RE:Arkadia 1

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Landschaft in Griechenland, Mittel- und Alpenland des Peloponnes
Band II,1 (1895) S. 11181137
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Arkadia (ἡ Ἀρκαδία). 1) Das Mittel- und Alpenland des Peloponnes, wird von allen Seiten durch zum Teil sehr hohe Randgebirge von den übrigen Landschaften der Halbinsel abgegrenzt und im Innern durch zahlreiche Bergzüge in eine Menge kleiner Cantone geschieden. Die Hauptmassen, gleichsam die Eckpfeiler jener Randgebirge, sind der 2220 m. hohe Erymanthos (jetzt Olonos) im Nordwesten, die 2370 m. hohe Kyllene (jetzt Ziria) im Nordosten, das Parthenion mit seiner südlichen Fortsetzung, dem lakonischen Parnon, im Südosten, und das Lykaion (jetzt Diaphorti) mit seinen nordwestlichen und südwestlichen Fortsetzungen, dem Kotilion und Elaion im Südwesten, deren Gipfel durchgängig sich mehr als 1600 m. über die Meeresfläche erheben. Zwischen diesen Hauptmassen ziehen sich im Norden und Osten andere an Höhe ihnen kaum nachstehende Gebirgszüge hin, welche nur von wenigen Pässen durchbrochene Scheidewände gegen Achaia und Argolis bilden: im Norden die Lampeia (die östliche Fortsetzung des Erymanthos), Aroania, Krathis und Chelydorea, im Osten das Apelauron, Lyrkeion und Artemision. Im Süden bildet namentlich gegen Lakonien keine geschlossene Bergkette die Grenze, sondern eine Anzahl mehr vereinzelter aber rauher Berge, welche das Quellengebiet des arkadischen Alpheios von dem des lakonischen Eurotas sondern, daher hier oft und lange Zeit hindurch Grenzstreitigkeiten zwischen Arkadien und Lakonien stattfanden, welche mit der Abreissung einiger Stücke von Arkadien, wie der Skiritis und eines Teiles der Aigytis, durch die Lakedaemonier endeten. Weiter gegen Westen bilden wieder fortlaufende Bergzüge, wie die Nomia, das Lykaion und Elaion, die Grenze gegen [1119] Messenien, aber mehrere Pässe vermitteln hier den Verkehr zwischen den beiden Landschaften, der sich in der Zeit der Unabhängigkeit Messeniens zu einer engen politischen Verbindung derselben entwickelte. An der Westseite der Landschaft endlich bilden zwar ebenfalls Bergzüge, im Süden die Ausläufer des Kotilion, im Norden der Erymanthos mit seiner südlichen Fortsetzung, der Pholoe, einen Grenzwall gegen Elis; allein derselbe ist in der Mitte durchbrochen durch das Thal des Alpheios, gleichsam das einzige natürliche Tor Arkadiens, welches einen regen Verkehr der Landschaft mit Elis und insbesondere mit dem südlichsten Teile desselben, der Triphylia, vermittelte, die, von einem den Bewohnern des südwestlichen Arkadiens stammverwandten Volke, den Kaukones, bewohnt, im Anschlusse an Arkadien mehrfach Schutz suchte gegen die Unterdrückung durch die Eleer; ja eine Zeit lang gehörte sogar ein Teil Triphyliens, das Gebiet von Lepreon, politisch zu Arkadien, wodurch diese sonst vom Meere ausgeschlossene Landschaft eine Küstenstrecke von 100 Stadien Länge erhielt (Skyl. 44. Dikaiarch. frg. 73 bei Cic. ad Att. VI 2, 3). Zwischen diesen Randgebirgen ziehen sich, wie schon bemerkt, noch zahlreiche und zum Teil bedeutende Gebirge hin, welche den grössten Teil der Landschaft ausfüllen und oft nur Schluchten oder Engthäler, an anderen Punkten aber, namentlich im Osten der Landschaft, grössere kesselförmige Thäler umschliessen, auf denen die von allen Seiten einströmenden Gewässer keinen anderen Abfluss haben, als durch unterirdische Abzugscanäle, natürliche Spalten in dem Kalksteingebirge (von den alten Arkadern ζέρεθρα, jetzt καταβόθραι genannt), durch welche aber das Wasser nicht vollständig abgeleitet werden kann, daher die niedrigsten Partien dieser Thäler versumpft oder geradezu von Seen bedeckt sind. Treffend ist diese Osthälfte des Landes im Gegensatz zu der durch das Alpheiossystem geöffneten Westseite als das geschlossene Arkadien bezeichnet worden. Dahin gehören die Thäler von Pheneos und Stymphalos im Nordosten, südlich davon die von Orchomenos und Kaphyai und die Ebene von Mantineia; ja sogar die mit letzterer durch einen Engpass verbundene Hochebene von Tegea (bei der jetzigen Hauptstadt Arkadiens, Tripolitza) ist in ihrem südwestlichsten Teile, am Fusse des Boreiongebirges, bei der alten Stadt Pallantion, von einem ausgedehnten Sumpfe bedeckt. Die einzige grössere Ebene, welche einen regelmässigen Zu- und Abfluss des Wassers hat und daher in allen ihren Teilen anbaufähig ist, ist die am oberen Alpheios, in welcher die Gebiete der Parrhasier, Eutresier und Maenalier zusammenstiessen und in deren Mitte Epameinondas im J. 370 v. Chr. Megalopolis gründete. Die Gebirge Arkadiens sind, abgesehen von den höchsten Partien, zum grossen Teile noch jetzt wohlbewaldet, und zwar herrscht in den höheren Partien die Tanne, in den niederen die Eiche vor in verschiedenen Varietäten, von denen einige durch ihre essbaren Eicheln den alten Bewohnern Nahrung gaben (daher Ἀρκάδες βαλανηφάγοι, Herod. I 66 u. ö.). In den Wäldern hausen noch jetzt zahlreiche Wölfe; im Altertum fanden sich ausserdem auch Eber und Bären darin vor, ja dem häufigen Vorkommen des letzteren [1120] Tieres verdankt offenbar die ganze Landschaft ihren historischen Namen (Ἀρκαδία von ἄρκος, der ursprünglicheren und offenbar volksmässigen Form für ἄρκτος, die sich auch noch in dem neugriechischen ἀρκοῦδα erhalten hat), welchen die Sage von dem Sohne des Zeus und der Kallisto herleitet. Das Flusssystem ist trotz der durch die zahlreichen Gebirge bedingten mannigfaltigen Gliederung der Landschaft ein ziemlich einfaches. Abgesehen nämlich von den schon erwähnten geschlossenen Kesselthälern im Osten, deren Gewässer nur unterirdische Abflüsse haben und zum Teil nach längerem unterirdischem Laufe wieder ans Tageslicht treten (wie z. B. der argivische Erasinos nach Paus. II 24, 6. VIII 22, 3 ein Ausfluss des stymphalischen Sees ist), vereinigt der Alpheios fast sämtliche Wasseradern des Landes in sich; ausgenommen davon sind nur die am Lykaion entspringende Neda, die in gerader westlicher Richtung, also parallel mit dem unteren Laufe des Alpheios, durch das Gebiet von Phigalia und dann als Grenzfluss zwischen Messenien und Triphylien in tief eingeschnittenem Thale dem sikelischen Meere zuströmt, und die Bäche des Cantons Kynaitha (in der Gegend des jetzigen Kalabryta), welche, da derselbe bereits der nördlichen Abdachung des Aroaniagebirges gegen Achaia angehört, dem korinthischen Meerbusen zufliessen. Die natürliche Gliederung der Landschaft bedingt die Zersplitterung derselben in eine Menge kleiner Cantone, die teils mit einem festen und ansehnlichen städtischen Mittelpunkt, teils ohne einen solchen ihre besondere politische Verfassung hatten; vgl. E. Curtius Peloponnes. I 153ff.

Die Geschichte A.s gliedert sich in folgende sechs Abschnitte:
  1. ) Die älteste Zeit bis zum Beginn der spartanischen Vorherrschaft (bis ca. 550).
  2. ) Die Zeit der spartanischen Vorherrschaft (ca. 550–371).
  3. ) Die Zeit der versuchten Einigung A.s, von der Gründung von Megalopolis bis zum Einmarsche Philipps von Makedonien (371–338).
  4. ) Vom Beginn der makedonischen Vorherrschaft bis zum Beitritt von Megalopolis zum achaeischen Bunde (338–234).
  5. ) Die Zeit der Zugehörigkeit zum achaeischen Bunde (234–146).
  6. ) Die römische Zeit (von 146 v. Chr. an).

1) Bis ca. 550. – Die Arkader galten im Verhältnis zu den eingewanderten Stämmen, Dorern, Aitolern-Eleern u. a. als die ursprünglichen Bewohner des Peloponnes; Herodot VIII 73 bezeichnet sie als autochthon und ‚das autochthone Volk vom heiligen A.‘ nennen sie sich selbst auf der Basis ihres um 369 nach Delphi gestifteten Weihgeschenks (s. u.). Daher eigneten sich A.s waldige Berge auch ganz besonders zur Heimat des Urmenschen Pelasgos, wie auch schon das genealogische Epos ausgeführt hat, Hes. frg. 70f. Asius frg. 8. Aber da das Volk der Arkader nach gemeingriechischer Vorstellung nur von einem Eponymen Arkas benannt sein kann, so wird dieser durch die heroischen Hypostasen der Landesgötter, Lykaon-Zeus Lykaios und Kallisto-Artemis an Pelasgos angeschlossen, auch dies bereits im genealogischen Epos (Eumel. frg. 14; mehr s. Arkas und SperrSchrift). Und hieraus ergiebt sich von selbst die Folgerung, dass die allerursprünglichsten Bewohner des Landes, die Pelasger, in sehr [1121] alter Zeit von den Arkadern verdrängt oder ersetzt worden sind (Arist. πολ. Τεγεατ. frg. 591 Teubn. nennt statt der Pelasger βάρβαροι, was in diesem Falle dasselbe ist; vgl. im allgemeinen Ed. Meyer Forschungen zur alten Geschichte I 53ff.). Die historische Forschung sieht jedoch am besten von den Pelasgern in A. ganz ab, obwohl Herodot I 146 den Namen Ἀρκάδες Πελασγοί wie einen feststehenden gebraucht, da uns sichere Anhaltspunkte, wie uns etwa für Thessalien die Namen Πελασγικὸν Ἄργος oder Πελασγιῶτις bieten, hier fehlen. Dass die Arkader der älteren griechischen Bevölkerungsschicht angehören, beweist ein wirkliches geschichtliches Denkmal, der Dialekt, welcher am meisten dem thessalischen, d. h. dem von den epeirotischen Einwanderern dort vorgefundenen, und dem kleinasiatisch-aiolischen gleicht.

Die Arkader zerfielen seit alter Zeit in eine grössere Anzahl von Stämmen, wie die Azanen, Parrhasier, Kynurier, Mainalier, Eutresier, Aigyten. Dieselben wohnten in einzelnen Ortschaften verstreut, wie dies die Natur des Berglandes mit sich brachte. Wahrscheinlich standen die einzelnen Stämme unter Königen. Die geschichtliche Entwicklung wird durch zwei Bestrebungen bestimmt, die sich teils vereinigen, teils bekämpfen: den Übergang von der Stammverfassung zur städtischen Ordnung, der zu ganz verschiedenen Zeiten erfolgt ist und noch im 4. Jhdt. v. Chr. nicht zum Abschluss gelangt war, und die Versuche einer Einigung A.s, bei denen nach und nebeneinander das griechische Prinzip des συνοικισμός (vgl. Athen) und das mehr moderne des Städtebundes zum Ausdruck kamen. In dieser Entwicklung beruht das Hauptinteresse der arkadischen Geschichte.

Die Städtebildung begann in den Ebenen. Die meisten dieser Städte werden wir uns in alter Zeit als offene Landstädte ähnlich wie Sparta vorzustellen haben. Tegea und Orchomenos treten zuerst hervor, später auch Mantineia, zu denen der Schiffskatalog noch Pheneos und Stymphalos, Stratie, später eine Kome von Thelphusa (Polyb. IV 73), und die untergegangenen Orte Rhipe und Enispe nennt, daneben aber auch einen Landschaftsnamen Parrhasien (Il. II 603ff.). Am frühesten scheint Tegea seinen Synoikismos aus neun Dörfern vollzogen zu haben (Strab. VIII 337. Bérard Bull. hell. XVI 1892, 529ff. und pl. XIII [Plan]. XVII 1893, 1ff.; Materialsammlung bei G. J. Schwedler De rebus Tegeaticis, Leipz. Stud. IX 2, 1887; Litteratur: Busolt Griech. Gesch.² I 702, 4). Das Königtum bestand dort noch während der Kriege mit Sparta (Elnes [?] bei Polyaen I 8) und wird vor allem durch die Sage bezeugt (s. Apheidas, Aleos, Agapenor u. a.). Auch mit der See muss Tegea in alter Zeit in Verbindung gestanden haben, weil hier die Wanderungssagen anknüpfen. Die Colonisation von Kypros, namentlich Paphos, wird auf Agapenor von Tegea zurückgeführt und als Bestätigung der Sage, nicht als deren Anlass (wie Beloch Rh. Mus. XLV 1890, 575, 2 meint) tritt hinzu die Verwandtschaft des kyprischen Dialekts mit dem arkadischen. In Teuthrania, der Vorgängerin von Pergamon, leitete sich offenbar ein altes Königsgeschlecht von Telephos ab, dem Sohne der Auge, Tochter des Tegeaten Aleos und des [1122] Herakles – der hier secundär sein wird (Hesselmeyer Die Ursprünge der Stadt Pergamos 21ff. 27. Robert Arch. Jahrb. III 1888, besonders S. 95. Thrämer Pergamos 369ff. Fränkel Inschr. von Pergamon I 2 u. nr. 156). Auch auf die nach der Mündung des Pontos verpflanzte Phineussage mag man hinweisen; vgl. Hiller v. Gaertringen De Graecorum fabulis ad Thraces pertinentibus 1886, 66ff. Endlich nennt Herodot I 146 als Teilnehmer an dem Völkergewimmel, aus dem die ionische Zwölfstadt in Kleinasien hervorging, die Arkader-Pelasger. Eine Chiliastys der Πελάσγηοι in Ephesos zieht hierher Hicks Inscr. Brit. Mus. III S. 71, und von den Kykladen hat, selbst wenn wir von Keos absehen wollen (s. Aristaios, wenigstens Paros noch die Überlieferung von einer arkadischen Einwanderung bewahrt (Heraklides FHG II 214). Als Zwischenstation könnte man auch hier Attika annehmen, wo sich viele arkadische Spuren finden; vgl. unter anderen Toepffer Att. Geneal. 103. Kirchner Attica et Peloponnesiaca, Diss. Greifswald 1890, 21f. 26. 47 und sonst, v. Wilamowitz Über die Hekale des Kallimachos, Nachr. Gött. Ges. 1893, 738, 2. So erklärt sich das Eindringen arkadischer Figuren in die Heldensage vom troischen Kriege und den Argonauten. Der spätgeborene Dichter des Schiffskatalogs konnte dies freilich mit den Zuständen seiner Zeit nicht mehr zusammenreimen; bei ihm (Il. II 610ff.) muss Agamemnon dem arkadischen Contingent die Schiffe borgen, da sie von Seefahrt nichts verstehen. Minder kenntlich und doch kaum zu bestreiten ist der Einfluss anderer arkadischer Städte auf die Sage und das ionische Epos; so ist neuerdings darauf hingewiesen worden, dass Odysseus eine Hypostase des namentlich in Mantineia verehrten Poseidon ist, wie sich auch Penelope, die Mutter des arkadischen Hirtengottes Pan, auf die altpeloponnesische meist Artemis genannte Gottheit zurückführen lässt (vgl. Svoronos Études archéologiques et numismatiques I. Ulysse chez les Arcadiens et la Télégonie d’Eugammon 1889 = Gazette archéol. 1888, 259ff. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. II § 67 S. 103f. Anm.). Das Gleiche mag für Aineias und Anchises gelten, die einerseits in Orchomenos localisiert, andrerseits die Stammväter eines Fürstengeschlechtes im troischen Ida waren, wenn sie nicht mit dem Aphroditekult von Osten in A. eingewandert sind. Diese Schlüsse aus der Sage müssen uns die verloren gegangene geschichtliche Überlieferung ersetzen. Das Material ist noch nicht zusammenhängend dargestellt; der I. Bd. von W. Immerwahr Die Kulte und Mythen A.s, 1891, enthält nur die Kulte. Wertvolle Bemerkungen hat Ed. Meyer Forschungen z. alt. Gesch. I; Gesch. d. Altert. II § 67. 68 A. 121 (Orestes). Gar nichts beweisen die nur dem arkadischen Pelasgos zu liebe gemachten genealogischen Anknüpfungen von griechischen und italischen Stämmen. Ebenso ist zu warnen vor allem, was die arkadische Königsliste bei Pausanias VIII, 1–5 an eigenem bietet; für die ältere Zeit ist das freilich wenig. Vgl. Hiller v. Gaertringen Festschr. des Gymn. zu Jauer 1890, 53ff.

Die Einwanderung der Dorer und Aitoler in den Peloponnes hat A. nicht so stark betroffen [1123] wie die Küstenländer. Hier ist freilich die neuere Forschung mehr und mehr geneigt, alle Überlieferung als spät und gänzlich unglaubwürdig zu bezeichnen. So wird eine von A. v. Gutschmid und Gelzer geistreich ersonnene Vereinigung zerstreuter Angaben bei Pausanias und Polyaen, welche uns das allmähliche kämpfende Vordringen der ältesten spartanischen Könige durch A. zum Eurotasthal (Kleitor – Mantineia – Tegea – argivische Kynuria – Aigytis) vorführen, jetzt meist verworfen (Busolt Griech. Gesch. I² 206f. Ed. Meyer Gesch. d. Alt. II § 164 A.). Und es spricht allerdings manches dafür, dass die Spartaner von Naupaktos aus zur See nach Lakonien kamen, Amyklai und das Eurotasthal eroberten, sich in Messenien festsetzten und nun erst die Blicke verlangend nach Norden wandten. Die schwerlich genaue Chronologie des Pausanias VIII 39, 3 setzt ins J. 659 einen Versuch der Spartaner auf Phigalia, der aber mit Hülfe der Oresthasier wieder vereitelt wird. Schon früher mögen die Kämpfe mit Tegea begonnen haben, welche zuerst für A. glücklich gewesen zu sein scheinen. In der Sage tötet Echemos von Tegea als Vorkämpfer des Peloponnes den Herakliden Hyllos (Herod. IX 26), während das hesiodische Epos die den Angegriffenen feindliche Wendung kennt, dass seine Gemahlin Timandra, dem Beispiele ihrer Schwestern Helena und Klytaimnestra folgend, zum Aitoler Phyleus durchgeht (Hes. frg. 112. Robert Bild und Lied 189). Wir werden geneigt sein, nach dem Ende des ersten messenischen Krieges eine vorübergehende Eroberung von Tegea anzunehmen; nun konnten sich die Spartaner weiter gegen Argos wenden, wobei sie jedoch auf dem Grenzpasse von Hysiai angeblich im J. 669/8 eine schwere Niederlage erlitten. Es folgt der Rückschlag, der zweite messenische Krieg (der Krieg des Charillos, Zeitgenossen des Lykurgos, gegen Tegea ist directer Schwindel auf Grund des später von Herodot Berichteten, Paus. III 7, 3. VIII 5, 9. 48. 4–6. Herod. I 65ff. Wernicke De Pausaniae periegetae studiis Herodoteis 87 § 100; die zeitlos überlieferte Einnahme von Tegea durch den Lakedaimonier Akues, Polyaen. I 11, setzt hierher Busolt I² 603; so erklärt sich auch, warum im zweiten messenischen Kriege nicht Tegea, sondern Orchomenos führt). Nun schlossen sich gegen den alle bedrohenden Feind die Pisaten, Argeier und Arkader, diese unter dem Oberbefehl des Königs von Orchomenos Aristokrates (s. d. Nr. 1) mit den aufständischen Messeniern zusammen (Strab. VIII 362 aus Tyrtaios durch Ephoros?). In der Schlacht am grossen Graben siegten die Spartaner durch den Verrat des Aristokrates; da jedoch während und nach dem Kriege die messenischen Sympathien in A. überwogen (Polyb. IV 33), wurde infolge dessen das Königtum in Orchomenos gestürzt.

Nach der Unterwerfung der Messenier erhob sich Tegea von neuem. Es gelang der Stadt, im Anfang des 6. Jhdts. einen Angriff der Spartaner unter den Königen Leon und Hagesikles glänzend abzuschlagen (Legende im Tempel der Athena Alea: Herod. I 66; Fest Ἁλώτια: Paus. VIII 47, 4). Die folgenden Könige Anaxandridas und Ariston waren jedoch in mehreren Schlachten siegreich, dank den Gebeinen des Orestes, die es gelang [1124] von Tegea nach Sparta zu schaffen, Herod. I 67f.; vgl. E. Rohde Psyche 151. Damals mögen einige Grenzgebiete, die nicht aufhörten sich als arkadisch zu betrachten, wie Karyai, die Skiritis und Belminatis den Arkadern entrissen worden sein (Steph. Byz. s. Σκῖρος. Paus. VIII 35, 4 von Belmina; Phot. s. Καρυάτεια; vgl. Schwedler a. a. O. 267ff.). Die Hegemonie Spartas, wie sie zur Zeit der Perserkriege bestand, wurde damals wohl in irgend einer Form anerkannt. Der Vertrag mit Sparta Aristot. frg. 592 Teubn. wird von Ed. Meyer II § 469 hierher, von Busolt I² 710 erst nach der Beendigung des dritten messenischen Krieges angesetzt. Die Kasse des spartanischen Bundes in Tegea? Busolt a. a. O. nach dem im lakonischen Dialekt verfassten Verzeichnis IGA 69 von Beiträgen zu einem Kriege, dem archidamischen nach Kirchhoff Alphabet⁴ 149ff. und Dittenberger Syll. 34, den Perserkriegen nach Röhl.

Nach den anderen Seiten waren die Beziehungen wechselnd. Vor dem Zusammengehen mit den Pisaten im zweiten messenischen Kriege mögen zahlreiche Grenzfehden vorgekommen sein, wie überall bei griechischen Nachbarstädten und -stämmen; vielleicht ist die Schlacht am Iardanos bei der Burg Pheia (Il. VII 133ff. in einer Nestorerzählung, vgl. Strab. VIII 342f. 351) wirklich einmal im 8. oder 7. Jhdt. zwischen Arkadern und ‚Pyliern‘ (Pisaten oder Triphyliern) geschlagen worden. Als die Eleer nach dem Ende des zweiten messenischen Krieges daran gingen, die Pisaten niederzuwerfen (um 572), deckten sie sich den Rücken durch ein Bündnis mit der aus neun Gemeinden bestehenden, die wichtige Alpheiosstrasse beherrschenden Gemeinde der Heraier (olympische Bronze IGA 110, besser Inscr. Brit. Mus. II CLVII; vgl. Köhler Athen. Mitt. VII 1882, 377ff. Busolt I² 706. Ed. Meyer II § 214). Wenn eine einzelne Stadt in solch selbständiger Weise mit einem anderen Stamme verhandeln kann, so beweist dies, dass sie höchstens in einem ganz lockeren Zusammenhange mit den andern Arkadern stand. Auch die zeitweilige Führerschaft einzelner Städte im Kriege gegen Sparta (Tegea, Orchomenos) wird keinen rechtlichen Festsetzungen entsprochen haben. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die erste einheitliche Organisation der Arkader ging von den Kulten aus. Der Zeus vom Lykaion mit altberühmtem Agon, die namentlich zwischen Orchomenos und Mantineia als Hymnia verehrte Landesgöttin Artemis (Paus. VIII 5, 11. Curtius Pelop. I 223 u. sonst), die Athena Alea von Tegea (R. Meister Ber. Sächs. Ges. 1889, 84ff., wozu man die κοινὴ ἑστία, wohl eine Art Prytaneion, ebendaselbst [Paus. VIII 53, 9] zählen mag) hatten weit über ihren Kanton, die Athena auch über A.s Grenzen hinaus Bedeutung. Vielleicht im Anschluss an das Lykaion, welches κοινὰς εἰσόδους gehabt haben soll (Curtius), mag im 6. Jhdt. eine Münzprägung mit der Bezeichnung Ἀρκαδιqόν oder Ἀρκαδικόν oder (abgekürzt) begonnen haben, die bis ins 5. Jhdt. (nur zu Zeiten der Unbotmässigkeit gegen Sparta?) bestand. Über das erste κοινόν, der Arkader vgl. E. Curtius Einige Bemerkungen über arkadische Münzen, bei Pinder und Friedländer Beiträge zur älteren Münzkunde I 1851, 85ff.; über die εἴσοδοι [1125] Schol. Dion. Per. 415. R. Weil Ztschr. f. Num. IX 1882, 18. Head HN 372. Busolt I² 703. Auch der gemeinsame Arkadername und das Aufkommen der Sage von einem allen gehörenden Eponym (s. Arkas) gehört hierher. Die Spartaner, die das divide et impera überall verstanden, werden diesen Einigkeitsbestrebungen energisch entgegengewirkt haben (Weil 21ff.). Nicht ohne ihr Zuthun mag am Ende dieser Periode auch das Königtum überall abgeschafft worden sein – Könige aus dem Hause der Elatiden in Orchomenos kennt nur der Schwindler Ps.-Plut. parall. min. 32 – an die Stelle traten in den Städten jedenfalls Aristokratieen. Mantineia, dessen Synoikismos vielleicht noch später anzusetzen ist, hat seinen Ruf als Musterverfassung (Polyb. VI 43) offenbar schon damals erworben, denn um 550 wurde von da aus Damonax auf Geheiss des delphischen Gottes als καταρτιστήρ nach Kyrene geschickt, wo er eine neue Phyleneinteilung vornahm und die Königsmacht auf die äusseren Ehren beschränkte, Herod. IV 161. Studniczka Kyrene 98. Ed. Meyer II 418. Mit einer ähnlichen Bitte hatten sich die Skilluntier an Mantineia gewandt (vor 570: Blass bei Collitz Dial. Inschr. I 1151 = IGA Add. 119. Busolt I² 490, 1).

Im allgemeinen vgl. für diese Zeit ausser den Genannten noch E. Kuhn Über die Entstehung der Städte der Alten 24–31 (besonders auch über das Namenwesen); einzelnes auch bei W. Vischer Kleine Schriften I 324f. Sehr reiches Material bei Busolt Die Lakedaimonier und ihre Bundesgenossen I 1878, 111–144, vielfach verbessert in desselben Griech. Gesch. I² 701ff. Manche gute Bemerkungen schon in der kurzen Übersicht bei Grote Griech. Gesch. übers. v. Meissner I 743–747.

2) ca. 550–371. – Die Arkader waren besiegt, aber Spartas Hegemonie durchaus noch nicht fest begründet. In dem vielgegliederten Berglande fand sich überall Anlass zu Sonderbestrebungen und Umtrieben. Die Versuche des Kleomenes, die Notabeln der Arkader (προεστῶτας τῶν Ἀρκάδων Herod. VI 74) am Styxwasser zu Nonakris auf seinen Namen zu vereidigen, um sich in A. eine zuverlässige, ihm allein ergebene Stütze für seine ehrgeizigen Pläne zu schaffen, scheiterte an der Wachsamkeit der Gegenpartei in Sparta. Noch war die Stimmung in A., selbst bei den in kluger Berechnung bevorzugten Tegeaten, die im Bundesheere stets den Ehrenplatz auf dem Flügel erhielten (Herod. IX 26), nicht völlig beruhigt, da kamen die Perser. Nach den Thermopylen nahm im J. 480 Leonidas 500 Tegeaten, 500 Mantineer, 120 Orchomenier und 1000 Mann aus dem übrigen A. mit, während an der Schlacht bei Plataiai nur Tegeaten und Orchomenier, diese freilich mit stärkeren Contingenten – 1500 und 600 Hopliten – beteiligt waren; diese beiden Städte sind daher auch auf dem delphischen Weihgeschenk verzeichnet (Herod. IX 26ff. Grab der Tegeaten: IX 85. Simonides frg. 102 und dazu Bergk PLG⁴ III 459. Busolt II¹ 376, 1. Delph. Weihgeschenk: Fabricius Arch. Jahrb. I 1886, 176). Die Mantineer kamen zu spät und wollten wenigstens die Verfolgung übernehmen, was jedoch Pausanias nicht gestattete; darauf kehrten sie zurück und verbannten ihre Anführer. Bald [1126] darauf kam es zum Bruch, möglicherweise nicht ohne Zuthun des geächteten Königs Leotychides (um 473? Busolt II 375. Paus. III 5, 6). Die Tegeaten erhoben sich, von den Argeiern unterstützt, wurden aber bei Tegea selbst aufs Haupt geschlagen (ca. 473/2?). Nun vereinigten sich alle Arkader ausser den Mantineern, aber die Spartaner erfochten bei Dipaia einen grossen Sieg trotz der Übermacht der Gegner. Im J. 468 waren die Iamiden von Stymphalos bereits stolz auf ihre ganz junge Familienverbindung mit den spartanischen Heroen; damals war also der Widerstand gegen Sparta schon im wesentlichen gebrochen (Herod. IX 35. Isocr. VI 99. Polyaen. I 41. Pind. Ol. VI mit U. v. Wilamowitz Isyllos 162–185). Bei der Belagerung von Ithome im dritten (vierten) messenischen Kriege leisteten die Mantineer den Spartanern gute Dienste (Xen. hell. V 2, 3) und auch mit den Tegeaten gelang es Sparta ein Bündnis zu schliessen, worin sich diese verpflichteten, die geflüchteten Messenier aus ihrem Land zu verweisen und keinen wegen seiner lakonischen Gesinnung zu töten (Aristot. πολ. Τεγ. frg. 592 Teubn. Busolt I² 710; nach Ed. Meyer II § 464 erheblich früher, s. o.). Tegea blieb nunmehr für lange der spartanischen Sache ergeben. Dafür vollzog sich in der Nachbarstadt Mantineia eine Wandlung. Sie musste mit Tegea den Besitz der Ebene von Tripolitza teilen, und die schwierigen Verhältnisse der Bewässerung und Entwässerung waren ein beständiger Anlass zum Hader; dann fügte man sich gegenseitig Schaden zu, indem man durch Verstopfen der Katavothren das Gebiet der Nachbarstadt überschwemmte, Thuc. V 65. Grote I 744. Diese Kirchturmspolitik bildete eine sehr viel stärkere Triebfeder als höhere nationale Gesichtspunkte, sie trieb Mantineia in den meisten Fällen in das den Tegeaten feindliche Lager, gleichgültig welches, damals also auf die Seite der Gegner Spartas. Vielleicht wurden erst damals die fünf Komen der Mantineer, die in der Ebene verstreut von einer Akropolis beherrscht waren, mit Unterstützung von Argos zu einer Stadt zusammengezogen (Strab. VIII 337), womit, wie in Argos, der Übergang von der aristokratischen Musterverfassung zur Demokratie Hand in Hand ging, Thuc V 29. Busolt II 374. Gilbert Staatsalt. II¹ 125ff. Damit war auch ein Aufschwung nach aussen verbunden. Während des archidamischen Krieges machten sie sich den Stamm der Parrhasier abhängig. Am Anfange des Winters 423/2 lieferten sie den Tegeaten eine Schlacht, die unentschieden blieb; beide Städte waren mit ihren Bundesgenossen ausgerückt, Thuc. IV 134. V 29. 33. Bald nach dem Nikiasfrieden schlossen die Mantineer und ihre Bundesgenossen ein Bündnis mit Argos ab, dem die Eleer und für kurze Zeit auch die Korinther beitraten; die Tegeaten blieben natürlich fern. Dass die Spitze gegen Sparta gerichtet war, bewiesen die Mantineer, indem sie den Ort Kypsela in der Skiritis als Ausfallsfort ausbauten. Freilich riefen die Parrhasier noch im Sommer 421 den spartanischen König Pleistoanax ins Land, der ihre Autonomie wiederherstellte und Kypsela schleifte, Thuc. V 27–35. Dafür kam im nächsten Frühjahr durch die Umtriebe des Alkibiades der Zutritt Athens [1127] zu der bisherigen Coalition Mantineia-Argos-Elis zustande (Thuc. V 44–47; Urkunde des hundertjährigen Bündnisses c. 47, ein Bruchstück der Stele bei Kirchhoff Herm. XII 1877, 368ff. und CIA IV p. 14f. nr. 46 a). Der Krieg war unvermeidlich. Im Sommer 418 zog Agis II. von Sparta mit den Bundesgenossen, unter denen auch die Tegeaten und andere Arkader waren, gegen Argos, begnügte sich aber damit, einen viermonatlichen Waffenstillstand zu schliessen und heimzukehren. Nun erst kamen die athenischen Hilfstruppen, zwangen Orchomenos zum Beitritt, wo die den Lakedaimoniern gestellten arkadischen Geiseln aufgehoben waren, und knüpften mit der antilakonischen Partei in Tegea an. Agis kam zum zweiten Male, um Tegea zu sichern; ausser den Skiriten waren in seinem Heere die Heraier, Mainalier und Tegeaten. Bei Mantineia fiel die Entscheidung zu Gunsten der Spartaner (Thuc. 48–74), worauf im Anfange des Winters 418 zwischen den Argeiern und Lakedaimoniern Frieden geschlossen wurde, welcher allen Städten des Peloponnes Autonomie sicherte. Bald ward daraus ein förmliches Bündnis (die Urkunden Thuc. V 77. 79). So allein gelassen, mussten auch die Mantineer Frieden schliessen, unter Verzicht auf ihre Herrschaft über die andern Städte (Thuc. V 81; Zeit nach Xen. hell. V 1, 2 erst ca. 416/5). Damit ist A. wieder völlig unter die Gewalt Spartas geraten, es leistet in allen Kriegszügen der Spartaner Heeresfolge; so z. B. Xen. hell. IV 2, 9ff. (394). Doch die reiche Volkskraft findet in dieser Zeit politischen Stillstands in der Heimat keine genügende Bethätigung; massenhaft gehen darum die Arkader in die Fremde, um sich als Söldner zu verdingen. Um diese Zeit begründen sie ihren Ruf, dass wer Hülfstruppen braucht, niemanden den Arkadern vorzieht (Xen. hell. VII 1, 23), wie ja auch ein erheblicher Teil der zehntausend Griechen des jüngeren Kyros aus Arkadern bestand. In Tegea wurde im J. 394 der prachtvolle neue Tempel der Athena von Skopas gebaut (s. Alea Nr. 4); dafür wurde gegen Tegeas Rivalin Mantineia bald nach dem Antalkidasfrieden der schwerste Schlag geführt. Da die Aufforderung an die Mantineer, ihre Mauern niederzureissen, nicht befolgt wurde, belagerte Hagesipolis die Stadt und erzwang die Übergabe durch Anstauung des Flusses Ophis, der mitten durch Mantineia floss. Nun wurde die Stadt zerstört und ihre Einwohner in die fünf alten Komen angesiedelt, deren jede im Kriegsfall einen besonderen ξεναγός zugeschickt erhielt (Xen. hell. V 2, 1ff. Diod. XV 5. 11. Paus. VIII 8, 7ff. E. v. Stern Gesch. der spartan. und theban. Hegemonie 1884, 26ff.; Zeit um 385). In anderen Städten gab es neue Wirren, indem dort die von Sparta unterdrückten demokratischen Parteien wieder aufkamen. So in Phigalia, einer Stadt, die durch ihre isolierte Lage immer eine gewisse Sonderstellung eingenommen hat. Die aristokratische Partei war vertrieben worden, sie besetzt im J. 375 einen befestigten Platz in der Nähe der Stadt, Heraia – nicht das bekannte – und bricht in Phigalia mordend ein, ohne sich jedoch festzusetzen (Diod. XV 40. Curtius Pelop. I 346).

3) 371–338. – Der Zusammenbruch der lakedaimonischen Hegemonie nach der Schlacht bei [1128] Leuktra hatte in A. einen ungeahnten Aufschwung der Einigkeitsbestrebungen zur Folge. Die Bewegung ging von Mantineia aus, der Stadt, die am tiefsten von Sparta gedemütigt war, und hatte ihre Seele in dem Staatsmanne Lykomedes. Zunächst wurde die zerstörte Stadt neuer und schöner begründet und mit Mauern umgeben, deren stattliche Reste noch heute nach denen von Messene genannt zu werden verdienen. Die Abmahnungen des alten Agesilaos blieben ohne Erfolg (Xen. hell. VI 5, 3; neuer Plan der Stadt: Bull. hell. XIV 1890 pl. I, dazu Text von Fougères 65ff.). Auf des Lykomedes Betrieb ging man noch im Jahre der Schlacht bei Leuktra an das grössere Werk, die Gründung einer Bundesstadt Megalopolis (Μεγάλη πόλις). Als Gründungsjahr werden in den verschiedenen Quellen 371, 370, 369 und 368 angegeben; in diesem Falle wird es methodisch erlaubt sein, den Beginn des Baues 371, den vorläufigen Abschluss desselben 368 zu setzen (v. Stern 157, 1). Nach der Stiftungsurkunde schickten die Städte Tegea (wo von den vier Namen zwei als Dittographie zu streichen sind), Mantineia, Kleitor und die Gaue der Mainalier und Parrhasier je zwei Oikisten. Vierzig sog. ‚Städte‘ sollten aufgelöst werden, um in der ‚grossen Stadt‘ aufzugehen, von den Mainaliern 10, den Aigyten (die sich jetzt von Sparta lossagten) 6, den Parrhasiern 8, den Kynuriern 4, dazu von den zu Orchomenos gehörenden Orten 3 und die sog. Tripolis (die Urkunde benutzt von Paus. VIII 27, 2ff., vgl. VI 12, 8, wo οὐ περιέχει – δόγμα; zu interpungieren; erklärt von Kuhn Entstehung der Städte der Alten 224ff.). Auch die wichtigsten Kulte A.s suchte man in der neuen Stadt zu vereinigen, indem man Filialen des Zeus Lykaios (Paus. VIII 30, 8), des Apollon Epikurios von Phigalia (ebd.) und anderer Götter gründete (Weil 27; bequeme Übersicht bei Immerwahr 267ff.). Plan und Topographie der Stadt haben viel durch die neuen englischen Ausgrabungen gewonnen: Journ. of hell. stud. 1892, suppl. II. Danach P. Herthum De Megalopolitarum rebus gestis et de communi Arcadum republica, Comm. phil. Jenens. V 1894, 49ff. 239ff. Mehr s. unter Megalopolis. Es war ein grossartiger συνοικισμός, und doch wurde die städtische Concentration keineswegs auch nur annähernd so weit durchgeführt, wie in Attika; denn nicht nur standen der Nordost und Westen A.s, namentlich Heraia und Orchomenos, dem ganzen Unternehmen fern, sondern es war auch von vornherein ausgemacht, dass Tegea, Mantineia, Kleitor ihr Stadtrecht behielten. Die höhere Einigung war dem neugegründeten (zweiten) arkadischen Bunde, κοινὸν τῶν Ἀρκάδων oder Ἀρκαδικόν vorbehalten, dessen Vorort nun Megalopolis wurde. Über seine Verfassung hatte Aristoteles in der κοινὴ Ἀρκάδων πολιτεία gehandelt, vgl. Weil Ztschr. f. Num. IX 1882, 26ff. Gilbert Griech. Staatsalt. II 133f. Die Entscheidung der Bundesangelegenheiten stand bei den μύριοι (einer fingierten Zahl, weshalb man jedoch noch nicht nötig hat μυρίοι zu schreiben, da wir aus Aristoteles sehen, dass fingierte Zahlen in Verfassungsentwürfen beliebt waren; Arist. frg. 483. Xen. hell. passim), welche im Thersilion, einem neuerdings ausgegrabenen, im Grundrisse dem Telesterion von Eleusis noch am meisten [1129] vergleichbaren grossen Saale tagten, den radienförmig von der Mitte ausgehende Säulen trugen (Paus. VIII 32. Journ. of hell. stud. a. a. O. und XIII 2, 1892/3, 319ff. [Benson]). Zur Verfügung der Bundesbehörde stand das Corps der 5000 ἐπάριτοι (Xen. hell. passim. Diod. XV 67. Steph. Byz. s. Ἐπαρῖται. Hesych. s. ἐπαρόητοι. U. Koehler Athen. Mitt. I 1876, 199f.), welches von einem (oder mehreren?) στρατηγός befehligt wurde (Xen. hell. VII 3, 1. Diod. XV 62. 67. Gilbert II 134, 2).

Im Vorliegenden ist das Ergebnis einer mehrjährigen Entwicklung zusammengefasst, auf die nochmals zurückzukommen sein wird. Heftige Parteikämpfe waren überall vorangegangen, namentlich in Tegea, dem bisherigen Bollwerk der spartanischen Hegemonie; dort hatte die nationale Partei mit Hülfe der Mantineer gesiegt. Diese machten auch einen missglückten Versuch, das feindliche Orchomenos zum Beitritt zu bewegen. Dafür gelang ein Zug gegen Heraia, während Agesilaos vor Mantineia nichts ausrichtete (Xen. hell. VI 5, 6–21. Diod. XV 59. v. Stern 158–160. Zeit: 370; vgl. Clinton-Krüger Fasti Hellenici 121 und Pomtow Athen. Mitt. XIV 1889, 19f.). Der militärische Mittelpunkt des Bundes ist zunächst Asea, Xen. hell. VI 5, 11. 15. Dass Heraia zu Sparta hielt, hatte seinen Grund in dem durch Kleombrotos vor der Schlacht bei Leuktra vollzogenen συνοικισμός (Strab. VIII 337). Unterdessen hatten sich die Arkader auch nach auswärtiger Hülfe umgesehen. Da Athen ablehnte (Diod. XV 62; Näheres über die Beziehungen zu Athen bei Swoboda Rh. Mus. XLIX 1894, 330ff.), wandte man sich nach Theben und fand williges Gehör. Dem Zuge des Epameinondas im J. 369 schlossen sich die Arkader an, zu denen auch die Grenzdistricte von Karyai, Aigys u. a. abfielen. Sie erfochten beim Überschreiten der Pässe einen Sieg, eroberten Pellene und plünderten die lakonische Ebene; im Winter verliefen sich die meisten nach Hause (Xen. hell. VI 5, 22. Diod. XV 62–65; die Beteiligung des thebanischen Corps unter Pammenes an der Gründung von Megalopolis, wie sie Paus. VIII 27, 2 darstellt, ist schwerlich richtig, v. Stern 157, 1 s. u.). Im folgenden J. 368 kam Epameinondas zum zweiten Male, Arkader, Argeier, Eleer fielen ihm zu. Die Arkader unternahmen auf Betrieb des Lykomedes einige erfolgreiche Züge nach Lakonien, wo sie einen Sieg bei Asine erfochten. Auch die Triphyler traten dem Bunde bei (vgl. Ps.-Scyl. Peripl. 44. Herthum a. a. O. 75f.), was den Anfang zu Verwicklungen mit den Eleern gab. Eine grosse Statuengruppe, wohl schon nach den Erfolgen von 369 bestellt, wurde als Weihgeschenk nach Delphi gesandt; in derselben sind auch Triphylien und der Nordosten A.s, dessen Beitritt noch erhofft wurde, durch Heroen vertreten (Xen. hell. VII 1, 15–26. Pomtow 23; s. Arkas). Aber noch im selben Jahre erfocht Archidamos von Sparta einen glänzenden Sieg über die Arkader, die sog. ἄδακρυς μάχη, nachdem er zuvor Karyai zurückerobert und das Gebiet der Parrhasier verheert hatte (Xen. hell. VII 1, 28f. Plut. Ages. 33). Unterdessen trat eine Verstimmung zwischen A. und Theben ein, da die Arkader sich nicht [1130] von Theben beeinflussen lassen wollten. Lykomedes vermittelte nun einen Bund mit Athen, das gleichfalls mit Theben unzufrieden war. Aber auf der Rückreise wurde er ermordet – ein schwerer Verlust für die arkadische Sache, Xen. hell. VII 4, 2f. Es folgten Friedensverhandlungen, die aber nur kurze Ruhe brachten. Im J. 365 brach ein neuer Krieg aus gegen Elis, während auch Archidamos von Sparta mit wechselndem Erfolge im Süden A.s operierte; die Arkader besetzten Olympia und lieferten während der Olympienfeier, unterstützt von den Argeiern und Athenern, in der Altis den angreifenden Eleern eine Schlacht, in der sie zuletzt den Sieg errangen (Sommer 364. Xen. hell. VII 4, 12–32. Goldmünzen des Bundes mit Πῖσα: Weil 30). Aber nun entstand Streit im arkadischen Lager: Mantineia protestierte dagegen, dass die ἐπάριτοι vom Bunde aus dem olympischen Tempelgut besoldet wurden; der Bund seinerseits bedrohte Mantineia mit Execution, sah aber zuletzt doch die Unrechtmässigkeit seines Verfahrens ein und unterliess die Soldzahlung ganz. Infolge dessen schlossen sich die ärmeren Elemente von den ἐπάριτοι aus, und die Truppe erhielt ein mehr aristokratisches Gepräge, Xen. hell. VII 4, 33ff. Dafür versuchten die Demokraten mit Hülfe eines thebanischen Detachements ihrer Sache in Tegea zum Siege zu verhelfen; das Unternehmen misslang, bot aber Epameinondas erwünschten Anlass zu neuer Einmischung. Die Spaltung in A. trat jetzt offen zu Tage. Die Mantineer und ihr Anhang, welche sich als die wahren Vertreter A.s gebärdeten, schlossen am Anfange des attischen Archontenjahres 362/1 ein Bündnis mit den Athenern, Achaeern, Eleern und Phleiasiern (Urkunde: U. Köhler Athen. Mitt. I 1876, 197–205 und Dittenberger Syll. 83), dem Sparta beitrat. Dagegen blieben die Megalopoliten (Aseaten, Pallantiner, u. s. w.) und Tegeaten auf Seiten der Boioter. Nach der Schlacht von Mantineia (August 362) wurde ein allgemeiner Friede geschlossen, an dem nur Sparta unbeteiligt blieb, Polyb. IV 33. Diod. XV 94 (für die ganze Zeit ist der Bericht Xenophons noch der beste, trotz der tendenziösen Verschweigung der Gründung von Megalopolis, Xen. hell. VII 5. v. Stern 213ff. 225ff. Köhler a. a. O. Schäfer Demosth. I² 124ff. Weil 29ff.). Bereits ein Jahr später brachen neue Unruhen aus; die in Megalopolis einverleibten Bürger versuchten in ihre alten Orte zurückzukehren, allein mit Hülfe der Thebaner unter Pammenes wurden die Megalopoliten der Bewegung Herr (Diod. XV 94; der Zug des Pammenes irrtümlich schon mit der Gründung von Megalopolis verbunden: Paus. VIII 27). Vielleicht fallen auch Ereignisse wie die von Pausanias ebenda berichtete Zerstörung von Trapezus in dieselbe Zeit. Merkwürdigerweise bildete sich in der Folgezeit eine Legende, wonach gerade die Trapezuntier ein grosser arkadischer Stamm und durch eine Reihe von arkadischen Gesamtkönigen die Träger des arkadischen Einheitsgedanken in alter Zeit gewesen waren. Aber es ist ein ruchloses Geschlecht, das in dem Ende des Aristokrates seine gerechte Strafe trifft, Paus. VIII 1–5. Hiller v. Gaertringen Festschr. des Gymnas. zu Jauer 1890, 53ff. Die litterarische [1131] Fixierung der Fälschung fällt frühestens in die Zeit des Agis IV. von Sparta, denn der schwindelhafte Bericht von der Schlacht bei Mantineia (um 245, s. u.) bei Paus. VIII 8, 11. 10, 4ff. mit der auffallenden Hervorhebung der Iamiden ist genau in demselben hieratischen Stile gehalten wie die mit der arkadischen Königsliste zusammenhängende Darstellung des zweiten messenischen Krieges. Megalopolis als Stadt war festbegründet; seine Stellung als Vorort A.s trat immer mehr zurück; charakteristisch aber blieb während zweier Jahrhunderte die erbitterte Feindschaft gegen Sparta. König Archidamos versuchte im J. 352 vergeblich, die Stadt zu erobern, der Messenien, Argos, Sikyon, Theben beistanden, während Athen sich ablehnend verhalten hatte (Diod. XVI 39. Paus. VIII 27, 9. IV 28, 2. Demosth. ὑπὲρ Μεγαλοπ. [XVI]. Schaefer Demosth. I² 510ff.). Bei dieser Bedrohung durch äussere und innere Gegner wandten sich die Blicke der Megalopoliten schon früh der wachsenden Macht Makedoniens zu. Sie blieben neutral, als bei Chaironeia die Entscheidung fiel (338), wofür sie Demosthenes heftig tadelt, Polybios dagegen in Schutz nimmt (Dem. XVIII 295. 304. Polyb. XII 14. Paus. VIII 6, 2. 27, 10. Schaefer II 553f.; vgl. I 320f. II 167f. 170f.). Nach dem Bundestage in Korinth traf Philipp mit Heeresmacht in A. ein.

4) 338–233. – Philipp wurde in A. gut aufgenommen und zeigte sich dafür erkenntlich. Er überliess die Entscheidung über die lakonischen Grenzbezirke einem Schiedsgericht, welches den Megalopoliten die Belminatis, den Tegeaten wahrscheinlich die Skiritis und Karyai zusprach. In Megalopolis erbaute Philipp die στοὰ Φιλίππειος (Paus. VIII 7, 4. Liv. XXVIII 34. Polyb. XII 14 [Erwerbungen]. Paus. VIII 30, 6 [στοὰ Φιλίππειος]. 7, 4 [Lagerplatz Philipps bei Mantineia]). In dem kurzen Freiheitstaumel nach Philipps Tode wollten jedoch auch die Arkader losschlagen, ohne auf eine abmahnende Gesandtschaft Antipaters zu hören; aber ihr Contingent kam jedenfalls zu spät, und nach der Zerstörung Thebens beeilten sie sich, durch Bestrafung der Anstifter ihre Schuld zu sühnen, Dinarch. I 18ff. Arr. I 10, 1. Schäfer III 133f. Nochmals erhoben sich die Arkader im J. 331 nach den ersten Erfolgen des Agis von Sparta gegen Antipater; nur Megalopolis beteiligte sich nicht und wurde von Agis belagert; aber Antipater brachte Ersatz und schlug die Spartaner. Megalopolis erhielt eine Kriegsentschädigung von 120 Talenten und eine oligarchische Verfassung, um den makedonischen Einfluss zu sichern, während andererseits die letzten Reste einer arkadischen Bundesverfassung durch das Verbot der κοινοὶ σύλλογοι beseitigt wurden. Aeschin. III 165. Diod. XVII 62f. XVIII 68. Hyperid. in Demosth. frg. XVI (XVII). Droysen Hell. I 1, 395ff. 2, 280. Schäfer Demosth.² III 202 V 212ff. Niese Gesch. griech. u. maked. Staaten I 105ff. und oben Bd. I Sp. 819 unter Agis Nr. 3). Während des lamischen Krieges blieben die Arkader ruhig, obwohl sie eine athenische Gesandtschaft zum Anschluss zu bewegen versuchte (Phyl. frg. 65, FHG I 354. Paus. VIII 6, 2. 27, 10. Schäfer III 369). Nach Antipaters Tode ergab sich A. dem Polyperchon, den Antipater selbst zu seinem Nachfolger bestellt hatte, Megalopolis [1132] allein hielt zu Kassandros und ertrug für seine Sache auch eine schwere Belagerung (Diod. XVIII 68ff. Niese I 244f. Zeit: 318). Allmählich errang Kassandros erhebliche Vorteile; wenn er auch im J. 316 die Belagerung von Tegea abbrechen musste, so eroberte er doch 315 Stymphalos und Orchomenos, und der Friede von 311 sicherte ihm den Besitz des ganzen Peloponnes (Diod. XIX 35. 64. Niese 303). Erst im J. 303 bereitete das Erscheinen des Demetrios Poliorketes der Macht des Kassandros ein Ende. Er kam als Befreier; ganz A. ausser Mantineia fiel ihm zu, Diod. XX 103. Niese 337, 2. Nach der Schlacht bei Ipsos 301 und dem Tode Kassanders 297 blieben die Arkader sich selbst überlassen; während der Keltennot rührten sie sich nicht, Paus. VIII 6, 2. Der Besieger der Gallier, Antigonos Gonatas, stellte auch in A. das makedonische Ansehen wieder her; er soll die von den Spartanern vertriebenen Megalopoliten wieder zurückgeführt haben (Euseb. vers. Armen. 1731 a. Abr. II 118 Schoene. Liv. XXXII 22. v. Wilamowitz Antigonos 258f.). Megalopolis hielt daher auch zur Zeit des chremonideischen Krieges treu zu Makedonien, während sich die Tegeaten, Mantineer, Orchomenier, Phi(g)alier, Kaphyeer mit Eleern, Achaeern und Kretern den Athenern anschlossen, die mit Areus von Sparta und Ptolemaios verbündet waren. Die Bündnisurkunde giebt für A. ein Bild der vollständigsten Zersplitterung, CIA II 332. Droysen III 1, 233f. Durch diesen Krieg wurde nur die makedonische Macht gefestigt, und in demselben Sinne wirkte die Tyrannis des Aristodamos in Megalopolis. Ein energischer Herrscher, dem man den Beinamen Χρηστός gab, der nach aussen den Angriff des Akrotatos abwehrte und im Innern glänzende Bauten ausführte, wurde er doch von zwei philosophischen Schwärmern ermordet, und damit fand die makedonische Herrschaft ein Ende, gerade in der Stadt, die ihr Hauptstützpunkt gewesen war. Die Befreiung von Sikyon, das Aufkommen Arats, die Stiftung des achaeischen Bundes, der im alten arkadischen in vieler Hinsicht sein Vorbild hatte, waren die nächsten Folgen (Paus. VIII 27, 11. Plut. Agis 3; weiteres s. u. Aristodamos und Akrotatos. Droysen III 2, 337f. R. v. Scala Die Studien des Polybios I 1890, 53; arkadischer und achaeischer Bund: Dubois Les ligues étoliennes 53, 1). In A. wurde nun für kurze Zeit der alte Bund erneuert (dritter arkadischer Bund), wie uns ein Proxeniedecret ‚aller Arkader‘ für den Athener Phylarchos lehrt. Den Beschluss fassen die βουλὰ τῶν Ἀρκάδων und die μύριοι, unterzeichnet sind die δαμιουργοί, und zwar von Megalopolis 10, Tegea, Mantineia, Orchomenos, Kleitor, Thelphusa, Heraia, Kynuriern je 5, Mainaliern 3, Lepreon 2 (Dittenberger Syll. 167 = Collitz Dialektinschr. 1181. Klatt Forschungen zur Gesch. des achaeischen Bundes I 1877, 93ff. Weil Ztschr. f. Num. IX 38ff. Herthum 85ff.). Es waren damals also die Kynurier und ein Teil der Mainalier von Megalopolis abgetrennt; im Süden fehlte Phigalia, im Norden Psophis (zu Elis: Polyb. IV 70) und Kynaitha; im Nordosten Pheneos, Stymphalos, Kaphyai, Alea. Freilich hat Dittenherger nachträglich (Syll. S. 661) das Decret in die Zeit des zweiten Bundes (nach 371) [1133] hinaufgerückt, und andere sind ihm gefolgt, z. B. Swoboda Rh. Mus. XLIX 1894, 330ff. Damit würde das einzige Zeugnis für den dritten Bund beseitigt sein. Doch vor der Entscheidung der Frage wäre eine Nachprüfung der Inschrift auch auf ihren Schriftcharakter dringend zu wünschen. In diese Zeit, um 245, würde der Einfall des Agis IV. von Sparta fallen, der Megalopolis belagert haben und bei Mantineia vom arkadischen Bundesheere unter Lydiadas und Leokydes mit Hülfe des achaeischen Bundes geschlagen sein soll, wenn diese ganze Tradition nicht höchst verdächtig und in vielen Punkten nachweisbar falsch wäre (Manso Sparta III 2, 123ff. Niese unter Agis Nr. 4 oben Bd. I S. 821.) Wahrscheinlich bereitete die Tyrannis des Lydiadas (von etwa 244 ab) dem Dasein des Bundes ein Ende. Es war ein tüchtiger Mann, der in richtiger Einsicht in die Verhältnisse nach zehn Jahren seine Macht niederlegte und den Beitritt der Stadt zum achaeischen Bunde erwirkte (Paus. VIII 27, 12 mit falscher Zeitbestimmung. Droysen III 2, 32ff.; im übrigen s. Achaia). Das Gebiet von Megalopolis wurde freilich unter seiner Herrschaft durch Abtretung von Aliphera an Elis verkleinert, woraus hervorgeht, dass Triphylien schon früher von Arkadien losgetrennt war.

5) 234/3–146 v. Chr. – Der Zutritt von Megalopolis, dem bald die meisten anderen arkadischen Städte folgten, hatte für den achaeischen Bund eine hohe Bedeutung, namentlich auch durch die Persönlichkeit des Lydiadas, der mehreremale zum Bundesstrategen gewählt wurde, aber bald die Eifersucht des Arat erregte. Er fiel im Kampfe gegen Kleomenes von Sparta, der den Bund tief zerrüttete und namentlich A., das, wie so oft, den Kriegsschauplatz abgab, schwer schädigte. Die Landschaft war gespalten: Tegea (vgl. Le Bas II 340 b), Mantineia, Orchomenos (über dessen Zutritt zum achaeischen Bunde s. Dittenberger Herm. XVI 176ff. und Syll. 178) gehörten zeitweilig zum aitolischen Bunde, dann zum Reiche des Kleomenes (Polyb. II 46. Droysen III 1, 69: um 229/8); ebenso war Phigalia aitolisch (Polyb. IV 3, 6. Dittenberger Syll. 181). Megalopolis wurde von Kleomenes erobert und verwüstet – damals machte ein Komiker den Witz ἐρημία μεγάλη ’στὶν ἡ Μεγάλη πόλις (Kock CAF III 449, 211, von Strabon VIII 388 verkehrt auf seine Zeit bezogen) – Mantineia nach wechselvollen Schicksalen von Antigonos Doson. Dieser, von Arat gerufen, machte der Herrschaft des Kleomenes in der Schlacht bei Sellasia (222 oder 221) ein Ende; am Siege hatte der junge Philopoimen von Megalopolis ein Hauptverdienst. Nach dem Kriege blieb Orchomenos makedonisch (Polyb. IV 6); Mantineia lebte als Antigoneia wieder auf (Plut. Arat. 45. Paus. VIII 8, 11. Le Bas II 340b. 352. Münzen); Megalopolis wurde wiederaufgebaut, erhielt neue Gesetze durch den Peripatetiker Prytanis, den Antigonos bestellt hatte (Polyb. V 93), und neue Stadtmauern, zu denen von nah und fern Beiträge einliefen, deren Bau jedoch wegen der ungeheuren Ausdehnung der Stadt an die fünfzig Jahre sich hinzog (Le Bas II 331 c d e; eine Inschrift von Magnesia am Maeander um 194 erwähnt einen Beitrag dieser Stadt zum ἰντειχισμός von [Megalopolis]; s. u.; [1134] Perseus verspricht um 174 Geld zu demselben Zwecke, Liv. XLI 20). In Tegea erneuerte Antigonos die πάτριος πολιτεία, d. h. wohl die aristokratische oder oligarchische Verfassung (Polyb. IV 70). Den allgemeinen Frieden, den Antigonos stiftete, störten bald nach seinem Tode (221) die Aitoler, die von Phigalia aus Messenien und A. beunruhigten und bei Kaphyai die Achaeer unter Arat besiegten (Polyb. IV 10ff. Curtius Pelop. I 227). Sie eroberten zeitweilig Kynaitha, brandschatzten Lusoi, nahmen Gortyna im Gebiet von Thelphusa ein (Polyb. IV 17ff.), und von Süden her drängte König Lykurgos von Sparta. Der achaeische Bund erwies sich immer ohnmächtiger; mehrere altachaeische Städte, wie Tritaia, stellten ihre Zahlungen an den Bund einfach ein; dies wussten später die Arkader zu benutzen, Polyb. IV 60. Ordnung und Sicherheit vor den Aitolern schaffte erst im J. 218 der Siegeszug Philipps V. von Makedonien, der die Aitoler bei Stymphalos schlug, Psophis eroberte und in sechs Tagen die Festungen Triphyliens einnahm. Der Friede mit den Aitolern 218/7 sicherte den damaligen Besitzstand; Philipp liess einen ἐπιμελητής in Triphylien, behielt Orchomenos, Heraia und Aliphera für sich, während er Lasion und Psophis den Achaeern gegeben hatte (Polyb. IV 67–78. V 103, 7. Dubois 73; dass Philipp im J. 207 die letztgenannten Orte den Achaeern zurückgab, wie Liv. XXVIII 8 sagt, kann nicht richtig sein). Das Ansehen des achaeischen Bundes wurde wieder etwas durch die kriegerischen Erfolge des Philopoimen erhöht, der im J. 207 bei Mantineia den spartanischen Tyrannen Machanidas schlug (Fougères Bull. hell. XIV 1890, 81f.). Während des zweiten makedonischen Krieges bot Philipp den Achaeern die Rückgabe der von ihm besetzten peloponnesischen Plätze an, um sie auf seiner Seite zu halten (im J. 199; Liv. XXXII 5); allein bereits 198 beschloss die Tagsatzung von Sikyon den Anschluss an das römische Bündnis, und nach der Schlacht bei Kynoskephalai (196) wurden Heraia und Triphylien dem achaeischen Bunde zurückgegeben (Liv. XXXII 19ff. XXXLII 34. Polyb. XVIII 47, 10). Rom und die römerfreundliche Partei im achaeischen Bunde, die von Aristainos vertreten wurde, hatte gesiegt, aber in Megalopolis waren die alten makedonischen Sympathien wieder aufgelebt; die Vertreter der Stadt hatten schon 198 gegen den Abschluss des Bündnisses durch Verlassen der Versammlung protestiert. Solange ein römisches Heer in Griechenland war, konnte man keine weiteren Schritte wagen; nach der Abfahrt des Flamininus im Frühjahr 194 aber waren die Griechen sich selbst überlassen. Damals muss sich eine Wandlung vollzogen haben, deren ephemeres Ergebnis uns eine Inschrift von Magnesia am Maeander darstellt, welche mir O. Kern mitteilt (erwähnt von R. Kekulé Arch. Jahrb. IX 1894 Anz. 78). Es ist der Beschluss einer arkadischen Stadt, vermutlich von Megalopolis, welchem die anderen Arkader sich anschliessen (ἀκολούθως δὲ ἔδοξεν ψηφίσασθαι καὶ τοῖς ἄλλοις Ἀρκάσιν) Folgen die Namen: im Osten Tegea (die feindliche Nachbarstadt Antigoneia-Mantineia fehlt wieder einmal), Orchomenos, Alea, Stymphalos; im Norden Pheneos, Kynaitha, Lusoi, Kleitor, Psophis; im Westen [1135] Thelphusa, Heraia, Phigalia; im Innern Methydrion und Kaphyai. Dazu kommt aber noch die sonst nie mit Arkadien verbundene Stadt Phleius und die achaeischen Karyneia (Καρυννεῦσιν), Tritaia und Pellana (schwerlich das lakonische). Es ist also keinesfalls eine rein landschaftliche Vereinigung, sondern eine politische Neubelebung, die vierte, des arkadischen Bundes. Im J. 194 oder 193 liess sich der Faustkämpfer Hegesarchos aus Tritaia, der in Olympia siegte, als Arkader ausrufen. Damit ist die Statue der Söhne des Polykles, wohl der bei Löwy Inschr. griech. Bildh. nr. 242 genannten, datiert. Zur Frage vgl. Brunn Gesch. griech. Künstl. I² 375f. Robert Herm. XIX 1884, 301ff. Löwy Inschr. griech. Bildh. nr. 242 und Einl. S. XXIIff. Gurlitt Pausanias 363. Dasselbe wird für den ‚Azanen‘ Philippos von Pellana gelten; denn das lakonische Pellana wäre doch nie den Azanen, die im Nordwesten von Arkadien wohnten, zugeteilt worden (Paus. VI 8, 5; anders Löwy Inschr. griech. Bildh. nr. 126; zu der daselbst angeführten Litteratur vgl. noch Gurlitt Pausanias 411). Aber auch dieser neue Bund hatte nur kurzen Bestand. Während Philopoimen als echter arkadischer Landsknecht in Kreta Kriegsruhm suchte, wurde Megalopolis von Nabis so schwer bedrängt, dass die Bewohner sich nicht getrauten, die Stadt zu verlassen, und ihr Getreide auf den Gassen bauten. Philopoimen kehrte zurück und wurde wegen seiner Entfernung in der Zeit der Not zur Verantwortung gezogen. Da kam der achaeische Stratege Aristainos nach Megalopolis und brachte alles in Ordnung. Der arkadische Bund löste sich auf, die zu ihm gehörenden Städte traten dem achaeischen Bunde von neuem bei, Philopoimen erhielt von seiner Vaterstadt Indemnität und wurde für 192 zum Strategen des achaeischen Bundes ernannt, um in dessen Namen den Krieg gegen Nabis zu führen. Um die Zahl der arkadischen Stimmen im Bundesrate zu vermehren, auch wohl um die Urheberin des Abfalls vom achaeischen Bunde zu treffen, machte Philopoimen in Anknüpfung an die Zustände vor 371 eine grosse Anzahl von Komen der Stadt Megalopolis wieder zu selbständigen Städten. Aus dieser Zeit wird das achaeische Bundesgeld aus 11 früher zu Megalopolis gehörigen Orten stammen: Aliphera und Gortys in der Kynuria, Dipaia, Pallantion, Asea, Elisphasioi, Kallista in der Mainalia, Methydrion, Theisoa, Teuthis im ehemaligen Gebiet von Orchomenos. So wird das dunkle Kapitel Plut. Philop. 13 durch die neue Inschrift und die Münzen (Weil 222ff. Head HN 352) verständlich. Eine Entschädigung erhielt Megalopolis im J. 188 aus dem eroberten Gebiet von Sparta (Liv. XXXVIII 34 = Plut. Philop. 16 [Polyb.]). Im übrigen geht die Wirksamkeit des Philopoimen bis zu seinem Tode (183) ganz im achaeischen Bunde auf, der zeitweilig den ganzen Peloponnes umfasste. Auch in der letzten Zeit des achaeischen Bundes spielen die Arkader meist eine ehrenvolle Rolle; namentlich Lykortas von Megalopolis und sein Sohn, der Historiker Polybios. Wie sehr der letztere in seinem Charakter und seinen Anschauungen aus den Verhältnissen seines arkadischen Heimatlandes erwachsen ist, zeigt die treffliche Darstellung von R. v. Scala Die [1136] Studien des Polybios I 1890, 11ff. Alles Nähere s. Achaia.

6) Von 146 v. Chr. ab. – Nach der Zerstörung von Korinth löste Mummius die συνέδρια κατὰ ἔθνος τὰ ἑκάστων auf, aber einige Jahre später (ἔτεσιν οὐ πολλοῖς ὕστερον – ziemlich vager Ausdruck) wurden sie wieder gestattet, Paus. VII 16, 9. Marquardt Röm. St.-Verw.² 326. Dies bedeutet für A., dass zunächst die Zugehörigkeit seiner Städte zum achaeischen Bunde mit diesem selbst ein Ende fand, dass aber später ein κοινὸν τῶν Ἀρκάδων (zufällig bezeugt aus dem J. 212 n. Chr.: Arch. Ztg. XXXVII 1879, 139, 274) mit einem συνέδριον τοῦ Ἀρκαδικοῦ, das aus dem συνέδριον τοῦ Ἀργολικοῦ zu erschliessen ist, wiederhergestellt wurde (der fünfte arkadische Bund). Der alte landschaftliche Zusammenhang, der oft zersprengt war und trotzdem in der Empfindung der Bewohner immer bestanden hatte, wurde so unter Roms Herrschaft wieder erneuert. Die strittigen Grenzgebiete, die Belminatis (Paus. VIII 35, 4) und Karyai (III 10, 7), fielen an Lakonien zurück, während Stymphalos (Paus. VIII 22, 1) und Alea (VIII 23, 1) dem argolischen Bunde zugeteilt wurden. Freilich lag A. wie ganz Griechenland darnieder. Nicht in dem Grade, wie es Strabon schildert, der nie in A. gewesen ist (VIII 388) und nur für Tegea und das Lykaion noch eine gewisse Existenz zugiebt, und der Redner Dio, der A. ἀνάστατος nennt (XXXIII 25). Aber auch in der Beschreibung, die Pausanias aus wirklicher Autopsie giebt, lesen wir überall Klagen über Rückgang und Verfall. Die von Philopoimen geschaffene Zersplitterung wurde beseitigt, es entstanden wieder grössere Stadtgebiete, und namentlich Megalopolis erhielt fast alles Land, was ihm bei seiner Gründung zugesprochen war. Zur Zeit des Hadrian gehörten zum Bunde die Städte Megalopolis, Tegea, Mantineia, Orchomenos, Kaphyai, Pheneos, Kynaitha, Kleitor, Psophis, Thelphusa, Heraia, Phigalia. Mantineia tauschte erst jetzt seinen alten Namen gegen Antigoneia ein, als eine der zahlreichen Vergünstigungen, die die Stadt von Hadrian als Mutterstadt der bithynischen Heimat des Antinoos erhielt (Paus. VIII 9, 7; vgl. 8, 12; 10, 2; 11, 8). Antoninus Pius gab auch Pallantion Autonomie und sogar Steuerfreiheit, um die Heimat des alten Sagenkönigs Euander zu ehren (Paus. VIII 43, 1; Karte A.s zur Zeit des Pausanias bei Curtius Peloponnesos I Taf. II; vgl. jetzt auch Heberdey Die Reisen des Pausanias in Griechenland, Abh. arch.-ep. Sem. Wien X 1894, 80ff.). Noch später muss Lykosura Stadtrecht erhalten haben, wie es das Münzrecht bezeugen würde. Von Mantineia, Orchomenos, Pheneos, Kleitor, Stymphalos, Kaphyai, Psophis, Thelphusa, Heraia, Megalopolis, Lykosura, Phigalia, Tegea sind Münzen aus der Zeit des Septimius Severus und Caracalla erhalten, Imhoof-Blumer und P. Gardner Numismatic commentary on Pausanias 1886, 93–109. Ein kulturhistorisch interessantes Feld der damaligen Zustände bietet die verständige Zusammenstellung bei W. Gurlitt Über Pausanias, 1890, 226–231. So mag der arkadische Bund in friedlicher Bedeutungslosigkeit fortbestanden haben bis zur Neuordnung der Reichsverhältnisse durch Diocletian. Für die spätere [1137] Zeit, in der Megalopolis Bischofsitz war, sammelt einige Nachrichten Herthum 107f. Danach bestanden die Städte Megalopolis, Tegea, Phigalia und Thelphusa noch gegen Ende des 7. Jhdts.; erst der Einbruch der Slaven um die Mitte des 8. Jhdts. bedeutet hier das Ende der antiken Kultur.

A., personificiert auf einem die Auffindung des Telephos darstellenden pompeianischen Wandgemälde (Helbig nr. 1143).