RE:Rabirius 6

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Postumus, C. Von Cicero in der Rede Pro C. Rabirio Postumo verteidigt
Band I A,1 (1914) S. 2528
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6) C. Rabirius Postumus, wie Nr. 5 aus der für ihn gehaltenen Rede Ciceros (= Cic.) bekannt, wozu noch eine Erwähnung im bellum Africanum kommt, während einige andere Notizen nur hypothetisch mit dieser Persönlichkeit in Verbindung gebracht werden können. R. war Sohn des C. Curtius (Cic. 3. 45. 47; O. Bd. IV S. 1863) und der Rabiria (Nr. 8), verlor früh den Vater (Cic. 4) und wurde von seinem Oheim C. Rabirius (Nr. 5) testamentarisch adoptiert (Cic. 38. 45. Dessau Hermes XLVI (1911) 614f.). Dem [26] Ritterstand angehörig (Cic. 3. 11ff. 15. 18. 22. 41. 43. 48), ungebildet (Cic. 23), aber wohlhabend (Cic. 38), übte er wie sein Vater (Cic. 3) das Geschäft eines Großbankiers aus, mit Verbindungen im ganzen Reich (Cic. 4. 38) und unter der großen Welt Roms (Cic. 4. 45. 47), wie Caesar (Cic. 43) und Cicero (Cic. 47). Sein folgereichstes Engagement war die Anleihe, die König Ptolemaios Auletes, wohl zur Zeit, da er wegen seiner Anerkennung mit dem Senat unterhandelte (Cic. 4), also vor 685 = 59, bei ihm aufnahm. Als bald darauf der von den Alexandrinern verjagte König in Rom erschien, mußte R. die finanziellen Transaktionen zwischen diesem und den römischen Politikern durchführen und ihm, um nicht das früher Geborgte zu verlieren (Cic. 5. 25f.), aufs neue große Summen eigenen und fremden Geldes vorschießen (Cic. 4f. 6. 25. 38f. 43. Suet. Claud. 16, 2; vgl. Cic. Qu. fr. II 2, 3). Da nun seine ganze Existenz auf dem Spiele stand (Cic. 1. 26. 28f.), suchte er dem König möglichst nahe zu bleiben: erst begab er sich zu P. Lentulus Spinther, der zunächst mit der Rückführung des Königs beauftragt war (Cic. 21, vgl. 6; ad fam. I 1, 3. 7, 4. Dio XXXIX 12, 3); dann begleitete er, allerdings als Privatmann (Cic. 19. 21), den Gabinius auf seinem Zug nach Alexandria (Cic. 28. Suet. a. O.). Der in seine Herrschaft restituierte König ernannte ihn, gewiß gezwungen, zum Dioiketes, d. h. obersten Finanzintendanten (Cic. 22. 28. P. Guiraud Etudes économiques sur l’antiquité, Paris 1905, chap. VI erwähnt DLZ XXVII [1906] 815. Wilcken Grundzüge der Papyruskunde I 148). Als solcher trieb R., wohl gestützt auf die zurückgelassenen römischen Truppen (o. Bd. VII S. 428), für Gabinius die vom König garantierte Bestechungssumme und vor allem für sich das ausstehende Geld ein (Cic. 30f., vgl. Cic. ad fam. VII 17, 1). Daneben exportierte er ägyptische Artikel wie Papier, Leinen, Glas (Cic. 40). Obschon er sein Römertum verleugnete (Cic. 25ff.), erregte sein herrisches Gebaren Unwillen (Cic. 39). Wahrscheinlich unter dem Druck der öffentlichen Meinung seiner Untertanen ließ ihn der König mitsammt seinen Untergebenen verhaften (Cic. 22. 39), und er mußte zuletzt flüchten (Cic. 39). Nach der Verurteilung des Gabinius wurde er selber Ende 700 = 54 oder Anfang 701 = 53 (Cic. 425. erwähnt den Winter) von dessen Ankläger C. Memmius (Cic. 7) vor demselben Gerichtshof (Cic. 10. 36) als haftbar für die von jenem zu leistende Ersatzsumme angeklagt (Cic. 8. 36f.). Gleichzeitig warf man ihm die mit seinem Geld vom König am Senat verübte Bestechung (Cic. 6), sein hartes Auftreten in Alexandria (Cic. 39), sein unrömisches Benehmen vor (Cic. 25ff.). Suetons (a. O.) irrige Angabe, er sei maiestatis angeklagt worden, ist aber eher eine Übertragung aus dem Prozeß des Gabinius als eine falsche Folgerung aus dieser Nebenanklage (Halm Abh. Akad. Münch. Hist.-Phil. Kl. Bd. VII 631). Während der Ankläger behauptete, R. halte sein Geld versteckt (Cic. 38. 45), versicherte er, er sei ruiniert (Cic. 2. 38. 41. 45f. 48) und werde nur durch Caesars Hilfe vor dem Bankerott bewahrt (Cic. 41. 43. 48), indem dieser die von Ptolemaios [27] geschuldete Summe selber übernahm, als einer der Hauptdebitoren (vgl. Gelzer Nobilität d. röm. Republ. 1912, 96f.). Die Aussagen der alexandrinischen Zeugen kompromittierten ihn (Cic. 31f. 34f.), Ciceros Verteidigungsrede (Quint. III 6, 11. IV 1, 46. 2, 10) bringt in ihrem sachlichen Teil (30ff.) nicht den Schatten eines Beweises. Was die Rechtsfrage anlangt, so durfte B.. als römischer Ritter und nicht zum Gefolge des Gabinius gehörig allerdings nicht nach der Lex Iu1ia repetundarum angeklagt werden (Mommsen Strafr. 712. Aber wenn Cicero (12) es so darstellt, als ob diese Anklage erhoben worden sei, so verdeckt er, daß die Bestimmung über die Haftpflicht Dritter diese Beschränkung gewiß nicht enthielt (Mommsen Strafr. 731f.). Daß nur gegen solche die Haftpflichtklage erhoben werden konnte, welche im Hauptprozeß oder bei der litis aestimatio als Mitschuldige genannt worden waren (Cic. 9–12. 31–37), wird von Cicero selber als usus und consuetudo, nicht als Gesetz bezeichnet. Über den Ausgang des Prozesses, der im Falle der Verurteilung die Verbannung nach sich gezogen hätte (Cic. 11. 48), können wir nur auf Grund der Nachrichten über R.s späteres Leben urteilen. R. Postumus erscheint im Januar 708 = 46 im afrikanischen Krieg von Caesar beauftragt, an den Truppennachschüben aus Sizilien mitzuhelfen (bell. Afr. 8, 1. 26, 3). Ferner wird auf einer delischen Inschrift (CIL III Suppl. 7239) des 1. vorchristlichen Jhdts. ein C. Rabirius C. f. proconsul genannt. Dazu hat Homolle (Bull. hell. VI [1882] 60817.) auf Josephus ant. XIV 241 verwiesen und, indem er das dort überlieferte Ῥαβίλλιος oder Ῥαβέλλιος ὕπατος in Ῥαβίριος ἀνθύπατος korrigierte, einen Statthalter von Asien aus den Jahren 705 = 49 bis 710 = 44 erschlossen. Wenn diese Kombination richtig ist, so kann die Übereinstimmung mit dem Namen von Ciceros Klienten und Caesars Offizier nicht zufällig sein. Wegen anderweitiger Besetzung der asiatischen Statthalterschaft kommt für R. nur 709 = 45 und eventuell, wenn Cn. Domitius Calvinus, den Caesar von Pharsalus nach Kleinasien abordnete (o. Bd. V S. 1422), im Laufe des Jahres etwa auf Bithynien beschränkt wurde, 707 = 47 in Betracht. Nun hat Dessau (Herm. XLVI [1911] 613ff.‚ Ergänzung XLVII [1912] 320) zu zeigen gesucht, daß C. Rabirius als Postumus Curtius, Postumus, Curtius, d. h. unter seinem alten Namen, bei Cicero und auf Inschriften mehrfach erscheine. Dieser Postumus Curtius hat im Jahre 705 = 49 Caesars Sache in Italien vertreten (Cic. ad Att. IX 2 a, 3. 3, 2. 5, 1) und damals an die Bewerbung um die Praetur gedacht (ad fam. II 16, 7; ad Att. IX 6, 2), er ist 708 = 46 Caesars Vertrauter (ad fam. VI 12, 2), 709 = 45 eventueller Kandidat fürs Consulat (ad Att. XIII 49, 2) und im Verkehr mit Cicero (ebd. XIII 9, 1), ist von Caesar reich beschenkt worden (ebd. XIV 10, 2, vgl. 6, 2) und 710 = 44 Procurator des Octavian (ebd. XV 10, 2); außerdem zeigen ihn mehrfache Inschriften als Patron von Freigelassenen und Amphorenstempel als Kaufmann (Dessau a. O. 618f.). Besteht die Identität zu Recht, so ist R. nicht verurteilt worden, da ad Att. [28] IX 6, 2 vor die Restitution der Verbannten gehört und ist 707 = 47, nicht 709 = 45 Statthalter gewesen, da diesem Jahr ad Att. XII 49, 2. XIII 9, 1 angehören. Für Dessaus Hypothese spricht die Parteizugehörigkeit, spricht ad Att. IX 6, 2, wo Cicero sich als Patronus des Curtius bezeichnet, spricht die aus Kombination von ad fam. II 16, 7 und ad Att. XII 49, 2 für 706/7 = 48/7 zu erschließende Praetur, welche zum Proconsulat von 707 = 47 stimmen würde. Da aber in dem früheren Namen des R. das Postumus nur Praenomen sein könnte, so müßte man die Stellen, an denen bei Cicero ein C. Curtius und M. Curtius genannt werden, von den Postumus–Curtiusstellen trennen. Für C. Curtius (ad fam. XIII 5) hat das keine Schwierigkeit, wohl aber für M. Curtius (Cic. Q. fratr. II 13, 3. III 1, 10, besonders ad Att. XIV 9, 2, vgl. auch Münzer o. Bd. IV S. 1869). Somit darf die Gleichsetzung Dessaus nicht als sicher betrachtet werden.