Professor Steffens begeistert seine Zuhörer für den Freiheitskrieg 1813

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Titel: Professor Steffens begeistert seine Zuhörer für den Freiheitskrieg 1813
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 672–673, 687
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[627–673]
Datei:Die Gartenlaube (1895) b 672.jpg

Photographie im Verlag der Photographischen Union in München.
Professor Steffens begeistert seine Zuhörer für den Freiheitskrieg. 1813.
Nach dem Gemälde von Arthur Kampf.

[687] Professor Steffens begeistert seine Zuhörer für den Freiheitskrieg. (Zu dem Bilde S. 672 und 673.) Als das Napoleonische Joch schwer auf Deutschland lag, da wußten auch Männer der Wissenschaft und Lehrer der akademischen Jugend in dem Herzen ihrer Zuhörer den Funken vaterländischer Begeisterung zu entzünden. Während draußen der Marschschritt der französischen Regimenter ertönte, hielt der Philosoph Fichte in den Berliner Hörsälen seine „Reden an die deutsche Nation", um durch geistige Kräftigung derselben eine künftige Erhebung vorzubereiten. Als aber Napoleon mit seinem geschlagenen Heer aus Rußland zurückgekehrt und General York mit der preußischen Hilfsmacht zu den Russen übergegangen war, als der König von Preußen am 3. Februar den Aufruf an sein Volk erlassen, da schlug auch die Beredsamkeit der akademischen Lehrer andere Töne an, da galt es alle Waffenfähigen in die Kriegslager, zu den Waffen zu rufen. Einer der begeistertsten Redner war Heinrich Steffens in Breslau, ein Naturphilosoph der Schellingschen Schule, Norweger von Geburt, aber in Deutschland eingebürgert, ein geistvoller Denker mit schwärmerischen Neigungen, in späteren Lebensjahren auch als Romanschriftsteller bekannt und beliebt. Der Aufruf des Königs hatte ihn aufs tiefste ergriffen. Am Morgen des 8. Februar sollte er ein Kolleg halten; er sagte zu seinen wenigen unaufmerksamen Zuhörern: „Ich sollte um elf Uhr einen zweiten Vortrag halten, ich will aber dann mit Ihnen über einen Gegenstand sprechen, der von größerer Wichtigkeit ist. Se. Majestät hat die Jugend aufgefordert, sich freiwillig zu bewaffnen. Dieser Aufruf wird noch heute an Sie ergehen; er wird der Gegenstand meiner Rede sein. Machen Sie meinen Entschluß allenthalben bekannt; ich erwarte so viele als der Raum fassen kann." Als er nach zwei Stunden wiederkam, war der Hörsaal gedrängt voll; in den Fenstern, der geöffneten Thür, im Flur, auf der Treppe, bis weit in die Straßen hinein, wimmelte es von Menschen. Alt und jung hatte sich versammelt, Studenten, Beamte, Bürger, Arbeiter. Das Bild von Arthur Kampf zeigt uns anschaulich diese vielköpfige aus allen Ständen gebildete Hörerschaft. Steffens, der ja eine eingehende Selbstbiographie herausgegeben, berichtet über seine Anrede: „So trat ich unter die Menge und bestieg mein Katheder. Was ich sprach, ich weiß es nicht; selbst wenn man nach dem Schlusse meiner Rede gefragt hätte, ich würde keine Rechenschaft davon haben ablegen können. Es war das drückende Gefühl unglücklich verlebter Jahre, welches jetzt Worte fand; es war das warme Gefühl der zusammengepreßten Menge, welches auf meiner Zunge ruhte. Nichts Fremdes verkündete ich. Was ich sagte, war die stille Rede aller und sie machte eben deswegen wie ein Echo aus der Seele eines jeden einen tiefen Eindruck. Daß ich, indem ich die Jugend so aufforderte, zugleich meinen Entschluß erklärte, mit in den Kampf zu ziehen, versteht sich von selbst." In der That ließ sich der vierzigjährige Professor Steffens mit 200 Studenten bei den freiwilligen Jägern einschreiben und er machte den Feldzug von 1813 und 1814 bis zum Einmarsch in Paris mit. Als der Professor sich bei dem Schöpfer der preußischen Landwehr, Scharnhorst, meldete, sagte dieser zu ihm: „Steffens, ich wünsche Ihnen Glück; Sie wissen nicht, was Sie gethan haben." Damals ging von Breslau die nationale Erhebung aus.

Das lebensvolle Bild von Arthur Kampf läßt uns auch den tiefen Eindruck erkennen, den die begeisterte Rede des Professors auf seine Hörer machte: neben den aufmerksam Lauschenden, den freudig Begeisterten sieht man auch viele Gesichter, in welche sich tief der Unwille und die Verbitterung über die langerlittene Schmach eingegraben und die sich kaum dem Strahl einer freudigen Hoffnung zu erschließen vermögen.†