Prolog auf dem Parteitag der Deutschen Sozialdemokratie
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Prolog auf dem Parteitag der Deutschen Sozialdemokratie
Auf der Bühne erschien Schwaben (Frau Sophie Wolter), umgeben von einer Arbeitergruppe, und begrüßte die Delegirten mit folgendem von Rudolf Lavant gedichteten Prolog:
Der Gäste viele hab’ ich schon begrüßt,
Die meiner Gauen munt’re Rebenhügel,
Die meines Schwarzwalds finst’rer Tann gelockt.
Gemessen trat den Einen ich entgegen,
So herzlich aber, wie ich Euch die Rechte
Entgegenstreckte, Euch, den Abgesandten
Der rastlos Schaffenden, die Ihr den Kern
Des Volks vertretet, grüßt’ ich Keinen noch.
Daß zur Berathung Ihr in diesen Mauern
Zusammenkommt, ist eine Herzensfreude
Für mich, für uns und für die siebzehn Kreise,
In die das Land zerfällt, wenn ihr Verdikt
Auch ist es der Beschämung Röthe nicht,
Die uns’re Wangen färbt bei der Begrüßung,
Denn ist in Schwaben auch noch viel zu thun,
So ward’ ein guter Anfang doch gemacht,
Um aufzuräumen mit dem Wust verjährten,
Verschimmelten und doch lebend’gen Wahns.
Verhältnißmäßig jung ist die Bewegung
Und doch schon stark genug, des Landes Hauptstadt
So zu bedroh’n, daß sie das nächste Mal
Erliegen werden; wen’ge ausgenommen,
Schwoll uns’re Stimmenzahl in allen Kreisen,
Von denen mancher schwer zu fassen ist,
Sie fühlen sich in ihren besten Burgen
Nicht sicher mehr und sehen auf den Zinnen
Im Geist bereits der Freiheit Banner weh’n,
Das vielgeschmähte, das mit Gift und Geifer
Das dumpfe Grauen vor der Zukunft nicht
Und vor dem kläglichen Zusammenbruch
Jedtveden Vorrechts, das ein Hohn aufs Recht.
Viel gute Arbeit ward auch hier gethan,
Nicht aufzuhalten, das zum Tagen führt,
Und so begrüßt in mir in stolzer Freude
Altwürttemberg der Arbeit Parlament.
Ein Pärchen hat ein jeder Kreis entsendet
Mit einem Reigen den Willkommensgruß
Voll Wärme Euch und Herzlichkeit entbieten.
Ein Unterpfand sei dieser Reigen Euch
Daß eine große, jauchzende Bewegung
Wenn einst der Tag, der gold’ne Tag erscheint,
Der unser Ringen krönt, der Tag des Sieges! –