RE:Augures

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Römische Priesterschaft
Band II,2 (1896) S. 23132344
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Augures.

I. Etymologie.

Über die von alten und neuen Gelehrten auf verschiedenen Wegen versuchte Herleitung der Worte augur und augurium ist auch heute eine Einigung noch nicht erzielt worden. Diese Versuche gehen im wesentlichen (isoliert stehen Deutungen wie die von Lindemann Corp. gramm. II p. 299 von einer Wz. aug ,sehen‘, K. Ebel Ztschr. f. vgl. Sprachf. IV 443f. und J. Schmidt Verwandtschaftsverh. d. indog. Sprach. 54 von derselben Wurzel wie αὐχεῖν, εὔχεσθαι u. a.) nach zwei Richtungen auseinander. Einmal erschien es sehr ansprechend, das Wort augur mit augustus in etymologischen Zusammenhang zu bringen (so nicht nur Ovid. fast. I 609ff. sancta vocant augusta patres ... huius et augurium dependet origine verbi, sondern offenbar schon Ennius ann. frg. 389 Baehr. augusto augurio postquam inclita condita Roma est; vgl. Valeton Mnemos. XX 341f.), und demgemäss hat neuerdings A. Zimmermann (Arch. f. Lexik. VII 435f.) nach Analogie von venus:venustus, robur:robustus aus augustus ein Substantivum *augus (augur) erschlossen, das ursprünglich abstract ,Mehrung, Segen‘, dann den segenspendenden Priester bezeichnet habe; augur würde also zu augere zu stellen sein (über augustus von augere vgl. Corssen Ztschr. f. vgl. Sprachf. III 269ff.), mit welchem Worte den Namen [2314] in andrer Weise neuerdings auch V. Spinazzola (Atti d. R. Accad. Napoli XVI 2, 11ff. und bei Ruggiero Dizion. epigr. I 778f.; vgl. Nissen Templum 5, 1. Herzog Röm. Staatsverf. I 81, 1) verbindet, indem er augur = auctor(vgl. Cic. de leg. II 31 ius augurum cum auctoritate coniunctum; de har. resp. 18 rerum bene gerundarum auctoritates augurio .. contineri) fasst. Auf der andern Seite aber ist sachlich wie sprachlich die Gleichung mit auspex, auspicium unabweisbar und, da über die Deutung dieser Worte als avi-spex, avi-spicium ein Zweifel nicht bestehen kann, die Fassung von augur als avi-gur gegeben: das war auch die im Altertume herrschende Erklärung, wenn man auch in der Erklärung des zweiten Bestandteiles schwankte, den man mit garrire (Fest. ep. p. 2 ab avium garritu; vgl. Regnaud Rev. de l’hist. d. relig. XIV 1886, 67) oder gustus (Suet. Aug. 7 ab avium gestu gustuve; vgl. Vaniček Etym. Wörterb. d. lat. Sprache 86; anders Lange Altert. I³ 332), überwiegend aber mit gerere zusammenbrachte (Fest. a. a. O. augur ab avibus gerendoque dictus, quia per eum avium gestus edicitur. Serv. Aen. V 523 augurium dictum quasi avigerium quod aves gerunt. Suet. a. a. O., gebilligt von Rubino Untersuch. üb. röm. Verf. u. Gesch. 40, 4. Mommsen Staatsr. I 101, 2. Valeton Mnemos. XVII 421f.), wozu die durch Priscian. I 36 bezeugten Formen auger und augeratus stimmen. Da eine Vereinigung beider Richtungen, die im Altertume in der Weise versucht wurde, dass man auch das Wort augustus als avi-gustus verstand (Suet. a. a. O.), unmöglich ist, nötigt die völlig schlagende Analogie von auspex, auspicium den Zusammenhang mit augustus (bezw. auctor) aufzugeben und augur als avi-ger zu fassen, obwohl die Herleitung des zweiten Bestandteils noch nicht in überzeugender Weise gelungen ist. Die Griechen geben den Namen durch Zusammensetzungen mit οἰωνός wieder, so durch οἰωνισταί (Cass. Dio XLII 21. XLIX 16), οἰωνοπόλοι (Dion. Hal. ant. II 64). οἰωνοσκόποι (Dion. Hal. III 70. 71. CIG add. 3865), οἰωνομάντεις (Dion. Hal. III 69), ἐπ’ οἰωνοῖς ἱερεῖς (Plut. Q. R. 72. 99) u. a.; doch scheint keine dieser Übersetzungen officiell recipiert gewesen zu sein, denn das Monum. Ancyr. gr. 4, 5 hat αὔγουρ.

II. Wesen und Gattungen des Augurates.

Wenn Cicero de leg. II 20 die Priesterschaft, welcher er seit dem J. 701 = 53 selbst angehörte, bezeichnet als interpretes Iovis optimi maximi, publici augures, so giebt diese Definition in aller Kürze das Wesentliche. Einmal scheidet sie das Staatspriestertum des Augurates (augures publici auch Varro de l. l. V 33. Cic. epist. VI 6, 7; augures populi Romani ebd. XIII 14, 1; augures publici populi Romani Quiritium häufig inschriftlich, CIL VI 503. 504. 511. 1449. X 211. 1695f. 1700. 4752) deutlich aus aus der grossen Zahl privater oder municipaler Augurn. Denn da in älterer Zeit die Einholung der Auspicien (s. Auspicium) auch im Privatleben in weitem Umfange stattfand, so stand dem Paterfamilias bei diesem Acte der private Augur ebenso als Sachverständiger zur Verfügung, wie dem Magistrat der Staatsaugur; als ein solcher Augur privater Mission ist z. B. der Attus Navius der Sage (Cic. de divin. I 30ff. Liv. I 36. Dion. Hal. ant. II 70) gedacht (vgl. [2315] insbesondere Dion. Hal. a. a. O. οἰ τῆς πόλεως οἰωνομάντεις οὐκ ὄντα ἐκ τοῦ συστήματος παρεκάλουν αὐτὸν διὰ τὴν ἐπιτυχίαν τῶν μαντευμάτων καὶ οὐθὲν ὅτι μὴ δόξειεν ἐκείνῳ προὔλεγον), und noch Nigidius Figulus schreibt ein mehrbändiges Werk über das augurium privatum (in libro primo augurii privati Gell. VII 6, 10); im übrigen aber entzieht sich dieses private Augurngewerbe näherer Kenntnis, wir haben darüber keine Quellen, als ein paar abfällige Bemerkungen in der älteren römischen Litteratur (haruspicem augurem hariolum Chaldaeum ne quem consuluisse velit Cato de agric. 5, 4; Augur als Komoedientitel bei Afranius, Pomponius und Laberius), bei denen nicht einmal feststeht, ob augur überall im technischen Sinne und nicht vielmehr einfach gleichbedeutend mit vates gebraucht ist (wie z. B. sicher Acc. 169 nil credo auguribus von Kalchas u. a.; über die Verwendung des Wortes augur bei Cicero Valeton Mnemos. XVIII 216, 2). Thatsächlich aber ist die Kunst der Augurn von jeder andern Art von divinatio streng unterschieden. Zwar war in Ciceros Zeit unter zwei angesehenen Mitgliedern des Augurncollegiums eine heftige wissenschaftliche Polemik über Aufgabe und Grenzen der auguralen Divination entbrannt, indem Appius Claudius Pulcher (Cos. 700 = 54) in einem dem Cicero gewidmeten (Cic. epist. III 4, 1) mehrbändigen Werke de disciplina augurali (Fest. p. 298 Ap. Pulcher in auguralis disciplinae libro I) die Ansicht verfocht, dass die Auguraldisciplin eine wirkliche Erkundung der Zukunft bezwecke (praesensio aut scientia veritatis futurae Cic. de div. I 105), während sein Gegner C. Claudius Marcellus (Cos. 704 = 50) in ihr nur ein Werkzeug in den Händen des Staatsmannes sah (die Acten über den Streit bei Cic. de div. I 105. II 75; de leg. II 32f., dessen eigene Stellung zu der Frage eine sehr schwankende und unsichere ist). Eine solche Meinungsverschiedenheit konnte erst aufkommen zu einer Zeit, wo das Wesen der Auguraldisciplin den Augurn selbst nicht mehr verständlich war (Cic. de div. I 25 auspicia, quae quidem nunc a Romanis auguribus ignorantur, und mehr bei Marquardt Staatsverw. III 66, 4); denn dass es sich bei der Thätigkeit der Augurn niemals darum handelte, einen Blick in die Zukunft zu thun (Cic. de div. II 70 non enim sumus ii nos augures, qui avium reliquorumve signorum observatione futura dicamus) oder auch nur verborgene Gründe gegenwärtiger Thatsachen festzustellen, sondern nur darum, aus gewissen Zeichen die Zustimmung der Götter zu einer bestimmten Handlung bezw. das Gegenteil zu erkennen, zeigt die in ihren Hauptzügen noch deutlich erkennbare Lehre von den Auspicien unwiderleglich; daher werden die Augurn auch ihrem ganzen Wesen nach streng geschieden einerseits von den eigentlichen Opferpriestern und speciell den Pontifices, denen die Bewahrung des gesamten Rituals obliegt, andererseits von den priesterlichen Trägern anderer Divinationsgattungen, namentlich den X (XV) viri sacris faciundis und den Haruspices (vgl. namentlich Cic. de har. resp. 18 maiores ... qui statas sollemnisque caerimonias pontificatu, rerum bene gerendarum auctoritates augurio, fatorum veteres praedictiones Apollinis vatum libris, portentorum expiationes Etruscorum [2316] disciplina contineri putaverunt; mehr bei Regell De augur. publ. libris 3ff.); mit den beiden letztgenannten haben sie gemeinsam, dass sie interpretes sind (von den Quindecimvirn z. B. Cic. de leg. II 20 unum – genus sacerdotum – quod interpretetur fatidicorum et vatium ecfata incognita; von den Haruspices Cic. de nat. deor. II 12 deorum autem interpretes sunt); aber im Gegensatze zu der griechischen Orakelweisheit der Quindecimvirn und der disciplina Etrusca der Haruspices, die beide darauf ausgehen, Künftiges vorherzusehen oder durch Angabe der Mittel zur Besänftigung des göttlichen Zornes künftigem Unheil vorzubeugen, vertreten sie allein die altrömische Divination als interpretes Iovis optimi maximi (Cic. de leg. II 20, vgl. Phil. XIII 12 augurem Iovis optimi maximi, cuius interpretes internuntiique constituti sumus; de leg. III 43. Arnob. IV 34), indem sie aus bestimmten Zeichen nicht durch willkürliche Deutung (coniectura), sondern nach feststehenden Gesetzen ermitteln, ob der Himmelsgott (über die Herkunft aller Auspicien von Iuppiter vgl. Mommsen Staatsr. I 74, 2) einer bevorstehenden Handlung seine Zustimmung erteile oder versage (vgl. auch Rubino Untersuch. 41f. Anm.).

III. Geschichte und Organisation des Augurncollegiums.

Über die Anfänge des collegium augurum (CIL VI 1233; vgl. Fest. p. 161. Cic. de div. I 28; Cato mai. 64; epist. III 10, 9 u. a.; σύστημα Dion. Hal. III 70) gab es natürlich keine Überlieferung. Die Pseudohistorie, welche die ganze altrömische Sacralverfassung auf König Numa zurückführte, schrieb diesem König auch die Einsetzung der ersten Augurn zu (Liv. IV 4, 2 pontifices augures Romulo regnante nulli erant, ab Numa Pompilio creati sunt; vgl. Dion. Hal. II 64); aber die Lehre von den Auspicien, deren Träger die Augurn sind, war so eng mit der ganzen römischen Staatseinrichtung verwachsen, dass man sich nicht vorstellen konnte, dass der Staat ohne sie bestanden habe; man liess naiverweise schon bei der Königsweihe des Numa die Augurn, die doch er erst eingesetzt haben sollte, thätig sein (Liv. I 18, 6) und durch Romulus und Remus als erste Augurn das Stadtgründungsaugurium vornehmen (Ennius bei Cic. de div. I 107f. mit dem ausgezeichneten Commentar J. Vahlens S.-Ber. Akad. Berlin 1894, 1143ff.); um diesen Widerspruch wenn auch nicht ganz zu beseitigen, so doch zu mildern, schob man dann die Gründung des Augurncollegiums bis auf Romulus vor (Cic. de rep. II 16. Dion. Hal. II 22). Ebenso grosse Unsicherheit herrschte über den ursprünglichen Bestand des Collegiums. Fest stand nur, dass seit der lex Ogulnia des J. 454 = 300 die Zahl der Augurn neun betrug, von denen fünf Plebeier sein mussten (Liv. X 6, 6. 9, 2. Lyd. de mag. I 45). Dass diese fünf plebeischen Stellen damals neu hinzugefügt worden wären, war eine willkürliche Annahme, die Livius in seiner Quelle vorfand und weitergab, ohne die Schwierigkeiten zu verkennen; denn die bei dieser Annahme als Bestand vor der Vermehrung sich ergebende Vierzahl der Augurn liess sich mit der überlieferten Thatsache nicht in Einklang bringen, dass für die Stellen des Augurncollegiums die auf die drei alten Stammtribus zurückgehende Dreizahl zu Grunde [2317] gelegt war (Liv. X 6, 7f. Cic. de rep. II 16. Dion. Hal. II 22), und die von Livius zur Lösung der Schwierigkeit ausgesprochene Vermutung, es möchten damals gerade zufällig von sechs Augurnstellen zwei durch den Tod erledigt gewesen sein (Liv. a. a. O. quemadmodum ad quattuor augurum numerum nisi morte duorum id redigi collegium potuerit non invenio, cum inter augures constet imparem numerum debere esse, ut tres antiquae tribus, Ramnes Titienses Luceres, suum quaeque augurum habeant aut, si pluribus sit opus, pari inter se numero sacerdotes multiplicent), kann ernsthaft gar nicht in Betracht kommen. Die ursprüngliche Dreizahl der Augurn darf als feststehend gelten, nicht nur deswegen, weil sie einstimmig überliefert wird, sondern auch darum, weil dafür die Analogie der Pontifices und der Vestalinnen, vor allem aber die Thatsache spricht, dass für die römischen Colonien noch später die Dreizahl sowohl der Pontifices wie der Augurn vorgeschrieben war (lex colon. Iul. Genet. CIL II Suppl. 5439 c. 67, dazu Mommsen Ephem. epigr. III p. 99). Welche Zwischenstadien zwischen der ursprünglichen Dreizahl und der in der lex Ogulnia vorausgesetzten, wahrscheinlich durch sie erst geschaffenen Neunzahl anzunehmen sind, darüber ist viel gestritten worden. Wenn Cicero, der die Einsetzung der Augurn dem Romulus zuweist, um Numa auch etwas für das Collegium thun zu lassen, ihm die Zufügung zweier neuen Stellen, also eine Vermehrung auf fünf, zuschreibt (de rep. II 26), so kann das als Überlieferung nicht wohl gelten; Rubino (De augurum et pontificum apud veteres Romanos numero, Progr. Marburg 1852) hat den Grund für die Vermehrung von drei auf fünf (anstatt auf sechs) in der Rücksicht auf den impar numerus finden wollen, andere darin, dass in der Fünfzahl der König, der selbstverständlich Mitglied des Collegiums gewesen sei, nicht einbegriffen sei (Marquardt Staatsverw. III 241. Lange Altert. I 335; anders Mercklin Cooptation 96ff.). Um die Frage nach der – keineswegs selbstverständlichen oder sicheren – Zugehörigkeit des Königs zum Collegium offen zu lassen, steht soviel sicher, dass zwischen drei und neun nicht wohl eine andere Zwischenstufe als sechs gelegen haben kann (anders Valeton Mnemos. XIX 410, 5), wie Livius a. a. O. sie annimmt und die Analogie sowohl der Pontifices (sechs Pontifices werden nach Cic. de leg. agr. II 96 in die Colonie Capua geschickt; die ebenda erwähnten zehn Augurn bezeichnen eine ausserordentliche Verstärkung der Zahl für die Geschäfte der Coloniegründung, sind aber gewiss nicht dauernd so stark geblieben) wie der Vestalinnen nahelegt. Wie die Pontifices sind nachher durch Sulla auch die Augurn auf fünfzehn vermehrt worden (Liv. per. 89); wenn Cass. Dio XLII 51 dem Caesar die Zufügung einer sechzehnten Stelle zuschreibt, so ist damit wohl nichts anderes gemeint, als das in der Folgezeit von den Kaisern geübte Recht, zur Aufnahme in die höheren Staatspriestertümer Mitglieder supra numerum zu commendieren (Cass. Dio LI 20; vgl. Marquardt Staatsverw. III 381, 7. Mommsen Staatsr. II 1055).

Die Bestellung der Augurn und Ergänzung des Collegiums ist nach denselben Gesetzen erfolgt, [2318] die allgemein für die grossen Staatspriesterschaften galten (Mommsen Staatsr. II 23ff.). An die Stelle der mit Sicherheit anzunehmenden Ernennung durch den König trat in der republicanischen Zeit Cooptation durch das Collegium (Mercklin Cooptation 98f.), an der auch durch die lex Ogulnia nichts geändert wurde (der Ausdruck des Liv. X 9, 2 von den ersten plebeischen Pontifices und Augurn creantur darf nicht auf Volkswahl bezogen werden; die Erwähnung von comitia auguris creandi im J. 570 = 184 bei Liv. XXXIX 45, 8 ist apokryph, Mommsen a. a. O. 27, 4). Die lex Domitia des J. 651 = 103 führte auch für die Augurn wie für die andern summa collegia die Wahl durch sacerdotale Quasicomitien ein in der Art, dass bei Vacanzen das Collegium Candidaten praesentierte (nominare Auct. ad Herenn. I 20. Cic. epist. ad Brut. I 7, 1; Phil. II 4. Plin. epist. II 1, 8. IV 8, 3; nominatione cooptare Cic. Phil. XIII 12; auch blos cooptare Cic. Brut. 1, vgl. epist. ad Brut. I 5, 3), wobei die Reichhaltigkeit der Liste dadurch gesichert wurde, dass nicht mehr als zwei Augurn denselben Candidaten nominieren durften (Cic. Phil. II 4 me augurem a toto collegio expetitum Cn. Pompeius et Q. Hortensius nominaverunt, nec enim licebat a pluribus nominari; dass dies erst eine Neubestimmung der von Cic. epist. ad Brut. I 5, 3 erwähnten lex Iulia de sacerdotiis gewesen sei und vorher jeder Augur einen andern Candidaten auf die Liste habe bringen müssen, scheint mir eine unbegründete Annahme von Mommsen a. a. O. 28f.); die Nomination geschah mündlich in einer contio (Auct. ad Her. I 20) unter eidlicher Versicherung der Würdigkeit (Cic. Brut. 1; vgl. Suet. Claud. 22); dann erfolgte die Wahl durch die minor pars populi, d. h. durch 17 aus der Gesamtzahl ausgeloste Tribus, endlich die cooptatio des Gewählten durch das Collegium (Cic. de leg. agr. II 18). Auf Grund dieser Gesetzordnung, die vorübergehend durch Sulla aufgehoben (Ps.-Ascon. p. 102 Or.), durch ein Plebiscit des T. Labienus vom J. 691 = 63 aber wiederhergestellt wurde (Cass. Dio XXXVII 37), fand auch in der Kaiserzeit die Bestellung der Augurn statt, nur dass das Wahlrecht auf den Senat überging (Mommsen Staatsr. III 1051f.) und die comitia sacerdotum (erwähnt noch bei Seneca de benef. VII 28, 2 und Acta Arv. vom J. 69, CIL VI 2051 a 70) nur die Mitteilung über den Ausfall der Wahl entgegennahmen (Henzen Acta fratr. Arval. p. 67). Doch ist diese senatorische Wahl hauptsächlich wohl nur für die Aufnahme der Kaiser (die ja den quattuor amplissima collegia regelmässig angehörten) und der kaiserlichen Prinzen geübt worden, während sonst die Stellen durch Ausübung des kaiserlichen Commendationsrechtes besetzt wurden (Beispiele für den Augurat bei Mommsen Staatsr. II 1056, 2), häufig sogar ohne dass der Senat auch nur Mitteilung davon erhielt (darum wird von Alexander Severus eigens hervorgehoben pontificatus et quindecimviratus et auguratus codicillares fecit ita, ut in senatu allegarentur, Hist. Aug. Alex. 49, 2). Auf die vollzogene Wahl folgte die Inauguration (Liv. XXVII 36, 5. XXX 26, 10. XXXIII 44, 3. Cic. Brut. 1. Suet. Cal. 12; vgl. Dion. Hal. II 22), die nach dem einzigen bekannten Beispiele von einem derjenigen [2319] Augurn vorgenommen worden zu sein scheint, die den Candidaten nominiert hatten (Cic. Brut. 1 et cooptatum me ab eo in collegium recordabar, in quo iuratus iudicium dignitatis meae fecerat, et inauguratum ab eodem); jedenfalls begründete die Vornahme dieser Handlung ein Pietätsverhältnis zwischen den beiden Beteiligten (Cic. a. a. O. ex quo augurum institutis in parentis eum loco colere debebam), wie überhaupt innerhalb dieses Collegiums auf enge persönliche Beziehung der Mitglieder zu einander Wert gelegt wurde (Cic. epist. III 10, 9 amplissimi sacerdotii collegium, in quo non modo amicitiam violari apud maiores nostros fas non erat, sed ne cooptari quidem sacerdotem licebat, qui cuiquam ex collegio esset inimicus). Den Beschluss der Aufnahmeformalitäten machte der Antrittsschmaus, cena aditialis, bei dem es, wie bei all diesen Priesterdiners, sehr üppig herzugehen pflegte (Varro de r. r. III 6, 6 = Plin. n. h. X 45. Cic. epist. VII 26, 2; über die angebliche Verpflichtung der Augurn, diesen Schmäusen beizuwohnen oder das Ausbleiben durch eidliche Bezeugung von Krankheit zu entschuldigen, die man aus Cic. ad Att. XII 13–17 herausgelesen hat, vgl. C. Bardt Priester d. vier grossen Collegien 26f.). Die Namen der Mitglieder wurden, wenigstens am Ausgange der Republik, von Amtswegen inschriftlich aufgezeichnet, und zwar nach decuriae (s. d.), d. h. in der Weise, dass für jede Stelle die auf einander folgenden Inhaber derselben verzeichnet werden; ein erhaltenes Fragment dieser fasti augurum (CIL VI 1976) enthält unter genauer Angabe der Consuln (auch der suffecti) und der Jahreszahlen ab urbe condita die Aufzeichnung der Cooptationen, das erhaltene Stück bezieht sich auf zwei Decurien und auf die J. 666 = 88 v. Chr. bis 760 = 7 n. Chr., in welcher Zeit in der einen Decurie drei Neubesetzungen zu vermerken waren. Eine Reconstruction des Augurnverzeichnisses für die republicanische Zeit versucht C. Bardt Die Priester der vier grossen Collegien aus römisch-republicanischer Zeit, Progr. Berlin 1871, 17ff., fortgeführt von Bouché-Leclercq Histoire de la divination IV 363ff. und Brissaud in der französischen Übersetzung des Mommsen-Marquardtschen Handbuches XIII 128ff.; vollständiger ist das Verzeichnis von Spinazzola bei Ruggiero Dizion. epigr. I 790ff., das aber nicht chronologisch, sondern nach den verschiedenen weltlichen Ämtern geordnet ist, die die einzelnen Augurn neben diesem Priestertume bekleideten. Besondere Bedingungen der Wählbarkeit kennen wir für die Augurn nicht, abgesehen davon, dass seit der lex Ogulnia für fünf Stellen nur Plebeier zulässig waren; die übrigen vier waren beiden Ständen zugänglich, sind aber thatsächlich im 6. und 7. Jhdt. d. St. fast stets mit Patriciern besetzt gewesen Mommsen Röm. Forsch. I 80ff.); ob bei der Vermehrung der Auguraldecurien auf fünfzehn durch Sulla noch ein Teil derselben für Angehörige der Plebs reserviert war, lässt sich nicht feststellen, jedenfalls folgt es nicht aus der übertreibenden Äusserung Ciceros (de domo 37), wenn es keine Patricier mehr gäbe, würde das römische Volk bald neque regem sacrorum neque flamines nec salios haben nec ex parte dimidia reliquos sacerdotes. Eine wirkliche Beschränkung [2320] lag in der Vorschrift, dass nicht zwei Angehörige desselben Geschlechtes dem Colleginm angehören durften (Cass. Dio XXXIX 17, der dieses Verbot fälschlich auf alle Priestertümer verallgemeinert); da diese Bestimmung, wie Bardt a. a. O. 34ff. nachgewiesen hat, nur auf die patricischen gentes Anwendung findet, nicht aber auf die plebeischen Geschlechter, die ja im strengen Sinne keine gentes sind, so reicht ihre Festsetzung offenbar in die Zeit des rein patricischen Priestertumes zurück. Das Amt war ein unbedingt lebenslängliches (Plin. epist. IV 8, 1 sacerdotium ... sacrum plane et insigne est, quod non adimitur viventi; dass S. Pompeius nach Cass. Dio XLVIII 36. 54 im J. 715 = 39 im Vertrage zu Misenum zum Augur ernannt und zwei Jahre später des Priestertums wieder verlustig erklärt wird, widerspricht dem nicht, da es sich hier um revolutionäre Massnahmen handelt und S. Pompeius auch offenbar in das Collegium noch gar nicht eingetreten war) und prägte dem Träger so sehr einen character indelebilis auf, dass selbst der rechtskräftig Verurteilte seiner nicht verlustig ging (Plut. Q. R. 99: ἔως ζῇ, κἂν ἐπὶ τοῖς μεγίστοις ἀδικήμασι καταγνῶσιν, οὐκ ἀφαιροῦνται τὴν ἱερωσύνην; anders in den Colonien nach der lex col. Genet. c. 67 quicumque .. in conlegium pontific(um) augurumq(ue) in demortui damnative loco h(ac) l(ege) lectus cooptatusve erit). Auch freiwillige Niederlegung des Amtes, etwa um ein anderes Priestertum zu übernehmen (wie z. B. ein Salier austritt, um Augur zu werden, CIL VI 1982, 10), ist nicht nachweisbar, war aber auch insofern nicht geboten, als die Augurnwürde die gleichzeitige Bekleidung anderer Priestertümer ebensowenig ausschloss wie die magistratischer Ämter; eine lange Beispielreihe (am vollständigsten beiSpinazzola a. a. O. 788f.) zeigt, dass der Augur zugleich Salier (dies sehr häufig, aus republicanischer Zeit bietet ein Beispiel Ap. Claudius Pulcher, Macr. III 14, 14, aus späterer M. Metilius Regulus Cos. 157, CIL XIV 2501), Rex sacrorum (CIL XIV 3604), Frater Arvalis (CIL VI 2023 a 10. 19. 20), Sodalis Titius (CIL VI 1343), Fetiale (Ephem. epigr. IV 830), Curio bezw. Curio maximus (CIL X 3853. VI 1578) oder Mitglied einer der Sodalitäten des Kaiserkultes (zahlreiche Beispiele, z. B. CIL III 2974f. XI 1432f. u. a.) sein konnte. Beispiele für die Vereinigung des Augurates mit einem andern der vier grossen Priestertümer finden sich in republicanischer Zeit einigemal (Q. Fabius Cunctator Pontifex und Augur, Ti. Sempronius Longus Augur und Decemvir, s. Bardt a. a. O. 38), aus den beiden ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit ist bei Privaten – der Kaiser ist ja Mitglied aller grossen Priesterkollegien – kein Fall solcher Cumulation nachweisbar (Dessau Ephem. epigr. III p. 208, 7), erst C. Octavius Sabinus Cos. 214 ist zugleich Pontifex und Augur (CIL X 5398), und nachher findet sich die Vereinigung von Pontificat, Augurat und Quindecimvirat, oft noch mit anderen römischen und fremden Priesterwürden verbunden, bei den vornehmen Römern der zweiten Hälfte des 4. Jhdts., die die letzten Versuche zur Rettung des Heidentums ins Werk setzen, wie z. B. bei M. Maecius Placidus (CIL X 1700), L. Aradius Proculus (CIL VI 1690) oder Vettius Agorius Praetextatus (CIL VI 1778f.). Der letztgenannte [2321] (gestorben 384) und L. Ragonius Vetustus (CIL VI 503 vom J. 390) sind die letzten bekannten Träger der Augurnwürde, die späteste litterarische Erwähnung der Priesterschaft (bei Arnob. IV 35 sedent in spectaculis publicis sacerdotum omnium magistratumque collegia ... sedent interpretes augures divinae mentis et voluntatis) fällt schon nahezu 100 Jahre früher; denn die kaiserliche Verordnung vom J. 357 augurum et vatum prava confessio conticescat (Cod. Theod. IX 16, 4) bezieht sich nicht auf die Staatspriester, sondern auf private Wahrsagekunst.

Die hohe Wertschätzung des Augurates ergiebt sich schon daraus, dass zu allen Zeiten die Träger der höchsten staatlichen Würden diesem Collegium angehört haben (für die Kaiserzeit Übersicht bei Spinazzola a. a. O. 790ff.); in die älteste Rangordnung der Priester (ordo sacerdotum, Fest. p. 185), die nur den Kreis der pontificalen Priestertümer (Rex, Flamines, Vestalinnen) umfasste, waren die Augurn ebensowenig eingereiht wie die Fetialen, Salier u. a., es hat wahrscheinlich ein festes Rangverhältnis gegenüber den Pontifices nicht bestanden; später, als sich die sacerdotum quattuor amplissima collegia (Mon. Anc. 2, 16) als besondere Rang- und Rechtsstufe über die übrigen Priesterschaften erhoben haben, weist die officielle Ordnung den Augurn ihren Platz hinter den Pontifices und vor den Quindecimvirn an (so in Varros antiqu. rer. divin., August c. d. VI 3, ferner z. B. Tac. ann. III 64. Mon. Anc. 1, 45 und sehr oft in der Titulatur der Kaiser), wovon sich Ausnahmen nur selten (z. B. CIL XII 147) und überwiegend nur in den Inschriften des ausgehenden Heidentums (z. B. CIL VI 503. 1778. 1779) finden. An Ehrenrechten und Auszeichnungen standen die Augurn den übrigen hohen Priesterschaften gleich, sie erscheinen bei amtlichem Auftreten in der toga praetexta (Mommsen Staatsr. I 406, 3), haben einen Ehrensitz bei den Spielen (Arnob. IV 35) und geniessen die vacatio muneris (Cic. Brut. 117) et militiae (Liv. XXXIII 42, 4), wie dies alles in der Lex col. Genet. c. 66 auch für die colonialen Augurn angeordnet wird: iisque pontifici[b]us auguribusque, qui in quoque eorum collegio erunt, liberisque eorum militiae munerisque publici vacatio sacro sanctius esto, uti pontifici Romano est erit, [a]e[r]aque militaria ei omnia merita sunto ... eisque pontificib(us) auguribusque ludis, quot publice magistratus facient, et cum ei pontific(es) augures sacra publica c(oloniae) G(enetivae I(uliae) facient, togas praetextas habendi ius potestasque esto, eisque pontificib(us) augurib(us)q(ue) ludos gladiatoresq(ue) inter decuriones spectare ius potestasque esto (vgl. Mommsen Ephem. epigr. III p. 99ff.). Ausserdem hatte das Collegium seine festen Einkünfte (dass eine arca augurum nie erwähnt wird, ist wohl Zufall) aus ihm vom Staate zur Nutzniessung überwiesenem Grundbesitz, sowohl aus den loca publica, quae in circuitu Capitolii pontificibus, auguribus, decemviris et flaminibus in possessionem tradita erant (Oros. V 18, 27) als aus ihm speciell zugehörigen Ländereien, von denen uns gelegentlich ein ager Obscus im ehemaligen Gebiete von Veii genannt wird (Fest. p. 189 Obscum .. eodem etiam nomine appellatur locus in agro [2322] Veienti, quo frui soliti produntur augures Romani; im allgemeinen vgl. Marquardt Staatsverw. II 82f.); ebenso stellt ihnen der Staat servi publici zur Dienstleistung zur Verfügung (publici augurum erwähnt CIL VI 2315–2317). Das besondere Abzeichen der Augurn war der Krummstab (lituus iste vester, quod clarissumum est insigne auguratus Cic. de div. I 30; vgl. Serv. Aen. VII 190 ei lituum dedit, quod est augurum proprium), der als baculum sine nodo aduncum Liv. I 18, 7; vgl. Serv. Aen. VII 187 incurvum augurum baculum) oder als incurvum et leviter a summo inflexum bacillum (Cic. a. a. O.) beschrieben wird und häufig auf Münzen und Reliefs begegnet (s. Lituus); ausserdem tragen die Augurn – wohl nicht immer, sondern bei bestimmten Amtsverrichtungen – das alte Kriegskleid, die trabea, und zwar Scharlach und Purpur, so dass sie sich durch die Farbe von den sonst getragenen trabeae unterscheidet (Serv. Aen. VII 612: Suetonius in libro de genere vestium dicit tria genera esse trabearum: unum dis sacratum, quod est tantum de purpura; aliud regum, quod est purpureum, habet tamen album aliquid; tertium augurale de purpura et cocco; vgl. VII 188. 190).

Über die innere Ordnung des Collegiums wissen wir sehr wenig. Über den Vorsitz im Collegium ist nichts überliefert, und Mercklin (Cooptation 98) leugnet darum die Existenz eines Vorstandes völlig. Aber es ist nicht wohl denkbar, dass so complicierte Verhandlungen, wie sie notwendig die Geschäftsführung der Augurn oft herbeiführen musste, ohne die Leitung durch einen Vorsitzenden hätten geführt werden können, und da wir wissen, dass die Abstimmung im Auguralcollegium streng in der Reihenfolge des Alters stattfand (Cic. de sen. 64 multa in collegio vestro praeclara, sed hoc, de quo agimus, in primis, quod ut quisque aetate antecedit ita sententiae principatum tenet, neque solum honore antecedentibus, sed iis etiam, qui cum imperio sunt, maiores natu augures anteponuntur), so liegt die Vermutung nahe, dass der Vorsitz dem Alterspraesidenten zukam, für den sich nach Analogie der virgo Vestalis maxima der Name augur maximus von selbst bietet (Marquardt Staatsverw. III 399); da nun für die municipalen Augurncollegien zweier numidischen Städte, Cuicul (CIL VIII Suppl. 20152) und Cirta (CIL VIII 7103), die Würde des maximus augurum inschriftlich bezeugt ist, so darf diese Combination als sicher gelten; da in beiden Inschriften dem Titel maximus augurum eine Iterationsziffer (bis bezw. VII) beigefügt ist, so war das Amt in Numidien ein befristetes, aber gerade das beweist, dass der Titel augur maximus nicht dort erfunden, sondern aus Rom entlehnt ist, da er eben erst bei der Übertragung seine naturgemässe Beziehung auf den Ältesten (vgl. Mercklin Cooptation 77) verloren hat. Sonstige Würdenträger gab es im Collegium nicht; von Unterbeamten lernen wir viatores (ein viator augurum CIL VI 1847) und calatores kennen, letztere den einzelnen Augurn persönlich attachierte Pedellen, gewöhnlich deren Freigelassene (Suet. gramm. 12 Cornelius Epicadus, L. Cornelii Syllae dictatoris libertus calatorque in sacerdotio augurali. CIL VI 2187 L. Iunius Silani l(ibertus) Paris dispensator, calator [2323] augurum). Regelmässige Sitzungen fanden an den Nonae eines jeden Monats statt (Cic. de div. I 90 magi, qui congregantur in fano commentandi causa atque inter se conloquendi, quod etiam idem vos quondam facere Nonis solebatis; de amic. 7 proximis Nonis, cum in hortos D. Bruti auguris commentandi causa, ut adsolet, venissemus) und zwar im Hause eines der Collegen (Cic. de amic. 7), nicht in einem ständigen Amtslocale, welches die Augurn gar nicht besessen zu haben scheinen; denn die auguracula auf der Burg und dem Quirinal (s. Auguraculum) und das palatinische auguratorium (s. d.) sind nicht Versammlungsräume, sondern Plätze für augurale Beobachtungen. Von besonderen Ritualvorschriften, die sich auf die A. beziehen, erfahren wir wenig; das Verbot, Leichen zu berühren (feralia adtrectare, Tac. ann. I 62) galt für sie wie für andere Priester, die Vorschriften, dass die Lampe des Augurs keinen Deckel haben durfte (Plut. Q. R. 72) und dass der Augur, der eine Wunde an sich hatte, nicht den Himmel beobachten durfte (ebd. 73), sind in ihrer Begründung uns ebenso unverständlich wie bereits den Gewährsmännern des Plutarch.

IV. Das Archiv der Augurn.

Eine so complicierte und in alle Zweige des staatlichen Lebens hineinreichende Wissenschaft, wie die disciplina auguralis (Cic. de div. II 74; de leg. II 20 u. a.) oder das ius augurium (Cic. de sen. 12 u. a.), verlangte als Grundlage erschöpfende Aufzeichnungen sowohl der als heilige Überlieferung der Vorzeit geltenden sacralen Rechtssätze als der Anwendungen und Auslegungen, welche diese Sätze im Laufe der Zeit erfahren hatten. Die Augurn besassen daher nicht nur wie alle andern Priestercollegien Mitgliederverzeichnisse (fasti, s. o. S. 2319) und gewiss auch Protokolle (acta, nicht direct bezeugt, denn die Stelle des Fest. ep. p. 16 arcani sermonis significatio trahitur ... a genere sacrificii, quod in arce fit ab auguribus, adeo remotum a notitia vulgari, ut ne litteris quidem mandetur, sed per memoriam successorum celebretur geht nicht auf die Protokolle, sondern auf die Ritualbücher), sondern auch umfangreiche Ritualvorschriften, welche als libri augurum bezw. augurales (Varro de l. l. V 21. 58. VII 51. Fest. p. 253. Serv. Aen. III 537. IV 45. VIII 95. IX 20. Cic. de rep. II 54) oder commentarii augurum (Fest. p. 317. Serv. Aen. I 398. Cic. de div. II 42) häufig citiert werden; die früher allgemein geltende Ansicht, dass libri und commentarii zwei getrennte Schriftsammlungen darstellten, indem die libri den alten Grundstock des Auguralrechtes, die commentarii dagegen die im Laufe der Jahrhunderte hinzugekommenen Beschlüsse (decreta Cic. de div. II 73; de leg. II 31. Liv. IV 7, 3. Fest. p. 161) und Rechtsgutachten (responsa Cic. de domo 39f.) enthalten hätten, entbehrt jeder Grundlage und wird dadurch widerlegt, dass Sätze, die zweifellos zum alten Stamme des Auguralrituals gehören, z. B. der Satz Iove tonante fulgurante comitia populi habere nefas, gerade aus den commentarii citiert werden (Cic. de div. II 42); vgl. Regell De augur. publ. libris part. I (Diss. Vratislaviae 1878) 30ff. Dass diese Schriften nur den Augurn zugänglich waren, versteht sich von selbst (Plut. Q. R. 99 begründet sogar [2324] die Unabsetzbarkeit der Augurn damit, dass wer einmal als Augur τὰ τῶν ἱερῶν ἀπόρρητα kennen gelernt habe, des Priestercharakters und der an diesen gebundenen Verpflichtung zum Schweigen nie verlustig gehen dürfe), und daher konnte Cicero im J. 697 = 57, d. h. vier Jahre bevor er selbst Augur wurde, sie sehr wohl als Geheimbücher bezeichnen (de domo 39 venio ad augures, quorum ego libros, si qui sunt reconditi, non scrutor; non sum in exquirendo iure augurum curiosus; haec quae una cum populo didici, quae saepe in contionibus responsa sunt, novi); indem man diese Bezeichnung libri reconditi als Titel auffasste, kam man zu der falschen Annahme einer so benannten besonderen Klasse von Auguralbüchern (die von Serv. Aen. I 398. II 649 citierten libri reconditi gehören der Etrusca disciplina an, wie die letztere Stelle deutlich zeigt, vgl. Regell a. a. O. 34ff.). Wenn trotz dieser Geheimhaltung bei Varro, Festus, Gellius, Servius u. a. nicht nur vieles von dem sachlichen Inhalte der libri augurales mitgeteilt wird, sondern sogar Einzelheiten des sprachlichen Ausdrucks Erwähnung finden (z. B. tera in augurum libris scripta cum R uno Varro de l. l. V 21; libri augurum pro tempestate tempestutem dicunt ebd. VII 51), so ist ihnen diese Kenntnis durch die ausgedehnte Privatschriftstellerei einzelner Augurn (vielfach nur allgemein als augures citiert, bei Gell. XIII 14, 1 augures populi Romani, qui libros de auspiciis scripserunt) über ihre Wissenschaft vermittelt worden; aus der ciceronischen Zeit waren ausser den oben S. 2315 genannten Augurn C. Claudius Marcellus und Ap. Claudius Pulcher von Mitgliedern des Augurncollegiums in derselben Richtung noch litterarisch thätig L. Iulius Caesar (sexto decimo auspiciorum libro Macrob. sat. I 16, 29; in auguralibus Prisc. VI 86), Cicero (de auguriis Charis. GL I 105, 4. 122, 22. 139, 11; in auguralibus Serv. Aen. V 738), M. Valerius Messala (liber de auspiciis primus Gell. XIII 15, 3; in explanatione auguriorum Fest. p. 161, vgl. 253), P. Servilius (Fest. p. 351 Ateius Capito .. auctoritatem secutus P. Servilii auguris), und die Mitteilungen dieser Schriften fanden dann weitere Verarbeitung in der antiquarischen Fachliteratur, so durch Specialschriften der Grammatiker Ennius (de augurandi disciplina Suet. gramm. 1) und Veranius (auspiciorum Fest. p. 289) und namentlich auch in dem de auguribus handelnden dritten Buche von Varros antiquitates rerum divinarum (fälschlich als in augurum libris citiert von Macrob. sat I 16, 19), sowie in Werken allgemeineren Inhalts, wie insbesondere der Schrift de verborum significatu des Verrius Flaccus; aus diesen Werken stammen dann die Angaben der erhaltenen Autoren, so dass, was wir von Nachrichten über die libri augurales besitzen, immer durch mindestens drei oder vier Hände gegangen und dem entsprechend entstellt und verdünnt ist; aber trotzdem es sich bei diesen Bruchstücken (gesammelt von A. Brause Librorum de disciplina augurali ante Augusti mortem scriptorum reliquiae, I, Diss. Lipsiae 1875 und besser von P. Regell Fragmenta auguralia, Progr. Hirschberg 1882; Commentarii in librorum auguralium fragmenta specimen, ebd. 1893, vgl. auch Comment. in honor. Reifferscheidii 61ff.) meist nur um dürftige Einzelangaben, [2325] häufig nur um einzelne Worte des sermo auguralis handelt, ermöglichen sie uns doch bis zu einem gewissen Grade einen Einblick in die Technik der disciplina auguralis und die Grundsätze, die sie beherrschten.

V. Der Dienst der Augurn.

Für die Darstellung des Wirkungskreises des Augurncollegiums bietet den besten Ausgangspunkt die Formulierung ihrer Obliegenheiten, die Cicero de leg. II 20f. in seine Sacralgesetzgebung aufgenommen hat: interpretes autem Iovis Optimi Maximi publici augures a) signis et auspiciis † postea (eine sichere Emendation ist noch nicht gefunden, Lambins postera verdirbt den Gedanken; dem Sinne nach sehr ansprechend ist Regells Vorschlag de augur. libr. 25 Anm. operam danto für postea vidento zu schreiben) vidento, disciplinam tenento; b) sacerdotesque et (et zugefügt von Halm) vineta virgetaque et salutem populi auguranto; c) quique agent rem duelli quique popularem auspicium praemonento ollique obtemperanto, divorumque iras providento sisque apparento; d) caelique fulgura regionibus ratis temperanto urbemque et agros et templa liberata et effata habento; e) quaeque augur iniusta nefasta vitiosa dira defixerit, inrita infectaque sunto quique non paruerit, capital esto. Von den fünf Absätzen, in welche dies Gesetz zerfällt (die richtige Teilung bei Regell a. a. O.), giebt der erste (a) eine allgemein zusammenfassende Definition der Augurn als Träger der Lehre von den Zeichen des göttlichen Willens, die letzte (e) ausser der sanctio eine Praecisierung der Wirksamkeit der auguralen Meinungsäusserung, die Formulierung der Amtsbefugnisse der Augurn aber liegt in den drei mittleren Absätzen, angeordnet nach den drei Rechtsbegriffen der inauguratio (b), der auspicia (c) und des templum (d); Bedeutung und Inhalt dieser Termini wird in den betreffenden Einzelartikeln behandelt werden, hier können nur die Beziehungen der Augurn zu ihnen und die damit gegebenen Sphaeren der auguralen Thätigkeit zur Besprechung kommen.

a) Selbständige Kulthandlungen der Augurn (auguria). Die Worte Ciceros lassen deutlich erkennen, dass in jedem der drei von ihm den Augurn zugewiesenen Wirkungskreise die Art ihrer Beteiligung eine andere ist; in dem ersten treten sie als selbständige Träger der Handlung auf (auguranto), in dem zweiten haben sie nur eine mahnende Stimme (praemonento, providento, apparento), im dritten besteht ihre Aufgabe in der Fürsorge für bestimmte Dinge (temperanto, habento). Der officielle Ausdruck für die selbständige Thätigkeit des Augurs ist augurare oder inaugurare (absolut bei Varro de l. l. V 47. Liv. I 6, 4. 36, 4; die Bedeutungsgleichheit folgt für beide Worte aus der unterschiedslosen Verwendung von augurato und inaugurato, z. B. augurato urbe condenda Liv. I 18, 6 neben urbem auspicato inauguratoque conditam habemus Liv. V 52, 2; in tuo Iuppiter augurato templo Liv. VIII 5, 8 neben fana, quae .. consecrata inaugurataque .. fuerant Liv; I 55, 2; Cic. Vatin. 24 in illo augurato templo ac loco neben Cic. de domo 137 in templo inaugurato u. a.) ; als Object tritt zu diesen Verben die Bezeichnung der Person oder des Gegenstandes, an dem diese [2326] Thätigkeit geübt wird (certaeque res augurantur L. Iulius Caesar bei Prisc. VIII 15), nach Cicero 1) die sacerdotes, 2) die vineta virgetaque, 3) die salus populi Romani; wenn sonst noch häufig von der Inauguration bestimmter Örtlichkeiten, insbesondre von Heiligtümern, die Rede ist, (z. B. locum inaugurari Liv. III 20, 6; Capitolium cum inauguraretur Flor. I 7, 8 u. a.), so ist der Ausdruck hier untechnisch gebraucht für augurato liberari Liv. V 54, 7) oder per augures liberari effarique (Serv. Aen. I 446), s. u. Die inauguratio der Priester, bezeugt ausser für die Augurn selbst (s. o. S. 2318) für die Flamines (Flamen Dialis: Gai. I 130. III 114. Ulp. frg. 10, 5. Liv. XXVII 8, 4. XLI 28, 7; Flamen Martialis: Liv. XXIX 38, 6. XLV 15, 10. Macr. sat. III 13, 11; Flamen Quirinalis: Liv. XXXVII 47, 8; Flamen divi Iulii: Cic. Phil. II 110) und den Rex sacrorum (Liv. XXVII 36, 5. XL 42, 8), zweifelhaft bei den Vestalinnen (da Gaius und Ulpian aa. OO. mit der inauguratio des Flamen Dialis die captio der Vestalinnen, nicht ihre inauguratio, in Parallele stellen, so haben sie die letztere sicher nicht gekannt, und aus der von Cato in der Rede de auguribus bei Fest. p. 241 und von Gell. VII 7, 4 bezeugten exauguratio der Vestalinnen kann man nicht mit Sicherheit auf eine inauguratio schliessen, da exauguratio nicht die Aufhebung einer inauguratio, sondern die durch auguralen Act erfolgende Befreiung von irgendwie begründeten sacralen Verbindlichkeiten bezeichnet, s. u. S. 2338; wenn es Hist. Aug. M. Aurel. 4, 4 von M. Aurel als Salier heisst et multos inauguravit atque exauguravit nemine praeeunte, so ist das gewiss nicht im technischen Sinne zu nehmen) und den Pontifices (nicht bezeugt durch Liv. XXX 26, 10, sondern nur durch Dion. Hal. II 73; diese Stelle kann aber auf Antrittsauspicien des Pontifex maximus gehen, und jedenfalls ist sie als Zeugnis von geringem Werte, da derselbe Autor II 22 ἅπαντας τοὺς ἱερεῖς τε καὶ λειτουργοὺς τῶν θεῶν feierlich vor den Curien inauguriert werden lässt, was sicher falsch ist; vgl. Mommsen Staatsr. II 31f.). Dass der Augur es war, der die Inauguration vornahm (s. darüber H. Oldenberg Comment. Mommsen. 159ff. gegen Mommsen a. a. O. und vgl. Valeton Mnemos. XIX 451ff.), ist nicht nur für die Inauguration der Augurn selbst (Cic. Brut. 1), sondern auch für die der Flamines (Macrob. sat. III 13, 11. Cic. Phil. II 110) direct bezeugt; auch in dem livianischen Berichte über die Inauguration des Numa Pompilius (Liv. I 18, 6–10), der doch offenbar das in historischer Zeit bei der Inauguration des Rex sacrorum übliche Caerimoniell wiedergiebt, ist nur vom Augur als Handelndem die Rede. Gegenüber diesen Zeugnissen kann es nicht in Betracht kommen, wenn Livius einmal (XL 42, 8 quem ut inauguraret pontifex; vgl. § 10 religio inde fuit pontificibus inaugurandi Dolabellae; P. Cloelium Siculum inauguraverunt, qui secundo loco inauguratus [so!] erat) die Inauguration des Rex sacrorum dem Pontifex maximus bezw. den Pontifices zuschreibt; der ungenaue Ausdruck, der nichts weiter besagt als was XXVII 8, 4 durch flaminem Dialem invitum inaugurari coegit .. pontifex maximus ausgedrückt ist, erklärt sich daraus, dass zur Inauguration des Rex [2327] und der Flamines auch die Beteiligung der pro collegio pontificum unter Leitung des Pontifex maximus abgehaltenen comitia calata gehörte (Gell. XV 27, 1 Labeonem scribere calata comitia esse, quae pro collegio pontificum habentur aut regis aut flaminum inaugurandorum causa): das Verhältnis dieser Comitien zu der vom Augur vorgenommenen Inaugurationshandlung steht nicht fest, wahrscheinlich erfolgte in ihnen die Mitteilung der vollzogenen inauguratio durch den Pontifex maximus. Die Einzelheiten der durch den Augur vorgenommenen Caerimonie kennen wir nur aus der Beschreibung der Inauguration des Numa bei Liv. I 18, 6ff. (vgl. Plut. Numa 7); danach wird der zu Inaugurierende auf die Burg geführt und lässt sich dort, das Gesicht nach Süden gewendet, auf einem Stein nieder; an seiner linken Seite hat der Augur seinen Platz, der mit über das Hinterhaupt gezogener Toga (capite velato, vgl. Fest. p. 343 b 6ff.) erst mit dem Lituus in der Rechten die Himmelsgegenden bezeichnet (s. u. S. 2340), dann, den Lituus in die linke Hand nehmend, die Rechte auf das Haupt des zu Inaugurierenden legt und in feierlichem Gebete Iuppiter bittet, innerhalb der bezeichneten Grenzen bestimmte Zeichen seiner Zustimmung zu senden (Iuppiter pater, si est fas hunc Numam Pompilium, cuius ego caput teneo, regem Romae esse, uti tu signa nobis certa adclarassis inter eos fines, quos feci); der ganze Hergang, das verhüllte Haupt des Augurs (s. dazu P. Regell Jahrb. f. Philol. CXXXV 1887, 782), die Handauflegung durch ihn, u. a. zeigen deutlich, dass der Augur der Handelnde ist und nicht der zu Inaugurierende, dass also der Act mit den Antrittsauspicien der Magistrate, mit denen ihn Mommsen vergleicht (eine Rückspiegelung dieser Caerimonie in die Königszeit giebt die ausführliche Darstellung vom Amtsantritte – nicht der Inauguration – des Romulus bei Dion. Hal. II 5, vgl. Regell Jahrb. f. Philol. CXXXVII 1888, 544ff. und dazu Valeton Mnemos. XVII 436, 1), nicht auf gleiche Linie zu stellen ist; dass der Augur nur im Namen des Pontifex maximus handle, ist nirgends bezeugt und wird schon durch die Benennung des ganzen Actes als inauguratio widerlegt; wahrscheinlich ist nur, dass der Pontifex maximus nach erfolgter captio eines Flamen oder Rex dem Augurncollegium davon Mitteilung machte bezw. einen einzelnen Augur veranlasste, die Inauguration vorzunehmen (Fest. a. a. O.; so ist es auch zu verstehen, wenn nach Dion. Hal. V 1 für die Wahl des Rex sacrorum bestimmt wird τοὺς ἱεροφάντας τε καὶ οἰωνομάντεις ἀποδεῖξαι τὸν ἐπιτηδειότατον); vielleicht bezieht sich darauf die Notiz des Serv. Aen. III 117 iuxta speciem auguralem .. quae appellatur condictio, id est denuntiatio, cum denuntiatur ut ante diem tertium quis ad inaugurandum adsit.

Die passende Bezeichnung für den ganzen Act, die allerdings nicht überliefert ist, dürfte augurium sacerdotii sein, nach Analogie des augurium salutis (οἰώνισμα τῆς ὑγιείας Cass. Dio), auf welches Cicero mit den Worten salutem populi auguranto hinweist. Wir hören von der Vollziehung dieses Actes aus dem J. 691 = 63 (Cass. Dio XXXVII 24f. Cic. de div. I 105), 725 = 29 (Cass. Dio LI 20; vgl. Suet. Aug. 31) und [2328] 47 n. Chr. (Tac. ann. XII 23 salutis augurium quinque et septuaginta annis omissum repeti ac deinde continuari placitum); vorgenommen wurde er durch einen Augur (Cic. a. a. O. Tibi Ap. Claudius augur consuli nuntiavit addubitato salutis augurio bellum domesticum triste ac turbulentum fore), eine active Beteiligung der Magistrate scheint nicht stattgefunden zu haben (vgl. Valeton a. a. O. 418), doch wurde ihrer in der Gebetsformel gedacht (Fest. p. 161 pro collegio quidem augurum decretum est, quod in salutis augurio praetores maiores et minores appellantur, non ad aetatem, sed ad vim imperii pertinere); über die Bedeutung der Caerimonie haben wir nur das eine uncontrolierbare Zeugnis des Cass. Dio XXXVII 24f.; danach fand sie bestimmungsmässig alljährlich statt an einem Tage, wo kein römisches Heer im Felde stand, fiel aber entsprechend oft jahrelang aus, wenn nie völlige Befriedung eintrat; sie bezweckte durch Befragung des Vogelfluges zu erkunden, ob die Götter gestatteten, für die salus populi Romani zu beten (πύστιν τινὰ ἔχων, εἰ ἐπιτρέπει σφίσιν ὁ θεὸς ὑγίειαν τῷ δήμῳ αἰτῆσαι, ὡς οὐχ ὅσιον ⟨ὂν⟩ οὐδὲ αἴτησιν αὐτῆς πρὶν συγχωρηθῆναι γενέσθαι). Diese letztere Erklärung macht stark den Eindruck, nur aus dem Worte augurium herausgesponnen zu sein; die heilige Handlung selbst hat wohl ihren Ursprung in den Zeiten, in denen (wie z. B. die Marsfeste der ältesten Festordnung zeigen) der jährliche Feldzug ebenso zu den regelmässigen Ereignissen des Jahres gehörte wie Aussaat und Ernte, und sollte nach glücklicher Beendung der Campagne durch augurale Befragung gewissennassen eine neue göttliche Bürgschaft für den Bestand des Staates schaffen.

Am meisten umstritten ist die von Cicero erwähnte Caerimonie des augurare vineta virgetaque; während Marquardt (Staatsverw. III 409) an die Herrichtung der vineae zu auguralen Templa denkt, versteht Rubino (Untersuch. I 53 Anm.) darunter eine den bekannten Flurumgängen (Ambarvalia) vorangehende Einholung der göttlichen Genehmigung durch die Augurn, und Valeton (a. a. O. 419) bezieht sie auf die Eröffnung der Weinlese durch den Flamen Dialis (flamen Dialis auspicatur vindemiam Varro de l. l. VI 16), der ebenfalls eine augurale Befragung des Götterwillens vorausgegangen sei. Keine dieser Ansichten ist haltbar, die Marquardts, abgesehen davon, dass von einer allgemeinen Verwendung der vineae oder gar der vineta virgetaque zur auguralen Beobachtung nicht die Rede sein kann, schon darum nicht, weil augurare unmöglich dasselbe bezeichnen kann wie effare et liberare, und weil Cicero von der Fürsorge der Augurn für die templa erst später redet, die andern beiden Deutungen deshalb nicht, weil doch von einem augurare vineta virgetaque als wichtiger Function der Augurn nicht gesprochen werden konnte, wenn sich ihre Thätigkeit dabei auf die vorangehende Vogelschau beschränkte, die Kulthandlung selbst aber von andern Priestern, den Arvalbrüdern oder dem Flamen Dialis, vorgenommen wurde. Rubino hat gewiss damit recht, dass er vineta virgetaque als abgekürzten Ausdruck für die römische Feldmark ansieht (vollständiger [2329] bei Cato de agric. 141 fruges frumenta vineta virgultaque), die Handlung muss aber eine solche gewesen sein, dass ihre Ausübung den Augurn zufiel. Nun kennen wir ein alljährlich im Hochsommer zu Rom gefeiertes Fest, welches dem Schutze der Saaten gegen die vom Hundssterne und der durch ihn bezeichneten Hitzperiode drohenden Gefahren galt (pro frugibus deprecandae saevitiae causa sideris caniculae Fest. p. 285) und von dem dabei dargebrachten Opfer rötlicher Hunde (rutilae canes Fest. a. a. O. rufae canes Fest. ep. p. 45) den Namen augurium canarium (Plin. n. h. XVIII 14: ita enim est in commentariis pontificum; augurio canario agendo dies constituantur priusquam frumenta vaginis exeant nec antequam in vaginas perveniant; canarium sacrificium Fest. p. 285; sacrum canarium Philarg. zu Verg. Georg. IV 425) führte. Dass diese Feier, wie allgemein angenommen wird, mit den Robigalia identisch gewesen wäre, ist völlig ausgeschlossen; gemeinsam ist beiden Festen nur der Zweck, die Götter um Schutz des Getreides gegen die Gefahren der Sommersglut zu bitten, und das Hundeopfer (für die Robigalia Ovid. fast. IV 908. 936ff. Colum. X 343); verschieden aber ist sowohl die Zeit als der Ort der beiden Feiern, denn obwohl sie beide in die Zeit der grossen Hitze fallen, so sind doch die Robigalia auf den 25. April fixiert, während das augurium canarium ein Wandelfest ist (Plin. a. a. O.), und die Robigalia finden in erheblicher Entfernung von der Stadt, am fünften Meilensteine der via Claudia statt (fast. Praen. 25. April, vgl. Mommsen CIL I² p. 316f.), das augurium canarium aber unmittelbar bei der Stadt, da danach ein Thor porta catularia heisst (Fest. ep. p. 45: catularia porta Romae dicta est, quia non longe ab ea ad placandum caniculae sidus frugibus inimicum rufae canes immolabantur, ut fruges flavescentes ad maturitatem perducerentur). Dass die Opferhandlung bei diesem augurium canarium den Augurn oblag, geht aus dem Namen hervor (sacerdotes publici sagt allgemein Philarg. a. a. O.) und wird nicht dadurch widerlegt, dass nach Plinius a. a. O. die Vorschriften über die für die Ansetzung verfügbare Zeit sich in den commentarii pontificum befanden, da ja die Anberaumung der Feste unter allen Umständen diesen zufiel, gleichviel wem die Ausführung zukam. Dieser auguralen Fürbitte für die Feldflur zur Zeit ihrer grössten Gefährdung durch die Hitze entsprach wahrscheinlich eine gleich im Frühjahr, von der wir nur den Namen vernisera auguria durch den Augur Messala (bei Fest. ep. p. 379) kennen, und es hat vielleicht noch mehr derartige auguria gegeben; auf eine augurale Einsegnung der Stadt geht, wie es scheint, die Angabe des Varro de l. l. V 47 sacra via .. per quam augures ex arce profecti solent inaugurare, mit der wiederum das bei Fest. ep. p. 16 erwähnte sacrificium, quod in arce fit ab auguribus adeo remotum a notitia vulgari, ut ne litteris quidem mandetur, sed per memoriam successorum celebretur, zusammenzuhängen scheint; heilige Handlungen der Augurn auf der Burg, wo das auguraculum (s. d.) lag, werden auch sonst erwähnt (Valeton Mnemos. XIX 408f.), und bei Liv. X 7, 10 wird augurium [2330] ex arce capere geradezu als Charakteristicum für den Augurat angegeben. All diese auguria enthielten nicht nur eine durch die Augurn an die Gottheit zu richtende Anfrage (augurium agere, s. Cic. de div. I 32; de off. III 66. Varro de l. l. VI 42: augures augurium agere dicuntur, quom in eo plura dicant quam faciant; auch Serv. Aen. III 20 auspicari enim cuivis etiam peregre licet, augurium agere nisi in patribus sedibus non licet bezieht sich auf diese auguralen Kultacte), sondern gehörten zu der Gattung auguraler Handlungen, für die Serv. Aen. III 265 per speciem auguralem den Terminus invocatio überliefert: invocatio autem est precatio uti avertantur mala, cuius rei causa id sacrificium augurale peragitur; auch beziehen sich auf solche Opferhandlungen (über den urceus auf Augurnmünzen s. Marquardt Staatsverw. III 408) und nicht auf die Mitwirkung der Augurn bei der Auspication Fragmente der libri augurales wie Varro de l. l. VII 31 ambiegna bos apud augures, quam circum aliae hostiae constituuntur, und manche Anrufungen aus den precationes augurum, die mit der Beobachtung der signa nichts zu thun haben (Cic. de nat. deor. III 52 in augurum precatione Tiberinum Spinonem Almonem Nodinum alia propinquorum fluminum nomina videmus, vgl. Serv. Aen. VIII 95 Tiberim libri augurum colubrum loquuntur tamquam flexuosum. Fest. p. 157: manes di ab auguribus invocantur, quod hi per omnia aetheria terrenaque man⟨are credantur; idem di su⟩peri atque inferi ⟨dicebantur, quos ideo invocabant⟩ augures quod hi ⟨existimabantur favere vitae⟩ hominis. Serv. Aen. XII 176: hoc per speciem augurii, quae precatio maxima appellatur, dicit; precatio autem maxima est, cum plures deos, quam in ceteris partibus auguriorum, precantur eventusque rei bonae poscitur), wenn auch bei der Spärlichkeit und Kürze der Fragmente die Scheidung nicht immer mit Sicherheit zu treffen ist (z. B. bei der precatio solitaurilium Fest. p. 161).

b) Die Augurn als Träger der Lehre von den auspicia. Wenn wir über den bisher behandelten Kreis selbständiger Functionen der Augurn, der gewiss ursprünglich einen sehr wesentlichen, vielleicht den wichtigsten Teil ihrer Wirksamkeit ausmachte, so überaus mangelhaft unterrichtet sind, so liegt das teilweise daran, dass gerade diese Ritualvorschriften streng geheimgehalten wurden (Fest. ep. p. 16), mehr aber noch daran, dass sich im Laufe der Zeit der Schwerpunkt der auguralen Thätigkeit ganz verschob, indem ihre Mitwirkung bei Einholung und Begutachtung der Auspicien aus politischen Gründen zur Hauptsache wurde (daher Cic. de nat. deor. I 122 sacris pontifices .. auspiciis augures praesunt), obwohl ihre rechtliche Stellung hier eine viel weniger selbständige ist. In der Lex colon. Genet. c. 66 wird als einzige Berufsfunction der Augurn angegeben de auspiciis quaeque ad eas res pertinebunt augurum iuris dictio iudicatio esto. Das römische Staatsrecht verlangt, dass die Mehrzahl wichtigerer Staatshandlungen, insbesondere Ernennung und Amtsantritt der Beamten, Beschlüsse der Volksversammlungen, Auszug zum Kriege u. a. auspicato, d. h. nach eingeholter Zustimmung [2331] der Götter, geschehe, bezw. nicht vorgenommen werde, wenn die Götter ihre Genehmigung verweigern oder die bereits erteilte vor Abschluss der Handlung durch deutliche Zeichen ihrer Missbilligung zurücknehmen. In welcher Weise die Befragung und Feststellung des göttlichen Willens zu erfolgen hat, welche Zeichen, sei es im allgemeinen, sei es für bestimmte Staatsactionen Billigung oder Missbilligung der Götter ausdrücken, wie bei collidierenden und sich widersprechenden Zeichen die Entscheidung zu treffen sei, das alles ist Gegenstand einer complicierten Lehre, deren Befolgung die Augurn als Sachverständige überwachen. Die Zeichen des göttlichen Willens, auguria (oder auch schlechtweg signa), sind verschiedenartig (aus der Lehre von den Augurien und der Auspication können im folgenden nur einige Hauptpunkte hervorgehoben werden; vgl. ausser den grundlegenden Untersuchungen von Rubino Untersuch. 34ff. und Mommsen Staatsr. I 73ff. die gelehrten und scharfsinnigen Erörterungen von I. M. J. Valeton Mnemos. XVII 275ff. 418ff. XVIII 208ff. 406ff.); das Auguralrecht unterschied fünf Hauptklassen, Himmelserscheinungen, Vogelflug, Tierzeichen, Tripudium (s. d.) und Unheilszeichen (Fest. p. 261 quin⟨que genera signorum observant⟩ augures publici, ⟨ex caelo, ex avibus, ex tripudis⟩, ex quadrupedibus, ex⟨diris, ut est in auguralibus⟩; die Ergänzungen sind durch den Auszug gesichert); nach der Art des Erscheinens zerfielen sie in die zwei grossen Klassen der auguria impetrativa und oblativa (Serv. Aen. VI 190. XII 259), von denen die letzteren zufällig sich darbieten, die ersteren erbeten sind und zwar in einer bestimmten legum dictio (Serv. Aen. III 89), in welcher der Befragende erklärt, dass er die und die Zeichen innerhalb der und der Grenzen als Zeichen der göttlichen Zustimmung ansehen werde. Die auguria impetrativa sind natürlich immer zustimmende, eine etwaige Missbilligung äussert die Gottheit dadurch, dass sie Zeichen in der durch die legum dictio erbetenen Weise nicht eintreten lässt, die oblativa können sowohl zustimmend wie abweisend sein: unter allen Umständen abweisend sind die dirae, d. h. alle aussergewöhnlichen und störenden Erscheinungen und Vorfälle, die Geltung der übrigen Zeichen hängt teils von ihrer Art ab (z. B. gehört das Erscheinen mancher Vögel, der sog. obscenae aves [Serv. Aen. III 241; vgl. Gell. XIII 14, 6], direct zu den dirae, Plin. n. h. X 33ff.; vgl. über die Bedeutung einzelner Vögel die Materialsammlungen bei L. Hopf Tierorakel und Orakeltiere in alter und neuer Zeit, Stuttgart 1888, 87ff., wo aber die der auguralen Divination angehörigen Bestimmungen von Fremdartigem nicht geschieden sind), teils aber auch von ihrem Verhalten (z. B. Plin. n. h. VIII 83 eundem [lupum] in fame vesci terra: inter auguria ad dexteram commeantium praeciso itinere, si pleno id ore fecerit, nullum omnium praestantius), dem Orte ihres Erscheinens (z.B. Plaut. Asin. 259f.: impetritum inauguratumst, quovis admittunt aves: picus et cornix ab laeva, corvos parra ab dextera consuadent; vgl. Cic. de div. I 85), der Richtung ihrer Bewegung (z. B. ist der von links nach rechts fahrende Blitz auspicium maximum, Dion. Hal. II 5. Cic. de div. II 43. 74. Serv. Aen. II [2332] 693), endlich auch von der Handlung, auf die sich das Zeichen bezieht (z. B. ist das sonst sehr günstige Blitzzeichen ungünstig für Abhaltung von Comitien, Cic. de div. II 74: fulmen sinistrum auspicium optimum habemus ad omnis res praeterquam ad comitia und mehr bei Mommsen Staatsr. I 77, 4). Weitere Verwicklungen traten ein, wenn die Götterzeichen sich widersprachen, indem für dieselbe Handlung Zeichen entgegengesetzter Geltung beobachtet wurden, sei es, dass nach Erlangung der auguria impetrativa im Verlaufe der betreffenden Handlung ungünstige signa oblativa eintraten, oder dass mehrfache signa oblativa verschiedener Wirkung zur Meldung kamen; für solche Fälle musste es eine Abstufung der auguria nach ihrem Gewichte geben (Serv. Ecl. IX 13: minora enim auguria maioribus cedunt nec ullarum sunt virium, licet priora sint), wie wir z. B. wissen, dass das Blitzzeichen die signa ex avibus schlug (Cass. Dio XXXVIII 13) und unter den letzteren das Erscheinen eines Adlers ein besonders hochstehendes augurium war (Serv. Aen. III 374 si parra vel picus auspicium dederit, et deinde contrarium aquila dederit, auspicium aquilae praevalet .. notum est esse apud augures auspiciorum gradus plures); weitere Schwierigkeiten konnten eintreten durch Störungen irgend welcher Art (dirae obstrepentes Plin. n. h. XXVIII 11) während des Actes der Auspication, welche diesen notwendig zunichte machten, auch wenn die erbetenen Zeichen erschienen (z. B. Fest. ep. p. 64 caduca auspicia dicunt, quom aliquid in templo excidit, veluti virga e manu. Plin. n. h. VIII 223 soricum occentu dirimi auspicia annales refertos habemus), durch Collision verschiedener von verschiedenen Beobachtern für verschiedene Handlungen erhaltenen Zeichen (turbare aut retinere auspicia Gell. XIII 15, 4; s. u. Auspicium), durch die Beschränkung, welcher die Geltung der erhaltenen Zeichen sowohl zeitlich (nur für den Tag der Einholung von Mitternacht bis Mitternacht, Censorin. 23, 4. Gell. III 2, 10 = Macrob. sat. I 3, 7) als örtlich unterliegt (die für einen extra pomerium vorzunehmenden Staatsact ebenfalls extra pomerium erhaltenen signa impetrativa verlieren ihre Geltung, wenn der Auspicierende zwischen Auspication und Vornahme der Handlung wieder die Stadt betritt, Cic. de nat. deor. II 11 und mehr über diesen Fall bei Mommsen Staatsr. I 100, 3; ein anderer Fall Tac. ann. III 19) u. s. w. Ursprünglich scheinen als auguria impetrativa ausschliesslich die signa ex avibus befragt worden zu sein, und die libri augurales waren besonders reich an Vorschriften über diese Art der Auspication; sie enthielten Verzeichnisse der aves augurales (Serv. Aen. I 398; augurales alites Marc. Cap. I 26. Amm. Marc. XV 7, 8; dass ihre Zahl verhältnismässig klein war, sagt Cic. de div. II 76, vgl. Seneca nat. qu. II 32, 5), geordnet nach den Rubriken der oscines und alites, von denen die ersteren durch ihre Stimme, die zweiten durch ihren Flug Zeichen geben (Fest p. 197 oscines aves Ap. Claudius esse ait, quae ore canentes faciant auspicium, ut corvos cornix noctua, alites, quae alis ac volatu, ut buteo sanqualis aquila immusulus vulturius; picus autem Martius Feroniusque et parra ei in oscinibus [2333] et in alitibus habentur; vgl. Fest. ep. p. 3. Varro de l. l. VI 76. Plin. n. h. X 43. Cic. nat. deor. II 160; de div. I 120); beide Klassen stehen einander so gegenüber, dass die Vögel, die als oscines günstige Zeichen geben, als alites ungünstig sind und umgekehrt (Serv. Aen. IV 462), von den alites heissen die günstig fliegenden praepetes, die ungünstigen inferae (Gell. VII 6, 3. 10. Serv. Aen. III 361) oder inebrae (Serv. Aen. III 246, vgl. Fest. ep. p. 109); daneben enthielten die Auguralbücher noch eine Menge Bezeichnungen von Vögeln, nicht sowohl nach ihren Gattungen, als vielmehr nach der günstigen oder ungünstigen Bedeutung, die man ihnen zuschrieb (z. B. bei Fest. ep. p. 7 altera avis, 16 arcula avis, 21 admissivae aves, 276 remores aves, 339 sinistrae aves) oder auch nach der Art ihres Erscheinens (Fest. ep. p. 43 circanea avis, 304 supervaganea avis u. a.). In der historischen Zeit tritt die Vogelschau immer mehr zurück, ebenso wie auch manche andre früher geübten Arten des augurium impetrativum verschollen sind (so die seit M. Claudius Marcellus ausser Anwendung gesetzten auguria ex acuminibus, Cic. de div. II 77; de nat. deor. II 9. Arnob. II 67, vgl. Mommsen Staatsr. I 84, 5), auch die pedestria auspicia (Fest. ep. 244) oder signa ex quadrupedibus waren nicht mehr im Gebrauch, und es kamen in Ciceros Zeit im wesentlichen zur Anwendung nur noch die signa de caelo und das tripudium (Cic. de div. II 71: etenim ut sint auspicia, quae nulla sunt, haec certe, quibus utimur, sive tripudio sive de caelo, simulacra sunt auspiciorum, auspicia nullo modo), die ursprünglich beide nur oblativ waren, dann aber – die Blitzbeobachtung im städtischen, das Tripudium (s. d) im militärischen Amtskreise – alle übrigen Arten der Auspication derart in den Hintergrund drängen, dass einerseits de caelo servare zum allgemeinen Ausdrucke für die Erhaltung impetrativer oder oblativer Auspicien wird (z. B. Cic. de div. II 74; de domo 40 u. v. a.), andererseits die Thätigkeit des pullarius von der Verpflegung und Beobachtung der zum Tripudium nötigen Hühner sich auch auf die gesamte übrige Auspication ausdehnt (Cic. de div. II 74; epist. X 12, 3). Der Grund für das Obsiegen dieser beiden Arten der Erkundung des Götterwillens lag in der Bequemlichkeit nicht nur der Beobachtung, sondern der Umgehung und Fiction: denn am Ausgange der Republik war die ganze Auspication derart zur äusseren Form geworden, dass es gar nicht darauf ankam, ob wirklich ein Blitz gefallen war oder die heiligen Hühner gefressen hatten, sondern nur, dass dies als geschehen dem auspicierenden Beamten gemeldet wurde oder dieser selbst behauptete, das Erforderliche gesehen zu haben; das waren die Zeiten, in denen die Augurn selbst der Meinung sein konnnten, ihre Lehre enthalte nur sapienter ad opinionem imperitorum fictas religiones (Cic. de div. I 105) und beruhe nur auf der Grundlage politischer Zweckmässigkeit (retinetur autem et ad opinionem vulgi et ad magnas utilitates reipublicae mos religio disciplina ius augurium, collegii auctoritas ebd. II 70).

Diese grosse Umwälzungen in Auffassung und Behandlung der Zeichen des göttlichen Willens [2334] haben naturgemäss auf die Stellung des Augurncollegiums stark eingewirkt und seine politische Bedeutung in demselben Masse erhöht, wie der religiöse Gehalt ihrer Lehre zurückging. Ursprünglich scheint sich die auf die Auspication bezügliche Thätigkeit der Augurn, abgesehen von der Herstellung und Instandhaltung der erforderlichen templa (s. u.), beschränkt zu haben auf die Erteilung von Gutachten darüber, ob im Zweifelsfalle bei einer bestimmten Handlung den Vorschriften des Auguralrechtes genügt sei oder nicht. War für eine wichtigere Staatshandlung die Befragung der Himmelszeichen unterblieben oder hatten die auspicia impetrativa versagt oder waren vor Abschluss der Handlung eingetretene und gemeldete auguria oblativa ungünstiger Art unberücksichtigt geblieben, so legte der Senat die Sache dem Augurncollegium vor (ad augures relatum est Liv. XLV 12, 10; ad collegium deferre Cic. Phil. II 83; augures vocati Liv. XXXIII 21, 13; consulti augures Liv. VIII 23, 14), welches nach eingehender Untersuchung durch decretum (Liv. IV 7, 3. Cic. de leg. II 31) den Verstoss (vitium) feststellte, und zwar, wenn bei der Einholung der auguria impetrativa etwas versehen worden war, mit der Formel vitio tabernaculum captum esse (Cic. de nat. deor. II 11; de div. I 33 = Val. Max. I 1, 3. Liv. IV 7, 3. Serv. Aen. II 178; vgl. Valeton Mnemos. XVIII 243ff.), wenn es sich um Unterlassung der Auspication oder um Nichtbeachtung ungünstiger auguria oblativa handelte, mit der Formel vitio creatum videri (z. B. Liv. VIII 15, 6. XXIII 31, 13, vgl. VIII 23, 14) oder vitio diem dictam esse (Liv. XLV 12, 10) oder auch leges contra auspicia latas esse (Ascon. p. 61 K.-S.). Das war, wie Mommsen (Ephem. epigr. III p. 101) richtig betont, keine eigentliche Rechtsprechung, sondern nur eine gutachtliche Äusserung, welche die Thatsache des Verstosses gegen die sacrale Ordnung feststellte; wenn Cicero (de leg. II 31) den Augurn die Befugnis beilegt posse decernere, ut magistratu se abdicent consules .. leges non iure rogatas tollere, so verschiebt er die Sache, denn der Rücktritt der gewählten Beamten und die Aufhebung der Gesetze tritt allerdings meist (nicht ausnahmslos, wie der Fall des Consuls C. Flaminius im J. 531 = 223 zeigt, Plut. Marc. 4. Zonar. VIII 20. Liv. XXI 63, 7) thatsächlich ein, aber nicht als Vollstreckung eines auguralen Urteils, sondern unter dem mehr factischen als rechtlich begründeten Drucke eines auf das decretum augurum gestützten Senatsbeschlusses (Mommsen Staatsr. I 112f. III 364ff.). Dass die Augurn aus eigener Machtvollkommenheit, ohne Aufforderung des Senates, die Constatierung eines vitium hätten vornehmen können, ist nicht bezeugt (in den beiden von Cicero de nat. deor. II 11 und epist. X 12, 3 berichteten Fällen aus den J. 591 = 163 und 711 = 43 legen die Beamten ihre Bedenken wegen bei ihrer eigenen Auspication vorgefallener Unregelmässigkeiten selbst dem Augurncollegium vor – im ersten Falle ist der Magistrat zugleich Augur – und dieses berichtet weiter an den Senat) und nicht wahrscheinlich (vgl. Bouché-Leclercq bei Daremberg-Saglio Diction. I 557).

Besonders reichlichen Anlass zur Anfechtung [2335] staatlicher Acte gab die wirkliche oder vermeintliche Nichtbeachtung ungünstiger Oblativauspicien durch den leitenden Magistrat. Zwar hing es rechtlich durchaus von seiner Entscheidung ab, ob er ein solches Zeichen gesehen haben und auf seine Handlung beziehen wollte; es galt im Auguralrechte der Grundsatz neque diras neque ulla auspicia pertinere ad eos, quicumque .. observare se ea negaverint (Plin. n. h. XXVIII 17; vgl. Serv. Aen. XII 260 nam in oblativis auguriis in potestate videntis est, utrum id ad se pertinere velit an refutet et abominetur) oder quod ego non sensi, nullum mihi vitium facit (Cato bei Fest. p. 234), und es war durchaus kein illoyales Verfahren, wenn sich der Consul M. Claudius Marcellus, selbst Augur, vor der Schlacht in einer bedeckten Sänfte tragen liess, um nicht durch Wahrnehmung ungünstiger Zeichen gehindert zu werden (Cic. de div. II 77). Thatsächlich aber waren doch der Willkür der Magistrates enge Grenzen gezogen; wenn einer der bekanntesten Sätze des Auguralrechts anordnete Iove tonante fulgurante comitia populi habere nefas (Cic. de div. II 42; vgl. in Vatin. 20; Philipp. V 7), so war es für den eine Volksversammlung leitenden Magistrat, wenn während derselben ein Blitz wirklich erfolgte, bedenklich, ihn zu ignorieren, da er befürchten musste, dass die Sache als contra auspicia facta angefochten würde und das Augurncollegium auf Aufforderung des Senates das vitium constatierte. Da solche nachträgliche Anfechtungen weder im Interesse des Staates noch der beteiligten Beamten lagen, beugte man ihnen dadurch vor, dass man das augurale Gutachten gewissermassen vorwegnahm, indem man zu den Comitien (vielleicht auch zu andern Staatshandlungen) Augurn hinzuzog und ihnen das Recht gab, in rechtsverbindlicher Form den Eintritt ungünstiger Oblativauspicien zu constatieren und damit die Fortführung der Handlung für diesen Tag zu inhibieren (diem vitiare Fest. p. 234); das Recht des Magistrats seinerseits Zeichen zu bemerken, die die Vertagung der Versammlung herbeiführten, blieb dadurch unangetastet und wurde der Controle des Augurs nicht unterstellt (vgl. Plut. Cato min. 42; Pomp. 52), ebenso aber war, wenn, der Augur ein Zeichen der Art bemerkt haben wollte oder auf Meldung von andrer Seite her es als geschehen annahm, dessen Erklärung unanfechtbar: sein Ausspruch alio die, (Cic. de leg. II 31; Phil. II 83f.) führte die Auflösung der Versammlung herbei (Mommsen Staatsr. III 415, 6). Wann dieses Recht der nuntiatio (Cic. Phil. II 81 nos enim nuntiationem solum habemus, consules et reliqui magistratus etiam spectionem. Fest. p. 333, letztere Stelle schwer verderbt, s. die Herstellungsversuche bei Valeton Mnemos. XVIII 455f.), das von der obnuntiatio (s. d. und Valeton Mnemos. XIX 75ff. 229ff.; von den Augurn gebraucht obnuntiare nur Donat. zu Ter. Ad. IV 2, 8 proprie obnuntiare dicuntur augures, qui aliquid mali ominis scaevumque viderint) der Magistrate streng zu scheiden ist, den Augurn zugestanden worden ist, ist nicht bekannt; als secundär entwickelt darf es auf alle Fälle gelten, die bekannten Anwendungen (zusammengestellt bei Valeton a. a. O. 94ff.) fallen sämtlich erst ins letzte Jahrhundert [2336] der Republik. Die officielle Thätigkeit dieses bei den Comitien diensthabenden Augurs heisst in auspicio esse (Cic. ad Att. II 12, 1. Messala bei Gell. XIII 15, 4 ; ein gewählter Ausdruck ist es, wenn Cic. ad Att. II 7, 2 diejenigen, welche bei den Curiatcomitien in auspicio gewesen waren, als auspices legis curiatae bezeichnet); es konnten auch mehrere Augurn anwesend sein (Varro de re r. III 7, 1; drei bei Cic. ad Att. IV 18, 2); dass aber, wie Valeton Mnemos. XVIII 454 annimmt, über die Auflösung der Versammlung nicht der einzelne Augur, sondern ein Majoritätsvotum der anwesenden Augurn entschieden hätte, ist gewiss nicht anzunehmen (Cic. de leg. II 31 sagt ausdrücklich rem susceptam dirimi, si unus augur ,alio die‘ dixerit) und wird keineswegs dadurch erwiesen, dass im einzelnen Falle ein allein anwesender Augur Bedenken trägt sine collegis das alio die auszusprechen (Cic. Phil. V 7). Von Bedeutung ist es, dass sich die Thätigkeit des oder der bei den Comitien anwesenden Augurn nicht auf eine etwaige nuntiatio beschränkt, sondern sie auch sonst dabei als Assistenten der Magistrate fungieren; nach der Erzählung des Varro de r. r. III 2, 2 sitzt (bei Tributcomitien) der Augur Ap. Claudius in subselliis, ut consuli, si quid usus poposcisset, esset praesto und nachher III 7, 1 venit apparitor Appi a consule et augures ait citari, ille foras exit e villa; nach Varro de l. l. VI 95 steht der Augur dem Consul auch bei der Ladung des Volkes zur Abstimmung zur Seite, liest ihm die Formel vor und ladet auf seinen Befehl das Volk zur Abstimmung (augur consuli adest tum cum exercitus imperatur ac praeit, quid eum dicere oporteat; consul auguri imperare solet, ut inlicium vocet), und zwar fügt Varro ausdrücklich hinzu, dass das früher anders gewesen und die Ladung durch den praeco (oder einen accensus) erfolgt sei (vgl. Mommsen Staatsr. III 398). Hier haben also zweifellos die Augurn Functionen übernommen, die ihnen von Haus aus fremd sind. Nicht mit voller Sicherheit zu beantworten ist die Frage, ob sie in späterer Zeit auch bei der Einholung der auguria impetrativa beteiligt gewesen sind. Ursprünglich war das sicher nicht der Fall: die Befragung der Himmelszeichen (spectio) kam nur dem Magistrate zu, der zur Unterstützung seiner eignen Beobachtung Gehülfen heranzog (in auspicium adhibere Cic. de div. II 72 bezw. in auspicio esse ebd. 71, auspicio interesse oder adesse Liv. X 40, 4. 11), und wenn man früher vielfach angenommen hat, dass diese Gehülfen vorwiegend oder häufig Augurn gewesen seien (z. B. Rubino a. a. O. 57ff.), so hat das Valeton (Mnemos. XVIII 406ff.) mit Recht zurückgewiesen: wenn Cicero de div. II 71 sagt apud maiores nostros adhibebatur peritus, nunc quilibet, so ist mit dem peritus keineswegs der Augur gemeint, und in der Wendung de rep. II 16 (Romulus) omnibus publicis rebus instituendis, qui sibi essent in auspiciis, ex singulis tribubus singulos cooptavit augures brauchen sich die Worte qui sibi essent in auspiciis durchaus nicht auf Assistenz bei Einholung der Impetrativzeichen zu beziehen; vielmehr spricht der Umstand, dass die Augurn ihrerseits Leute dazu heranziehen können, ihnen als administri [2337] in auspicio zu sein (Cic. de leg. III 43 est autem boni auguris meminisse .. Iovique optimo maximo se consiliarium atque administrum datum, ut sibi eos quos in auspicio esse iusserit), gegen die Annahme, dass sie ihrerseits solche administri der auspicierenden Beamten hätten sein können. Die Möglichkeit muss aber offen gelassen werden, dass am Ausgange der Republik die Augurn teilweise die Einholung der auguria impetrativa nicht als Gehülfen, sondern an Stelle der Magistrate vorgenommen haben, wie in der – allerdings für die ältere Zeit nichts beweisenden – Erzählung des Liv. IV 18, 6 der Dictator Mam. Aemilius vor den Thoren der Stadt die Schlacht nicht eher beginnt, als bis ihm die Augurn durch ein Zeichen von der Burg aus gemeldet haben, dass ihnen die Impetrativ-Auspicien zu teil geworden sind. Cicero scheint jedenfalls in seiner Idealgesetzgebung (de leg. II 20), vielleicht in diesem Punkte zu Gunsten seiner Priesterschaft über das bestehende Recht hinausgehend, den Augurn eine solche Beteiligung an der Auspication zuzusprechen; denn wenn sich die Worte divorumque iras providento sisque apparento zweifellos auf die Nuntiation von ungünstigen Oblativaugurien (dirae = deorum irae, Serv. Aen. IV 453. Fest. ep. p. 69) beziehen, kann das Vorhergehende quique agent rem duelli quique popularem auspicium praemonento ollique obtemperanto schon wegen des praemonento nicht auf andres als die Impetrativaugurien gehen (III 11 qui agent auspicia servanto, auguri publico parento sind beide Arten von Augurien nicht geschieden), und auch die Erklärung § 31, es komme den Augurn zu cum populo cum plebe agendi ius aut dare aut non dare, lässt sich zwanglos nur von ihnen verstehen.

c) Die Augurn bei Herstellung und Überwachung der templa. Die Einholung der Auspicien kann nur geschehen in einem templum, d. h. einem nach den Vorschriften der auguralen Wissenschaft festgestellten und abgegrenzten Orte (Gell. XIV 7, 7 in loco per augurem constituto, quod templum appellaretur. Serv. Aen. XI 235 augurato condita loca u. a.; nicht auspicato, wie es ungenau z. B. Tac. hist. III 72 heisst); da die Zahl der auspicato vorzunehmenden staatlichen Handlungen eine sehr grosse ist und für jede derselben die Einholung der Auspicien an demselben Orte stattfinden muss, wo die Handlung vorgenommen werden soll (s. u. Auspicium), so ist die Zahl solcher templa eine ausserordentlich grosse (reiches Material bei Valeton Mnemos. XXIII 24ff.). Ihre Herstellung und Überwachung ist Sache der Augurn. Die Lehre vom Templum (s. d.), deren Verständnis durch Vermengung mit der Limitation (s. d.) von den Neueren stark verdunkelt worden ist, kann hier nicht behandelt werden, sondern nur die auf sie bezügliche Thätigkeit und Lehre der Augurn. Der augurale Act, durch welchen irgend eine Örtlichkeit zum templum gemacht wird (augurare Liv. VIII 5, 8; inaugurare Cic. Vatin. 24; de domo 137. Serv. Aen. VII 174 u. a.), wird durch die Worte liberare et effare (nur im Passiv) locum bezeichnet. Serv. Aen. I 446 ita templa faciebant, ut .. per augures locus liberaretur effareturque. Dabei bezeichnet liberare die Aufhebung aller [2338] auf der betreffenden Örtlichkeit etwa ruhenden sonstigen sacralen Verpflichtungen und Ansprüche, die dadurch abgelöst werden (exaugurantur, Cato bei Fest. p. 162 fana in eo loco compluria fuere; ea exauguravit, praeterquam quod Termino fanum fuit; id nequitum exaugurari; vgl. Liv. I 55, 2f. V 54, 7. Serv. Aen. II 351), während durch das effari (loca sacra id est ab auguribus inaugurata effata dici Serv. Aen. III 463; ad templum effandum Cic. ad Att. XIII 42, 3) dieselbe aus dem übrigen Terrain gewissermassen herausgehoben wurde (etwa so viel wie fando eximere); das effari muss daher immer eine Grenzbestimmung enthalten (Varro de l. l. VI 53 effari templa dicuntur ab auguribus, effantur qui in his fines sunt; dem Sinne nach mit effatus identisch quibusdam conceptis verbis finitus ebd. VII 8); dass die Abgrenzung nicht eine materielle war, sondern nur durch die im Gebete der Augurn (proprie effata sunt augurum preces Serv. Aen. VI 197) ideell bezeichneten Linien gegeben war, ist mehrfach bezeugt (Fest. p. 157 locus ita effatus aut ita saeptus. Liv. X 37,15 im Gegensatz zur aedes: fanum tantum, id est locus templo effatus). Die Gebetsformel war natürlich nach der Örtlichkeit verschieden (concipitur verbis non isdem usque quaque Varro de l. l. VII 8); von derjenigen, mit der das templum in arce, d. h. der für die selbständigen Kulthandlungen der Augurn und die damit verbundene Himmelsbeobachtung dienende Platz, das auguraculum, abgegrenzt war, überliefert aus den Auguralbüchern Varro a. a. O. den Anfang (dass es nicht mehr als dieser ist, zeigen die Worte; über deren Herstellung vgl. Jordan Krit. Beitr. z. Gesch. d. latein. Sprache 89ff.), aus dem man ersieht, dass man bestimmte gegebene Dinge im Terrain, wie z. B. Bäume, benützte, um die Eckpunkte des templum zu bezeichnen, die man sich dann durch gerade Linien verbunden dachte (die gewöhnliche Auffassung bezieht die Angabe Varros auf die Abgrenzung nicht des Beobachtungsraumes, sondern des Gesichtsfeldes, z. B. Nissen Templum 4. Valeton Mnemos. XVII 280f.). Über die sonstige Beschaffenheit der Caerimonie wissen wir nichts, auch nicht, ob sie nach vorheriger Befragung der Götterzeichen geschah (was Valeton Mnemos. XX 356ff. für selbstverständlich hält; bewiesen wird es aber jedenfalls nicht durch Varro de l. l. VII 6 templum .. ab auspicando, eher durch Liv. I 55, 3, wo der exauguratio der auf dem Boden des spätern Capitols liegenden sacella Vogelschau vorausgeht, falls man sich auf solches Detail dieser Erzählung verlassen kann); nach vollzogener Inauguration wurde an dem Orte ein Zeichen in Gestalt eines Sternes angebracht (Fest. p. 351 stellam quae ex lamella aerea adsimilis stellae locis inauguratis infigatur). Die Inauguration kommt an sich nur einmal zur Anwendung und macht den Ort dauernd zum locus liberatus et effatus; aber die dadurch gegebene Weihe kann durch unheilvolle Einflüsse gestört werden, in welchem Falle die Caerimonie von neuem vorgenommen werden muss; die Augurn haben darauf zu achten, dass dies nötigenfalls geschieht, templa liberata et effata habento, wie Cicero sagt; wenn man liberata habere vielfach vom Freihalten des Gesichtsfeldes versteht [2339] (Marquardt Staatsverw. III 409), so können das die Worte dem Sprachgebrauche nach sicher nicht heissen, und ein solches Freihalten des Gesichtsfeldes war für die meisten templa – man denke an die vielen inaugurierten Örtlichkeiten in der Stadt – überhaupt nicht möglich; nur das auguraculum in arce als Beobachtungsplatz der Augurn selbst wurde durch Beseitigung den Ausblick störender Baulichkeiten geschützt (Cic. de off. III 66; vgl. Fest. p. 344). Die für die Limitation massgebende Anwendung der Linien Cardo und Decumanus hat mit diesen auguralen Abgrenzungen nichts zu thun, aber die vorgeschriebene Form des templum ist die viereckige (Fest. p. 157 templum est locus .. ut .. angulosque IIII – so Valeton Mnemos. XX 369, angulos quod Hs. – adfixos habeat ad terram. Serv. Aen. II 512 Varro locum quattuor angulis conclusum aedem docet vocari debere, wo offenbar durch Schuld der Servius aedes und templum vertauscht sind), und darum befindet sich unter den zahlreichen Gotteshäusern, welche zugleich templa sind, nicht die runde aedes Vestae (Gell. XIV 7, 7. Serv. Aen. VII 153). Es hat aber, wie es scheint, auch loca liberata et effata gegeben, die nicht templa waren und darum auch nicht die regelmässige Form des Vierecks haben mussten; dass die römische Feldmark und die Stadt selbst zu den loca effata gehören, steht ausser Zweifel, als templa werden sie aber nie bezeichnet. Unter ager effatus versteht man denjenigen ausserstädtischen Umkreis, in dem noch die Einholung von auspicia für bürgerliche Angelegenheiten möglich war (Varro de l. l. VI 53 augures finem auspiciorum caelestium agris sunt effati ubi esset. Serv. Aen. VI 197: ager post pomeria, ubi captabantur auguria, dicebatur effatus); dieser ager effatus ist wahrscheinlich identisch mit der auch staatsrechtlich genau fixierten Zone bis zum ersten Meilensteine, welche die Amtssphaere der bürgerlichen Beamten begrenzte (Mommsen Staatsr. I 65ff.) und an die u. a. die Abhaltung und damit auch die Auspication der Centuriatcomitien gebunden war. Verschieden von ihm ist im auguralen Sinne der ager Romanus (Varro de l. l. V 33 ut nostri augures publici disserunt, agrorum sunt genera quinque: Romanus, Gabinus, peregrinus, hosticus, incertus .. peregrinus ager pacatus, qui extra Romanum et Gabinum, quod uno modo in his seruntur auspicia .. Gabinus quoque peregrinus, sed quod auspicia habet singularia, ab reliquo discretus; vgl. oben Bd. I S. 780ff.), dessen Grenze insofern ebenfalls für die Auspicien wichtig war, als nur innerhalb derselben die Ernennung eines Dictators möglich war (Liv. XXVII 5, 15. 29, 5). Innerhalb des ager effatus umschrieb eine engere Linie den Wirkungskreis der auspicia urbana im engeren Sinne, d. h. die Örtlichkeiten, wo Vornahme und Auspication der an den Boden der Stadt geknüpften Handlungen (z. B. Curiatcomitien) stattfinden konnte; das ist das Pomerium (s. d.), welches die Augurallehre definierte (Gell. XIII 14, 1) pomerium est locus intra agrum effatum per totius urbis circuitum pone muros regionibus certeis determinatus, qui facit finem urbani auspicii (Varro de l. l. V 143 postmoerium .. eoque auspicia urbana finiuntur) und als effati urbi [2340] fines erklärte (Gell. a. a. O. § 4, von Mommsen Röm. Forsch. II 28 fälschlich auf den ager effatus bezogen). Dies Pomerium, an das sich eine Menge Bestimmungen der disciplina auguralis (ius pomerii Cic. de div. II 75) knüpften, war durch cippi bezeichnet (Varro a. a. O. cippi pomeri stant et circum Ariciam et circum Romam), und wenn Cicero von den Augurn verlangt urbemque et agros et templa (wie unberechtigt die von Goerenz empfohlene und vielfach angenommene Streichung des et vor templa ist, geht aus dem Dargelegten zur Genüge hervor) liberata et effata habento, so legt er ihnen die Fürsorge für die Erhaltung der das Pomerium sowie die Grenze des ager effatus bezeichnenden Steine auf; dass sie diese wirklich ausübten, zeigt die Inschrift der unter Hadrian bei einer Restitution gesetzten Pomeriumscippen: ex s(enatus) c(onsulto) collegium augurum auctore imp(eratore) Caesare .. Hadriano .. terminos pomerii restituendos curavit (CIL VI 1233 und dazu Hülsen Hermes XXII 615ff.). Im allgemeinen vgl. über die Inauguration (d. h. das liberari und effari) von Örtlichkeiten die inhaltreichen Aufsätze von I. M. J. Valeton Mnemos. XX 338ff. XXI 62ff. 397ff. XXIII 15ff. (von dessen Auffassung aber die hier gegebene Darstellung stark abweicht) und s. die Artikel Templum und Pomerium.

Ob wir berechtigt sind, das Gesichtsfeld, welches der Magistrat bei der Auspication überschaute und innerhalb dessen er nach der legum dictio die erbetenen Zeichen erwartete, als templum anzusehen, erscheint trotz der gelehrten Ausführungen Valetons (Mnemos. XVII 275ff.) mehr als zweifelhaft. Aber ausser dem templum, von dem aus der Auspicant beobachtet (dem sog. templum minus Fest. p. 157; der Comparativ zeigt, dass es ausser diesem templum nur noch ein andres gab), giebt es ein weiteres templum, das Himmelsgewölbe (Varro de l. l. VII 7: caelum .. dictum templum .. eius templi partes quattuor dicuntur, sinistra ab Oriente, dextra ab occasu, antica ad meridiem, postica ad septentrionem; vgl. Serv. Aen. I 92 templum dicitur locus manu designatus in aere, post quem factum ilico captantur auguria), an welchem vor dem Erscheinen der Zeichen vier partes oder regiones, die dextra und sinistra, antica und postica geschieden und bezeichnet werden (Varro a. a. O. Serv. Ecl. IX 15 augures designant spatia lituo et eis dant nomina, ut prima pars dicatur anterior, posterior postica, item dextra et sinistra. Fest. ep. p. 220: ea caeli pars, quae sole illustratur ad meridiem, antica nominatur, quae ad septentrionem, postica; rursumque dividuntur in duas partes, orientem et occidentem). Dies Bezeichnen der Himmelsabschnitte heisst designare caeli spatia (Serv. Aen. VII 187 lituus .. quo utebantur ad designanda caeli spatia; Ecl. IX 15; Aen. VI 191 moris erat, ut captantes auguria certa sibi spatia designarent, quibus volebant videnda ad se pertinere) oder caeli partes (Serv. Aen. IX 4 post designatas caeli partes a sedentibus captantur auguria. Isid. orig. XV 4, 7; vgl. Liv. I 18, 7) oder regiones (Cic. de div. I 31 regionum discriptio; vgl. § 30 regiones direxit. Liv. I 18, 7. Plut. Rom. 22 τὰ πλινθία διαγράφειν; Cam. 32 [2341] τὰς τῶν πλινθίων ὑπογραφάς) und wird nie dem auspicierenden Magistrat, sondern stets dem Augur zugeschrieben (insbesondere bei dem augurium sacerdotii Liv. I 18, 7: augur ad laevam eius capite velato sedem cepit, dextra manu baculum sine nodo aduncum tenens, quem lituum appellarunt. inde ubi prospectu in urbem agrumque capto deos precatus regiones ab oriente ad occasum determinavit, dextras ad meridiem partes, laevas ad septentrionem esse dixit, signum contra, quoad longissime conspectum oculi ferebant, animo finivit), und dass sie nur von diesem vorgenommen werden kann, geht schon daraus hervor, dass nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Alten dem Zwecke des designare regiones eben der Lituus diente, der nur den Augurn, nicht den Magistraten zukommt (Valeton Mnemos. XVIII 256ff.). Es wird demnach diese besondre Art der Himmelsbeobachtung, bei welcher die Zeichen nach ihrem Erscheinen in den verschiedenen partes caeli verschiedene Bedeutung hatten, nicht bei der magistratischen Auspication, sondern bei den mit Himmelsbeobachtung verbundenen Kulthandlungen der Augurn (auguria) zur Anwendung gekommen sein (auch bei Cic. de div. I 30 handelt Romulus als Augur). Über die Frage der Orientierung dieses Himmelstemplums kann im Zusammenhange erst unter Templum gehandelt werden; hervorgehoben muss aber werden, dass, wenn der Augur in jedem Falle bestimmt, was für ihn rechts und links, vorn und hinten sein soll (Liv. a. a. O. dextras ad meridiem partes, laevas ad septentrionem esse dixit, Worte, die Regell Jahrb. f. Philol. CXXIII 1881, 618ff. sehr mit Unrecht streichen will), dies darauf hinweist, dass eben verschiedene Orientierungen möglich waren und in jedem Falle entschieden werden musste, welche zur Anwendung kommen sollte. In der That ist die Südorientierung (antica Süden, postica Norden, dextra Westen, sinistra Osten) ebensowohl bezeugt wie die Ostorientierung (antica Osten, postica Westen, dextra Süden, sinistra Norden), erstere durch Varro (a. a. O. und bei Fest. p. 339 Varro libro V epistulicarum quaestionum ait: a deorum sede cum in meridiem spectes, ad sinistram sunt partes mundi exorientes, ad dextram occidentes) und Verrius Flaccus (Fest. ep. p. 220; vgl. auch das ad meridiem spectans in der Geschichte von Attus Navius bei Cic. de div. I 31), letztere nicht nur durch die Erzählung des Livius a. a. O. von der Inauguration des Numa, sondern auch durch andre davon unabhängige Zeugnisse (Serv. Aen. II 693 sinistras partes septentrionales esse augurum disciplina consentit et ideo ex ipsa parte significantiora esse fulmina. Isid. orig. XV 4, 7 sed et locus designatus ad orientem a contemplatione templum dicebatur; cuius partes quattuor erant, antica ad ortum, postica ad occasum, sinistra ad septentrionem, dextra ad meridiem spectans; vgl. auch Dion. Hal. II 5). Es müssen also beide Orientierungen neben einander bestanden haben; wenn aber Regell (a. a. O. 607ff., fälschlich früher von mir gebilligt zu Marquardt Staatsverw. III 403, 1) sie so scheiden will, dass die Ostorientierung den für die Beobachtung des Vogelflugs abgegrenzten templa in terra, (,irdische Templa‘), die Südorientierung den für die Blitzschau [2342] in Anwendung kommenden templa in caelo (,Schautempla‘) zukomme, oder Valeton (Mnemos. XVII 275ff.) die Ostorientierung dem jedesmal durch die legum dictio abgegrenzten Gesichtsfelde (templum aerium), die Südorientierung dem ein für allemal feststehenden templum caeleste zuspricht, so sind diese Hypothesen schon deswegen hinfällig, weil die auf den libri augurales beruhenden Zeugnisse (zu denen die Geschichte von der famosen Auspication des Attus Navius nicht gehört) eine designatio partium oder discriptio regionum, d. h. eine — gleichviel wohin gerichtete — Orientierung, nur in Bezug auf das Himmelstemplum kennen. Damit ist aber zugleich die Beschränkung dieser ganzen Beobachtungsart auf die Blitzschau gegeben (wenn die griechischen Zeugen in diesem Zusammenhang von den οἰωνοῖς μαντευόμενοι Dion. Hal. II 5, ἐπ’ ὄρνισι διαμαντευόμενοι Plut. Cam. 32, ἐπ’ οἰωνῶν καθεζόμενοι Plut. Rom. 22 u. ä. reden, so beweist das nichts dagegen, weil sie damit nur qui augurium agunt o. ä. übersetzen), da auguria caelestia (Fest. ep. p. 64, vgl. de caelo servare u. a.) technisch nur die Blitzzeichen (natürlich ebenso Donner und sonstige Himmelserscheinungen) im Gegensatz zu den übrigen signa, namentlich denen ex avibus bedeutet. Es ist also ganz correct, wenn Cicero den Augurn vorschreibt: caelique fulgura regionibus ratis temperanto, und dies an andrer Stelle (de leg. III 43) dahin erläutert, der tüchtige Augur dürfe nicht vergessen caeli partes sibi definitas esse traditas, e quibus saepe opem rei publicae ferre possit. Dass wir nicht wissen, in welcher Weise bei den auguralen Kulthandlungen diese Himmelsbeobachtung nach Regionen zur Anwendung kam und welche Anlässe die Wahl der Süd- oder Ostorientierung bedingten, ist bei der Dürftigkeit des Materiales keineswegs verwunderlich.

VI. Ausserrömische Augurn.

Dass die durch die Augurn und ihre disciplina vertretene Art der Erkundung des göttlichen Willens nicht Sondereigentum der Römer war, sondern den Italikern gemeinsam angehörte, zeigt das umbrische Ritual der iguvinischen Tafeln, in denen uns dieselbe Art der Beobachtung des Vogelfluges (dessen Kunde Cic. de div. I 94 an den Umbrern rühmt) und der Abgrenzung des templum entgegentritt (Buecheler Umbrica 42ff. 84ff.). Aber ein den Augurn genau entsprechendes Priestertum scheint es in Iguvium nicht gegeben zu haben, denn der bei dem auguralen Acte fungierende Priester, der adfertur (arsfertur) hat eine viel allgemeinere Wirksamkeit und ist namentlich auch Opferpriester (Buecheler a. a. O. 29 übersetzt ihn mit flamen). Wenn ferner Cicero gelegentlich des augur Soranus (de div. I 105) und des Marsus augur (de div. I 132. II 70) gedenkt, so sind das nicht Priester, sondern Wahrsager, und zwar, wie die verächtliche Art ihrer Erwähnung zeigt, Vertreter einer von der römischen Auguraldisciplin grundverschiedenen und viel niedriger stehenden Art von Divination (vgl. später die Pannoniaci augures Hist. Aug. Sept. Sev. 10, 7; Alex. Sev. 27, 6). Wenn wir daher in einer sehr grossen Anzahl italischer Städte inschriftlich die Würde des Augurates bezeugt finden, so sind das gewiss nirgends Überreste einer von der römischen unabhängigen Entwicklung dieses Priestertums, sondern directe [2343] Übertragungen von Rom her. Denn die Übertragung stadtrömischer Institutionen auf die coloniae civium Romanorum äusserte sich auch darin, dass die letzteren nach römischem Vorbilde mit den Priesterschaften der Pontifices und Augurn ausgestattet wurden. Am lehrreichsten sind in dieser Hinsicht die Bestimmungen der Lex coloniae Iuliae Genetivae (CIL II Suppl. 5439; s. auch Mommsens Commentar Ephem. epigr. III p. 99ff.). Danach soll bei der Begründung der Colonie der Gründer Augurn ernennen, ohne in Bezug auf die Zahl gesetzlich beschränkt zu sein; in der Folgezeit soll aber die Ergänzung in der Weise erfolgen, dass nie mehr als drei im Collegium sind. Die Bestellung (sublegito cooptato c. 67) der neuen Augurn findet durch Wahl in den Comitien unter Vorsitz der Duovirn statt in derselben Weise wie die der Duovirn (c. 66; 67); Bedingung für ihre Wahl ist nur das Bürgerrecht der Colonie, sowie dass sie ihren Wohnsitz dort haben bezw. in den nächsten fünf Jahren nach Begründung der Colonie dort nehmen, widrigenfalls die Duovirn die Streichung des betreffenden Namens aus der Priesterliste zu veranlassen haben (c. 91 quicumque decurio augur pontifex huiusque col(oniae) domicilium in ea col(onia) oppido propiusve it oppidum p(assus) (mille) non habebit annis V proxumis, unde pignus eius quot satis sit capi possit, is in ea col(onia) augur pontif(ex) decurio ne esto, qui[q]ue Ilviri in ea col(onia) erunt eius nomen de decurionibus sacerdotibusque de tabulis publicis eximendum curanto); das Amt ist lebenslänglich, ausser für den Fall einer damnatio (c. 67 in demortui damnative loco). Die Privilegien der Augurn sind dieselben wie in Rom, vacatio muneris et militiae für sie selbst und ihre Kinder, Praetexta und ius inter decuriones spectandi bei den öffentlichen Spielen (c. 66, vgl. o. S. 2321). Die zahlreichen inschriftlichen Erwähnungen municipaler Augurn aus Italien und den Provinzen, die neuerdings V. Spinazzola bei Ruggiero Dizion. epigr. I 795ff. gesammelt und eingehend besprochen hat, ergeben dazu einige wenige Ergänzungen. In Thamugadi scheint die Zahl der Augurn vier betragen zu haben (CIL VIII 2403), während die aus republicanischer Zeit erwähnte Zahl von zehn Augurn bei der Gründung der Colonie Capua (Cic. de leg. agr. II 96) nur eine ausserordentliche und vorübergehende Verstärkung bezeichnet. An Stelle der Wahl durch die Comitien, die noch Modestinus Dig. XLVIII 14, 1, 1 einschärft, ist stellenweise Ernennung durch die Decurionen getreten (in Puteoli Ephem. epigr. VIII 372 .. placere huic ordini Mario Sedato ... [ho]norem auguratus decerni; vgl. CIL V 6428. X 5914. Orelli 2287); Schenkungen von Geldsummen ob honorem auguratus werden zuweilen erwähnt (CIL III 4495. IX 32. XII 410), zur Regel scheinen sie in Africa geworden zu sein, wo die Inschriften von einer summa legitima sprechen (CIL VIII 7990 sestertium XXXIV milia inibi legitima ob honorem auguratus rei publicae intulit; vgl. VIII 8310 statuam, quam ob honorem auguratus sui ex sestertium sex milibus nummum super legitimam promiserat) und Geldversprechungen erwähnen, die vor der Wahl geschehen sind (CIL VIII 4235. 4250. Eph. epigr. VII 760). Die Lebenslänglichkeit des Amtes wird [2344] durch das Fehlen von Iterationsziffern und von auguralicii bestätigt; die Erwähnung eines augur perpetuus in Massilia (CIL XII 410) und in Rusuccuru in Mauretanien (CIL VIII 8995) kann die Regel nicht umstossen (s. Spinazzola a. a. O. 798). Die Zulassung eines Freigelassenen lässt sich einmal belegen (Eph. epigr. VIII 369 aus Puteoli), die gleichzeitige Bekleidung der Augurnwürde in zwei Colonien mehrfach (CIL III 1141. 1209). In der Mehrzahl der Fälle wird das Augurat cumuliert mit andern municipalen Priester- und Communalämtern (Spinazzola a. a. O. 799ff.), wie überhaupt seine Träger der municipalen Aristokratie, zum Teil auch dem Ritterstande, angehören. Über die Functionen der municipalen Augurn sagt die lex. col. Genet. c. 66 nur de auspiciis quaeque ad eas res pertinebunt augurum iuris dictio iudicatio esto; dass die Einholung von auspicia de caelo auch in den Municipien noch in der Kaiserzeit nicht ganz verschwunden war, zeigt die Inschrift von Apisa maior in Africa CIL VIII 774 Deo loci ubi auspicium dignitatis tale .. mit Darstellung eines Blitzes, für Vogelschau kann CIL II 5078 (Grabschrift aus Augusta Emerita) L. Valerius L. l(ibertus) Auctus avium inspex blaesus nichts beweisen, da es sich hier nicht um einen Priester handelt; in der Erzählung von dem patavinischen Augur C. Cornelius bei Plut. Caes. 47 ist trotz der Worte ἐπ’ οἰωνοῖς καθήμενος (s. o. S. 2342) die Gattung der beobachteten σημεῖα nicht bestimmbar, nach Lucan. VII 197ff. waren es signa de caelo.

Litteratur ist an den einzelnen Stellen angeführt; im allgemeinen vgl. Marquardt Staatsverw. III 397ff. (dort S. 397, 3 auch ältere Litteratur). A. Bouché-Leclercq bei Daremberg-Saglio Dict. I 550ff.