RE:Koryphaios

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Bezeichnung d. Chorführers
Band XI,2 (1922) S. 14611462
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Koryphaios (vgl. Reisch o. Bd. III S. 2382). Nach Suid. 619 ist κορυφαῖος ὁ πρῶτος τῶν ὑποκριτῶν. Pollux IV 106 nennt ihn neben ἡγεμὼν χοροῦ) (vgl. Harpokr. II 463 Dind.) und χορολέκτης (vgl. Reisch o. Bd. III S. 2442. Suid. s. χοροδέκτης ὁ τοῦ χοροῦ προσάρχων) und wahrscheinlich sind das nur verschiedene Benennungen desselben Chorführers. Hesychios 908 sagt κ. τέλειος ἡγεμών, (vgl. Demosth. XXI 60). Seinen Einfluß sieht man aus dem, was Demosthenes sagt (XXI 60): τὸν ἡγεμόνα ἂν ἀφέλη τις οἴχεται ὁ λοιπὸς χορός. Von ihm hing der Rhythmus der Chorgesänge ab und alle anderen Choreuten mußten im Gesange ihm folgen (Aristot. probl. XIX 22; de mundo 6). Er stimmte den Gesang an (Lucian. de merc. cond. 28) und gab die Melodie (Dio Chrys. LVI 365). Wenn Columella de re rust. XII 2, 4 sagt: ubi chorus canentium . . . neque numeris praeeuntis magistri consensit, so übersetzt er wahrscheinlich auf solche Weise K. seiner griechischen Quelle. Er hatte die größte Macht unter allen Choreuten (Arist. met. IV 11, 1018 b; polit. III 4, 1277). Darum werden auch auf einigen inschriftlichen Urkunden über die musischen Agone statt des ganzen Chors nur die Namen der K. aufgeschrieben, so z. B. Alkisthenes CIG 1579 und Kraton CIG 1580, vgl. Reisch De musicis Graecorum certam. 1885, 109f. So entstand auch die Bedeutung κ = πρῶτος, Aristoph. Plut. 953 und Schol. z. St. Bei Lucian ist K. synonym ,der Höchste, Hervorragendste‘ (pro merc. cond. 15; Harmon. 2; de paras. 42; Calum. 12; Sol. 5, vgl. Schol. 38, 7 Rabe; Iupp. trag. 44, vgl. Philostr. imag. 299, 12) auch da, wo gar keine Rede vom Chor ist.

Man meinte früher, daß der K. auf der Thymele stehen mußte, und diese Meinung teilt noch Ridgeway The origin of tragedy, Cambridge 1910, 56, aber schon Hermann (Opuscula V 143ff.) sprach die Vermutung aus, daß er in der Mitte der Reihen der Choreuten stehen mußte, was durch Photios II 227 τρῖτος ἀριστεροῦ, belegt sein sollte: σύνεβαινε τὸν μέσον τοῦ ἀριστεροῦ στοίχου τὴν εὐτιμοτάτην καὶ τὴν οἷον τοῦ πρωτοστάτου χώραν ἐπέχειν καὶ στάσιν, vgl. Poll. II 161, wo neben dem ἀριστεροστάτης ἐν χοροῦ auch der δεξιοστάτης genannt wird. Poseidonios (bei Athen. IV 152b) sagt: ὅταν οἱ πλείονες συνδειπνῶσι κάθηται μὲν ἐν κύκλῳ, μέσος δὲ ὁ κράτιστος ὡς ἂν κορυφαῖος χοροῦ. Hauptsächlich aus dieser Stelle schloß Sommerbrodt (Scaenica 10-12), daß in jedem Chore nur ein einziger K. sein konnte, gegen K. O. Müller (Aesch. Eumen. 83), welcher meinte, daß jeder Vorsteher in jeder Chorreihe K. genannt wurde. Wenn Aristoteles (Poet. 1456 a) sagt: καὶ τὸν χορὸν δὲ ἕνα δεῖ ὑπολαβεῖν τῶν ὑποκριτῶν, so denkt er wahrscheinlich an solche Stellen, wo der K. am Dialoge teilnimmt, und man meint, daß solche Fälle oft bei Aischylos und Sophokles vorkommen (Kaffenberger Das Dreischauspielergesetz in d. griech. Tragoedie, Gieß. Diss. 1911, 8); auch v. Wilamowitz läßt es für einige Stellen zu, z. B. Eurip. Heracl. 338/9, aber er meint, daß, wer von den Choreuten einzelne paar Worte sagen oder singen mußte, unentschieden sei (Herakl. II² 179), und es bleibt fast unlösbar im einzelnen die Frage, welche Partien in den erhaltenen [1462] Dramen dem K. man zuweisen sollte. Vgl. Hense über die Vortragsweise Sophokleischer Stasima, Rh. Mus. XXXII 489-515. Eine gute Übersicht der ganzen bezüglichen Literatur gab vor Jahren Zielinsky (Die Gliederung der altattischen Komoedie 249-287), aber auch seine eigenen Zuteilungen sind nicht unanfechtbar.

Man meinte, daß auf einem Relief praxitelischer Zeit mit sieben Choreuten auch der K. dargestellt sei (Friedrichs-Wolters Gipsabgüsse N 1330. Die Inschrift CIA II 1286), aber Reisch (o. Bd. III S. 2380) zeigte, daß es ein Chorege sei.