Oberlandesgericht München – Feilbieten von Waren am Firmungstag

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichtes München vom 28. Dezember 1886
Untertitel:
aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1887, Nr. 7, Seite 57–58
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung: Feilbieten von Waren am Firmungstag
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[57]

Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichtes München vom 28. Dezember 1886
in der Sache gegen Georg Sch. und Genossen wegen Uebertretung straßenpolizeilicher Vorschriften.

Das hier in Frage stehende ortspolizeiliche Verbot des Feilbietens von Waaren auf den Straßen in V. für den 20. Mai l. Js. – den Firmungstag – bildet eine Ergänzungs-Vorschrift zu §. 366 Nr. 10 des Strafgesetzbuches, wonach mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird, wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Ruhe auf den öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen erlassenen Polizei-Verordnungen übertritt. Die Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer so getroffenen Vorschrift kann nach Art. 15 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. bei der Aburtheilung einer bezüglichen Uebertretung von dem Richter nicht in Erwägung gezogen, sondern von demselben nur deren gesetzliche Giltigteit geprüft werden, und sollte sich Jemand durch den Erlaß einer polizeilichen Vorschrift für beschwert erachten, so hat derselbe nach Art. 14 des Polizei-Straf-Ges.-Bchs. innerhalb des für Verwaltungssachen bestehenden Instanzenzuges hiegegen Abhilfe nachzusuchen. Das fragliche Verbot ist aber nicht, wie die Revision geltend zu machen sucht, ein fortdauerndes, sondern nur ein vorübergehendes, auf die Dauer eines einzigen Tages, nämlich des 20. Mai laufenden Jahres – des Firmungstages – beschränktes, kommt daher nicht als eine fortdauernd geltende Vorschrift in Betracht, und bedurfte daher nach Anleitung des Art. 6 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. einer Vollziehbarkeitserklärung Seitens der vorgesetzten Kreisregierung nicht; auch entspricht die Art seiner Bekanntmachung dem Art. 11 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. und der auf Grund des mit diesem gleichlautenden Art. 40 des früheren Pol.-Straf-Ges.-Bchs. erlassenen Bekanntmachung des k. Staatsministeriums des Innern vom 28. Mai 1862, da nach deren §§. 1 und 2 die Veröffentlichung einer ortspolizeilichen Vorschrift durch Einrücken in das im Gemeindebezirke erscheinende Lokalamtsblatt genügt. [58]

Die von der Strafkammer gegen die Angeklagten zur Anwendung gebrachte ortspolizeiliche Vorschrift steht aber auch nicht, wie die Revision behauptet, im Widerspruche mit der Reichsgewerbeordnung.

Allerdings sind die Angeklagten im Besitze je eines Wandergewerbescheines und hiedurch berechtiget zum Gewerbebetriebe im Umherziehen, aber die in Frage stehende Polizeiverordnung unterwirft nicht die Zulassung derselben zum Gewerbebetriebe im Umherziehen in dem dem Regierungsbezirke Niederbayern angehörigen Markte V., sondern nur die Ausübung desselben hinsichtlich des im §. 366 Nr. 10 des Reichs-Straf-Ges.-Bchs. erwähnten Zweckes einer zeitlichen Beschränkung, und solche im öffentlichen Interesse erlassenen Polizeiverordnungen sind Mangels eines in der Gewerbeordnung hervorgetretenen Verbotes statthaft und rechtswirksam, da der im §. 1 Abs. 1 der Gewerbeordnung ausgesprochene Grundsatz der Gewerbefreiheit sich nur auf die Zulassung zum Gewerbebetrieb, nicht aber auf die Art der Ausübung desselben bezieht, die Gewerbeordnung aber nicht den zugelassenen Gewerbebetrieb von denjenigen örtlichen und allgemeinen Beschränkungen der Ausübung befreit, welche sich als Folge der allgemeinen bau-, feuer-, straßen-, gesundheits-, sitten-, preß- etc. polizeilichen Vorschriften darstellen, (Reichstags-Verhandlungen 1868 Bd. II S. 127; 1869 Bd. III S. 110, 113) und sich endlich auch die Annahme verbietet, daß der Gesetzgeber das, was er auf dem von der Gewerbeordnung beherrschten Gebiete nicht untersagt hat, unbedingt und unter allen Umständen als erlaubt betrachtet wissen will.

Nachdem endlich die Polizeiverordnung des Magistrats der Marktgemeinde V. auch mit keinem sonstigen Gesetze und keiner Verordnung einer höheren Behörde im Widerspruche steht, so hat die Strafkammer, weil die Merkmale im Thatbestande dieser Verordnung nachgewiesen sind, mit Recht die drei Angeklagten auf Grund des §. 366 Nr. 10 bestraft.