RE:Cincius 5

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Alimentus, L. Pr. 210 v. Chr. Annalist
Band III,2 (1899) S. 25562557
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5) L. Cincius Alimentus, Praetor 544 = 210, verwaltete Sicilien und hatte zwei Legionen zu seiner Verfügung (Liv. XXVI 23, 1. 28, 3. 11). Im nächsten Jahre schützte er unter dem Obercommando des M. Valerius Laevinus die Osthälfte der Insel, das neuerworbene syrakusanische Gebiet (Liv. XXVII 7, 12. 16. 8, 16) und wurde im folgenden von dort abberufen, um die Belagerung Locris von der Seeseite her zu leiten (a. O. 26, 3). Er bestürmte die Stadt mit aller Macht, wurde aber von den Verteidigern zum Abzuge gezwungen, als Hannibals Sieg über die Consuln und sein Anrücken zum Entsatz ihnen neuen Mut gegeben (a. O. 28, 13ff.). Von Sicilien kehrte C. bald darauf nach Rom zurück und wurde noch Ende desselben Jahres, 546 = 208, mit anderen Gesandten an den Consul T. Quinctius Crispinus geschickt (a. O. 29, 4). Zu unbekannter Zeit, vermutlich später, kam er in Hannibals Gefangenschaft (Liv. XXI 38, 3). Als Senator bezeichnet ihn Dionys. I 74, 1.

Mit ihm ist zweifellos identisch der gleichnamige Annalist L. Cincius Alimentus. Da nämlich dieser nach Liv. XXI 28, 2 (frg. 7 Peter) seiner eigenen Angabe gemäss in die Gefangenschaft Hannibals gefallen war, ist zunächst die Zeit beider dieselbe, ferner war nach dem Zeugnis des Dionys I 74 (frg. 4 P.) auch der Geschichtschreiber Senator (ἀνὴρ τῶν ἐκ τοῦ βουλευτικοῦ συνεδρίου), vor allem aber ist ausschlaggebend die genaue Übereinstimmung aller drei Namen, zumal bei der Seltenheit sowohl von C. wie von Alimentus.

Neben Q. Fabius Pictor ist C. der älteste römische Historiker, dessen Bild als Schriftsteller freilich der kritischen Forschung gegenüber in völligem Nebel verschwimmt. Lange Zeit hindurch war der Historiker C. mit dem unter Augustus schreibenden gelehrten Antiquar C. (s. d. Nr. 3) zusammengeworfen worden. Erst seit Hertz sind die beiden Persönlichkeiten scharf von einander geschieden und die mannigfachen antiquarischen, staatsrechtlichen und sprachwissenschaftlichen Schriften, die für die Zeit des Annalisten ganz unerhört wären, dem jüngeren C. zugewiesen worden. Aber auch von den sieben Fragmenten, die Peter dem Annalisten zuschreibt, werden diesem noch eins, wenn nicht gar zwei abzusprechen sein. Zunächst gehört das von Servius erhaltene frg. 2, das Erörterungen über lateinische Etymologien, Faunus, fana, fanatici, enthält, meiner Ansicht nach unbedingt in das [2557] Werk de verbis priscis des jüngeren C., umsomehr als dieses Werk gerade von Servius auch sonst noch (Aen. II 225) benutzt ist. Weiter wird man wohl frg. 1, das über die Entstehung des lateinischen Alphabets handelt, lieber auf den Sprachforscher beziehen, und so verbleiben denn für den Annalisten nur fünf Fragmente. Abgesehen hiervon wird ein Urteil über ihn noch dadurch erschwert, dass er mehrfach nur in Zusammenstellung mit Fabius Pictor erscheint. Überhaupt dürfte das gleichzeitige, aber glänzendere Werk des Fabius das des C. schon bald völlig verdrängt haben. Wenigstens lässt sich eine wirkliche Benutzung des letzteren nur für Dionys erweisen, der daraus die frg. 3. 4. 5. 6 erhalten hat. Livius hat das Cinciuscitat XXI 38, 2 = frg. 7, wie die ganze Fassung der Stelle schliessen lässt, wohl aus seiner Quelle, vermutlich Coelius Antipater, herübergenommen. Die zweite Stelle des Livius (VII 3), die man auf den Annalisten hat beziehen wollen, gehört vielmehr, wie Peter p. CX f. völlig überzeugend darlegt, dem Antiquar.

Über den Inhalt und Charakter des Werkes irgend etwas Bestimmteres zu vermuten, muss unter diesen Verhältnissen als völlig aussichtslos erscheinen. Aus den Fragmenten ergiebt sich nur soviel, dass C. als Gründungsjahr Roms das J. 729 v. Chr. angenommen hatte (frg. 4) und dass ferner die Romulussage (frg. 3), die Tarpeiasage (frg. 5) und die Geschichte des Sp. Maelius (frg. 6) ausführlicher behandelt waren. Da aber C. nach frg. 7 auch noch den hannibalischen Krieg dargestellt hatte, muss sein Werk von der frühesten Urgeschichte bis zur eigenen Zeit des Verfassers herabgereicht haben. Geschrieben war es, wie sämtliche älteren Annalenwerke, in griechischer Sprache, deren genauere Kenntnis C. sich wohl während seines langen Aufenthaltes in Sicilien und Unteritalien erworben hatte. Dort mag er auch die erste Anregung zur Abfassung des Werkes bekommen haben.

Litteratur: Hertz De Luciis Cinciis, Berlin 1842. Plüss De Cinciis rerum Romanarum scriptoribus, Bonn 1865. Peter Hist. Rom. rell. CI f. 40f.; Hist. Rom. frg. 31f. Teuffel R. L.-G. I 192. Mommsen Röm. Chronol.² 315.