RE:Barditus

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Schlachtgesang der Germanen, rauh und dumpf brausend
Band III,1 (1897) S. 10 (IA)–11 (IA)
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Barditus, der rauhe, dumpf brausende Schlachtgesang der alten Deutschen, aus dessen Tönen sie den Erfolg des Kampfes ahnen zu können glaubten: Tac. Germ. 3 sunt illis haec quoque carmina, quorum relatu, quem barditum vocant (also die Art des Vortrags), accendunt animos futuraeque pugnae fortunam ipso cantu augurantur; terrent enim trepidantve, prout sonuit acies[WS 1]. Dasselbe Schlachtgeschrei meint wohl Amm. Marcell. XVI 12, 43, wenn er von den Alamannen berichtet (zum J. 357) barritum ciere vel maximum, qui clamor ipso fervore certaminum a tenui susurro exoriens paulatimque [11] adolescens ritu extollitur fluctuum cautibus inlisorum[WS 2]; vgl. XXVI 7, 17 terrifico fremitu quem barbari dicunt barritum[WS 3] und XXXI 7, 11 et Romani quidem voce undique Martia concinenentes a minore solita ad maiorem protolli, quam gentilitate appellant barritum, vires validas erigebant[WS 4]. Die Römer der späteren Zeit hatten also auch diesen barbarischen Schlachtruf, nur dass er jetzt übereinstimmend (vgl. noch Amm. Marc. XXI 13, 15 barritus sonum. Veget. de re mil, III 18 clamor quem barritum vocant) barritus heisst, nicht wie bei Tacitus barditus (vgl. Mommsen Herm. XXIV 231). Wenn die Überlieferung bei Tacitus richtig ist, was zunächst nicht in Zweifel gezogen zu werden braucht, werden wir annehmen dürfen, dass die Späteren veranlasst durch den ähnlichen Klang und die ähnliche Bedeutung das Wort zu barritus (zu barrus, barrire ‚Elefantengeschrei‘, vgl. z. Β. Veget. de re mil. III 24 elephanti barritus horrore. Archiv für lat. Lexik. IX 365) umgestaltet haben (vgl. O. Keller Lateinische Volksetymologie 322ff.). Dass der barbarische Schlachtruf im romischen Heere Aufnahme fand, erklärt sich wohl daraus, dass dasselbe in späterer Zeit zum grossen Teil aus Germanen bestand. Eine allgemein befriedigende Erklärung des Wortes b. ist noch nicht gegeben. Nach Müllenhoff bedeutet es ‚Bartweise‘ (das Brummen in den Bart), die Nachahmung der Donnerstimme des Gottes, Bartgesang des Donar; die Mehrzahl der Germanisten ist für die Grimmsche Deutung ‚Schildgesang‘ (altnord. bardi = Schild), vgl, Tac. a. O. adfectatur praecipue asperitas soni et fractum murmur obiectis ad os scutis, quo plenior et gravior vox repercussu intumescat[WS 5]. Mit den kunstmässigen Bardenliedern der Kelten hat das Wort nichts zu thun; vgl. Müllenhoff De antiquissima Germanorum poesi chorica, Kiel Progr. 1847, 19, die Erklärer zur Tacitusstelle und verschiedene Geschichten der deutschen Litteratur, Wackernagel, Kelle, Kögel (I 18) u. a.

[Ihm.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Tacitus, Germania 3: „Dann haben sie auch noch Lieder, durch deren Anstimmung, Barditus von ihnen genannt, sie ihren Mut entflammen und den Ausgang des bevorstehenden Kampfes schon aus dem bloßen Klange vorausahnen. Denn sie erschrecken andere oder verzagen selbst“. Zitiert nach Publius Cornelius Tacitus, Sämtliche erhaltene Werke, unter Zugrundelegung der Übertragung von Wilhelm Bötticher neu bearbeitet von Andreas Schäfer, Magnus Verlag, Essen 2006, S. 72.
  2. Ammianus Marcellinus 16,12,43: „[Die Cornuten und Bracchiaten] stimmten mächtig den Barritus an. Dieses Schlachtgeschrei wird mitten in der Hitze des Kampfes erhoben. Es beginnt mit einem schwachen Summen, verstärkt sich dann allmählich, wie das Brausen der Meereswogen, die gegen Klippen branden“. Zitiert nach Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, Lateinisch und Deutsch und mit einem Kommentar versehen von Wolfgang Seyfarth, Bd. 1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1970, S. 197.
  3. Ammian 26,7,17: „der furchterregende Schlachtruf, den die Barbaren als Barritus bezeichnen“.
  4. Ammian 31,7,11: „Die Römer stimmten überall ihren Schlachtgesang an, der üblicherweise leise beginnt, um sich zu größerer Lautstärke zu steigern, und den man mit einem barbarischen Wort als Barritus bezeichnet“. Zitiert nach Ammianus Marcellinus, Römische Geschichte, Bd. 4, Darmstadt 1971, S. 169.
  5. „Man strebt dabei besonders nach Rauheit des Tones und dumpfen Getöse, indem man den Schild vor den Mund hält, damit die Stimme desto voller und kräftiger durch das Zurückprallen derselben anwachse.“ Zitiert nach a. O.