Oberlandesgericht München – Streikkasse

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Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Urtheile des kgl. Oberlandesgerichtes München vom 2. Oktober 1890
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1890, Nr. 30, Seite 420–421
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Kurzbeschreibung: Geld- und Unterschriftensammlungen bedürfen der polizeilichen Bewilligung
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Auszug aus einem Urtheile des kgl. Oberlandesgerichtes München vom 2. Oktober 1890
in der Sache gegen den Zeitungsreporter M. S. zu F. wegen unerlaubter Sammlung.

Wie festgestellt, hat der Angeklagte Gelder, die zur Unterstützung der Strikenden in der Sch.’schen Fabrik zu N. aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands an ihn eingesendet wurden, entgegengenommen, durch Ablieferung an den Vorsitzenden des Strikecomités ihrer Bestimmung zugeführt, und überdieß in dem in Nummer 50 der deutschen Metallarbeiter-Zeitung vom 14. Dezember 1889, unter der Aufschrift: „an die Arbeiter“ enthaltenen Inserate de dato 6. Dezember 1889 öffentlich das Ersuchen gestellt, daß bei jeder Geldsendung, welche mittels Postanweisung erfolge, auf dem Coupon bemerkt werden wolle, ob die treffende Geldsendung für den Strike- oder für den Arbeiter-Fond bestimmt sei, und darauf hingewiesen, daß durch die undeutliche Adressirung derartiger Geldsendungen, oder die unrichtige Angabe seines, des Angeklagten, Wohnorts große Verzögerungen einträten.

Ferner ist derselbe, wie weiter feststeht, vom Kongreß der Metallarbeiter als Vertrauensmann bestellt, der den Auftrag hat, nach erfolgter Prüfung der Rechtmäßigkeit des Strikes und Veröffentlichung desselben in der Metallarbeiter-Zeitung, die an ihn gelangenden Unterstützungsgelder anzusammeln und an die Unterstützungsbedürftigen abzuführen, und hat er über die an ihn gelangten Gelder und deren Verwendung in dem vorbezeichneten Inserate öffentlich Rechnung gestellt.

Daraufhin hob die Strafkammer des k. Landgerichts F. das den Angeklagten freisprechende schöffengerichtliche Urtheil unterm 4. Juni dieses Jahres auf und verurtheilte denselben wegen einer Uebertretung aus Art. 52 Abs. 1 des Pol.-Str.-Ges.-B.

Mit Unrecht rügt die Revision des Angeklagten eine Verletzung dieser Gesetzesbestimmung durch irrige Anwendung.[421]

Nach Art, 52 Abs. 1 des Pol.-Str.-Ges.-B. wird bestraft, wer ohne die erforderliche polizeiliche Bewilligung eine Sammlung von oder sonstigen Beiträgen oder Unterschriften hiezu unternimmt. Eine polizeiliche Bewilligung wird aber nach § 1 der Verordnung vom 20. September 1862 „die polizeiliche Bewilligung Sammlungen betreffend“ (Reg.-Bl. 1862 Seite 2269) zu jeder Sammlung von Geld, Beiträgen oder von Unterschriften hiezu, vorbehaltlich dessen, was hierüber in den Gesetzen besonders bestimmt ist, erfordert.

Hat nun der Thatrichter, wie geschehen, festgestellt, daß Angeklagter den Mittelpunkt gebildet, an welchem die aus allen Theilen Deutschlands eingehenden Strikegelder zusammenflossen, und von welchem aus sie ihrem Zwecke zugeführt wurden, indem Angeklagter dieselben zu dessen Erfüllung an den Vorsitzenden des Strikecomités absendete, so hat der Thatrichter hierin keineswegs mit Unrecht das Unternehmen einer Sammlung von Geldern Seitens des Angeklagten gesehen, da man unter „Sammlung“ in des Wortes landläufiger Bedeutung jedes Zusammenbringen von Gegenständen, also auch von Geldbeträgen versteht, ohne daß, wie schon der Wortlaut des Art. 52 des Pol.-Str.-Ges.-B. entnehmen läßt, es hiezu einer besondern Thätigkeit des Einheischens oder Einforderns bedürfte, vielmehr der Begriff des Unternehmens einer Sammlung gesetzlichen Sinne schon dann gegeben ist, wenn der Empfänger auch freiwillig eingehende Gaben zu dem Ende übernommen hat, um dieselben der gemeinschaftlichen Verwendung zu einem bestimmten Zwecke zuzuführen.

(Sammlung der Oberstr. Entsch. Bd. VI Seite 441. Samml. des Oberlandesgerichts München Bd. V. S. 454).