RE:Memmius 9

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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C. Volkstribun 54 v. Chr.
Band XV,1 (1931) S. 616618
GND: 1185218823
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9) C. Memmius ist nur bekannt als Volkstribun des J. 700 = 54 und war verwandt mit dem damaligen Consulatskandidaten gleichen Namens Nr. 8. Seine eigenen Eltern waren der 679 = 75 in Spanien gefallene C. Memmius Nr. 7 und Pompeia, die Schwester des Cn. Pompeius Magnus. Da er jedenfalls der als Stiefsohn des P. Sulla ohne Vornamen bezeichnete M. (Cic. ad Q. fr. III 3, 2; s. u.) ist, so wird die Mutter nach dem Tode des Vaters, als M. noch ein Knabe war, diesen P. Sulla (o. Bd. IV S. 1518ff. Nr. 386) geheiratet haben, in denselben Jahren, in denen auch durch die Vermählung des C. Memmius Nr. 8 mit Fausta verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Memmiern und der Familie des verstorbenen Dictators Sulla angeknüpft wurden. Das Bedenken Groebes (bei Drumann G.R.² II 564) gegen diese Annahme ist ohne Gewicht. M. war von Jugend auf Anhänger der Senatspartei (Cic. Rab. Post. 7: senatus, cuius auctoritati te ab adulescentia dedisti) und bewarb sich wahrscheinlich unter dem zweiten Consulat des Pompeius und Crassus 699 = 55 um das Volkstribunat, um den Kreaturen der Triumvirn entgegentreten zu können. Sein Verwandter Nr. 8 war als Praetor 656 = 58 gewiß mit den als Anhänger der Triumvirn gewählten Consuln jenes Jahres L. Piso Caesoninus und A. Gabinius in Streit geraten, und Gabinius, der inzwischen die Provinz Syrien verwaltet hatte, wurde jetzt im J. 700 = 54 von dem Tribunen zum Hauptziel seiner eigenen Angriffe gewählt. Schon im Februar, als im Senat Beschwerden gegen Gabinius vorgebracht wurden, drohten die [617] Volkstribunen, daß sie seine Vergehen vor dem Volke zur Sprache bringen würden (Cic. ad Q. fr. II 11, 3). Als er im September in Rom eintraf, erwarteten ihn drei Anklagen, wegen Majestätsverbrechens, wegen Erpressungen, wegen Ambitus, und um die Erhebung der Repetundenklage bewarben sich nicht weniger als drei Parteien, nämlich M. gemeinsam mit einem L. Capito, Ti. Nero mit anderen Nebenklägern, die Brüder C. und L. Antonius, so daß es erst eines Divinationsverfahrens bedurfte, um einer dieser Parteien die Klage zuzuweisen (Cic. ad Q. fr. III 1, 15: Gabinium tres adhuc factiones postulant, L. Lentulus flaminis filius, qui tam de maiestate postulavit, Ti. Nero cum bonis subscriptoribus, G. Memmius tr. pl. cum L. Capitone. 2, 1: divinatio in Gabinium futura inter Memmium et Ti. Neronem et G. et L. Antonium M. f.; unrichtig die Auffassung der Antonier als subscriptores des M. bei Klebs o. Bd. I S. 2582, 48ff. 2585, 31ff.; s. dagegen Drumann G.R.² III 54. Von der Mühll o. Bd. VII S. 429, 28ff.). Am 10. Okt. hielt M. vor dem Volke eine so heftige Anklagerede gegen Gabinius, daß M. Calidius als dessen Verteidiger gar nicht zu Worte kam (Cic. ad Q. fr. III 2, 1), daß Sisenna, der Sohn des Gabinius, sich ihm bittflehend, doch vergebens zu Füßen warf, und daß schließlich sein eigener Kollege D. Laelius (o. Bd. XII S. 411, 60ff.) aus Mitleid unter allgemeiner Zustimmung den Gabinius sich entfernen hieß (Val. Max. VIII 1 abs. 3). Am 12. Okt. fand vor dem Praetor M. Cato die Divinatio statt und fiel zugunsten des M. aus (Cic. ad Q. fr. III 2, 1). Er konnte nunmehr die Anklage gegen Gabinius wegen Erpressungen erheben und seine Verurteilung erzielen. Dadurch fiel die Verhandlung der Ambitusklage aus, an der M. ebenfalls beteiligt war; der Ankläger war nämlich P. Sulla, der seinerzeit selbst wegen Ambitus verurteilt worden war und sich nun zu rehabilitieren hoffte, und M. als sein Stiefsohn unterstützte ihn (ebd. 3, 2: Gabinium de ambitu reum fecit P. Sulla subscribente privigno Memmio, fratre Caecilio, Sulla filio). Da das Vermögen des verurteilten Gabinius die von ihm zu zahlenden Beträge nicht erreichte, so klagte M. auch den C. Rabirius Postumus (u. Bd. IA S. 26f.) als ersatzpflichtigen Mitschuldigen an (Cic. Rab. Post. 7) und erklärte in der Verhandlung u. a., daß Cicero nur unter dem Druck des Pompeius die Verteidigung des Gabinius übernommen hätte (ebd. 32), was ja der Wahrheit durchaus entsprach. Schon vorher war im Oktober durch C. Memmius Nr. 8 die schmähliche Abmachung enthüllt worden, die dieser selbst und sein Mitbewerber Cn. Domitius Calvinus (o. Bd. V S. 1420) zur Erlangung des Consulats für das folgende Jahr miteinander und mit den im Amte befindlichen Consuln getroffen hatten; er war dabei jedenfalls am schwersten belastet, wie seine bald erfolgende Verurteilung zeigen sollte, und daher war es gewiß ein Versuch zu seiner Entlastung, daß gerade der Tribun M. die erste Ambitusklage gegen Domitius übernahm (Cic. ad Att. IV 17, 5 [16, 8] vom 1. Okt.: Tres candidati fore rei putabantur, Domitius a Memmio, Messalla a Q. Pompeio Rufo, Scaurus a Triario aut a L. Caesare; ad Q. fr. III 2, 3 [618] vom 11. Okt.: De ambitu postulati sunt omnes, qui consulatum petunt, a Memmio Domitius, a Q. Acutio .... Memmius [Nr. 8], a Q. Pompeio Messalla, a Triario Scaurus; ad Att. IV 18, 3 [16, 11] von Ende Okt.: Candidati consulares omnes rei ambitus. Accedit etiam Gabinius, quem P. Sulla postularat [s. o.] ... sed omnes absolventur). M. hat sich in seinem Tribunat ziemlich lebhaft betätigt, und es ist auffällig, daß er sonst nirgends erwähnt wird, falls er nicht der Consul suffectus von 720 = 34 ist (Fasti Venus. CIL I² p. 66: C. Memmius, doch s. Nr. 10). Möglicherweise hat er das Tribunat nicht lange überlebt.