RE:Caelibatus

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ehelosigkeit
Band III,1 (1897) S. 12531254
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Caelibatus. Die Ehelosigkeit wurde ebenso wie die Kinderlosigkeit von seiten des römischen Staatswesens, das der Fortpflanzung einer wehrkräftigen Bürgerschaft bedurfte, mit Ungunst behandelt. Schon in alter Zeit soll sich hierauf ein Gesetz bezogen haben (Sozom. hist. eccl. I 9; Festus p. 379 erwähnt eine Strafe, die wegen Ehelosigkeit entrichtet wurde). Die Sittenpflege des Censors suchte dem Mangel an Heiraten und Geburten entgegenzutreten, teils durch Ehrenstrafen (Val. Max. II 9, 1. Mommsen R. St.-R.³ II 376ff.), teils durch ermahnende Ansprachen (Plut. Cam. 2), z. B. die Rede des Censors Q. Metellus Macedonicus de prole augenda, auf welche Augustus bei seinen Gesetzgebungsplänen Bezug nahm. Liv. per. LIX. Suet. Oct. 89. Gell. I 6. Auch sonst erfuhren die Ehe- und die Kinderlosen mancherlei Zurücksetzungen (vgl. Bruns Fontes iuris Romani6 183, 4. Suet. Oct. 31). Andererseits wurden die Verheirateten und mit Kindern Gesegneten auf mannigfache Art bevorzugt, z. B. bei der Aufnahme Freigelassener in die Tribus (Liv. XLV 15), bei Landverteilungen (Cass. Dio XLIII 25. App. b. civ. II 10. Cic. p. Marc. 23, woselbst dies Verfahren gebilligt wird). Am schärfsten griff in dieser Richtung die Ehegesetzgebung des Augustus durch, ergänzt durch spätere Gesetze (Tac. ann. III 25, 28) und Senatsschlüsse. Gai. II 144. 206. 286. Ulp. 13–18. Paul. sent. IV 9. Tacit. ann. XV 19. Cass. Dio LVI 1–10; s. Ius trium liberorum, Lex Iulia, Lex Papia Poppaea, S. C. Calvisianum. Diese Gesetzgebung hatte nicht nur einen drückenden Zwang zur Heirat im Gefolge (Propert. eleg. II 7. Iuven. VI 38ff. Mart. II 92. VI 7), sondern auch schwere sittliche Schäden (Kuntze Cursus des röm. Rechts² 557 § 794 spricht von einem ‚Treibhaussystem‘; vgl. Iuvenal. VI 38ff.). Unter dem Einflusse strengerer sittlicher Anschauungen und veränderter wirtschaftlicher Zustände, bei denen ein Übermass der Bevölkerung gefährlich werden konnte, wurde diese Gesetzgebung seit Constantin völlig beseitigt. Cod Theod. de infirm. poenis coelib. et orbit. VIII 16. Cod. Iust. VIII 57 (58) c. 1. Euseb. vit. Const. IV 26. Sozom. a. a. O.; s. auch Bona caduca. Litteratur. Baron Institutionen [1254] 74ff. § 37; Das Heiraten in alten und neuen Gesetzen, Berlin 1874 (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge von Holtzendorffs Heft nr. 211). Jörs Über das Verhältnis der lex Iulia de maritandis ordinibus zur lex Papia Poppaea, Diss. Bonn. 1882; Die Ehegesetze des Augustus, Marburg 1894 und daselbst Anm. 1 genauere Litteraturangaben. L. Seuffert Constantins Gesetze und das Christentum. Würzburger Festrede 1891, 15. Wissowa Die Säkularfeier des Augustus, Marburger Festrede 1894, 15ff. Karlowa Römische Rechtsgeschichte I 618. II 121ff. Puchta-Krüger Institutionen¹ I 297 § 107. II 451ff. § 313. Schulin Geschichte des röm. R. 234ff. 356. Leonhard Institutionen 96 § 27 III. 203ff. § 53 II c.