, welche aus den Depots der Revolutionszeit stammen; er beantwortet dieselbe unter gewissen Einschränkungen zu Gunsten des Staates, wünscht jedoch, und in diesem Sinne werden ihm alle Einsichtigen beistimmen, dass der Staat seine unantastbaren Rechte nicht allzu rücksichtslos geltend mache. Den Anlass zur Veröffentlichung der Broschüre bot der Streit um den durch die Nationalbibliothek vom Lord Ashburnham erworbenen Fonds Libri, auf welchen einige Gemeindebehörden ziemlich schlecht begründete Ansprüche erhoben haben.

Ferner erwähnen wir zur Literaturgeschichte bezw. Bibliographie noch einen langen und interessanten Aufsatz L. Delisle’s über Bilderbücher, die religiösen Zwecken dienten[13], eine Untersuchung von Ch. V. Langlois über verschiedene Formelbücher des 12., 13. und 14. Jahrhunderts[14], und Roserot’s noch unvollendete Bibliographie historique de la Haute-Marne[15].

Das von Ch. V. Langlois und H. Stein unter dem Titel: „Les Archives de l’hist. de France[16] herausgegebene Buch wird sich sicher als äusserst brauchbar erweisen. Seinen Inhalt bilden Notizen über die hauptsächlichsten Bestände von Staats-, Stadt- und Privatarchiven, sowie Französischer und fremder Bibliotheken. Durch Zufälligkeiten bei Verkauf und Tausch und durch die Revolutionen sind die Quellen zur Französischen Geschichte dermassen überallhin zerstreut worden, dass man manchmal Mühe hat, den Ort zu ermitteln, an welchem diese oder jene alte Sammlung jetzt verborgen ist. In dieser Beziehung dürfte das neue Buch vielfach werthvollen Aufschluss geben. Nimmt man nun dazu noch die beiden 1847 und 1848 erschienenen Bände über die Departemental-Archive, so hat man ein nahezu vollständiges summarisches Inventar der archivalischen Quellen zur Französischen Geschichte beisammen. Systematische Register werden den Gebrauch des Buches wesentlich erleichtern.


[346] II. Allgem. Verfassungs- u. Cultur-Geschichte. Die von Fustel de Coulanges selbst noch vorbereitete und von einigen seiner Schüler veröffentlichte neue Auflage seiner Verfassungsgeschichte hatten wir schon voriges Jahr zu erwähnen. Es erschienen seitdem zwei von C. Jullian besorgte Bände (die den früher besprochenen vorangehen) unter dem Titel: „La Gaule romaine“ und „L’invasion germanique et la fin de l’Empire“[17]. Auf Fustel’s Beispiel kann man diejenigen verweisen, welche den Werth der Kritik leugnen. Nur scheinbar nämlich wies der grosse Gelehrte die wider seine Ansichten erhobenen Einwendungen schroff ab, in Wahrheit verwerthete er sie sorgfältig. Wissenschaft und Literatur haben auf diese Weise ein ebenso trefflich wie geistreich geschriebenes Werk gewonnen; man wird dasselbe in Zukunft ganz besonders berücksichtigen müssen.

Nicht zu vergleichen mit Fustel’s Werk ist eine Abhandlung R. Petiet’s, betitelt: Du pouvoir législatif en France depuis l’avènement de Philippe le Bel jusqu’en 1789[18]. Der Verfasser ist Jurist und kennt den Text der Gesetze offenbar besser als historische Documente; trotzdem wird seine Arbeit von einigem Nutzen sein.

Nebenbei erwähnen wir die neue Auflage von A. Luchaire’s Histoire des institutions monarchiques de la France sous les premiers Capétiens (987–1180)[19]. Das Werk wird mit Recht geschätzt; der Verfasser hat bei diesem Neudruck die in den letzten Jahren erschienene einschlägige Literatur gebührend berücksichtigt.

Von durchweg geringerer Bedeutung dagegen ist die Untersuchung des Abbé L. Bourgain über das Kirchengut vor der Revolution[20]. Sein Stand erschwerte dem Verfasser die unbefangene Beurtheilung der Frage. Die Behauptung, die Kirche sei Eigenthümerin und nicht bloss Nutzniesserin ihrer Güter gewesen, erscheint kaum annehmbar. Man kann den Verfasser einfach auf die Juristen der alten Monarchie verweisen, welche fast alle dieselbe Ansicht vertreten haben, von der die Gesetzgeber des Jahres 1790 ausgingen.

J. Baissac’s Les grands jours de la sorcellerie[21] ist kein eigentlich wissenschaftliches Buch. Der Verfasser hat bisweilen verschiedene Zeiten durcheinandergeworfen und ist in der Benutzung der Quellen nicht sehr wählerisch. Gleichwohl kann man die Lectüre [347] des Buches empfehlen. Man wird hier viele interessante Notizen über Teufelsglauben und Hexenprocesse, welche so lange das ganze christliche Europa ohne Unterschied der Confession mit Schmach bedeckten, zusammengestellt finden.

Mit Dank wird man die neue Auflage von Ul. Robert’s Aufsatz über die Schandmale im Mittelalter[22] aufnehmen. Der Verfasser bat über diesen Gegenstand viel merkwürdiges Material gesammelt, welches auf dieses Gebiet der mittelalterlichen Sittengeschichte ganz neues Licht wirft.

Ebenfalls in neuer Auflage erschien L. Gautier’s Buch über das Ritterthum[23]. Aenderungen des Textes konnte der Verfasser nicht vornehmen, dafür aber entschloss er sich, ein ausführliches Register beizugeben. So werden nun auch Gelehrte das Werk sich nutzbar machen können. Sehr zu bedauern ist nur die etwas veraltete Form, welche Gautier der Frucht seiner langjährigen Forschungen gegeben hat. Wesshalb musste er ein auf ernsten Studien beruhendes Geschichtswerk zu einer Art von Dichtung gestalten?

Der von den Brüsseler Jesuiten im Jahre 1890 veröffentlichte Band der Analecta Bollandiana[24] enthält eine stattliche Anzahl wichtiger Quellen zur Französischen Geschichte. In erster Linie das Leben und die Wunder des hl. Petrus von Murrone (Cölestin V.); sodann die Passion des hl. Desiderius, Bischofs von Vienne, das Leben des hl. Ludwig von Toulouse, verfasst von seinem Zeitgenossen Johannes de Orto, Pierre Guillen’s Wunder des hl. Aegidius, die Auffindung der Reliquien des hl. Eligius (1183) und endlich die Wiederherstellung des Klosters Saint Mélaine von Rennes im 11. Jahrhundert: alles Quellen, welche bisher gar nicht oder ungenügend edirt worden waren.

In den Analecta liturgica, herausgegeben von W. H. J. Weale[25], sind liturgische Kalender Französischer Kirchen ebenfalls zahlreich vertreten: durch Uzès, Langres, Angers, Rouen etc. Bekanntlich enthalten diese nur zu oft geringschätzig behandelten Quellen viele beachtenswerthe Nachrichten zur älteren Kirchengeschichte.

Zur Geschichte der Universitäten im Mittelalter sind im Jahre 1891 zwei wichtige Bücher erschienen: zunächst der zweite Band von M. Fournier’s Statuten und Privilegien der Französischen Universitäten[26]. Derselbe betrifft die Universitäten [348] Montpellier, Avignon, Cahors, Perpignan, Orange und Grenoble; sowie die „Studia“ oder Schulen von Reims, Lyon, Narbonne, Gray, Alais, Pamiers, Gaillac, Albi und Nîmes, die theils nur kurze Zeit bestanden, theils von untergeordneter Bedeutung waren. Die am ersten Bande gemachten Ausstellungen hat der Herausgeber als zum Theil berechtigt anerkannt; er hat grössere Sorgfalt auf die Correctur des Druckes verwendet, hat eine gewisse Anzahl Urkunden zweiten Ranges, von denen höchstens der Inhalt angegeben zu werden verdiente, gekürzt und hat langathmige und ganz werthlose Formeln weggelassen. Mit einem Worte, dieser neue Band wird sich weit bequemer benutzen lassen, als sein Vorgänger, und bietet ganz ebenso viele bisher unbekannte Stücke und neue Nachrichten. – Der umfangreiche Band, welchen der Senat der Universität Montpellier anlässlich der 600jährigen Gründungsfeier dieser berühmten Universität veröffentlicht hat, trägt zwar die Jahreszahl 1890, ist aber erst 1891 zur Ausgabe gelangt; er bildet den ersten Band des Urkundenbuchs der Universität Montpellier[27] und umfasst die Zeit bis zum Jahre 1400. Er enthält ausgedehnte und interessante bibliographische Notizen, eine umfangreiche geschichtliche Einleitung aus der Feder des verstorbenen Akademikers A. Germain und zahlreiche Urkunden, von denen viele ungedruckt oder wenig bekannt waren. Leider trägt der Band die Spuren einer gewissen Ueberstürzung; das lange Druckfehlerverzeichniss am Schluss beweist dies, und auch die Textgestaltung ist nicht gegen jeden Tadel gefeit. Bei vielen der abgedruckten Urkunden hätte eine kurze Erwähnung genügt, und durch Weglassung weitschweifiger und langweiliger Formeln hätten die Herausgeber den Band beträchtlich erleichtern können. Hoffentlich wird der zweite Band mehr befriedigen.

Anknüpfend hieran erwähnen wir als auf das Studium der Medicin an den mittelalterlichen Universitäten bezüglich die schöne Ausgabe, welche E. Nicaise von dem Handbuch der Chirurgie des Gui de Chauliac[28], eines der bedeutendsten Professoren Montpelliers während des 14. Jahrhunderts, veranstaltet hat. Der Herausgeber hat keine Mühe gescheut, um möglichste Vollständigkeit zu erreichen, und hat zu diesem Zwecke alle Handschriften und Ausgaben des Buches eingesehen. Seine Einleitung bietet einen trefflichen Ueberblick über die allmählichen Fortschritte der medicinischen und chirurgischen Wissenschaft vom Ende des Römischen Kaiserreiches [349] bis auf die Zeit Chauliac’s herab. Mag er auch vielleicht den Einfluss der Araber etwas überschätzen, seine Ausgabe mit den werthvollen Beigaben, wie sie eben nur ein Arzt bieten konnte, ist gleichwohl ein schönes Ruhmesdenkmal für einen der grössten Chirurgen des Mittelalters.

Zur Geschichte des Rechtsstudiums verdient ein Aufsatz von G. Digard über Papstthum und Rechtsstudium im 13. Jahrhundert[29] Erwähnung. Verfasser weist überzeugend nach, dass die Bulle, durch welche Innocenz IV. den Vortrag des Römischen Rechtes an den Universitäten verboten haben soll, gefälscht ist. Sonst wird man sich jedoch den allgemeinen Schlussfolgerungen gegenüber, welche der Verfasser zieht, vielfach reservirt verhalten müssen. – Eine Dissertation von L. Stouff, De formulis secundum legem Romanam a 7. saec. ad 13. saec.[30] untersucht die in Frankreich mehrere Jahrhunderte währende Verschmelzung des Römischen mit dem Fränkischen Recht: eine Verschmelzung, von welcher Spuren in den Formelbüchern zu finden sind und aus welcher in der Folge das Staatsrecht des 13. und 14. Jahrhunderts hervorging. – Die Abhandlung F. Aubert’s über die Quellen zur Geschichte des Processes beim Pariser Parlament von der Zeit Philipp’s des Schönen bis zu derjenigen Karls VII.[31] ist ein Bruchstück aus dem zur Zeit in Vorbereitung befindlichen dritten Bande von des Verfassers Geschichte des Pariser Parlamentes im 14. Jahrhundert. Aubert untersucht hier nacheinander den Stilus parlamenti des Guillaume de Breuil, die Ordonnances de plaidoiries von Pierre und Guillaume Maucrueux und von Montagu, die Questions Jean Lecoq’s, die Somme rurale Bouteiller’s, das Grand coutumier des Jacques d’Ablèges, die Practica forensis Masuer’s u. a. m. Die Abhandlung ist werthvoll und berechtigt zu hohen Erwartungen betreffs des zu erwartenden Bandes. Für den auf Bouteiller bezüglichen Abschnitt konnte Aubert die von O. de Meulenaere veröffentlichten Documente benutzen, die schon im Belgischen Bericht dieser Zeitschrift erwähnt wurden[32]. Der Herausgeber selbst verwerthete sie seitdem auch für einen Artikel der Nouvelle Revue historique de droit[33].

Als zur Geschichte der Gerichtsverfassung gehörig, wären noch zu erwähnen eine Abhandlung von M. Deloche über den bürgerlichen [350] Tag und die Berechnungsweise der gesetzlichen Frist in Gallien und Frankreich von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart[34] und eine solche von L. de Valroger über das Consulat des Meeres im MA.[35]. Letzteres, aus Italien stammend, fand von dort aus in Frankreich und Spanien Eingang und ging seit dem Ende des 14. Jahrhunderts allmählich in das Handelsconsulat über. Die Competenz dieser Behörde erstreckte sich auf bürgerliche, administrative und commercielle Angelegenheiten.

Archäologie fällt zwar eigentlich nicht in den Bereich unserer Aufgabe, doch möge es gestattet sein, hier wenigstens das grosse Werk L. Gonse’s über die Gothik[36] anzuzeigen. Der Verfasser ist in der neueren Literatur wohlbewandert und hat es verstanden, die neuesten Werke über die Anfänge der Französischen Kunst im 13. Jahrhundert geschickt zu verwerthen. Von besonderem Werth sind in diesem Falle die durch künstlerische und treue Wiedergabe ganz unvergleichlichen Illustrationen des Bandes.

A. Blanchet’s Handbuch der mittelalterlichen Münzkunde[37] wird den Historikern wohl von Nutzen sein, ist aber lückenhaft und nicht frei von Fehlern. Die Anlage des Werkes ist zum mindesten für die Feudalzeit verfehlt. Der Verfasser wird gut thun, bei einer neuen Auflage diesen ganzen Theil umzuarbeiten. – Zum Schluss sei noch der zur Collection des Instructions du Comité des travaux historiques zugehörigen Schrift A. de Barthélemy’s über das Französische Münzwesen bis zur Karolingerzeit[38] gedacht. Dieselbe orientirt gut über ältere Arbeiten und kann als ein für den Localforscher recht bequemes Handbuch bezeichnet werden.


Geschichte der einzelnen Epochen: Entstehung des Christenthums, Völkerwanderung, Merovinger. Die Abhandlung des Abbé Duchesne über den Ursprung der Bisthümer im alten Gallien[39] entspricht dem Rufe des Verfassers. Wenn man noch in unserem Jahrhundert viele Geistliche die lächerlichen, von mittelalterlichen Compilatoren erfundenen Legenden eifrig vertheidigen sieht, so berührt es doppelt angenehm, die scharfsinnigen und echt kritischen Untersuchungen dieses trefflichen Nachfolgers Mabillon’s und Tillemont’s über den angeblich apostolischen Ursprung der Gallischen Kirchen zu lesen. Das Ergebniss derselben, welches jeder Verständige als ein endgültiges ansehen wird, ist, dass von 150 bis [351] 250 Gallien nur eine einzige Diöcese mit dem Hauptort Lyon bildete, dass der erste Gallische Bischof der hl. Pothin war und dass die übrigen Bisthümer erst im 3., 4. und selbst 5. Jahrhundert gegründet wurden.

Es ist bekanntlich viel darüber gestritten worden, in welcher Weise die Theilung von Land und Ertrag zwischen den Gallo-Romanischen Eigenthümern des Bodens und den fremden Eindringlingen, den Barbaren, erfolgt sei. R. Saleilles hat es nun versucht[40], diesen Punkt bezüglich der Burgunder aufzuklären. Seiner Meinung nach fand nur eine Theilung des bebauten Landes, des ager, statt; und diese Theilung ward thatsächlich vollzogen. Dasselbe nimmt er auch von der Theilung in Aquitanien zwischen den Westgothen und den alten Bewohnern des Landes an.

Wir kommen nochmals auf das Buch Max Bonnet’s über die Sprache Gregor’s v. Tours[41] zurück. Der Verfasser beseitigt hier endgültig die philologische Fabel von der unversöhnlichen Feindschaft des classischen und des Vulgär-Lateins. Nicht Unterdrückung, sondern Durchdringung der einen durch die andere fand statt. Derselbe Prozess vollzieht sich zu jeder Zeit. Zu den interessantesten linguistischen Phänomenen des heutigen Tages gehört in Frankreich das allmähliche Eindringen der gesprochenen in die Schriftsprache. Ueber die Abfassungszeit der verschiedenen Werke Gregor’s und über seine literarische und moralische Bedeutung wird man in Bonnet’s Buch eine Fülle werthvoller Aufschlüsse, feiner und geistreicher Bemerkungen finden.

Die weitläufigen und breiten Aufsätze Bladé’s über die Pyrenäische Gascogne bis zum Tode Dagobert’s[42] und bis zur Zeit König Eudo’s verbreiten nur wenig Licht über den so dunkeln Ursprung des ehemaligen Herzogthums Aquitanien. Der Verfasser übt scharfe Kritik an der Arbeit Perroud’s über das gleiche Thema. Letztere ist zwar nicht fehlerfrei, hat aber doch zum mindesten das Verdienst, den Weg zu weiterer Forschung geebnet zu haben. Jedenfalls werden Bladé’s breite und unklare Ausführungen sie nicht in Vergessenheit bringen. – Was man bei Bladé vermisst, die Kritik, findet man in den Abhandlungen C. Pfister’s über die Legende der hl. Odilie[43] und B. Krusch’s über die Vita des hl. Gaugerich, [352] Bischofs von Cambray[44]. Jener weist nach, dass die Legende frühestens aus dem 10. Jahrhundert stammt; dieser hebt das Neue hervor, welches die Vita für die Geschichte der Merovinger bietet.

Karolinger. Ein kleiner Aufsatz F. Lot’s über Ursprung und Bedeutung des Wortes „Karolinger“[45] führt aus, dass dieser seit dem 10. Jahrhundert auftretende Ausdruck in Deutschland gebraucht wurde, um König und Volk von Frankreich zusammen zu bezeichnen, und dass das Westreich bei seinen östlichen Nachbarn stets das „Regnum Karoli“ hiess.

Die Abhandlung Ilwof’s über Karl d. Grossen als Volkswirth[46] erscheint auf den ersten Blick befremdend, da ja zur Zeit des grossen Kaisers die Volkswirthschaftslehre noch unbekannt war. Der Verfasser bringt jedoch aus gleichzeitigen Quellen und aus den Capitularien eine Menge Thatsachen bei, aus denen hervorgeht, dass Karl in Verwaltung und Wirthschaftswesen wohlerfahren war. Eine ähnliche Arbeit versuchte seiner Zeit Guérard über das Capitulare „de villis“.

E. Dümmler’s Abhandlung über die Briefe Alcuin’s[47] prüft diese werthvollen Documente in chronologischer und historischer Beziehung; sie ist des gelehrten Herausgebers dieser Briefe ganz würdig.

Vor einigen Jahren hatte der Geograph Levasseur in einer Studie über die Rechnungsbücher des Abtes Irmino von St. Germain-des-Prés ziemlich paradoxe Ansichten geäussert; jetzt gesteht er seinen Irrthum bereitwillig ein[48]. Der Hauptschuldige ist aber Guérard, welcher in Folge fehlerhafter Berechnung den Umfang der Besitzungen der berühmten Abtei im 9. Jahrhundert viel zu gross angegeben hatte. Man muss zugeben, dass die Bevölkerungsziffer Frankreichs im 9. Jahrh. eine höhere war, als Levasseur früher[49] angenommen hatte.

Das Werk von Imbart de la Tour über die Bischofswahlen vom 9. bis 12. Jahrhundert[50] ist eine tüchtige Arbeit, die Frucht reiflicher Erwägung und ausgedehnter Forschung. Der Verfasser ist dem Papstthum gegenüber vielleicht etwas zu nachsichtig gewesen und hat das Masslose in den Ansprüchen Gregor’s VII. nicht sehen wollen. Zwar muss man ihm darin beistimmen, dass dem Anschein nach dieser Papst und seine Nachfolger die durch Eingriffe der feudalen Regierung beschränkte Freiheit der Wahl wieder herzustellen trachteten; aber er hat, sei es bewusst, sei es [353] unbewusst, nicht tiefer geschaut, hat es namentlich unterlassen zu zeigen, dass das Verfahren der Staatsgewalt bis zu einem gewissen Grade und trotz der daraus erwachsenen Missbräuche ein berechtigtes war. Ohne diesen Eingriff hätte sich wohl die bürgerliche Gesellschaft nie entwickeln können, und wäre wohl die christliche Welt für immer der Herrschaft einer internationalen Theokratie anheimgefallen.

10. Jahrhundert. K. Schultess’ „Papst Silvester II. als Lehrer und Staatsmann[51] bietet eine gute Biographie Gerbert’s. Der Verfasser schliesst sich in den meisten strittigen Fragen den Ansichten J. Havet’s, des letzten Herausgebers der Briefe des berühmten Staatsmannes, an. Nur in einem Punkte, der Zeit der Eröffnung der Feindseligkeiten zwischen Hugo Capet und Karl von Lothringen, weicht er von ihm ab. Doch hält Havet in einer Anzeige des Buches in der Revue Historique[52] seine Ansicht darüber aufrecht.

Im Jahre 972 liess Erzbischof Adalbero von Reims durch seine auf dem Concil zu Mont-Notre-Dame en Tardenois versammelten Prälaten eine Urkunde bestätigen, die er für das Kloster Mouzon ausgestellt hatte. Den Text dieser Urkunde kannte man bereits aus dem Fortsetzer des Flodoard und dem Chronicon Mosomense. Kürzlich hat nun F. Lot eine alte Abschrift davon in der Nationalbibliothek[53] aufgefunden. Eine sorgfältige Untersuchung führte jedoch zu dem Resultat, dass hier nicht eine genaue Uebertragung des Originals, sondern nur eine unzuverlässige und von einem Fälscher beliebig geänderte Abschrift vorliege. Der Aufsatz enthält ausserdem treffliche Bemerkungen zu Richer’s Bericht über das Concil zu Mont-Notre-Dame sowie einen Versuch, denselben mit dem des Chronicon Mosomense in Einklang zu bringen.

Das Datum der Krönung der Könige Hugo und Robert war bisher nicht genau bekannt. Eingehendes Quellenstudium veranlasst jetzt J. Havet, die Angaben der seiner Zeit von Pithou herausgegebenen Chronique de Fleury zu verwerfen und die Krönung Hugo’s zu Noyon auf den 1. Juni 987 und diejenige Robert’s in Orléans auf den 30. Dezember desselben Jahres anzusetzen[54].

Für das 11. Jahrhundert erwähnen wir die von Wattenbach[55] herausgegebenen Latein. Gedichte einiger Französischer Geistlichen (Odo d’Orléans, Bischof von Tournai, Gottfried von Reims, Baudri von Dol, Paganus von Angers). Es ist bekannt, dass solche scheinbar ganz unbedeutende literarische Erzeugnisse nicht selten werthvolle historische Nachrichten enthalten.

[354] Eine Arbeit W. Bröcking’s über die Französische Politik Papst Leo’s IX.[56] liefert schätzenswerthe Beiträge zur Geschichte des Concils von Reims und anderer Zusammenkünfte, welche im Französischen Reiche zum Zweck der Ausrottung der Simonie und der Herstellung des Landfriedens stattfanden. – Die beiden dicken Bände Pater Ragey’s über den hl. Anselm v. Canterbury[57] haben wir früher wohl etwas zu günstig beurtheilt. Sie sind mehr eine Art Apologie als ein wirklich historisches Werk und die schon getadelte Weitschweifigkeit wirkt ermüdend. Auf die philosophische Seite seines Themas ist der Verfasser nicht besonders eingegangen. Und doch hätte S. Anselm dadurch nur gewonnen; denn während das grosse Publicum für die Kämpfe des berühmten Primas von England mit den zeitgenössischen Fürsten nur wenig Interesse besitzt, kennt doch jeder Gebildete, wenigstens dem Namen nach, zwei der Werke dieses hervorragenden Gelehrten, das Monologion und das Proslogion. – Weit mehr Neues und Interessantes bringt die Schrift Compain’s über Geoffroi de Vendôme[58]. Der leider frühzeitig verstorbene Autor entwirft ein anschauliches Bild von dieser eigenartigen, rechthaberischen und unruhigen Persönlichkeit. Geoffroi de Vendôme ist der vollendetste Typus jener Führer der grossen Mönchsorden, welche im 11. Jahrhundert das Papstthum in seinem Kampfe gegen die Staatsgewalt und auch den Weltklerus so eifrig unterstützten.

12. Jahrhundert. Vacandard’s Aufsatz über den hl. Bernhard und das Französische Königthum[59] schildert in anziehender Weise die Zwistigkeiten des Heiligen mit den Königen Louis VI. und Louis VII., welche die Freiheit der kirchlichen Wahlen beschränkten. – Von Galbert’s de Bruges Histoire du meurtre de Charles le Bon[60] ist eine neue Ausgabe durch H. Pirenne, Professor an der Universität Gent, veranstaltet worden. Der Text ist nach den bekannten Handschriften revidirt worden; am meisten Neues aber bieten die ebenso vollständigen wie genauen Anmerkungen. Noch nie ist dieses ungekünstelte, eigenartige Werk des Flämischen Chorherrn so sorgfältig studirt und nachgeprüft worden.

In einem kurzen Aufsatze[61] führt A. Saint Paul aus, wie Suger ungeachtet der Mahnungen des Reformators von Cîteaux den künstlerischen [355] Neigungen seiner Zeit nachgab, als er die Basilika von S. Denis erbaute und ausschmückte. – Scheffer-Boichorst[62] berichtet auf Grund ungedruckter Urkunden über einen bisher unbekannten Feldzug Friedrich Barbarossa’s gegen Burgund (1167 bis 1168).

H. Delahaye verdanken wir eine Biographie des Peter von Pavia, Cardinals S. Chrysogoni und später von Tusculum, Legaten Papst Alexander’s III. in Frankreich und Deutschland, welcher in Languedoc gegen die Albigenser predigte[63].

A. Cartellieri[64] weist nach, dass Philipp August nicht, wie Delisle glaubte feststellen zu können, zu Gonesse, sondern in Paris selbst und zwar wahrscheinlich im Stadtschloss geboren wurde. – Endlich veröffentlicht L. Delisle eine Abhandlung über eine jüngst in London entdeckte und von der Pariser Nationalbibliothek erworbene Französische Chronik[65]. Dieselbe wurde um 1216 in Nordfrankreich geschrieben und darf jener interessanten Normannischen Chronik, welche einst Fr. Michel herausgab, wohl an die Seite gestellt werden. Ihr Verfasser scheint ein einfacher Bürger, vielleicht aus Béthune, gewesen zu sein. Sie wird demnächst im 24. Bande der Historiens de France abgedruckt werden.

Die Geschichte des 13. Jahrhunderts wird zur Zeit ziemlich vernachlässigt; die Vorliebe der Forscher wendet sich den beiden folgenden Jahrhunderten zu. Zur Geschichte Ludwig’s des Heiligen haben wir nur einige kurze Aufsätze zu erwähnen: an erster Stelle einen solchen P. Viollet’s über die Verordnung vom Jahre 1245 wegen der Schulden der Kreuzfahrer[66], sodann eine Untersuchung von Schuermans[67] über Amyot auf dem Concil zu Trient, in welcher nachgewiesen wird, dass diese Versammlung die sogenannte pragmatische Sanction Ludwig’s des Heiligen für vollkommen rechtsgültig erklärte. Ferner veröffentlichte R. Sternfeld[68] einen interessanten Bericht des Gui Foucois, des späteren Clemens IV., an Alphons von Poitiers über Lehenszugehörigkeit des Gebietes von Sault in der Provence (1251). – Weiter erschien von P. Delalain eine Schrift über die Pariser Buchhändler des 13. und 14. Jahrhunderts[69], [356] die aber lediglich das von H. Denifle und Châtelain herausgegebene Quellenmaterial verwerthet; erwähnenswerth ist ein Verzeichniss der bisher bekannt gewordenen Stationarii von Paris. – Der Abbé Douais veröffentlichte einige Urkunden aus dem 13. Jahrh., verschiedene Albigenser betreffend[70], und M. Perrod druckte nach mehreren modernen Abschriften (das Original ist schon lange verloren) das Testament des berühmten Guillaume des Saint-Amour ab[71]. H. Moranvillé endlich behandelte in einem kurzen Artikel die verkürzte Ueberarbeitung der Chronik des Guillaume de Nangis[72]. Eine Handschrift dieses Auszuges, der übrigens kein besonderes historisches Interesse besitzt, hatte schon L. Delisle im Vatican aufgefunden. Moranvillé entdeckte eine zweite, genauere, die nicht so wie die Römische durch grobe Schreibfehler entstellt ist, in der Pariser Nationalbibliothek.

Sanesi’s Abhandlung über Johann von Procida und die Sicilianische Vesper[73] lässt diesen vermeintlichen Italienischen Freiheitshelden in einem recht seltsamen Lichte erscheinen; im Grunde war er nur ein gewissen- und ehrloser Abenteurer. Es ist eine Freude, eine Italienische Arbeit über die Sicilianische Vesper verzeichnen zu können, die sich von Verherrlichungstendenzen freihält. – Sehr sorgfältig gearbeitet und, wie es scheint, abschliessend, ist ein Aufsatz Lecoy’s de la Marche über den Feldzug der Franzosen nach Aragonien im Jahre 1285[74]. Leider hat der Verfasser den unglücklichen Gedanken gehabt, diesen unklugen und lächerlich durchgeführten Feldzug um jeden Preis rechtfertigen zu wollen, und er zeigt eine auffällige Schärfe gegen einen der tüchtigsten Gelehrten aus der jüngeren Französischen Schule, Ch. V. Langlois. Die recht unbedeutenden Irrthümer, die er in dessen Geschichte Philipp’s III. rügt, vermögen den Werth dieses ausgezeichneten Werkes nicht nennenswerth zu mindern. – Zu erwähnen ist hier endlich noch ein Aufsatz V. Zeidler’s über eine Deutsche Redaction der Legende des hl. Ludwig von Anjou, Bischofs von Toulouse[75].

[357] Ueber die Regierungszeit Philipp’s des Schönen sind im Berichtsjahre mehrere wichtige Arbeiten erschienen: zunächst Ch. V. Langlois’ Ausgabe von Pierre Dubois’ Abhandlung De recuperatione terre sancte[76]. Diese Denkschrift, die sich in der grossen Bongarsschen Sammlung ganz verlor, handelt weniger vom heiligen Land als von der Reform der Europäischen Gesellschaft. Pierre Dubois war seiner Zeit weit voraus geeilt und musste daher seinen Zeitgenossen als ein Schwärmer erscheinen; keine der von ihm vorgeschlagenen Reformen war für die Fürsten des 14. Jahrhunderts annehmbar. Seine Abhandlung liest sich darum nicht weniger interessant. Darf man Dubois auch nicht als einen Vorläufer der Französischen Revolution bezeichnen, so kann man ihn doch einigen der Reformatoren des 16. Jahrhunderts vergleichen.

Den cursus honorum eines der Räthe Philipp’s des Schönen gibt uns Langlois’ kleiner Aufsatz über Pons d’Aumelas[77]. Die administrative Laufbahn desselben können wir hier ziemlich gut verfolgen. Bisher hatte man aber auf eine Angabe Boutaric’s hin angenommen, dass er auch schriftstellerisch, und zwar über dieselben Gegenstände wie Pierre Dubois thätig gewesen sei. Langlois erklärt jedoch, von solchen Schriften bisher nicht die geringste Spur gefunden zu haben. Ebenfalls aus Langlois’ Feder stammt ein werthvoller Artikel über die Templer[78], in welchem die Anklagen gegen den berühmten Orden einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Ohne die Opfer Philipp’s des Schönen von jeder Schuld freisprechen zu wollen, besteht doch Langlois mit Recht darauf, dass das Processverfahren, welches ihre Verurtheilung zur Folge hatte, ein gewaltthätiges war.

14. Jahrhundert. In unserem letzten Literaturbericht zeigten wir eine Arbeit Pirenne’s über die Schlacht bei Courtrai an[79] Die Ergebnisse, zu denen dieser Belgische Gelehrte gelangt ist, sind jetzt von Fr. Funck-Brentano[80] einer gründlichen Kritik unterzogen worden. Nach eingehendem Studium aller Chronisten und nach Vergleichung ihrer Berichte mit einigem urkundlichen Material glaubt der junge Gelehrte behaupten zu können, dass General Köhler und der ihm folgende Pirenne auf einen ganz falschen Weg gerathen sind und man zu der von Pirenne als Sage bezeichneten Französischen Version wieder zurückkehren muss. Demgemäss würden die Flamänder dadurch gesiegt haben, dass sie die Französischen Ritter in die [358] Gräben bei Courtrai lockten. Die Beweisführung Funck-Brentano’s scheint schlagend und unwiderleglich zu sein.

Für diejenigen Historiker, welche sich mit den Anfängen des hundertjährigen Krieges beschäftigten, dürfte die von M. Thompson in Rolls-Series veranstaltete neue Ausgabe[81] des Adam von Murimuth, des Robert von Avesbury und des Geoffroi Le Baker de Swynebroke von nicht geringem Nutzen sein. Diese Chroniken, ganz besonders aber die zweite, sind äusserst wichtig für die Geschichte der ersten Feldzüge Eduard’s III. und seiner Befehlshaber auf dem Festlande. Adam’s Bericht endigt schon mit dem Jahre 1346, diejenigen Robert’s und Gottfried’s dagegen reichen bis 1356.

Derselben Zeit gehören die interessanten Processacten an, mit denen sich Lecoy de la Marche beschäftigt hat[82]; es handelt sich um eine gerichtliche Untersuchung, welche Peter IV. von Aragonien gegen seinen Schwager Jakob II., König von Majorka und Grafen von Roussillon, einleiten liess, indem er ihn beschuldigte, in Perpignan eine Falschmünzerwerkstatt errichtet zu haben. Dies war übrigens nur eine Episode aus dem scandalösen Process, welchen der Spanische Monarch gegen seinen unglücklichen und ungeschickten Verwandten anstrengte, ein Process, welcher schliesslich mit der Entthronung König Jakob’s endigte.

Manche bemerkenswerthe Notiz zur Französischen Geschichte bieten auch die von A. Gabrielli herausgegebenen Briefe Cola’s di Rienzi[83]. Es ist bekannt, wie dieser berühmte Tribun feierlichst die Rechtmässigkeit der Ansprüche eines gewissen Abenteurers Giannino di Guccio anerkannte, welcher behauptete, der in jungen Jahren verstorbene König Johann I., Sohn des Louis le Hutin, zu sein.

In einer Mittheilung an die Académie des Inscrr.[84] macht S. Luce einige nähere Angaben über Longueil Sainte-Marie, einen Ort bei Compiègne, der durch die heldenmüthige Vertheidigung des Guillaume Laloue und seiner Gefährten nach der Niederlage von Poitiers berühmt geworden ist. – M. Prou[85] veröffentlicht einige Urkunden über den sogenannten „Erzpriester“, jenen Bandenführer, dessen Geschichte Cherest vor einigen Jahren geschrieben hat. – Die von [359] E. Teilhard[86] untersuchte und z. Th. abgedruckte Registratur des Barthélemi de Noces (1374–1377) und die von A. Joubert[87] herausgegebenen Rechnungsbücher des Macé Darne liefern einige Details über die Verwaltung der Auvergne durch Jean de Berry und Anjou’s durch Louis d’Anjou. Welche politische Rolle diese beiden Brüder Karl’s V. zu ihrer Zeit spielten, ist hinlänglich bekannt. – In dieselbe Zeit fallen auch die meisten der von J. A. Brutails publicirten Actenstücke[88]. Viele derselben sind Secousse unbekannt geblieben. Sie werfen einiges Licht auf die politischen Beziehungen des Französischen Hofes zu König Karl dem Bösen von Navarra.

Von N. Valois wurde ein wichtiger Tractat des berühmten Honoré Bonet, Priors von Salon, entdeckt und untersucht[89]. Unter dem Titel „Somnium super materia scismatis“ gibt der Verfasser Mittel und Wege an, welche nach seiner Meinung eine Beseitigung der unheilvollen Spaltung, unter der die Christenheit leidet, herbeiführen könnten. Der Name des Verfassers, eines Freundes und Vertrauten hervorragender Persönlichkeiten seiner Zeit, verleiht dem Werk ein gewisses Interesse.

Für die Regierungszelt Karl’s VI. können wir diesmal nur zwei Publicationen anführen: Erstens die Ordonnance cabochienne (Mai 1413), welche A. Coville nach einer bisher nicht benutzten Handschrift veröffentlichte[90], und zweitens Remontrances de l’université et de la ville de Paris à Charles VI., deren Herausgeber H. Moranvillé ist[91]. Erstere trat zwar nie in Kraft, doch liefern die Vorschriften und Verbote, welche sie enthält, manchen Nachweis über die Organisation der Verwaltung und die politische Lage Frankreichs zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Die Remontrances sind um einige Monate älter (sie wurden Karl VI. am 9. Febr. 1413 vorgelesen) und legen die Ideen dar, welche die hohe Pariser Geistes-Aristokratie von der Durchführung der Reformen hatte. Diese Reformen wurden durch die vom Pöbel hervorgerufenen Unruhen bald wieder in Frage gestellt.

Grösser ist die Zahl der Werke über Karl VII. Hier ist zunächst die Ausgabe der Chronique d’Arthur de Richemont des [360] Guillaume Gruel, für die Société de l’histoire de France von A. Levavasseur besorgt[92], zu erwähnen. Der dargebotene Text ist besser als derjenige Th. Godefroy’s, auch machen reichhaltige Anmerkungen und eine gute Einleitung die Ausgabe empfehlenswerth. – Unter dem Titel: Die La Trémoille während fünf Jahrhunderte[93] veröffentlichte der Herzog von La Trémoille den 1. Band eines Werkes, welches bestimmt ist, die Lebensweise seiner Vorfahren vom Ausgange des Mittelalters bis zur Gegenwart zu schildern. Hier werden Gui VI. und Georg I. (1343–1436) behandelt. Von besonderem Interesse ist die Persönlichkeit des Letzteren. Georg war bekanntlich der Günstling Karl’s VII. und übte im Rath desselben einen Einfluss aus, der nur zu oft verhängnissvoll wirkte. Der Herausgeber hat nicht den Versuch gemacht, die Fehler seines Vorfahren zu bemänteln. Die von ihm mitgetheilten Actenstücke werden Allen, welche sich mit der Geschichte des 15. Jahrhunderts beschäftigen, von Nutzen sein.

Die Sendung der Jeanne d’Arc bildet nach wie vor den Gegenstand gelehrter Forschung; gleichwohl können wir diesmal nur eine allgemeine Geschichte der Heldenjungfrau verzeichnen: M. Sepet’s Buch, das 1885 zuerst erschien und jetzt in 3. Auflage vorliegt[94]. Gegenüber der stark apologetischen Tendenz, welche das Werk verfolgt, wird man sich wohl einige Zurückhaltung auferlegen müssen; den Verfasser hindert eben seine sonst höchst achtungswerthe Ueberzeugung, Ereignisse unbefangen zu beurtheilen, welche nach seiner Ansicht wunderbare sind. Sonst aber kann man das Buch als eine interessante Zusammenstellung dessen, was über die Herkunft und die Thaten der Jungfrau bekannt ist, bezeichnen.

Was von Englischer Seite über Johanna gesagt ist, fasst Dronsart in einem im Correspondant[95] abgedruckten Artikel zusammen.

De Pimodan stellt in der R. de Champagne et de Brie[96] Untersuchungen an über den Weg, welchen die Jungfrau am ersten Tage nach ihrem Aufbruch von Vaucouleurs nahm.

Endlich lieferten J. C. Chapellier[97] eine historisch-geographische [361] Arbeit über Domremy, C. de Vassal[98] eine anziehende Darstellung der Schlacht von Patay (1429), und Mlle de Villaret[99] einen kleinen Aufsatz über den Pagen Johanna’s, Louis de Coutes, bisher Louis de Contes genannt, der einer angesehenen Familie aus der Gegend von Chartres entstammte.

Die Zeit Karl’s VII. betrifft auch eine in der Académie des Inscrr.[100] gemachte Mittheilung S. Luce’s über Louis d’Estouteville, den Bastard von Orléans, und die Vertheidigung von Mont-Saint-Michel; ferner eine Abhandlung von M. Perret[101] über die Gesandtschaft des Abtes von St. Antoine de Viennois und des Alain Chartier nach Venedig im Jahre 1425, und endlich ein Aufsatz Delachenal’s über die Rückkehr der Burgundischen Räthe in das von Karl VII. in Paris wieder errichtete königliche Parlament. Diese Rückkehr war eine Folge des Friedens von Arras[102].

Regierung Ludwig’s XI. Die für diese Periode so wichtige Chronique scandaleuse wurde früher einem sonst unbekannten Jean de Troyes, später dem Greffier des Pariser Stadthauses Denis Hesselin zugeschrieben. Kürzlich hat nun B. de Mandrot[103] diese beiden Annahmen als unhaltbar verworfen und mit Hilfe der von ihm entdeckten Originalhandschrift des Werkes nachgewiesen, dass der wahre Verfasser Jean de Roye, Secretär des Herzogs von Bourbon, war. Eine Ausgabe dieses werthvollen, bisher schlecht gedruckten Werkes bereitet M. für die Société de l’histoire de France vor.

Ein Aufsatz Perret’s über Boffile de Juge, Grafen von Castres[104], vervollständigt das, was bislang über diesen Italienischen Abenteurer, den Günstling und bösen Geist Ludwig’s XI., bekannt geworden ist. Boffile war eine Persönlichkeit ohne alle Moral. Der König liebte es, ihn mit der Ausführung böser Pläne zu beauftragen. Sein Lebensabend ward ihm verbittert durch Zwistigkeiten mit seiner Tochter Louise de Juge; seine Familie verlor zuletzt auch die Grafschaft Castres wieder, welche ihm der König unklugerweise verliehen hatte.

In einem Codex der Marcusbibliothek zu Venedig fand A. d’Herbomez einen interessanten Brief Ludwig’s XI. an Sixtus IV., in welchem [362] der König die Zustimmung des Papstes zu einer Heirath zwischen Doña Juana, der als Ehebrecherin berüchtigten Schwester der Königin Isabella von Castilien, und dem Könige von Portugal zu erhalten trachtet. Die Pläne des Französischen Königs scheiterten jedoch, und der König von Portugal sah sich genöthigt, seine mächtigen Nachbarn um Frieden zu bitten; das von Herbomez veröffentlichte Schreiben[105] ist ein neuer Beweis für die politische Befähigung und den Scharfblick Ludwig’s XI. – Ein Aufsatz von A. de Ridder über die Rechte Karl’s V. auf das Herzogthum Burgund[106] will nachweisen, dass Ludwig XI. durch die Annexion dieses Landes das Lehensrecht verletzte und dass Karl V. der rechtmässige Erbe Burgunds war. Die Behauptung des Verfassers ist unhaltbar; er übersieht nämlich eins: das enge Vasallitätsverhältniss der mit Burgund belehnten Herzöge zur Krone Frankreich. Karl V., der niemals die Rechte Franz’ I. auf Burgund anerkennen wollte, war in keiner Weise berechtigt, auf dieses Lehen Eigenthumsansprüche zu erheben.

Regierung Karl’s VIII. In einem Artikel der Bibl. de l’école des Chartes[107] handelt Perret über die 1484 erfolgte Erneuerung des Vertrags von 1478 zwischen Frankreich und der Republik Venedig. – Ein zweiter Aufsatz desselben Verfassers[108] betrifft die Gesandtschaft des Péron de Baschi nach Venedig im Jahre 1493, deren Zweck war, die Republik für die Pläne Karl’s VIII. zu gewinnen. Der Senat, schon längst der Französischen Politik abgeneigt, verstand es jedoch, geschickt einer offenen Erklärung aus dem Wege zu gehen, und wartete damit, bis der Rückzug der Französischen Armee und die Schlacht von Fornovo erfolgte. – Ueber die Rolle, welche der Markgraf von Mantua in letztgenannter Schlacht, die jeder der beiden Gegner gewonnen haben wollte, spielte, wird man sich aus den von Luzio und Renier gesammelten Notizen unterrichten können[109].

Für das bedeutungsvollste Ereigniss der Regierung Karl’s VIII., die Vereinigung der Bretagne mit Frankreich, sind verschiedene Actenstücke des Jahres 1490 heranzuziehen, die den Archiven von Avignon entstammen und in den Archives historiques[110] publicirt werden.

Regierung Ludwig’s XII. Der 2. Band der Chroniken des Jean d’Auton, welche de Maulde-La-Clavière für die Société [363] de l’hist. de France herausgibt[111], zeigt dieselben Spuren der Ueberstürzung wie Band 1; offenbar sucht der Herausgeber vor allem möglichst schnell vorwärts zu kommen, ohne sich sehr darum zu sorgen, auch etwas Gutes zu liefern: die Anmerkungen sind ungenügend und ungleichmässig, der Text ist ohne Sorgfalt bearbeitet, kurz es ist eine in jeder Hinsicht mangelhafte Arbeit, und man muss sich wundern, dass sie in einer mit Recht geschätzten Quellensammlung Aufnahme gefunden hat.

L. G. Pélissier hat über die Beziehungen Lodovico Sforza’s zum Französischen Hofe im Jahre 1498 interessante Actenstücke mitgetheilt[112], und ferner[113] von einem in Mailand aufbewahrten Verzeichniss von Missiven Ludwig’s XII. aus dem Jahre 1499 Nachricht gegeben. – De Maulde-La-Clavière behandelte[114] die Zusammenkunft von Savona zwischen Ludwig XII. und Ferdinand dem Katholischen (1507), doch ohne die Tragweite und die Folgen derselben besser als seine Vorgänger darlegen zu können. – De Maulde hat sich auch mit der Besetzung des Tessin durch die Eidgenossen beschäftigt[115]; seine Aufstellungen fanden aber einen Gegner in Ch. Kohler[116]. Diesem ist, wie es scheint, der Nachweis gelungen, dass von den durch de Maulde angeführten Thatsachen die einen wahr, aber schon bekannt, die andern neu, aber erfunden seien. De Maulde erwiderte[117] darauf mit einer gewissen Gereiztheit, doch ohne sich völlig von dem Vorwurf der Ungenauigkeit und Oberflächlichkeit reinigen zu können.

Ueber die sittlichen Zustände der Französischen Gesellschaft gegen Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts kann man sich durch des Abbé Samouillan Buch über Olivier Maillard[118] unterrichten. Dasselbe enthält vieles Interessante über die Sitten und Laster der Zeitgenossen dieses berühmten Predigers. Dass der Verfasser etwas zu schwarz malt, wird man freilich nicht leugnen können. Jedenfalls kann man auf sein Buch jene „laudatores temporis acti“ hinweisen, welche fortwährend von der Sittenverderbniss der Gegenwart und von der guten alten Zeit reden: sie werden aus demselben ersehen, dass die Franzosen des 15. Jahrhunderts, obwohl weit ungebildeter, [364] doch zum mindesten ebenso lasterhaft waren, wie diejenigen der Jetztzeit.


Localgeschichte. Artois und Picardie. Die Geschichte der Abtei St. Pierre d’Hasnon des Abbé J. Dewez[119] ist eine Arbeit aus zweiter Hand; doch bietet sie einiges Beachtenswerthe über Land und Leute des Thales La Scarpe am Ausgange des Mittelalters und während der letzten Jahrhunderte des ancien régime. – Ein Aufsatz Bonnier’s[120] über die Französischen Urkunden von Douai enthält eine grosse Anzahl Actenstücke des 13. Jahrhunderts und eine Untersuchung über den Dialekt dieser Gegend. – G. Roux’ Geschichte von St. Acheul-lez-Amiens[121] ist weniger für die Geschichte dieser Abtei, als vielmehr für die Wirthschaftsgeschichte des alten Frankreich von Werth; der Verfasser gibt über die verschiedenen Besitzungen dieses einst reichen und angesehenen Klosters zahlreiche Details nach unedirten Urkunden; über den Preis der Lebensmittel, die Höhe des Pachtzinses, über Landleben und Ackerbau in der Picardie während mehrerer Jahrhunderte findet man hier viele Angaben. – Nicht so interessant ist das Buch E. Prarond’s über Abbeville (Ponthieu) vor dem hundertjährigen Kriege[122]. Der Verfasser hat viele Urkunden zur Geschichte der Stadt von 1133 bis 1337 zusammengebracht, aber er hat sie nicht verarbeitet und er hat auch keine der Fragen der Datirung und Interpretation, zu denen diese Urkunden Veranlassung bieten, gelöst: kurzum, wir erhalten hier weder ein lesbares Buch noch eine kritische Urkundensammlung. Prarond wird gut thun, in Zukunft ein anderes Verfahren zu beobachten. – Die „Beschreibung der Kathedrale von Laon“ durch Abbé Bouxin[123] ist viel besser; ganz abgesehen von der überaus genauen Beschreibung dieses herrlichen Bauwerkes bietet der Verfasser auch einige neue oder vielmehr bisher falsch ausgelegte Actenstücke, welche es ermöglichen, die Zeit der Erbauung endgültig festzusetzen. Die Kirche stammt sicher nicht aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts, wie einige Archäologen behauptet haben, auch nicht aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, wie Andere annahmen, sie scheint vielmehr in dieselbe Zeit wie Notre-Dame-de-Paris zu gehören, wurde um 1160 begonnen und war 1205 noch nicht vollendet. Diese neue Ansicht [365] ist viel annehmbarer als die früheren: schon eine oberflächliche Untersuchung der Kathedrale genügt, um zu zeigen, dass sie jünger ist als diejenige von Noyon, aber man wird sie nicht mit dem Reimser Dom in dieselbe Zeit setzen können.

Zur Geschichte von Paris und der Ile-de-France erschienen im Berichtsjahre mehrere nicht unwichtige Werke. G. d’Espinay untersuchte in einer Abhandlung über das Pariser Gewohnheitsrecht[124] einen im 15. Jahrhundert von einem unbekannten Verfasser geschriebenen Commentar desselben. L. Mancest-Batiffol schrieb über die Vorsteherschaft der Pariser Kaufleute am Ende des 14. Jahrhunderts[125]. Es zeigt sich hier wieder einmal die Schwäche und Inconsequenz der königlichen Regierung unter Karl VI. Dieselbe verstand es weder, die alten Privilegien der Bewohner der Reichshauptstadt gewissenhaft zu respectiren, noch den Usurpationsgelüsten der Stadtgemeinde offen Widerstand zu leisten. Diese schwankende Politik war zweifellos ein Moment bei der Erhebung der Cabochiens.

Unter einem etwas seltsamen Titel veröffentlichte Piton ein sehr merkwürdiges Buch über die geschichtlichen Erinnerungen und die äussere Entwicklung des Hallen-Viertels, das zu den ältesten und belebtesten Quartieren des alten Paris gehört[126]. Der Verfasser hat sich viele Mühe gegeben, die Geschichte der vornehmsten Familien, welche dort wohnten, zurückzuverfolgen. Eines der besten Capitel des Buches enthält eine Beschreibung des alten Hôtel de Soissons, der Lieblingsresidenz Katharinens von Medicis. Nebenbei kritisirt Piton mehrere von den über diese Königin verbreiteten und so vielfach von der romantischen Schule des 19. Jahrhunderts ausgebeuteten Legenden; er weist u. a. nach, dass weder Katharina noch Ruggieri irgendwelche astronomischen oder astrologischen Beobachtungen auf der Spitze der schmalen Säule, welche noch heute in der Nähe der Halle aux blés zu sehen ist, anstellen konnten. – Nur beiläufig erwähnen wir das von E. Raunié herausgegebene Epitaphier du vieux Paris[127]. Der bisher erschienene erste Band [366] enthält die Grabinschriften von St. André und St. Benoît; der grössere Theil derselben stammt aus den letzten Jahrhunderten. – Ein kleiner Aufsatz L. Brièle’s über das Krankenhaus zu St. Katharinen in der Rue Saint-Denis[128] stützt sich auf ein altes Verzeichniss der Urkunden dieser Anstalt, deren Archiv schon lange verloren ist; man findet hier einige beachtenswerthe Einzelheiten über die Krankenpflege in Paris seit dem Ende des Mittelalters.

Für die Sittengeschichte ist zu verweisen auf die Mittheilung G. Bapst’s[129] über die Schauspiele, welche in Paris während des Mittelalters gelegentlich des Einzugs der Monarchen in die Stadt veranstaltet wurden, für die Geschichte des Schulwesens auf des Abbé Bouquet Schrift[130] über das alte Colleg Harcourt und das Lyceum Saint-Louis. Die letztere unterrichtet über die inneren Verhältnisse, die Organisation und die Thätigkeit einer der hervorragendsten Erziehungsanstalten der alten Universität; das Colleg Harcourt wurde zwar erst Anfang des 14. Jahrhunderts gegründet, war aber nächst der Sorbonne und dem Colleg Navarra das bedeutendste und stand bis zur Revolution in Blüthe.

Von historischen Arbeiten über die Umgegend von Paris ist nur zu erwähnen die ziemlich mittelmässige Geschichte der Abtei Chelles von M. Berthault[131]; der Verfasser hat es unterlassen, die in Meaux befindlichen Urkunden zu benutzen. Ferner eine archäologische Untersuchung über die Abtei Notre-Dame de Vaux de Cernay von L. Morize[132]; dieselbe unterrichtet gut über diese bemerkenswerthe, jetzt zu einem Privatbesitz gehörige Ruine. Endlich die von L. Legrand[133] veröffentlichte Règle de l’hôtel-Dieu de Pontoise; die Anmerkungen, mit denen der Herausgeber diese an sich schon interessante Regel versehen hat, erhöhen noch das Interesse an derselben.

Champagne und Lothringen. Auf die Geschichte des östlichen Frankreichs bezieht sich das von Abbé Lalore bearbeitete, aber [367] erst nach seinem Tode erschienene Urkundenbuch der Abtei Montieramey[134]. Dasselbe ist nicht ohne Belang, leider scheint es von Fehlern, wie sie schon in früheren Publicationen dieses mehr fleissigen als sorgfältigen Gelehrten zu bemerken waren, nicht frei zu sein. – Ein kleiner, interessanter Aufsatz von A. de Barthélemy[135] behandelt Münzen mit schlechtem Feingehalt, welche im 15. und 16. Jahrhundert von den Herren von Baufremont geprägt wurden. Bekanntlich glaubte man noch bis vor Kurzem, dass dieser Familie das Münzrecht durch Friedrich Barbarossa verliehen worden sei; die darauf bezügliche Urkunde ist jedoch jüngst von Delisle als gefälscht erwiesen worden. – Fr. Delaborde weist in seinen kritischen Untersuchungen über die ältesten Herren von Joinville[136] nach, dass keiner von den Vorfahren des bekannten Geschichtschreibers Graf von Joigny war, wie man auf Grund der Angaben des Alberich von Trois-fontaines annahm, dass aber mehrere Mitglieder dieser Familie im 11. und 12. Jahrhundert den Titel eines Grafen oder Vitzthums von Toul führten. Daher der Irrthum! Die Abhandlung Delaborde’s ist ein Bruchstück einer in Vorbereitung befindlichen Geschichte der Herren von Joinville.

Reiches Material zur Geschichte der Bretagne enthält der von A. de la Borderie bearbeitete Recueil d’actes inédits des ducs et princes de Bretagne[137] vom 11.–13. Jahrhundert. Die vom Herausgeber hinzugefügten Anmerkungen lassen aufs Neue erkennen, wie vertraut derselbe mit der alten Bretonischen Geschichte ist.

Orléanais und Touraine. Schon vor längerer Zeit wurde von Em. Mabille ein Urkundenbuch der Abtei Marmoutier pour le Dunois herausgegeben; jetzt liegen zwei weitere Bruchstücke aus der allgemeinen Urkundensammlung dieser berühmten Abtei vor, nämlich für Blois vom Abbé Métais[138] und für Vendôme vom Vicomte de Trémault[139]. Es wäre zu wünschen, dass man eine einigermassen kritische Ausgabe des recht nachlässig veröffentlichten [368] eigentlichen Cartulaire’s der Abtei selbst veranstaltete. – Das Gewohnheitsrecht der Touraine wurde, gleich vielen andern Frankreichs, im 16. Jahrhundert einer Reform und Revision unterzogen. Mit dieser Reform beschäftigt sich eine verdienstliche Arbeit des bekannten Rechtshistorikers G. d’Espinay[140]. Dank derselben und den trefflichen Untersuchungen P. Viollet’s, des Herausgebers der Etablissements de S. Louis, und de Beautemps-Beaupré’s beginnen die alten Gewohnheitsrechte der Loire-Landschaften allmählich genügend bekannt zu werden. – Schliesslich erwähnen wir eine Abhandlung von J. Devaux über drei Bischöfe von Orléans aus dem 13. Jahrhundert[141], deren Namen oft schlecht übersetzt sind, und mehrere Abhandlungen Stein’s[142] über den Brand von Montargis im Jahre 1525, über eine verschwundene Ortschaft Namens Quinquempoix und über die Etymologie des Namens Montereau-fault-Yonne; die Lateinische Form des letzteren ist „in furca Ycone“, nicht „ubi fallit Ycona“.

Poitou, Limousin, Marche. Der Umstand, dass das Archiv von La Rochelle fast ganz verloren ist, verleiht der einst von A. Barbot verfassten Geschichte dieser Stadt einen gewissen Werth; der 3. Band derselben, herausgegeben durch die Société des Archives hist. de la Saintonge et de l’Aunis[143], erschien Ende 1890. – Unter dem Titel: Recueil des documents concernant le Poitou, contenus dans les registres de la chancellerie de France publicirt P. Guérin[144] für die Société historique du Poitou aus den sogenannten Registern des Trésor des chartes des Französischen Staatsarchivs theils vollständig theils auszugsweise alle auf Poitou bezüglichen Urkunden. Das Werk ist auf ungefähr 20 Bände berechnet. Band V erschien und umfasst die Jahre 1376–1390; er enthält viel werthvolles Material zur politischen und Verwaltungs-Geschichte des mittleren Frankreich. Es wäre zu wünschen, dass auch andere Provinzialvereine jene Sammlung ausziehen liessen; ein solches Werk würde jedenfalls mehr Nutzen bringen, als manche der unverdaulichen Abhandlungen, mit denen sie ihre Publicationen anfüllen. Dieser Tadel trifft natürlich nicht für alle Abhandlungen zu; eine vortreffliche Arbeit z. B. ist diejenige L. Guibert’s über die Stadt Saint-Léonard-de-Noblat [369] im 13. Jahrhundert[145]. Ueber die Entwicklung des Städtewesens in Limousin ist noch wenig bekannt; es ist Guibert’s Verdienst, dass man hinfort weiss, warum die Communen in Limousin und Marche von der Mitte des 13. Jahrhunderts ab ihre Selbständigkeit einbüssten. Lange Zeit von den Englischen Königen beschützt, wurde die Bürgerschaft von St.-Léonard, die kein Privilegium aufzuweisen hatte, von den neuen Herren des Landes, den Königen von Frankreich, der Willkür ihres früheren Gebieters, des Bischofs von Limoges, überlassen. Nur mit grosser Mühe gelang es den Bürgern, aus dem Schiffbruch einige Trümmer ihrer Autonomie zu retten.

Burgund. Das Cartular von Paray-le-Monial, welches der Abbé U. Chevalier herausgegeben hat[146], ist im Original nicht mehr vorhanden; der Herausgeber hat es mit Hilfe von Abschriften und Auszügen, welche die Pariser Nationalbibliothek bewahrt, teilweise wiederhergestellt. Viele dieser Auszüge sind ohne Datum und werden auch nie sicher datirt werden können. Immerhin bieten sie viele brauchbare Notizen über die Succession der alten Grafen von Châlon-sur-Saône und über die vornehmsten Familien des Landes. Anhangsweise veröffentlicht U. Chevalier hier die Protokolle über die Visitationen der Cluniacenserprioreien der Provinz Lyon durch Delegirte dieses Ordens während der Jahre 1262–1342. Wie werthvoll solche Acten für die Geschichte des Klosterlebens in der zweiten Hälfte des Mittelalters sind, ist bekannt.

Auf die Geschichte von Autun bezieht sich eine Abhandlung von A. Charmasse über die Institution charitable de l’aumône de Saint-Léger, welche in den Mémoires de la société Eduenne[147] erschien. Ebenda veröffentlichte derselbe Gelehrte die Urkunden der Priorei Corbigny (1076–1096), und J. Virey einen Aufsatz über die Romanische Architektur in der ehemaligen Diöcese Mâcon.

Franche-Comté. Die Geschichte der Abtei und Landschaft Saint-Claude von D. Benoit[148] verdiente eigentlich gar nicht erwähnt zu werden; aber sie mag als Beispiel gelten für die Phantastereien, zu denen ein noch zu sehr in den Anschauungen früherer Zeiten befangener Geistlicher sich hinreissen lassen kann. Die [370] Echtheit der Urkunden von Saint-Claude verfechten und behaupten, dass Leibeigenschaft gleichbedeutend sei mit Prekarienverhältniss, das kann nur Jemand, der ebenso unwissend wie voreingenommen ist. Und was soll man gar erst von einem Schriftsteller halten, welcher die kühne Behauptung aufstellt, dass die Feudalzeit das goldene Zeitalter der Menschheit gewesen und die Welt durch die Französische Revolution um 1200 Jahre zurückgebracht sei?

Guyenne. Die Ausgabe des Livre des coutumes de Bordeaux von H. Barckhausen[149] beruht auf 10 Handschriften, welche in Bezug auf Reihenfolge und Inhalt der einzelnen Artikel vielfach von einander abweichen. In der zwar nüchternen, aber wohldurchdachten Einleitung zeigt der Herausgeber, dass Bordeaux im allgemeinen eine Stadt mit Gewohnheitsrecht war, und dass das Römische Recht dort in seiner subsidiären Geltung sogar zurückstand hinter den Gewohnheitsrechten der benachbarten Städte Guyennes. Die Ausgabe ist sorgfältig, reich mit Erläuterungen, sowie mit einem ausführlichen Namen- und Sachregister versehen. – E. Rébouis setzt die Veröffentlichung der wichtigeren Gewohnheitsrechte des Agenais fort[150]. Diesmal bietet er diejenigen von Nom-Dieu en Brulhois (1305–1308) und von Sauvagnas (1264). Alle diese Texte weisen die Volkssprache auf. – D. A. Virac’s Recherches historiques de Saint Macaire[151] enthalten nur Weniges, was von allgemeinerem Interesse ist; wir haben es hier mit einer fleissig gearbeiteten Monographie zu thun, die sich ganz in dem Rahmen der Localgeschichte hält. – Mehr Interesse hätte leicht eine Untersuchung Labroue’s, betreffend den Livre de vie[152], erwecken können. Jener Name bezeichnet eine Handschrift des Archivs von Bergerac, welche ein auf Befehl der Schöffen angefertigtes Verzeichniss aller Excesse und Verbrechen enthält, die seitens der Kriegsleute in der Umgebung der Stadt während der Jahre 1379–1382 verübt wurden. Der Text jenes Stückes ist jedoch inzwischen vollständig mitgetheilt. Labroue hätte daher besser gethan, auf die Veröffentlichung seiner Arbeit zu verzichten; denn sie enthält im Grunde genommen nichts, was nicht schon bekannt oder in gedruckten Büchern zu finden wäre.

Auvergne, Lyonnais, Südostfrankreich. E. Teilhard veröffentlichte die älteste Gewohnheitsrechts-Urkunde von Montferrand[153] [371] nach einer Abschrift der Bestätigung derselben durch Guichard de Beaujeu von 1248/49. Die Urkunde ist in der Volkssprache geschrieben. Zu erwähnen ist ferner eine Monographie Jannesson’s über die Comthurei Saint-Jean-des-Près in Montbrison en Forez[154], eine Filiale der Grosspriorei Auvergne, E. Longin’s Ausgabe der Visitationsacten der Collegiatkircbe Notre-Dame in Beaujeu[155], J. Condamin’s Geschichte von Saint-Chamond und der Herrschaft Jarez[156], und A. Bruel’s Publication der Visitationsacten der Cluniacenserklöster der Auvergne im 13. und 14. Jahrhundert[157]. Letztere sind äusserst werthvoll, ihre Zahl ist leider verhältnissmässig gering. Der Herausgeber vermochte nur die Aufzeichnungen über 11 Visitationen aufzufinden, während in alten Verzeichnissen deren 62 aus den Jahren 1279–1483 erwähnt werden. Die Beschaffenheit dieser Prioreien im 14. Jahrhundert scheint eine jämmerliche gewesen zu sein: die durch die Ordensregel vorgeschriebene Lebensweise wurde mangelhaft eingehalten, und die Aufführung der Mönche war zuweilen recht unerbaulich.

Gascogne. Eine Schrift von Norbert Rosapelly und X. de Cardailhac über die Stadt Bigorre[158] macht es sich in erster Linie zur Aufgabe, die Behauptung des gelehrten Geographen A. Longnon, dass der „civitas Turba“ das heutige Cieutat entspreche, zu prüfen. Die Verfasser haben jedoch, wie es scheint, etwas eigentlich Neues als Stütze für ihre Ansicht nicht beizubringen vermocht, auch verwechseln sie Grafschaft und Bisthum Bigorre, welche beiden sich durchaus nicht völlig entsprechen. – Die Ausführungen Rébouis’ über die in den Garonne-Gegenden im Mittelalter gebräuchlichen Vornamen[159] sind weder ganz überzeugend noch neu. Fünf, noch dazu längst bekannte Urkunden geben für eine derartige Untersuchung doch eine zu knappe Grundlage ab.

Languedoc. A. Spont, von dem früher schon eine Untersuchung über die Finanzverwaltung in Languedoc während des [372] 15. und 16. Jahrhunderts[160] erschien, veröffentlichte eine Abhandlung[161] über die Steuer, welche unter dem Namen équivalent aux aides in dieser Provinz unter Karl VII. eingeführt wurde. – Einige der von ihm in seinen früheren Abhandlungen ausgesprochenen Ansichten sind neuerdings von Dognon[162] angefochten worden. In einigen Punkten scheint dieser Recht zu haben, in anderen nicht. Um sich ein Urtheil über die Frage bilden zu können, wird man Spont’s Erwiderung abwarten müssen.

L’Eglise Saint-Etienne, cathédr. de Toulouse lautet der Titel eines Buches von J. de Lahondès[163], welches den 1. Band eines grösseren Werkes über die kirchlichen Anstalten von Toulouse bildet. Der Verfasser schildert an der Hand der Urkunden die Geschichte des Domcapitels, einer Congregation, die zwar reich war, jedoch in politischer und literarischer Beziehung eine ziemlich unbedeutende Rolle spielte, und beschreibt dann die Kirche selbst, ein unharmonisches, doch interessantes, übrigens heute noch unvollendetes Bauwerk. – In einer umfangreichen Abhandlung[164] hat es der Abbé Douais versucht, alle Nachrichten, welche wir über das Leben des heiligen Germier, Bischofs von Toulouse zur Zeit König Chlodwig’s, besitzen, zusammenzustellen. Indess trotz seiner scharfsinnigen Bemerkungen wird man nicht allem zustimmen können, was er über die Glaubwürdigkeit zusammenhangloser und erst nach dem 6. Jahrhundert verfasster Legenden sagt. Ist Germier selbst eine historische Persönlichkeit, so sind uns doch weder die Zeit noch die näheren Umstände seines Lebens bekannt. – M. Fournier[165] veröffentlicht unter dem Titel „Les bibliothèques des collèges de l’université de Toulouse“ den Bücherkatalog mehrerer Bibliotheken, welche in dieser Stadt im 14. und 15. Jahrhundert für die Studirenden eingerichtet wurden. – E. Cabié endlich theilt einen Beschluss des Toulouser Parlamentes vom Jahre 1446 mit[166], in welchem Darstellungen von Mysterien in dieser Stadt erwähnt werden.

Papst Urban V., aus Gévaudan gebürtig, zeigte sich stets sehr freigebig. Auch die Universitätsstadt Montpellier gehört zu jenen Städten, welche er mit reichen Bauten schmückte; sie verdankte ihm [373] die Stiftung des berühmten Collège de Saint-Germain. Ueber diese Stiftungen handelt ein kurzer Aufsatz von E. Müntz[167]. – Gleichzeitig mit demselben erschien von L. Guiraud ein zweibändiges Werk, das die einschlägigen päpstlichen Actenstücke im Wortlaut wiedergibt[168]. – S. Kahn[169] veröffentlichte Urkunden zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde zu Montpellier im Mittelalter.

Für Albigeois erwähnen wir eine vortreffliche Untersuchung E. Cabié’s[170] über mehrere Urkunden, betreffend den Ursprung des Johanniterordens. Man hatte früher geglaubt, dass dieselben aus dem 11. Jahrhundert stammten; Cabié aber nimmt an, dass sie zurückdatirt seien, und verweist sie ins 12. Jahrhundert; damit würde dann die bisherige Ansicht über das Alter des Hospitals hinfällig werden. Ferner veröffentlichte Portal[171] drei Urkunden aus den Jahren 1057, 1070 und 1150, welche sich auf die Priorei Ambialet bei Albi beziehen.

Zur Geschichte Languedocs und der Grafschaft Foix wäre noch des Abbé Nicolas Geschichte des Dominicanerklosters Génolhac[172] (gegründet 1298) zu nennen. – Eine Urkunde der Stadt Escazeaux vom Jahre 1273 veröffentlichte P. Du Faur[173]. – Die „Geschichte von Stadt und Burg Saverdun in der ehemaligen Grafschaft Foix“ von C. Barrière-Flavy[174] endlich ist werthvoll, stützt sich auch zum Theil auf bisher unbekannte Urkunden. Saverdun gehörte zu demjenigen Theile der Grafschaft Foix, welcher unmittelbar von der Grafschaft Toulouse zu Lehen ging.

Für Roussillon haben wir nur eine von M. Fournier[175] mitgetheilte Urkunde vom Jahre 1458 anzuführen. Es ist ein Vertrag, welchen die Magister der freien Künste in Perpignan mit einander schlossen, um künftigen Streitigkeiten vorzubeugen und die von den Schülern eines jeden zu zahlenden Honorare gleichmässig zu vertheilen. Diese Professoren hatten eine Art Erziehungsanstalt, eine sogenannte tutela eingerichtet.

[374] Dauphiné und Provence. Der östlich der Rhone gelegene Theil Frankreichs wurde im 11. Jahrhundert, nachdem er bis dahin zum Königreich Burgund gehört hatte, dem Imperium einverleibt und bildete fortan das sogenannte Königreich Arelat. In welcher Weise das Französische Königthum dazu gelangte, diese entlegenen Provinzen nach und nach zu annectiren, und in welcher Weise das Kaiserthum genöthigt wurde, schrittweise diese seine auswärtigen Besitzungen aufzugeben, dies zu erörtern ist die Aufgabe, welche sich P. Fournier in seinem Buche Le royaume d’Arles et de Vienne[176] gestellt hat. Er geht vom Jahre 1138, dem Regierungsantritt der Hohenstaufen, aus und schildert die wenig erfolgreichen Anstrengungen, welche Friedrich I., Heinrich VI. und Friedrich II. machten, um die kaiserliche Autorität in diesen fernen und schwer zu behauptenden Provinzen wieder herzustellen. Das Schwäbische Herrscherhaus hatte gehofft, dieselben mit Hilfe der Bischöfe unter seine Botmässigkeit bringen zu können. Indess die Südfranzösischen Prälaten konnten bei ihrer Unterwürfigkeit gegen die Römische Curie den Gegnern des Papstthums keine wirksame und dauernde Unterstützung gewähren. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts kämpft der Französische Einfluss mit Erfolg gegen den der Reichsvicare; Französische Herrscher führen die Regierung in der Provence; die Anarchie, welche nach dem Tode Friedrich’s II. herrscht, ermöglicht es Philipp dem Schönen und seinen Nachfolgern, ihr Ansehen im Rhonethal zu befestigen. Bald ist die Dauphiné der Krone Frankreich einverleibt, und schliesslich verzichtet Karl IV., von der Nutzlosigkeit des Widerstandes überzeugt, auf alle kaiserlichen Rechte, indem er dem König von Frankreich den Titel eines kaiserlichen Vicars verleiht. Mit diesem definitiven Verzicht schliesst Fournier seine Darstellung; seit demselben war das ehemalige Königreich Arelat ein Französisches Land, in welchem der kaiserliche Einfluss nie wieder zur Geltung kam.

Unter dem Titel „Tableau historique du département des Hautes-Alpes“ erschien von J. Roman[177] ein Buch, das zunächst die monographische Literatur für die Herrschaften, Abteien und Ortschaften dieses Landstriches aufführt, und dann ein chronologisches Verzeichniss der darauf bezüglichen Urkunden enthält. Bei der Dürftigkeit der Landesarchive konnte der Verfasser diese Auszüge in einen Band von 400 Seiten bringen. Das Unternehmen verdient alle Anerkennung, wird sich aber für andere Theile Frankreichs nicht durchführen lassen. Das erwähnte Verzeichniss reicht übrigens nur [375] bis zum Jahre 1500. – Dem Abbé U. Chevalier verdanken wir die Inhaltsübersicht über das Cartulaire des Capitels von Saint-Maurice-de-Vienne[178]. Er verzeichnet 259 Stücke, die dem 9. bis 14. Jahrhundert entstammen, und schliesst daran den Text von 14 noch unedirten Stücken; ferner eine Geschichte der Bischöfe von Valence und von Die, die im 17. Jahrhundert auf Grund archivalischen Materials verfasst wurde. – Das Lehnsregister des Bisthums Die aus dem 13. Jahrhundert, welches Brun-Durand herausgab[179], ist nicht uninteressant; leider ist aber die Ausgabe voller Fehler, und es ist daher unmöglich, dieselbe für darstellende Arbeiten nutzbar zu machen. – Zum Schluss erwähnen wir einen Artikel J. Chevalier’s[180] über Amadeus v. Roussillon, Bischof von Valence (1276–81), der sich an die von uns im letzten Bericht besprochene Arbeit desselben Verfassers anschliesst[181], und eine Abhandlung M. Fournier’s über die Collegbibliotheken von Avignon[182]. Dieser Aufsatz entspricht der weiter oben angezeigten Arbeit über die Bibliotheken von Toulouse.

Paris, Dezember 1891.

A. Molinier.     



Anmerkungen

  1. Vgl. DZG V, 186 Note 3; Bibliogr. ’91, Nr. 2042 a u. ’92, Nr. 47.
  2. Vgl. DZG V, p. 186.
  3. März 1891.
  4. Vgl. DZG V, 186 Note 1; Bibliogr. ’91, 2038 a.
  5. Paris, Plon. 1891. 8°. xj 568 p.
  6. BECh 51, 573–617. 52, 181–219. 53, 5–76.
  7. Inventaire de la collection Moreau. Paris, Picard. 1891. 8°. xiv 282 p. 6 fr.
  8. NRH de droit, Mai/Juni 1891.
  9. Les amitiés et les épreuves de D. Fonteneau. Poitiers, Blais. 1890.
  10. Vgl. DZG V, 187 Note 1; Bibliogr. ’92, 46.
  11. Paris, Didot.
  12. Vgl. Bibliogr. ’91, 3146.
  13. Livres d’images destinés à l’instruction religieuse et aux exercices de piété des laïques. (Sep. a. Hist. littéraire T. XXXI.)
  14. Formulaires de lettres du 12., 13. et du 14. siècle. (Sep. a. Notices et extraits des mss. XXXIV.)
  15. R. de Champagne et Brie 1890 u. 1891.
  16. Vgl. Bibliogr. ’91, 3148 u. Nachrr. ’91, 131.
  17. Bibliogr. ’91, 1437 u. 2158. ’92, 205. Vgl. DZG V, 189.
  18. Paris, Rousseau. 1891. 8°. xxviij 295 p.
  19. Paris, Picard. 2 Vol. 1891. 8°. xiv 342 u. 383 p. 15 fr.
  20. Etudes sur les biens ecclésiastiques avant la révolution. Paris, Vivès. 1891. 8°. 406 p. 6 fr.
  21. Paris, Klincksieck. 1890. 8°. 740 p. 10 fr.
  22. Signes d’infamie au moyen-âge. Paris, Champion. 1891. 16°. 194 p. 5 fr.
  23. Vgl. Bibliogr. ’91, 3398.
  24. Vgl. Bibliogr. ’90, 3705.
  25. Lille, Desclée.
  26. Vgl. DZG V, 197 Note 2; Bibliogr. ’91, 3124.
  27. Vgl. Bibliogr. ’90, 3772.
  28. La grande chirurgie de Gui de Chauliac. Paris, Alcan. 1891. 8°. cxcj 753 p. 28 fr.
  29. Vgl. Bibliogr. ’91, 365.
  30. Vgl. Bibliogr. ’92, 291.
  31. BECh 51, 477. Vgl. DZG V, 191.
  32. Vgl. DZG VI, 384 Note 3; Bibliogr. ’91, 468.
  33. Jahrg. 1891, Nr. 1.
  34. Vgl. Bibliogr. ’91, 4084 d.
  35. Vgl. Bibliogr. ’91, 2965.
  36. Vgl. Bibliogr. ’91, 3244.
  37. Vgl. DZG V, 421; Bibliogr. ’91, 4115 b.
  38. Vgl. Bibliogr. ’91, 4111.
  39. Vgl. Bibliogr. ’91, 1408.
  40. Vgl. Bibliogr. ’92, 147.
  41. Vgl. DZG V, 193 Note 2. Bibliogr. ’91, 1419.
  42. Annales de la faculté de Bordeaux, 1890 u. 1891.
  43. Le duché mérovingien d’Alsace et la légende de Ste.-Odile. Paris, Berger-Levrault. 1892. 8°. 270 p. Vgl. Bibliogr. ’91, 1445 b.
  44. Vgl. Bibliogr. ’91, 1420 b.
  45. Vgl. Bibliogr. ’91, 2151 m.
  46. Vgl. Bibliogr. ’91, 2151 h.
  47. Vgl. Bibliogr. ’91, 2146.
  48. CR 1890.
  49. Vgl. Bibliogr. ’91, 2170.
  50. Vgl. Bibliogr. ’89, 1977.
  51. Vgl. Bibliogr. ’91, 2187.
  52. RH 47, 155.
  53. Vgl. Bibliogr. ’91, 2179 i.
  54. Vgl. Bibliogr. ’91, 2179 d.
  55. Vgl. Bibliogr. ’91, 1520.
  56. Vgl. Bibliogr. ’90, 112.
  57. Vgl. DZG V, 195 Note 3.
  58. Bibl. de l’école des hautes études, fasc. 86. Paris, Bouillon. 1891. xvj 296 p.
  59. Vgl. Bibliogr. ’91, 2213 m.
  60. Vgl. Bibliogr. ’91, 2199.
  61. Comité des travaux historiques, bulletin archéologique, 1890, Nr. 1.
  62. In den MIÖG. Vgl. Bibliogr. ’91, 1482.
  63. Vgl. Bibliogr. ’91, 1484.
  64. La naissance de Philippe-Auguste. RH 47, 309.
  65. Sur un ms. acquis à Londres pour la Bibl. nat. CR ’91, 3. April.
  66. Vgl. Bibliogr. ’91, 2213 n.
  67. Amyot au Concile de Trente. R. de Belgique 1891.
  68. Ein ungedr. Bericht aus d. Arelat vom J. 1251. NA 17, 214–9.
  69. Vgl. Bibliogr. ’92, 483.
  70. Les hérétiques du Midi au 13. s.; cinq pièces inédites. Annales du Midi, Juli 1891.
  71. Testament de Guill. de Saint-Amour 1272. Archives historiques, artistiques et littéraires, Mai 1891.
  72. Le texte latin de la chron. abrégée de Guill. de Nangis. BECh 51, 652–659.
  73. Vgl. Bibliogr. ’91, 400.
  74. L’expédition de Philippe le Hardi en Catalogne. RQH 49, 62–127.
  75. Vgl. Bibliogr. ’91, 544.
  76. Vgl. Bibliogr. ’91, 2266.
  77. Pons d’Aumelas. BECh 52, 259–64.
  78. Vgl. Bibliogr. ’91, 1510.
  79. Vgl. DZG V, 197.
  80. Vgl. Bibliogr. ’92, 372 a.
  81. Vgl. DZG II, 495. IV, 166; Bibliogr. ’90, 940.
  82. L’atelier monétaire de Jacques II. etc. à Pergignan. Académie des inscriptions 24. April 1891.
  83. Vgl. Bibliogr. ’90, 2938 u. ’91, 412.
  84. Note sur le „lieu fort“ de Longueil Ste.-Marie, près de Compiègne 14. August 1891.
  85. Docc. nouveaux sur l’Archiprêtre. Annales du Midi Juli 1891.
  86. BECh 52, 220–58; 517–72.
  87. Étude sur les comptes de Macé Darne, maître des œuvres de Louis I. (1367–76). Angers, Germain et Grassin. 1890. 97 p.
  88. Docc. des archives de la chambre des comptes de Navarre [1196 bis 1384]. (Bibl. de l’école des hautes études, fasc. 84). Paris, Bouillon. 1890. xxxvj 204 p. 6 fr.
  89. Annuaire-Bull. de la soc. de l’hist. de France 27, 193.
  90. Paris, Picard. 1891. xij 207 p. 3 fr. 50.
  91. BECh 51, 420–42.
  92. Paris, Laurens. 1891. xc 322 p. 9 fr.
  93. Nantes, Grimaud. 1890. 4°. xxiij 318 p.
  94. Tours, Mame. 1890. 600 p. 15 fr.
  95. 25. August 1891.
  96. Januar 1891. Auch sep. u. d. Titel: La première étape de Jeanne d’Arc. Paris, Champion. 59 p. 2 fr. 50.
  97. Étude hist. et géogr. sur Domremy. (Sep. a. Bull. de la soc. philomath. vosgienne.) St.-Dié, Humbert. 49 p.
  98. La bataille de Patay, ou la Croix-Blon et la Croix-Faron. Orléans, Herluison. 1890. 12°. 94 p. 3 fr.
  99. Louis de Coutes, page de Jeanne d’Arc; son origine et sa famille. (Soc. archl. et hist. de l’Orléanais, Bull. 1890, Nr. 2.)
  100. 23. August 1890.
  101. Vgl. Bibliogr. ’91, 1569.
  102. Soc. de l’hist. de Paris, Bull. mai–juin 1891.
  103. BECh 52, 129–33.
  104. Boffile de Juge, comte de Castre, et la république de Venise. (Annales du Midi April 1891.)
  105. BECh 51, 660–7.
  106. Vgl. Bibliogr. ’91, 603. Vgl. auch DZG VI, 386.
  107. Vgl. Bibliogr. ’91, 1585 b.
  108. BECh 52, 285–98.
  109. Vgl. Bibliogr. ’91, 456 a.
  110. September 1891.
  111. Vgl. Bibliogr. ’91, 1586.
  112. Bull. du comité des trav. hist. 1890.
  113. In den Mélanges d’archl., Juni 1891.
  114. R. d’hist. dipl., s. Bibliogr. ’91, 459.
  115. Vgl. Bibliogr. ’91, 1589.
  116. Vgl. Bibliogr. ’91, 1589 a.
  117. RH 46, 389.
  118. Olivier Maillard, sa prédication et son temps. Toulouse. 1891. 8°. 353 p.
  119. Vgl. Bibliogr. ’91, 3766.
  120. Z. f. Roman. Philol. 14, Hft. 3.
  121. Hist. de l’abbaye de Saint-Acheul-lez-Amiens (Docc. inédits concernant la province de Picardie, Tome XII). Paris, Chossonnery. 1890. 4°. 616 p.
  122. Paris, Picard. 1891. xxxv 407 p. 6 fr.
  123. Laon. 1890. 246 p. 3 fr. 50.
  124. Un document inédit sur la coutume de Paris. (NRH de droit, März u. April 1891.)
  125. BECh 52, 269–84.
  126. Hist. de Paris; topographie, mœurs, usages, origines de la haute bourgeoisie parisienne: le quartier des Halles. Paris, Rothschild. 1891. 8°. xvj 639 p. 50 fr.
  127. Collection de docc. publiés sous les auspices de l’édilité parisienne. Epitaphier du vieux Paris. T. I: André-des-Arcs; St. Benoit. Paris, Champion. 1891. 4°. cxxviij 398 p. 30 fr.
  128. L’hôpital Sainte Catherine de la rue Saint-Denis (1184–1790). Paris, Impr. nationale. 1890. 8°. 94 p.
  129. Ac. des inscr., 10. und 17. April 1891.
  130. L’ancien collège d’Harcourt et le lycée Saint-Louis. Paris, Delalain. 1891. 8°. xv 736 p. 10 fr.
  131. L’abbaye de Chelles (657–1790). 2 Thle. Paris, Lechevalier. Meaux, Le Blondel. 1889 u. 1890. 8°. xliv 271; xxxij 247 p.
  132. Étude archéol. sur l’abbaye de Notre-Dame des Vaux de Cernay. Tours, Deslis. 1890. 4°. x 128 p. 15 fr.
  133. Sep. a. Mém. de la soc. de l’hist. de Paris. Tom. XVII. Nogent-le-Rotrou, Daupeley-Gouverneur. 1891. 8°. 54 p.
  134. Cartulaires de l’abbaye de Montieramey. Paris, Thorin. Troyes, Lacroix. 8°. xvij 489 p. 12 fr.
  135. Vgl. Bibliogr. ’91, 4105 a.
  136. Recherches critiques sur les premiers seigneurs de Joinville. (BECh 51, 618–29.)
  137. Paris, Champion. 8°. 332 p. 8 fr.
  138. Marmoutier. Cartulaire blésois. Chartres, Selbstverlag. 1891. 8°. cxliij 540 p. 20 fr.
  139. Cartulaire de Marmoutier pour le Vendômois. Fasc. I. Vendôme, Lemercier. 1891. 8°. 269 p. 6 fr.
  140. Les réformes de la coutume de Touraine au 16. siècle. Tours, Péricat 1891. 8°. viij 246 p.
  141. Annales de la société du Gâtinais 1890.
  142. Ann. de la soc. du Gâtinais 1890.
  143. Hist. de la Rochelle. T. III. Paris, Picard. 1891. 8°. 321 p. 15 fr.
  144. Poitiers, Oudin. 8°. xxxvj 487 p.
  145. La commune de St.-Léonard-de-Noblat au 13. s. Limoges, Ducourtieux. Paris, Picard. 1891. 8°. 243 p.
  146. Cartulaire de Paray-le-Monial, suivi d’un append. de chartes etc. de l’ordre de Cluny. Paris, Picard. 1890. 8°.
  147. Vol. LXVI.
  148. Hist. de l’abbaye et de la terre de Saint-Claude. I. Genève, Tremblay. Paris, Picard. 1891. 8°. 672 p. 10 fr.
  149. Bordeaux, Gounouilhou. 1890. 4°. liij 800 p. 20 fr.
  150. NRH de droit, Nov. u. Dez. 1890.
  151. Recherches histor. sur la ville de St.-Macaire. Paris, Lechevalier. 1890. 8°. xij 708 p. 7 fr. 50.
  152. Le livre de vie. Les seigneurs et les capitaines du Périgord blanc au 14. s. Bordeaux, Gounouilhou. 1891. 4°. x 463 p. 15 fr.
  153. Ann. du Midi, Juli 1891.
  154. Monographie et hist. de la commanderie de St.-Jean-des-Prés à Montbrison-en-Forez. Saint-Etienne, Pinsart-Mavoiseau. 1890. 8°. 39 p.
  155. Procès-verbaux de la visite de l’église collég. de Notre-Dame de Beaujeu. Paris, Lechevalier. 1891. 8°. xlij 143 p.
  156. Hist. de Saint-Chamond et de la Seigneurie de Jarez. Paris, Picard. 1890. 4°. xxxij 748 p. 40 fr.
  157. BECh 52, 64–117.
  158. La cité de Bigorre. Paris, Champion. 1890. 8°. 218 p. 6 fr.
  159. Société archéol. de Tarn-et-Garonne, Bull. 1890.
  160. Vgl. DZG 5, 207.
  161. Ann. du Midi April 1891.
  162. Ebd. Juli.
  163. Toulouse, Privat. 1890. 8°. xlv 482 p. 8 fr.
  164. St.-Germier, évêque de Toulouse au 6. s. Examen critique de sa vie. (Sep. a. Mém. de la soc. des antiquaires de France. Tome II.) Nogent-le-Rotrou, Daupeley-Gouverneur. 1890. 8°. 142 p.
  165. Bibliogr. ’91, 540.
  166. Académie des inscriptions de Toulouse IX, 1.
  167. R. archl. 1890.
  168. Les fondations du pape Urbain V à Montpellier. Montpellier, Martel. 1889–90. 8°. 274 p.
  169. Revue des études juives, April/Juni 1891.
  170. Annales du Midi, April 1891.
  171. Ann. du Midi, Juli 1891.
  172. Le couvent des Dominicains de Génolhac. 1298–1791. Nîmes, Gervais-Bedot. 1890. 8°. 400 p.
  173. Soc. archl. de Tarn-et-Garonne. Bull. Nr. 19.
  174. Hist. de la ville et de la châtellenie de Saverdun. Toulouse, Privat. 8°. xvj 326 p. 6 fr.
  175. Vgl. Bibliogr. ’91, 3124 a.
  176. Vgl. Bibliogr. ’91, 1477. Vgl. auch Bd. V, 376.
  177. Paris, Picard. Vol. II. 1890. 4°. x 390 p.
  178. Description analytique du cartulaire du chapitre de St.-Maurice de Vienne. (Sep. a. Bull. d’hist. eccl. 1891.) Valence, Céas. 8°. 88 p.
  179. Censier de l’évêché de Die à Die, Montmaur et Aurel. (Sep. a. Bulletin de l’acad. delphinale IV, 3.) Paris, Picard. 8°. 75 p. 4 fr.
  180. Amédée de Roussillon, évêque de Valence et de Die 1276–1281. (Sep. a. Bull. de l’acad. delphinale IV.) Grenoble, Baratier. 8°. 100 p.
  181. Vgl. DZG 5, 208.
  182. Vgl. Bibliogr. ’91, 2322 h.