Pomologische Monatshefte:1. Band:7. Heft:Sollen wir unsere Obstbäume durch Aussäen von Kernen vorzüglicher Früchte, ohne Veredlung heranzuziehen suchen …?

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Pomologische Monatshefte
Band 1, Heft 7, Seite 314–328
Johann Georg Conrad Oberdieck
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Zur Beseitigung der Namenverwirrung in der Pomologie
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Erfahrungen und Rathschläge bei Anfertigung von Probe- und Sortenbäumen
[314]
Sollen wir unsere Obstbäume durch Aussäen von Kernen vorzüglicher Früchte, ohne Veredlung heranzuziehen suchen, oder muß die Anzucht veredelter Obstbäume, als allgemeine Regel, stets beibehalten werden?
Vom Superintendent Oberdieck.
(Fortsetzung.)

Wir können nun um so leichter die oben angegebenen Punkte durchgehen und fragen:

ad 1. a) Ob die Verwundung, welche bei der Veredlung den jungen Stämmchen zugefügt wird, und der Verlust der oberen Theile für sie wirklich so gefährlich sey, wie man behauptet hat.

Es ist wohl ein recht guter Rath, daß man an jungen Bäumen nicht unnöthigerweise schneiden und sägen soll, weil auch die Zweige und Blätter Stoffe für Ernährung und Wachsthum herbeiführen müssen; aber wenn man auch einmal mehrere Zweige, oder selbst die ganze Krone abwirft, so ist das so gefährlich nicht. Kappt man fast jährlich, so wird dadurch freilich ein Baum geschwächt, doch nur in seltenen Fällen getödtet (man denke an das Schlagholz), aber geschieht es nicht oft genug, daß abgeschnittene, oder durch Zufall beschädigte junge Obstbäume wieder ausschlagen und groß und alt werden? Wollen junge Stämme nicht treiben, oder sind sie versetzt, so ist es sogar nothwendig, sie stark zu verstutzen oder selbst unweit der Erde abzuschneiden; alte, durch zu viele Ringelwüchse an dem Zweigholze, nach und nach untragbar werdende, oder theilweise absterbende Bäume, kann man ja selbst wieder verjüngen und ihr Leben verlängern, wenn man die Aeste abwirft und sie zwingt, wieder junge Triebe zu machen. Die Wurzel beim Versetzen möglichst zu schonen, ist sehr gut, und selbst die Pfahlwurzel möchte man stehen lassen, da sie sich in der Erde bald zertheilt und zur stärkeren Befestigung der Bäume beiträgt, wovon auch ihre künftige beträchtlichere Höhe abhängt;[1] aber sollte man beim Versetzen auch die Zweige nicht bescheiden, so ist das durchaus falsch; denn es ist zum fröhlichen Gedeihen des versetzten Baumes schlechterdings nothwendig, die Zweige zu der beim Ausnehmen doch immer verkürzten Wurzel in ein angemessenes Verhältniß zurückzubringen. Allerdings müssen die Blätter zur Ernährung der Gewächse beitragen, aber sie nehmen hauptsächlich nur Luftarten unter der Einwirkung des Lichts auf, und sind weit mehr bestimmt, aus dem Baumsafte die wässerigen Theile und den Sauerstoff auszudünsten, als Feuchtigkeiten einzusaugen. Die Stoffe, welche die Blätter verarbeiten, muß die Wurzel, damit fröhlicher Trieb entstehe, erst reichlich liefern, und ist sie gegen die Zweige zu klein, so entsteht [315] Saftmangel, und es geht solchen Bäumen wie den Personen, die mehr ausgeben als sie einnehmen. Ist es so beim Versetzen sogar nothwendig, daß man stark beschneide, sollte da das Abwerfen des jungen Stammes beim Veredeln den Bäumen so gar gefährlich werden? Pappeln und Linden, die sehr groß werden, erzieht man ja gar aus abgeschnittenen Zweigstücken, denen auch die Wurzeln fehlen. Wenn man gesagt hat, einen jungen Baum ganz abschneiden sey ebenso, als wenn man einem Thiere einen Theil seiner Glieder nehmen und ihm noch obendrein einen starken Blutverlust zuziehen wollte, so ist dieser Vergleich gänzlich falsch; denn Gewächse gleichen nicht den vollkommenen Thieren, sondern sind zusammengesetzte Geschöpfe, wie Polypen und ähnliche, und dem Polypen schadet es bekanntlich nicht, wenn man ihn durchschneidet, sowie der Schnecke selbst der abgeschnittene Kopf leicht wieder wächst, und der Bandwurm aus jedem seiner Glieder vollkommen sich regeneriren kann. Zudem wird jetzt die Operation der Veredlung so schnell und sicher vollzogen, daß sie selten mehr, als einmal nöthig ist, und in wenigen Wochen die gemachte Wunde wieder verheilt. Die veredelten Stämmchen wachsen dann so freudig, daß sie im nächsten Herbste den dabei stehenden, noch wilden von gleichem Alter, gewöhnlich schon vorgekommen sind. Man kann endlich die jungen Bäumchen, gleich wenn sie nur ein Jahr alt sind, veredeln, wo man sie doch unweit der Erde abschneiden müßte; und wenn man sie da um so weniger verwundet, so hat man hernach noch den Vortheil, daß die Stämme um so langsamer und kerniger emporwachsen. Die Operation der Veredlung ist also so gefährlich nicht, und ebenso wird

b) auch wohl die Vermaserung, die durch die Veredlung entstehen soll, nicht so total seyn, daß sie den Saftgang so ganz lebenslänglich hemmen könnte, und gar das Hinderniß mit den Jahren noch größer würde.

Heusinger, der diesen gegen die Veredlung vorgebrachten Grund besonders ausmalt, sagt darüber (S. 7) Folgendes: „Auch späterhin ist das Impfen, weil es eine totale Vernarbung und Unterbrechung der Gefässe in seinem Gefolge hat, höchst nachtheilig, und beschränkt gar sehr die mögliche Größe und Lebensdauer des Baumes. Die Edelsäfte werden mehr emporgehalten, und können nicht, wie sie doch sollten, hinab zur Wurzel dringen; selbst der Rohsaft, der zunächst aus der Wurzel aufwärts steigt, kann nicht so ungehindert und kräftig vorwärts dringen, und den Blättern so viele in Edelsaft zu verwandelnde Flüssigkeiten zuführen, als bei einem ungeimpften Baume geschieht. Durch dieses Mißverhältniß des Saftes gegen einander, wo die Impfstelle eine immerwährende Scheidewand bildet, bleiben die geimpften Obstbäume zwergartig. Je älter der Baum wird, desto wichtiger werden, in steigender Progression, die Nachtheile und die Stockungen, die das Absterben des Gewächses vor der Zeit herbeiführen, nicht anders, als wenn Verknöcherungen der Pfortader beim Menschen stattfinden, die seinen frühen Tod unvermeidlich machen.“ – Zum Beweise, wie sehr durch die Pfropfstelle der Saftgang gehemmt werde, führt Heusinger noch an, daß ja der obere ächte Theil den Unterstamm an Dicke so oft beträchtlich übertreffe, und über der Impfstelle sich ein Wulst bilde. Man habe diese Erscheinung bisher irrig daraus erklärt, daß das aufgesetzte Reis, bei einem üppigeren Wachsthume und als Bestandtheil eines mit zarteren und weicheren Saftgefässen versehenen [316] Muttergewächses, nach und nach den Wildling immer mehr überwachse, während dieser bei seinen gedrungeneren, engeren und festeren Gefässen zurückbleibe; man könne aber die größere Dicke des Edelstammes gegen den Unterstamm nur daraus erklären, daß der in den oberen Theilen des Baumes befindliche Saft bei der Pfropfstelle ganz in seinem Fortgange gehemmt werde und aufstaue. Allein, was da zuvörderst diese letzte Behauptung betrifft, so wird sie schon dadurch widerlegt, daß es ebensowohl und gar nicht selten vorkommt, daß umgekehrt der Wildling bis zur Pfropfstelle beträchtlich dicker ist, als der Stamm der aufgesetzten Edelsorte, weßhalb man diese Differenz in der Stammdicke also völlig richtig aus der verschiedenen Wachsthumskraft und erreichbaren Dicke des Wildlings und Edelreises erklärt. Mir sind Bäume der letztgedachten Art genug vorgekommen, und fand größere Dicke des Unterstammes sich z. B. bei der Mehrzahl meiner großen Apfelstämme in Bardowick, die, obwohl sie im ächten Stammtheile einen guten Fuß im Durchmesser hatten, unweit der Erde eine fast noch einmal so große Dicke annahmen, und auf ihrem Fußgestelle stehenden Säulen glichen. Dieselbe Erscheinung bot der Stamm einer[WS 1] Rothen Maikirsche dar, die sichtbar in der Mitte der Höhe des Stammes auf einen Herzkirschen-Wildling veredelt war, gegen den die Süßweichsel sehr zurückbleibt. Finden sich unter unseren jüngeren Bäumen mehr solche, bei denen der Edelstamm dicker ist, als der Unterstamm, so möchte dieß beweisen, daß wir in der Wahl der Unterstämme seht häufig einen Fehler machen, und eben darum, weil wir zu klein bleibende Wildlinge zur Unterlage wählten, auch unsere Edelsorten die Größe, welche sie früher hatten, häufig nicht mehr erreichen wollen. – Sodann, wem fällt wohl bei der Behauptung, daß an der Impfstelle eine totale, den Saftgang so nachtheilig hemmende Vermaserung entstehe, nicht die Frage ein, wie es dabei doch zugegangen sey, daß wir bisher so viele veredelte Bäume hatten, und in nicht ausgesogenem Boden noch haben, die aller dieser Hindernisse ungeachtet außerordentlich groß und sehr alt wurden, auch oft strotzend tragbar sind, wobei ja doch zur Ernährung der Früchte Saft genug hinaufkommen muß. Eine Ursache wirkt ja immer, und könnten auf jeden Fall nicht so ganze Sorten durchweg, wo nur sonst die Bedingungen günstig sind, trotz aller totalen Vermaserung eine beträchtliche Größe erlangen. Dazu stammen diese großen, uralten Bäume aus einer Zeit her, wo man noch alles in den Spalt pfropfte, bei welcher Veredlungsart immer der größte Wulst und die stärkste anfängliche Verschraubung der Saftgefässe entsteht.

Es ist indeß auch mit der totalen Vermaserung so schlimm nicht. Wird geschickt oculirt, so wächst das austreibende Auge kaum anders an, als wenn es auf seinem natürlichen Standpunkte am Baume einen Zweig gebildet hätte; und wird copulirt, so entsteht, wenn man die Bänder nicht zu lange sitzen läßt, und nicht zu dicke Wildlinge veredelt, so wenig ein Wulst, und wächst alles so regelmäßig an, daß man ein paar Jahre nachher die Pfropfstelle gewöhnlich nicht mehr auffinden kann. Als mir, wie obgedacht, in einem harten Froste, die gute Hälfte meiner Baumschulenstämme in Nienburg bis gegen die Erde hin erfroren war, habe ich nicht wenige Mühe gehabt, um bei vielen Stämmen noch herauszubringen, ob sie noch ächt seyen oder nicht, und wo ich die Veredlungsstelle nicht mehr finden konnte, und mich nicht später die Verschiedenheit der [317] Triebe nahe an der Erde und etwas höher hinauf überzeugte, daß der Stamm noch ächt sey, mußte ich ein Jahr später nochmals veredeln, was bei einer ziemlichen Zahl von Stämmen nöthig wurde; wie ich denn, später vorzüglich bei Kirschen und Pflaumen, die man öfter nicht gerade sehr nahe bei der Erde oder selbst zur Krone veredelt, immer die Höhe, in welcher veredelt sey, im Baumschulenverzeichnisse mit anmerkte, um beim Unsichtbarwerden der Pfropfstelle nicht etwa Jemanden einmal ein wildes Reis zuzusenden, wie ich selbst es gar nicht selten erhalten habe. Gesetzt aber auch, daß anfangs beim Veredeln, durch das Durchschneiden aller Gefässe und den entstehenden Wulst, eine totale Vernarbung und Vermaserung entstände (bei der schwerlich die jungen Copulanten und Oculanten so freudig, als geschieht, wieder aufwachsen könnten), wie will man beweisen, daß diese Vermaserung und Verknöcherung der Gefässe sich auch in alle, in der Folge sich bildende Holzschichten erstrecke, und wohl gar mit der Zeit schlimmer werde? Wenn sich in den folgenden Lebensjahren in dem zwischen Holz und Rinde ausschwitzenden, coagulabeln Safte, aus dem so neuer Splint, als neue Rindenlagen entstehen, frische Saftgefässe bilden, warum sollen sie gezwungen seyn, wie die zuerst an der Impfstelle zusammengewachsenen, zu verknöchern und ebenso krumme Gänge und solche Maserbildung anzunehmen, wie es zuerst bei der Veredlung der Fall war? Können sie sich nicht, wenn sonst nur Wildling und Reis gut zusammen passen, ebenso frei und naturgemäß bilden, als es am Stamme ungepfropfter Bäume geschieht? Daß es wirklich geschehe, wird eine genauere Untersuchung leicht ergeben, und zeigt der Augenschein, daß an veredelten Stämmen, wo Wildling und Edelsorte von gleicher Dicke sind, die Holzfasern in gerader Richtung in die Höhe gehen, und man kann an erwachsenen Stämmen der Art, wenn man sie spaltet, die Pfropfstelle häufig nicht wieder finden. – Nur so viel muß zugegeben werden, daß die Veredlung in den Fällen ein Hinderniß des künftigen Wachsthums, der gehörigen Größe und selbst Gesundheit des veredelten Stammes ist, wenn Wildling und Reis, ihrer ganzen Natur nach, nicht recht zusammenpassen. Wie es sich auf Probebäumen öfter ereignet, daß einzelne darauf gesetzte Obstarten nicht fort wollen, die Wachsthum zeigen, wenn man sie auf andere Probebäume bringt, oder wie so manche Birnen auf der Quitte nicht gedeihen, so finden sich auch in den Baumschulen immer einzelne Stämme von an sich triebigen Sorten, die nicht fort wollen, nicht selten aber kräftig wachsen, sobald man die zuerst darauf veredelte Sorte abwirft und eine andere aufsetzt. In Nienburg legte ich auf einer schlechten, sandigen Stelle des Gartens ein Quartier von verkrüppelt oder wenigstens schlecht gewachsenen Stämmen weniger gangbarer und schätzbarer Obstsorten an, um diese Sorten zu weiteren Untersuchungen zu behalten, ohne sie ferner in der Baumschule anziehen zu müssen. So lange die Stämme im Frühling mit beschnitten und austreibende wilde Reiser weggenommen wurden, blieben sie von verkrüppeltem Wuchse. Aus Zeitmangel wurde das Beschneiden endlich ein paar Jahre hindurch versäumt, und fingen die hervorgekommenen wilden Triebe bei vielen davon an, stark zu wachsen, von denen ich mehrere später mit Erfolg anders veredelte. Gewissenhafte Baumschuleninhaber werden solche zurückbleibende Stämme nie verkaufen, oder umpfropfen, indeß glücklicher Weise trifft eine solche Zusammenfügung zweier, nicht [318] zusammen passender Naturen, sich nur als Ausnahme, und ist man bei andern, im Wuchse merklich voraneilenden Stämmen ebenso oft geneigt, zu glauben, daß die Zusammenfügung von Edelreis und Wildling sogar für Gesundheit und kräftigen Wuchs fördernd gewirkt habe. Sehe ich die Quartiere von je 1000 Stück Engl. Winter-Goldparmänen an, welche ein Verwandter von mir, Herr Lieke in Hildesheim immer veredeln läßt, und ähnliche von Harbert’s reinettenartigem Rambour und andern, so stehen die Stämme in freudigstem Wuchse da, wie ein Regiment Soldaten, mit wenigen Ausnahmen gleich hoch und stark. Und wollten wir die Wildlinge wieder aus Holzapfelkernen ziehen, bei denen eine fremde Bestäubung durch Entfernung von edlem Obste verhütet wäre, so würden wir auch, bei ganz gleichartigen Wildlingen, bald Erfahrungen sammeln können, welche Obstsorten auf ihnen recht gedeihen, und welche nicht.

Liegt es aber in der, beim Veredeln entstehenden Vernarbung nicht, wenn unter unsern Obstbäumen viele klein bleiben und früh absterben, so möchte man umgekehrt wohl eher fragen, ob nicht das, auch vom Verfasser der „Naturgemäßen Obstbaumzucht“ empfohlene Ringeln der Zweige, das Wachsthum der Bäume hindern und sie krank und früh alt machen möchte. Es entsteht dabei jedesmal ein weit beträchtlicherer Wulst und Vernarbung in der Rinde, als beim Veredeln, und wenn wir auf die alte, wohl hinlänglich widerlegte Theorie, daß die Rinde nach und nach sich in Splint verwandele, uns nicht stützen und umgekehrt aus der Vermaserung der Rinde auf eine in’s Holz übergehende Verknöcherung schließen wollen, so scheint doch selbst nach der Theorie der „Naturgemäßen Obstbaumzucht“ das Ringeln keine gesunde Operation seyn zu können. Die Kreisnarbe soll den in der Rinde absteigenden Edelsaft im Zweige emporhalten. Nun sollen bei veredelten Bäumen eben dadurch, daß die Veredlungsstelle den Saft zu sehr in die Höhe hält, Krebsschäden an der Pfropfstelle leicht entstehen,[2] (wobei man freilich fragt, wie in den oberen Theilen des Baumes zu viel Saft seyn kann, da die Impfstelle auch dem aufsteigenden Safte fast keinen Durchgang gestatten soll); würde da die Kreisnarbe in der Rinde diese Krankheit nicht ebenso gut veranlassen müssen? Und wenn, wie ganz richtig, der Edelsaft zur Wurzel gelangen muß, um diese zu vergrößern, und starkes Wachsthum zu bewirken, die Kreisnarbe aber den Edelsaft am Absteigen zur Wurzel hindert, müssen dann nicht die geringelten Bäume vor der Zeit alt werden, da, wenn auch anfangs noch ungeringelte Zweige genug da sind, um der Wurzel Edelsaft zuzuschicken, doch die Menge derselben mit jedem Jahre abnimmt, und nach nicht zu langer Zeit deren gar keine mehr vorhanden seyn werden, worauf, da nach Heusinger die Wirkung der einmal angebrachten Kreisnarbe eine permanente seyn soll (Hempel und Andere stellen dieß in Abrede), frühes Alter und Tod erfolgen müßte?

Liegt denn nun in dem Veredeln selbst und seinen Folgen nichts, wovon wir irgend beträchtlichere Störungen für Wachsthum [319] und Gesundheit der Obstbäume befürchten müßten, so fragt es sich

2) ob etwa die Mängel und Krankheiten unserer Edelstämme daher kommen, daß

a) durch die Reiser Krankheiten der Mutterstämme, von denen man sie nimmt, fortgepflanzt und vervielfältigt werden, oder man

b) durch sie wohl gar Sorten vermehrt, die die Periode ihrer Lebensdauer schon ausgelebt haben.

Da müssen wir denn ad. a) allerdings gestehen, daß mit dem Edelreise Krankheiten und Untugenden des Mutterstammes, die permanent sind, und nicht etwa von lokalen oder temporellen Ursachen herrühren,[3] als leichtes Abfallen der Früchte, Neigung zu Krebs, geringe Tragbarkeit etc. fortgepflanzt werden.

Durch die Veredlung wird das Individuum mit allen seinen permanenten Eigenheiten vervielfältigt; im Samen aber liegt ein Gesetz der Veränderung, und auf ihn gehen nicht alle Eigenheiten des Stammes, der ihn erzeugte, über. Aber wenn man meint, daß durch den Samen gar keine Krankheiten des Mutterstammes fortgepflanzt würden, und die Kernsaat lauter kerngesunde Pflänzlinge liefern müsse, so ist das falsch, und bei jenem wie bei diesem daher Auswahl und Vorsicht nöthig. Krankheiten und Fehler der Eltern gehen im Thierreiche, wie im Pflanzenreiche auf die Nachkommenschaft gar nicht selten über, und so liefern Kerne von klein bleibenden Obstsorten, wenn nicht eine fremde Bestäubung ihre Natur verändert hat, wieder kleine, nicht lange lebende Sämlinge; Kerne von wenig tragenden Sorten, wenn die geringe Tragbarkeit Naturfehler war, und nicht in lokalen Umständen lag, werden wenig fruchtbare Wildlinge geben etc.; sowie auch, so viel ich bemerkt habe, die Disposition zu Krebs durch den Samen leicht sich forterbt. Ich habe in Bardowick, wo ich die verschiedenen, zur Anzucht von Wildlingen gelegten Kerne immer jede Sorte separat säete, und genau bezeichnete, mehrmals Kerne von dem dort sogenannten Klusterapfel gelegt (dem Kleinen Herrnapfel ähnlich) dessen Baum, obwohl andere Bäume an Krebs in meinem höher gelegenen Garten daselbst nicht litten, häufig Krebs in den Zweigen hatte, die dadurch einzeln abstarben, und hatten nachher die heranwachsenden Sämlinge theilweise dieselbe Krankheit schon im 2ten Jahre, und mußten fortgeschafft werden; bei Sämlingen von Calville blanc, Goldpepping etc. war es ähnlich. Wie wir daher bei der Aussaat vorsichtig seyn müssen, und nur Kerne von gesunden Früchten und Stämmen nehmen werden, so hindert nichts, dieselbe Vorsicht beim Veredeln zu gebrauchen, und Reiser von ungesunden Stämmen und fehlerhaften Sorten ganz zu meiden. Vielleicht kann auch bei an sich schätzbaren Sorten durch gute Behandlung, passenden Boden und besonders, durch gesunde Unterstämme, manche entstandene Krankheit wieder gehoben werden. So ist z. B. gegen [320] den Krebs, und auch von Diel angerathen, daß man Reiser der damit behafteten, sehr schätzbaren Sorten auf Holzapfelwildlinge veredeln, und von den heranwachsenden jungen Bäumen Reiser zum zweiten und dritten Male auf andere Holzapfelwildlinge setzen solle, um so, nachdem mehrere gesunde Mütter an der Verbesserung der kranken Sorte gearbeitet hätten, das Uebel zu heben, was allerdings, selbst wenn Krebs, wie mir scheint, seinen Grund zunächst im Boden hat, doch die entstandene Disposition einer Sorte zu Krebs, aufheben kann, wenn diese Disposition als entstandene Krankheit der Sorte betrachtet werden darf und nicht in ihrer Natur liegt; wenn gleich ich gestehen muß, darüber eigene Erfahrungen nicht zu haben. Es bleibt also nur noch der letzte, vorhin sub b) angeführte Grund gegen die Zweckmäßigkeit der Anpflanzung veredelter Obstbäume übrig, der allerdings sehr viel Scheinbares hat und sinnreich ist. Allein, abgesehen davon, daß schon Miller im Gärtner-Lexicon (verbess. von Huth, Nürnberg 1758, III, S. 265 und II, S. 5[WS 2]) die umgekehrte, vielleicht mehr für sich habende Behauptung aufstellte, daß die meisten Pflanzensorten, die man schon lange habe, durch die Wartung nach und nach besser und edler geworden seyen, imgleichen daß, wenn Knight’s und v. Mons Theorie wirklich Grund hätte, es uns, die wir jetzt so viele treffliche Samensorten neuerer Zeit haben, immer freistehen würde, diese neuen Sorten einige Jahrhunderte lang durch Veredlung fortzupflanzen, wenn sonst die Anzucht der Edelstämme Vortheile gewährt: so möchte es sich doch sehr schwer beweisen lassen, daß die kranken, untragbaren Sorten unter unserem Obste gerade die ältesten seyen, die wir besitzen; und wenn man auf der einen Seite sich gar sehr wundern müßte, daß unter den alten, so gewaltig abgelebten Obstsorten, wenn die Sorte nur so lange leben können soll, als der erste Baum von ihr, seiner Natur nach, hätte leben können, nicht schon gar manche rein ausgegangen sind, sondern immer noch leidlich leben, obwohl die Zeit ihres gänzlichen Todes, schon längst daseyn müßte, so wird es anderntheils sich leicht darthun lassen, daß selbst unter denen, die wir gewiß länger haben, als irgend das Leben eines einzelnen, auch noch so gesunden Obstbaums dauern könnte, sich völlig gesunde, große und ein hohes Alter erreichende Stämme finden. Um von unserm Kernobste abzusehen, dessen Alter im Dunkeln liegt, will ich hier z. B. nur auf die gewöhnliche Citrone und Apfelsine hinweisen, die beide seit alten Zeiten fortgepflanzt werden, ohne daß man über Kränklichkeit der Bäume derselben klagt. Auch der Oelbaum, den die Griechen in mythischer Zeit von der Pallas erhielten, wurde wenigstens schon vor 2000 Jahren, nach einer Stelle im Römerbriefe, durch Veredlung der edleren Sorten auf wilde Olivensämlinge fortgepflanzt, und ist nicht bekannt, daß man ihn durch Kernsaaten zu erneuern gesucht habe. Noch lebt er indeß ja rüstig fort, und wenn man in Frankreich über zunehmende Schwäche desselben klagen soll, so scheinen die Klagen, wenn sie Grund haben, in andern Umständen, als Ueberalterung der Frucht ihren Grund zu haben, zumal man aus Griechenland gleiche Klagen nicht vernimmt. Was unsere Obstsorten betrifft, so mag man daraus, daß wir manche Varietäten, die früher existirten, nicht mehr haben, nicht schließen, daß sie durch Alter der Sorte eingegangen seyen; sie gingen verloren, weil Niemand mehr sie fortpflanzte, oder weil, nach Verlorengehen des rechten Namens, keiner sie mehr kennt. Vielmehr ist es wohl gar nicht zu bezweifeln, daß wir [321] noch manche Obstsorte haben, die bereits die Römer kannten, wie deren weiter oben einige angeführt sind. Aber davon abgesehen, da dieß nicht völlig sicher documentirt ist, so können wir das Alter nicht weniger unserer Obstvarietäten doch schon bis Quintinye’s und Merlet’s Zeiten, also da diese, um 1670–90 schreibenden Männer diese Sorten schon als alte kannten, um wenigstens 250 Jahre zurück verfolgen, wobei wir an passenden Orten diese Obstvarietäten noch sehr gesund sehen, die, nach Knight’s Theorie, längst ihrem völligen Tode verfallen seyn müßten, da man nach allen Erfahrungen kaum glauben mag, daß ein einzelner Obstbaum (vor Allem Kirschen oder Pflaumen, die wir schwerlich nur 100 Jahre, bis zu Knoop hinauf, verfolgen könnten) ein solches Alter zu erlangen vermöge. Ein vielleicht noch auffallenderes Beispiel bringt Hogg in seiner Brittish Pomology (London 1851) bei dem Apfel Winter Pearmaine, der ohne Zweifel unsere köstliche und gesunde Carmeliter Reinette ist, von dem er sagt, daß er einer der ältesten englischen Aepfel und schon um 1200 gebaut sey, und dabei bemerkt: welch’ schlagendes Beispiel gegen Mr. Knight’s Theorie! Es ist auch Herr van Mons selbst der Meinung, daß keine unserer Obstvarietäten über 300 Jahre hinauf reichen werde, ja, öfter nimmt er eine noch kürzere Lebensdauer an, und meint z. B., daß man es oft bedauern möchte, denken zu müssen, daß manche früher herrliche Früchte, eine St. Germain, Beurré gris, Colmar etc., sehr bald nicht mehr existiren würden, indem 50 Jahre weiter völlig hinreichen würden, sie in Unfruchtbarkeit, Krebs, Grind, Aufbersten der Früchte etc. den Gipfel ihrer Leiden erreichen zu lassen und sie dem Tode zu überliefern, oder wenigstens die Nothwendigkeit ihrer Unterdrückung herbeizuführen. Freilich, was nimmt man, einer aufgefaßten Theorie zu Liebe, nicht oft an! Unlängst schrieb mir ein forschender Gartenfreund, daß einer der hauptsächlichsten Anhänger der Ablebungstheorie der Sorten unter uns, behauptet habe, daß in England Ribston’s Pepping bereits ganz ausgestorben sey, und unser Edler Winter-Borsdorfer mit Nächstem nachfolgen werde. Jeder kundige Pomologe wird dem Herrn die Versicherung geben können, daß beide hohe Patienten, sowohl in England als Deutschland, in passendem Boden sich noch sehr wohl befinden, und es noch Bäume des Borsdorfers genug gibt, die sehr groß, völlig gesund und wuchshaft sind und malterweise tragen, während Verhältnisse, wo der Borsdorfer nicht wachsen will und wenig trägt, sich nicht erst von gestern datiren, da das in sandigem, trockenen Boden immer so war, und auch Wildenow in seiner Eingangs gedachten Schrift anführt, daß schon Rammelt anmerke, wie ihm nur 1 Stunde von Orten entfernt, wo der Borsdorfer sehr gut gedeihe, andere höher gelegene Ortschaften bekannt seyen, wo er nicht fort wolle und auch durch mehrmals hinaufgeholte neue Pfropfreiser nicht zu gutem Gedeihen habe gebracht werden können. Es sind aber auch zu viele analoge Erfahrungen dagegen, daß das, was wir nur durch Reiser oder Ableger, Stecklinge etc. (welche ja auch bloße Verlängerungen desselben Individuums sind) fortpflanzen, zuletzt die Spuren des Alters und der Vergänglichkeit irdischer Dinge an sich trage. Die Weiden, Pappeln, Linden, pflanzen wir seit uralten Zeiten durch Stecklinge fort, ja, sie kommen nicht einmal, wie die Obstreiser, auf die Wurzel eines jungen Individuums, und doch klagt Niemand, daß deren Stämme sehr klein blieben, kränkelten, früh alt und vergänglich seyen. Unter unsern Weinstöcken, [322] über deren Gesundheit und Tragbarkeit Niemand klagt, der sie recht behandelt, ja, die häufig so viel mißhandelt werden, sind vielleicht noch in gerader Linie, durch Ableger oder Stecklinge entsprossene Nachkommen von denen, die Vater Noah pflanzte, so daß also jene, wie diese die Zeit ihres Daseyns nicht bloß ausgelebt, sondern schon lange überlebt hätten, worin der obige Grund als zu viel beweisend erscheint. Ebendasselbe läßt sich bei manchen Blumen und Gewächsen von geringerer Lebensdauer noch deutlicher darthun. Eine Topfnelke aus Samen könnte man, wenn auch alle, für ihr Leben ungünstige Umstände entfernt blieben, ohne Ableger wohl höchstens 4–5 Jahre erhalten, und wie manches Jahr pflanzen wir so viele Sorten schon durch Ableger gesund und kräftig fort, was sich noch weiter erstrecken würde, wenn die Nelken nicht so leicht durch Regen und Frost eingingen. So manche Zwiebelgewächse, Fleischlauch, weiße Lilien, Tulpen, Crocus, pflanzen wir seit Jahrhunderten bloß durch Zwiebelbrut fort, die in allen Stücken den Knospen der Bäume gleicht, und auch nur eine Verlängerung der ersten Urpflauze ist, welche Verlängerung bei den Ranunkeln und Crocus, wo die neue Zwiebel sich stets über der alten bildet, selbst in gerader Richtung aufwärts fortgeht, ohne daß wir fänden, daß sie weniger schön blüheten und weniger gesund und wuchshaft seyen. Wie lange mag es wohl schon her seyn, daß die Centifolienrose, die schon die Römer so ausgedehnt bauten, nur durch Absenker und Wurzelausläufer fortgepflanzt ist! Noch denkt diese Königin der Blume nicht daran, das Zeitliche bald zu segnen, und ist an Schönheit und gesundem Wuchse noch von keiner der neueren Samensorten übertroffen. Auf wie mancher zweischürigen Wiese hat das Gras durch junge Wurzelausläufer, ohne alle Erneuerung durch Samen, sich vielleicht schon weit über ein Jahrtausend wuchshaft und kräftig erhalten! Wer mag sagen, wie lange es her ist, daß sich der Buxbaum an unsern Rabatten, stets in gerader Linie aufwärts, durch neue Bewurzelung der jüngsten Triebe, fortpflanzt, der uns doch noch immer zu kräftig wächst, und wenn er zu hoch geworden ist, neues Umlegen verlangt! Wollen wir etwa behaupten, daß die einzelne kleine Graspflanze oder ein Buxbaumstamm, eine Rose beträchtlich älter, als ein Jahrtausend, älter als Obstbäume und Eichen werden können? – Es ist aber auch durchaus unrichtig, die Augen und jungen Reiser am Baume, sowie die jungen Zwiebeln, Wurzelausläufer etc. nur als bloße Verlängerungen desselben Individuums zu betrachten. Sie sind so gut Junge, wie die Samenkerne, und wir müssen, wenn wir vergleichen wollen, die Bäume nicht mit den vollkommenen Thieren, sondern mit zusammengesetzten, z. B. den Polypen, vergleichen. Wie auf dem Korallenstocke sich beständig neue Generationen junger Polypen erzeugen, durch die er vergrößert wird und eine Ausdehnung erhält, die keine Grenzen zu kennen scheint, als die Oberfläche des Meeres, so bilden sich auch an Bäumen auf der festen, allmählig absterbenden Unterlage des Holzes und im Schooße der Blätter jährlich neue Generationen von Augen und jungen Reisern, und wäre das Holz des Baumes durch Frost und andere Influenzen dem Absterben nicht stärker unterworfen, als die harte Masse des Korallenstocks, so läßt sich nicht bestimmen, bis zu welcher Grenze diese beständig fortgehenden neuen Generationen auf dem Baume, und somit seine Größe und Lebensdauer sich erstrecken könnten. Gerade darin, daß das Holz des Stammes und der Zweige von [323] innen heraus nach und nach abstirbt, was namentlich bei den Obstbäumen häufig durch Frost beschleunigt wird, liegt die Hauptursache des allmähligen Todes der Bäume. Man hat wohl behauptet, mit dem Samen verhielte es sich hinsichtlich des Alters anders, als mit den Augen; aber ist das mehr, als eine schillernde Behauptung? Ist, wie auch Lindley in seiner lehrreichen Theorie der Gartenkunde[WS 3] S. 66–69 völlig richtig statuirt, die Laubknospe, wie die Blüthenknospe ein verkürzter, zusammengedrängter Zweig, bildet sie sich nach und nach aus einer Laubknospe, und fehlt es nicht an Beispielen, daß eine Blüthenknospe in ihrer Entwicklung sich so veränderte, daß sie zu einem kleinen Zweige auswuchs, wobei die Blumenblätter, Staubfäden, und selbst die Embryonen der Samenkörner sich zu Laubblättern entwickelten, welcher wesentliche Unterschied, vor allen Dingen hinsichtlich des Alters, ist dann zwischen der Laubknospe und der Blüthenknospe, zwischen der kleinen Zelle, die die erste Grundlage der Laubknospe und der, welche den ersten Ansatz des Samenkerns macht? Ist ein einzelner, wenn gleich noch nicht lange veredelter Obstbaum so alt anzusehen, als seine Sorte es ist, also z. B. 200 Jahre alt, so ist, nach Knight’s Theorie, auch jede Knospe, jede Zelle, nicht nur der Laubknospe, sondern auch des Samen-Embryos und Pollens ebenso alt; sollte da, wenn Altes zu Altem kommt, indem die sich verlängernden Zellen des auf die Narben gebrachten Pollens mit dem Embryo sich vereinigen, Junges entstehen? Was ist jeder Samenkern anders, als ein kleiner Zweig in nuce, versehen mit einem Wurzelkeime und einem Vorrathsmagazine von Nahrungsstoff, um, in die dazu günstige Lage gebracht, sein eigenes, individuelles Leben beginnen zu können? Vermag die Laubknospe das unter günstigen Umständen nicht gerade ebenso? und müssen wir das nicht noch mehr von den Sporen sagen, durch die so manche Gewächse sich fortpflanzen? ja, würde es nicht jede Laubknospe ganz ebenso leicht können, als der Samenkern, wenn sie nur, wie die in den Blattwinkeln mancher Liliengewächse sich bildenden Knospen, überall einen größeren Vorrath ernährende Materie in sich enthielte? Veredeln wir daher einen Obstbaum, so kommt ein junges Individuum mit noch weichen Holztheilen und Saftgefässen auf eine junge Wurzel, und das neue Individuum wird ganz als Junges seinen Lebenslauf beginnen, bis es, nach erlangter möglichster Ausdehnung, und bei immer mehrerem Absterben der innern und alten Saftgänge, endlich seinen Tod findet.

Es ist daher wohl gewiß, daß die Veredlung an den Krankheiten unserer Edelstämme nicht schuld ist, und finden sich unter diesen dennoch viele kleine, ungesunde und abständige, so werden wir davon wohl andere Ursachen aufsuchen müssen. Sichtbar liegt es zuvörderst schon an der Behandlungsart unserer Pfleglinge, wenn diese, die sonst besser gedeihen, nicht mehr recht fortwollen. Unsere Vorfahren, bei denen der Obstbau noch wenig verbreitet war, pflanzten ihre Bäume meistens in Land, wo noch nie welche gestanden hatten, und da sie wenig Stämme besaßen, behielt jeder Raum genug zu seiner Ausdehnung, wurde kraftvoll, groß und alt. Wir, ihre Nachkommen, die wir recht gut wissen, daß keine Frucht in demselben Boden immer gedeiht, die wir bei unserer Waldwirthschaft wohlweislich einen Wechsel der Baumarten eintreten lassen, weil wir gegen die Erfahrung nicht blind gewesen sind, daß Laubholz nach Laubholz etc. und noch mehr [324] Buchen nach Buchen, Eichen nach Eichen etc. schlecht wachsen, pflanzen unsere Obstbäume dennoch beständig wieder an die Stellen, wo schon mehrere Generationen hindurch solche gestanden haben, ohne daß es uns einfiele, hier, oder wo sonst der Boden schlecht ist, für den Baum das Erdreich erst zu erneuern, oder zu verbessern; – er mag sehen, wie er fortkommt, und wenn er dann doch nicht fort will, bauen wir, statt auf das zu sehen, was vor Augen liegt, künstliche Theorieen, woher sein Siechthum und seine geringe Lebensdauer wohl gekommen seyn möge! Dazu pfropfen wir unsere Gärten meistens so voll von Stämmen (wie viele Gärten, insbesondere der Landleute gibt es, wo alle 8–10 Fuß weit, in geschlossenen Reihen, ein Obstbaum steht! aber ich habe auch nicht wenige ähnliche Pflanzungen in Gärten gebildeterer Personen gesehen, und in gehöriger Weise angelegte Pflanzungen sind sehr selten, da jeder gern möglichst viel Obst recht bald haben will), daß, wenn diese ihre Größe noch nicht zum dritten Theile erreicht haben, die Wurzeln unter der Erde einander schon die Nahrung rauben, und die Zweige oben ein dichtes Geflechte bilden, das nicht Luft noch Sonne zuläßt, und in welchem wir dann, um Luft zu schaffen, unbarmherzig wieder herumschneiden und sägen, – und doch sollen unsere Obstbäume groß und alt werden und höchst gesund und tragbar seyn!! Unsere Kornfelder düngen wir sehr sorgfältig; aber auch dem Obstbaume, wo er nicht im gedüngten Grabelande steht, öfter den nöthigen Dünger mäßig, aber nachhaltig zuzuwenden, halten wir für zu umständlich. – Dazu erhalten wir unsere jungen Stämme wohl von gewinnsüchtigen Baumhändlern, die, um bald verkäufliche und ansehnliche Waare zu haben – die Welt will ja betrogen seyn, – die jungen Stämme auf gedüngtem, zu fetten Boden erziehen, die dann auf ihrem künftigen Standorte nicht fortwollen und in Siechthum gerathen; oder unterhält Jemand selbst eine Baumschule, so liegt sie im schlechtesten Winkel des Gartens, den Bäume überragen, oder Unkraut bedeckt, so daß die jungen Zöglinge schon in ihrer ersten Anlage verdorben werden. Nehmen wir hinzu, daß wir verhältnißmäßig noch gar wenige Anstrengungen gemacht haben, um zu erforschen und zu constatiren, welchen Boden oder Lage eine jede besondere Obstsorte zu ihrem rechten Gedeihen erfordere, so daß wir aus Unwissenheit sie oft in ganz unpassenden Boden oder Lagen brachten, und daß wir, theils in früherer Zeit aus Mangel anderer besserer Sorten, theils in neuerer Zeit in übereilter Hast, ohne gehörige Prüfung, so manche Sorte bei uns angepflanzt haben, die für unser Klima, oder unsere specielle Gegend und Obstlage doch nicht recht paßt; kann es uns da wundern, daß wir nicht noch weit mehr, als es wirklich der Fall ist, auf unfruchtbare, kranke, früh eingehende Stämme unter unsern Obstbäumen stoßen?

Daß Diel und Williamson die Ursachen der Fehler unserer Edelstämme in einem kälter gewordenen Klima suchen, sowie in dem Umstande, daß wir die Wildlinge für unsere Baumschulen aus allerlei Edelkernen ziehen, wie wir solche eben erhalten können, ist schon oben erwähnt worden, und wenigstens dem Letzteren muß ich durchaus beistimmen. Zwar darf ich auch hinsichtlich eines kälter gewordenen Klimas meine Erfahrungen nicht gegen die Beobachtungen langjähriger und umsichtiger Forscher halten, und ist es ja z. B. wahr, daß man früher in Deutschland in Gegenden Wein gebaut hat, wo er jetzt nicht mehr fort will, was man aber vielleicht schon aus dem mehreren [325] Verschwinden schützender Wälder erklären kann; indeß möchten doch wohl nur sehr lange Perioden größerer Kälte und Nässe, – falls nicht harte Winter hinzukommen, – die Bäume schwächen und krank machen können, und müßten wir, wenn es solche bedeutende und langwährende klimatische Veränderungen gibt, allerdings vorzüglich, oder allein die neueren Samensorten nun fortzupflanzen suchen, hätten aber auch zu fürchten, daß diese, als Kinder eines kälteren Klimas, bei der Rückkehr wärmerer Perioden, nicht mehr würden passen wollen, und zu früh taig werdende Früchte liefern dürften. Sind aber sehr lange währende kältere Perioden wirklich beobachtet worden? Es scheint ja, daß nach einigen nassen, und vielleicht auch kalten Jahren, doch bald wieder warme Sommer eintreten, wie wir deren noch in dem letzten Decennio mehrere hatten, und einige warme Jahre werden wieder verbessern, was die kalten etwa verschlechterten. Zudem dürften, wenn nur die Winter nicht kalt sind, wohl bloß die Früchte der aus dem Süden abstammenden Sorten schlechter ausfallen; die Bäume sieht man ja auch in naßkalten Jahren recht gut vegetiren, und ist der Wärmegrad nie so gering, daß sie bei uns verkrüppeln sollten, wie etwa unsere Fichte und Birke im hohen Norden. Nur der strenge Frost scheint manchen, aus einem wärmeren Klima stammenden Sorten, leicht gefährlich zu werden, was uns Auswahl zur Pflicht macht; wiewohl schon oben bemerkt wurde, daß auch feine, französische Sorten 20 Grad Kälte bei uns ohne Schaden überstehen, und sich hoffen läßt, daß sie sich mit der Zeit noch mehr an unsere Winter gewöhnen werden, da unleugbar auch die Gewächse einer gewissen Angewöhnung ihrer Natur an veränderte Umstände fähig sind. Wird aber der Frost schädlich, so tödtet er zwar die Individuen, scheint jedoch die Sorten nicht verschlechtern zu können; denn bringt man noch gute, ja selbst schon merklich beschädigte Reiser auf gesunde junge Stämme, so wachsen sie freudig wieder fort, was auch ich nach mehreren harten Wintern durch sehr häufige Erfahrungen bestätigt gefunden habe.

Doch, wie es auch mit den Einflüssen eines kälter gewordenen Klimas sey, gewiß ist es, daß auf die Kerne, aus denen man die Unterstämme erzieht, außerordentlich viel ankommt, und daß eben darin, daß wir, namentlich seit Christ’s Zeit, der die Holzapfel-Wildlinge verwarf, und von dem Einflusse solcher Wildlinge Verschlechterung der darauf gesetzten edlen Früchte besorgte, immer von edlen Früchten und ohne Unterschied Kerne säen, die Ursache mancher Krankheiten unserer Edelstämme gesucht werden muß. Viele und erfahrene Pomologen haben gerathen, die Unterstämme nur aus den Kernen des Holzapfels und der wilden Birn zu erziehen. Es ist auch ganz natürlich, daß die Wurzel dieser wilden Obstsorten leichter in jedem Boden fortkommen wird, und selbst in magerem Erdreiche noch Nahrung findet, wo die, aus Edelkernen erzogenen Wildlinge ganz zurückbleiben. Von dem oberwähnten Goldpepping, der, wie Diel erwähnt, 16 Körbe Aepfel trug, und in warmem Lehmboden mit Unterlage von Kies stand, sagt derselbe zugleich, daß er aus einer Baumschule genommen sey, in der man alle Apfelstämme auf Wildlinge des Holzapfels veredle, und ist auch in England bereits behauptet worden, daß die Kränklichkeit und Verschlechterung des Goldpeppings hauptsächlich daher rühre, daß man ihn auf allerlei Sämlinge aus Edelkernen pfropfe. Säet man Kerne edler Obstsorten aus, so fallen darunter [326] nicht nur manche verzärtelte, sondern es bleiben auch viele klein, und bilden nachher Bäume, die kein hohes Alter erreichen. Bei den Birnen hat man nun wohl ganz gern klein bleibende Stämme als Unterlagen zu den Zwergen, aber bei den Aepfeln, deren Zwerge man allermeist auf Johannisstämme veredelt, sollte man nur die recht triebigen Wildlinge behalten, und alle zu sehr zurückgebliebenen ausmerzen; wiewohl in Baumschulen mit gutem Boden das Zurückbleiben mancher Wildlinge sich nicht so auffallend zeigt, sondern erst in späteren Jahren sichtbar wird. Wie nöthig es sey, wenn man keine Holzapfelkerne haben kann, wenigstens nicht aller Obstkerne ohne Unterschied zur Aussaat sich zu bedienen, kann ich durch eigene Erfahrung bestätigen. Ich säete lange die Kerne immer auf Beeten in kurzen Reihen, mit genauer Bezeichnung, von welchen Obstsorten sie genommen waren, und führte auch nachher die Verzeichnisse über die veredelten Stämme so, daß immer angegeben war, welche Sorte von Wildlingen jeder Stamm zur Unterlage bekommen hatte. Zu Versuchen legte ich auch recht vollkommene Kerne von Pigeon rouge, Rother Sommercalvill, Engl. Goldpepping, Borsdorfer etc., und veredelte zum Theil dieselben Sorten darauf; aber diese sind alle im Wuchse ganz außerordentlich zurück geblieben, und eine Reihe Borsdorfer auf Kernlingen derselben Frucht (schon Christ empfiehlt diese als Unterlage zu Zwergen), wurde zwischen recht triebigen Stämmen in 5 Jahren nur 3 Fuß hoch und saßen die Stämme ganz voll Moos. So glaube ich auch die Bemerkung gemacht zu haben, daß Früchte mit großem Kernhause, auch wenn es keine Calvillen sind, schlechte Wildlinge geben; die Natur scheint hier mehr Säfte auf die Frucht, als auf den Samen verwandt zu haben. Am besten gediehen die Wildlinge aus Kernen mehrerer Goldreinetten, namentlich der Reinette von Orleans, und von Früchten aus den letzten drei Diel’schen Classen. Unter den Birnen lieferten die Volkmarserbirn und einige um oder nach Michaelis erst reifende Haushaltssorten triebige Stämme, und die Kerne der Beurré blanc gaben viele gute Wildlinge zu Zwergbirnen. Erst jetzt habe ich durch die Güte eines Freundes einmal Kerne vom Holzapfel und der wilden Birne erhalten, und freue mich, daß ein paar Holzapfelstämme in meinem jetzigen Pfarrholze sich noch finden. Man sollte aus der Anzucht der Kerne von Holzäpfeln und wilden Birnen, an Stellen, wo andere Obstbäume möglichst weit entfernt sind, eine eigene Industrie machen; indeß werden selbst die von wild im Holze wachsenden Stämmen genommenen Kerne von einer fremden Bestäubung immer nur wenig verändert seyn und bei Weitem mehr gleichartige Wildlinge liefern, als Kerne von unserm gewöhnlichen, wenn auch schlechterem Obste. Kann man aber Kerne wilder Obstbäume nicht haben, so ist es wenigstens unumgänglich nothwendig, Kerne von veredelten Obstsorten sehr mit Auswahl zu sammeln, und lieber von schlechteren Früchten zu nehmen, die viele und dicke Kerne haben etc. Auch andere Fehler, als schlechtes Wachsthum, können vom Grundstamme herrühren, wie es z. B. bekannt ist, daß Kirschen leicht am Harzflusse[WS 4] leiden, wenn sie nicht auf Wildlinge der Kleinen rothen Vogelkirsche gesetzt werden, und man zu dem Ende häufig sich fest auch als Unterlage für Kirschen der Mahalebstämme bedient. Auch auf Geschmack und Güte der Früchte des Edelstammes wirkt nicht selten der Grundstamm ein, was man merklicher wahrnimmt bei Birnen, die auf [327] Vogelbeere oder Weißdorn veredelt sind, aber auch bei manchen Obstsorten wahrnehmen kann, die auf den ihnen gleichen Wildling veredelt sind, und vielleicht am leichtesten bei Stämmen des Pigeon rouge bemerkt, der, wie auch frühere Pomologen schon statuirten, nach dem Grundstamme merklicher, als andere Aepfel abzuändern scheint, und von dem ich schon Früchte sah, die im Fleische und selbst im Welken mehrere Aehnlichkeit mit Reinetten hatten. Hier sind also noch vielfältige Erfahrungen zu sammeln, über die man am ersten in’s Reine kommen würde, wenn man sich allgemeiner derselben Unterlage, der Kerne der wilden Obstarten bedienen wollte. Man nehme diese, erziehe die Bäumchen in keinem zu guten Boden und freier Lage, pflanze in den Gärten die Stämme nicht zu nahe, auch in möglichst passenden, wo es nöthig ist, gut zubereiteten Boden, und suche, vornehmlich für die nächste Zeit, das Obst auf noch nicht benutzten Plätzen, selbst lieber im freien Felde, als in Gartenstücken, anzubauen, die schon ein Jahrhundert und länger für Obstbäume benutzt sind, und der Erfolg wird seyn, daß die meisten Mängel unserer Edelstämme, über die wir jetzt klagen, verschwinden werden. Manche andere Regeln, die man, um gesunde Bäume zu haben, angegeben hat, als z. B. die Pfropfreiser für Wildlinge nicht von Quittenstämmen oder Johannisstämmen zu nehmen, alle Fruchtreiser zu vermeiden etc., halte ich für irrig oder überflüssig. Wie Burchardt die Besorgnisse, die man in dieser Hinsicht hegt, bereits durch die Bemerkung zu widerlegen gesucht hat, daß er seine Reiser, die kräftig wachsende Stämme gegeben hätten, ja größtentheils von Diel’s Topfbäumen und Pyramiden auf Quitte erhalten habe, so kann ich dasselbe, bei den vielen Reiserbeziehungen von Diel, in noch ausgedehnterem Maße bekräftigen.

* * *

Wir kommen jetzt zu unserer letzten Frage, die wir nach dem Vorhergehenden leichter werden beantworten können. Ist es erwiesen, daß die Anzucht veredelter Stämme die Nachtheile nicht hat, die man von ihr herleiten wollte, so frägt es sich, ob sie umgekehrt nicht manche große Vortheile gewährt, die bei der Anzucht unveredelter Sämlinge wegfallen, und durch die selbst einzelne Mängel, welche die Edelsorten haben möchten, weit überwogen werden.

Schon das ist ein nicht zu verachtender Vortheil, daß man von veredelten Bäumen in der Regel früher Früchte erhält, als von den, bis zu eintretender Tragbarkeit oft erst ziemlich alt werdenden Wildlingen. Herr van Mons hat zwar, wie obgedacht ist, behauptet, daß bei seinen Sämlingen die Zeit ihrer Tragbarkeit außerordentlich bald eingetreten sey, und nur als Ausnahme sich bis zum 8. oder 11. Jahre nach der Aussaat verzögert habe; doch müssen wir in seinen Angaben über diesen Punkt wohl wieder etwas Uebertreibung suchen, und kommt wohl Millot zu Nancy, der im Jahre 1842, nach einem von Hrn. v. Mons 1841 gegebenen Versprechen, noch nach des letzteren Tode 100 zweijährige Sämlinge von der sechsten, von Herrn van Mons erzielten Generation erhielt, um daran selbst zu sehen, wie so bald sie tragen würden, und wie durchaus nichts Schlechtes darunter fallen werde, der Wahrheit schon näher, wenn er angibt (Bivort’s Album T. III, S. 11, bei der Birn Marie Anne de Nancy), Einige unter diesen Stämmen hätten wirklich schon 1848 die erste Frucht geliefert, mehrere schon 1849; mithin die Mehrzahl noch später. Nach den in Deutschland gesammelten [328] Erfahrungen werden meistens 11–14 Jahre hingehen, ehe ein Sämling die ersten Früchte liefert, und wie dem sey, so hat man bei veredelten Stämmen es wenigstens mehr in seiner Gewalt, solche Sorten zu wählen, die früh tragbar werden, während man bei dem Sämlinge erst abwarten muß, ob seine Natur eine frühe Fruchtbarkeit mit sich bringen werde. Auch würde man ohne Veredlung manche treffliche Frucht, die keine, oder nur unvollkommene Kerne hat, was gar nicht selten und namentlich bei köstlichen Birnen vorkommt, gar nicht fortpflanzen können. Aber wir wollen nur die zwei Hauptvortheile beachten, die die Anzucht veredelter Obstbäume gewährt, sie sind:

1) Daß man nur durch sie beständig gute Früchte erhält, während Sämlinge allzuviel Mittelgut und selbst schlechtes Obst liefern, und

2) daß man durch sie allein bestimmte, uns gerade erwünschte, oder zu irgend einem Zwecke vorzüglich passende Sorten erhalten kann. Beide Vortheile sind sehr bedeutend.

(Schluß folgt.)

  1. Es hat seine Vortheile, durch öfteres Versetzen eines Baumes und Verstutzen der Wurzel diese zu zwingen, mehr in der Oberfläche der Erde sich zu verästeln und fortzukriechen; aber die Entfernung der in die Tiefe gehenden Wurzeln wird immer dazu beitragen, daß unsere Obstbäume ihre volle Größe nicht erlangen. Bekannt ist die Regel, durch öfteres Versetzen die Wildlinge mehr zur Unterlage für Zwergstämme zu aptiren, und wo ich groß werdende Stämme haben wollte, da habe ich mit Erfolg solche junge Bäume gewählt, die nicht zu viele Faserwurzeln, sondern einige starke, tiefer in den Boden hineingreifende Wurzelklauen hatten.
  2. Krebs entsteht an der Veredlungsstelle leichter nur beim Pfropfen in den Spalt, und auch dann nur in krebssüchtigem Boden. Auf Boden, wo Krebs sich selten findet, und so auch in meiner Baumschule kann ich mir kaum entsinnen, mehr als zwei- oder dreimal unter vielen tausend Fällen einen kleinen Krebsschaden an der Veredlungsstelle wahrgenommen zu haben, der durch reines Ausschneiden bald entfernt war.
  3. So habe ich nicht gefunden, daß, als ich einmal zum Fortpflanzen der Muskatreinette nicht gleich andere Reiser hatte, als von einem, an Krebs ganz zu Grunde gehenden, früher kräftigen Baume in meinem Garten in der Stadt Nienburg, die damit veredelten Wildlinge in dem Boden der Baumschule vor der Stadt, wo Krebs sehr selten war, bei ihrem Heranwachsen die geringste Spur von Krebs gezeigt hätten, da sie vielmehr gesund wuchsen. Das Reis hat in diesem Falle nur die leichtere Disposition zu dieser Krankheit vererbt, wenn die Stämme wieder in krebssüchtigen Boden kommen würden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: einen
  2. Das englische Gartenbuch, Oder Philipp Millers […] Gärtner-Lexicon […]. Übersetzung von Georg Leonhart Huth. 3 Bände. Johann Georg Lochner, Nürnberg 1750–1758 e-rara.ch – die dahingehende Bemerkung findet sich Bd. 3, S. 237, 1. Sp., 2. Abs. (unter Pyrus)
  3. John Lindley: Theorie der Gartenkunde, oder Versuch, die vornehmsten Operationen beim Gartenbau nach physiologischen Grundsätzen zu erklären. Übersetzung von Ludolph Christian Treviranus. J. J. Palm u. Ernst Enke, Erlangen 1843 MDZ München
  4. Vorlage: Herzflusse