RE:Aischylos 13

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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der Tragiker 6./5. Jh. v. Chr., Athener aus dem Demos Eleusis
Band I,1 (1893) S. 1065 (IA)–1084 (IA)
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13) Des Euphorion Sohn aus Eleusis, der Tragiker. Für das äussere Leben des A. dienen als Quellen zunächst ein βίος im Mediceus, in dem Nachrichten aus verschiedenen Quellen und von sehr verschiedenem Werte durch eine nachlässig redigierende Hand vereinigt sind. Citiert wird in dem βίος selbst ἐκ τῆς μουσικῆς ἱστορίας (§ 17), und damit ist wahrscheinlich das Werk des jüngeren Dionysios von Halikarnassos gemeint; ausserdem wird Dikaiarchos angeführt (§ 13). Anderes mag auf Chamaileon zurückgehen, der περὶ Αἰσχύλου (Athen. I 22a. IX 375f. X 428f.), oder auf Herakleides Pontikos, der περὶ τῶν τριῶν τραγῳδοποιῶν geschrieben hatte (Laert. Diog. V 88). Eine analoge Compilation ist der erhaltene βίος des Sophokles (s. d.). Ausserdem ist ein sehr dürftiger Artikel des Suidas vorhanden und vereinzelte Notizen bei den Schriftstellern. Alles das ist zusammengestellt von Fr. Schöll vor Ritschls Ausgabe der Septem adv. Thebas, Leipz. 1875 (danach die Citate). Der βίος ist auch den meisten Ausgaben beigegeben.

Das Todesjahr allein steht urkundlich fest: Ol. 81, 1 = 456/5, Marm. Par. ep. 59. Schol. Arist. Acharn. 10. Nach dem Marm. Par. war er 69 Jahre alt, als er starb, und 35, als er bei Marathon mitkämpfte (ep. 48): das ergiebt Ol. 63,4 = 525/4 oder Ol. 64,1 = 524/3 (vgl. Susemihl index schol. Gryph. Winter 1876/7, 4f.) als Geburtsjahr. Dazu stimmt Suidas, da man in dem Satze [1066] ἠγωνίζετο δ αὐτὸς ἐν τῇ ο’ ὀλυμπιάδι ἐτῶν ὢν κε’ das für Θ emendierte Ο für sicher nehmen darf; vgl. s. Πρατίνας· ἀντηγωνίζετο Αἰσχύλῳ τε καὶ Χοιρίλῳ ἐπὶ τῆς ἑβδομηκοστῆς ε’ ὀλυμπιάδος. Dann kann dort auch die Angabe, dass A. 58 Jahre alt gestorben sei, nur ein Schreibfehler sein (νη’ statt ξη’; so schon G. Hermann opusc. II 161). Dagegen sind die Zahlen der Vita teils auf jeden Fall unsinnig (§ 3 συνεχρόνησε δὲ Πινδάρῳ γεγονὼς κατὰ τὴν μ’ ὀλυμπιάδα; ebenso die Angabe in der Sophoklesvita ἦν δὲ Αἰσχύλου νεώτερος ἔτεσιν ζ’ [δεκαεπτά Paris. 2711], wenn Soph. geboren sei Ol. οα’), teils uncontrollierbar und jenen oben gegebenen einander ergänzenden Ansätzen gegenüber immerhin verdächtig (§ 12 ἐβίω δὲ ἔτη ξγ’), allesamt daher für uns unbrauchbar.

A. war ein geborener Athener aus dem Demos Eleusis. Wie bedeutsam es war, dass er an der Stätte der Mysterien aufwuchs, in die er natürlich eingeweiht wurde, deutet auch Aristoph. Frösche 886f. an: Δήμητερ ἡ θρέψασα τὴν ἐμὴν φρένα εἰναί με τῶν σῶν ἄξιον μυστηρίων. Α. war aus einem Eupatridengeschlecht. Sein Vater hiess Euphorion (Vit. § 1 u. 10. Herod. II 156 u. s.). Ein Bruder wird Kynegeiros genannt (Vit. § 1. 4. Suid.), der mit ihm zugleich bei Marathon gekämpft habe, und da bei Herod. VI 114 ein Kynegeiros, der bei Marathon fällt, Sohn des Euphorion heisst, wird dies der Bruder des A. sein. Ein Ameinias, der bei Salamis mitgekämpft habe, wird in der Vita § 4 und bei Suid. Bruder des A. genannt, aber Herodot (VIII 84 u. 93) nennt den Ameinias, dessen Thaten bei Salamis er erwähnt, Παλληνεύς. Zudem ist verdächtig, dass eine ältere Schicht der Vita nur den Kynegeiros, nennt (§ 1), und es ist immerhin das Wahrscheinlichste, dass ein Bruder des A. Ameinias hiess und mit dem berühmten Krieger zusammengeworfen wurde (so zuerst G. Hermann opusc. II 166); das war bereits geschehen bei Diod. XI 27, 2. Aelian. v. h. V. 19 (wo als Kriegsthat des Ameinias bei Salamis erzählt wird, was Kynegeiros bei Marathon gethan hatte). Themistocl. ep. XI 751 Herch. Aristodem. I 3 p. 2 Müller. Ein Bruder Euphorion, den Suidas zu nennen schien, ist nicht einmal von diesem irrtümlich angenommen worden; es liegt nur ein Versehen der Überlieferung vor (Αἰσχύλος Ἀθηναῖος, τραγικός, υἱὸς μὲν Εὐφορίωνος, ἀδελφὸς δ Ἀμεινίου Εὐφορίωνος καὶ Κυναγείρου … da ist das zweite Εὐφορίωνος wohl thörichte Wiederholung des Vaternamens, keinesfalls kann es einen dritten Bruder bezeichnen sollen). Eine Schwester des Α., deren Name nicht genannt wird, war mit Philopeithes vermählt und ward die Ahnmutter einer ganzen Tragikergeneration (Schol. Arist. Vög. 282). Söhne des A. waren Euphorion (s. d.) und Euaion (s. d., nach anderen Hss. Βίων).

An den Hauptschlachten der Perserkriege nahm A. teil. Dass er bei Marathon mitkämpfte und sich auszeichnete, bezeugt die Grabschrift, die er selbst verfasst haben sollte (Vit. § 10. Paus. I 14, 4. Athen. XIV 627 c), auch Marm. Par. ep. 48. Vita § 4. Suid. u. a. Die Teilnahme an Salamis ist sicher allein durch das Zeugnis des Ion (Schol. Pers. 429); Artemision ist hinzugefügt bei Paus. I 14, 5; Plataiai giebt [1067] nur die Vita an (§ 4). Die Vermutung von Blass Rh. Mus. XXIX (1874) 481ff., dass A. 476 mit in Thrakien gewesen sei zur Eroberung von Eion, weil er in den Persern Bekanntschaft mit der Gegend zeige, ist nicht nur nicht beweisbar, sondern geradezu unwahrscheinlich (s. u.).

Dagegen hat A. mehrere Reisen nach Sicilien gemacht. Wenn man die Nachricht der Vita (§ 8) ἐλθὼν τοίνυν εἰς Σικελίαν Ἱέρωνος τότε τὴν Αἴτνην κτίζοντος ἐπεδείξατο τὰς Αἰτναίας οἰωνιζόμενος βίον ἀγαθὸν τοῖς συνοικίζουσι τὴν πόλιν genau nimmt – und sie wird durch das, was man sonst von den Αἰτναῖαι weiss, nur bestätigt –, so muss A. dies Stück in dem Gründungsjahr Aitnas Ol. 76,1 = 476/5 oder doch kurz darauf dort aufgeführt haben. Ol. 76,4 = 472 war A. in Athen und führte die Perser auf. Zwischen 471 und 469 ist er wieder in Syrakus gewesen (Christ Sitzungsber. Akad. München 1888 I 371ff.) und hat jedenfalls in dieser Zeit die Perser dort zum zweiten Male aufgeführt. Denn die syrakusische zweite Aufführung bezeugt nicht nur die Vita (§ 16) φασὶν ὑπὸ Ἱέρωνος ἀξιωθέντα ἀναδιδάξαι τοὺς Πέρσας, sondern auch Eratosthenes und Herodikos nach Schol. Arist. Frösche 1084 (der dasselbe sagt, ohne dass δεδιδάχθαι in ἀναδεδιδάχθαι zu ändern wäre); Schönemann Rh. Mus. XLII (1887) 467ff. Sicher ist ferner nach allen Quellen, dass A. in Gela in Sicilien starb (Ol. 81, 1 = 456/5); Ol. 80, 2 = 458 hatte er noch in Athen die Orestie aufgeführt. Mehr wissen wir nicht über die Reisen des A. nach Sicilien (G. Hermann opusc. II 144ff. behauptet vier Reisen). Die Alten erzählen von den mannigfachsten Motiven, warum er Athen verlassen (fast alle nebeneinander in der Vita). Dass er verbannt sei, weil bei dem Wettkampf mit Pratinas die ἴκρια eingestürzt seien Ol. 70,1 = 499 (Suid. s. Αἰσχύλος und s. Πρατίνας), ist ein albernes Histörchen. Dass er nach einer Niederlage gegen Simonides ἐν τῷ εἰς τοὺς ἐν Μαραθῶνι τεθνηκότας ἐλεγείῳ (Vita § 6) 489 gegangen sei, ist schon deshalb undenkbar, weil ihn zuerst Hieron einlud, der 478 ans Ruder kam. Eine parallele Tradition gleichen Wertes (κατά τινας …, jene andere κατὰ δὲ ἐνίους daneben in der Vita § 6) ist die, dass er Ol. 77, 4 = 468, erbittert durch einen Sieg des jungen Sophokles, gegangen sei, eine Geschichte, die überdies mit der Erzählung von dem ganz unmöglichen Preisgericht der 10 Feldherren (Susemihl a. a. O. 10ff.) zusammenhängt. Auch nur eine richtige Tradition über die Zeit einer Abreise daraus entnehmen zu wollen, würde schon die Thatsache verbieten, dass A. im folgenden Jahre die Ἑπτά-Trilogie in Athen aufführte. Weiterhin wird sein Weggang mit einer Anklage ἀσεβείας in Zusammenhang gebracht: Aelian. v. h. V 19: Αἰσχύλος ὁ τραγῳδὸς ἐκρίνετο ἐπί τινι δράματι etc. Auch Aristoteles deutet solches an Eth. Nicom. III 2 p. 1111 a, wo als Beispiel für den Fall, dass jemand bei einer Handlung nicht das Bewusstsein habe, eine Gesetzesübertretung zu begehen, leichthin angeführt wird: ἢ οὐκ εἰδέναι ὅτι ἀπόρρητα ἦν, ὥσπερ Αἰσχύλος τὰ μυστικά. Commentatoren ([Eustratios] zu Aristot. a. a. O. nach Herakleides Pontikos) und Spätere haben das dann des weitern ausgeführt und jedenfalls ausgeschmückt, sie erzählen [1068] von einem Aufruhr im Theater, bei dem man den A. habe lynchen wollen, von einem Process vor dem Areopag (Clem. Alex. strom. II 14 ἀφείθη ἐπιδείξας αὑτὸν μεμυημένον: man schreibt wohl mit Recht μὴ μεμυημένον; dass aber Α. μεμυημένος war, wissen wir, s. o. Aelian. v. h. V 19). Auch die Stücke wusste man zu nennen, in denen die Mysterien profaniert gewesen seien; Apsines art. rhet. II 304, 7 Sp. nennt die Eumenides, über deren Wirkung dann der Biograph (§ 7) noch abenteuerlicher zu erzählen weiss. Für uns ist in den Eumeniden keine Profanierung der Mysterien erkennbar (vgl. G. Hermann opusc. II 163ff.); ob eine solche in irgend welcher Action bestanden haben kann (Lobeck Aglaoph. 77ff.), können wir nicht beurteilen. Wir müssen aber diese späten Erzählungen bei Seite lassen. Auch Aristoteles kann möglicherweise auf eine vulgäre Tradition anspielen, die darum noch nicht unbedingt wahr ist, weil sie Aristoteles kennt. Aber es ist immerhin durch dies Zeugnis wahrscheinlich, dass A. einmal einen gerichtlichen Handel hatte, in dem es sich um Mysteriendinge drehte. Mit dem Fortgang des A. braucht dergleichen darum nicht zusammenzuhängen. Was brauchte aber auch eine Reise nach Sicilien besondere Gründe zu haben? Eine Einladung dorthin war Grund genug, und er mochte auch, als er nach 458 weggereist war, bald haben wiederkommen wollen; denn von Verstimmung über politische Veränderungen (Welcker Trilog. 521ff.) ist nichts überliefert und aus den Eumeniden nichts zu erkennen, auch nicht, dass er Angriffe auf den Areopag bitter empfunden habe (v. Wilamowitz Herakles I 16, 24). Wenn der φθόνος der Athener den A. wie andere grosse Männer vertrieben haben soll (z. Β. Anth. Pal. VII 40), so ist das ein späterer Gemeinplatz. Jedenfalls sind alte und neue Erörterungen über Motive der Abreise des A. als wertlos zu beseitigen.

In Gela in Sicilien also starb A. nach allen Gewährsmännern. Über die Todesart des A. wurde die fabelhafte Geschichte erzählt, dass ihm ein Adler habe eine Schildkröte auf den kahlen Kopf fallen lassen, den er für einen Felsen gehalten; ein Orakel sollte dadurch erfüllt werden (Vit. § 9. Suid. Sotades bei Stob. floril. 98, 9. Plin. n. h. X 3. Valer. Max. IX 12. Aelian. de nat. an. VII 16; weiteres bei Rohde Jahrb. f. Philol. CXXI 1880, 22ff.). Die geschmacklosesten Deutungen sind versucht worden: es sei eine symbolische Apotheose der Dichtkunst, die zuerst auf einem Grabrelief dargestellt gewesen sei, dass die χελώνη, testudo = lyra zum Himmel emporgetragen werde, Göttling opusc. 230ff. Welcker alte Denkm. II 337ff.; oder es sei eine Charakteristik der aischyleischen Poesie, die adlermässig kühn, aber schildkrötenhaft schwerfällig sei, W. Teuffel Rh. Mus. IX (1854) 148ff., nicht viel besser wieder Keller Tiere des klass. Altertums 258; oder dass der Volksglaube, der Adler finde durch den Genuss von Schildkröten Genesung, jene Sage veranlasst habe (wie das, ist mehr als unklar), Bergk Gr. L.-G. III 283, 29. Man kann jetzt nur sagen, dass eine populäre Anekdote oder Fabel, die z. Β. Demokrit schon anführte, als er vom Zufall sprach, später durch irgend welche witzige Beziehung; [1069] auf Α. übertragen ist, s. Rohde a. a. O.; eine weitere, mir unwahrscheinliche Vermutung über die Entstehung des Orakels (durch Parodie von Versen aus Α. Ψυχαγωγοί fr. 275 N.²) bei O. Crusius Rh. Mus. XXXVII (1882) 308ff. In Athen wurde dem A. wie den beiden anderen grossen Tragikern auf Lykurgs Antrag ein ehernes Standbild im Theater errichtet, Ps.-Plut. vit. X or. p. 841. Diog. L. II 43. Paus. I 21, 3. Vgl. ausserdem Welcker Alte Denkm. I 465ff. E. Braun Ruin. u. Mus. Roms 177. E. Kroker ‚Giebt es ein Porträt des A.‘ Berl. philol. Wochenschr. V (1885) 897ff.

Vgl. ausser den griech. Litteraturgeschichten (namentlich Müller, Bernhardy, Bergk) G. Hermann opusc. II 144ff. Kiehl Mnemosyne I (1852) 361ff. R. Dahms De A. vita, Berlin 1860. Fr. Schöll de locis nonnullis ad Aeschyli vitam et ad histor. trag. Graec. pertinentibus epistula in der Schrift: Adolfo Schoellio patri opt. diem II mens. Sept. ann. 1874 natal. septuag. pie gratulantur R. et Fr. Schöllii, Jena 1876, viele Vermutungen darin angegriffen von Susemihl de vita Aeschyli quaestiones epicriticae im Index schol. Gryphisw. Winter 1876/7. Darauf wieder einige Bemerkungen von Fr. Schöll Rh. Mus. XXXII (1877) 145. Aeschylos Perser erklärt von Teuffel, 3. Aufl. von Wecklein, Einleitung. Vgl. Leeuwen Mnemosyne XVIII 68ff.

Von der dichterischen Thätigkeit des A. wird berichtet bei Suid. ἔγραψε καὶ ἐλεγεῖα καὶ τραῳδίας ἐνενήκοντα. Elegieen hat A. auch gedichtet, von denen einiges erhalten ist, s. Bergk PLG⁴ II 240ff. Im Wettkampf um die schönste Elegie auf die Gefallenen von Marathon soll ihn Simonides 489 besiegt haben (s. o., das ist nicht so unglaublich wie Welcker meint, Trilog. 518). Paeane hat er gedichtet nach Athen. VIII 347 e, dagegen abgelehnt zu dichten nach Porphyr. de abstin. II 18. Früh wandte er sich der Tragödie zu, νέος δὲ ἤρξατο τῶν τραγῳδιῶν (Vita § 2), auch wenn die Überlieferung von dem Wettkampf mit Pratinas und Choirilos Ol. 70 = 500/497 nicht ganz zuverlässig sein sollte (Suid.). Die Zahl der Dramen ist bei Suidae auf 90 angegeben. In der Vita steht (§12): … ἐποίησεν δράματα ο’ καὶ ἐπὶ τούτοις σατυρικὰ ἀμφὶ τὰ ε’. Hinter der Vita steht im Mediceus ein κατάλογος τῶν Αἰσχύλου δραμάτων (neueste Ausgabe in Weckleins Aeschylus), der in 4 Columnen zu je 18 Reihen in alphabetischer Folge 72 Titel giebt (Φρύγιοι in der ersten Reihe ist Schreibfehler). Eine Columne fehlt am Ende, in welche die übrigen Titel, die wir sicher kennen, passen: es waren 90 Dramen angegeben. Nun ist jenes ἀμφὶ τα ε’ auf jeden Fall unmöglich, denn wir kennen ja eine viel grössere Anzahl Satyrspiele (8 sind urkundlich bezeugt, 7 davon stehen in dem Katalog, wenigstens 5 sind ausserdem sicher). Da Vita und Katalog gewiss von lange her verbunden waren und übereinstimmen mussten, der Katalog 90 Stücke gab, die Vita 70 Tragödien + x Satyrspiele, so muss x = 20 sein, ob nun mit Benutzung einer andern Lesart (in jüngern Codices steht ἀμφίβολα für ἀμφὶ τὰ) σατυρικὰ κ’, ἀμφίβολα ε’ geschrieben oder anderes versucht wird. Jedenfalls kennt unsere in letzter Linie alexandrinische Überlieferung [1070] mit voller Einhelligkeit 90 Dramen, 70 Tragödien und 20 Satyrspiele, von denen wir 79 kennen (s. u.), darunter mindestens 13 Satyrspiele, vgl. Schöll de locis nonnullis l. c. Susemihl ind. Gryphisw. l. c. p. 5, die wie alle anderen die Überlieferung entweder unvereinbar finden oder mit Gewalt vereinigen; die gegebene Erklärung ist näher begründet von Dieterich Rh. Mus. XLVIII (1893) 143ff.

Die Zahl der Siege giebt die Vita (§ 12) auf 13 an, οὐκ ὀλίγας δὲ μετὰ τελευτὴν νίκας ἀπηνέγκατο. Suidas giebt 28, und da müssten jedenfalls die Siege nach dem Tode mitgezählt sein. Denn nach seinem Tode gewannen nicht nur vorher noch nicht aufgeführte Stücke des A. noch den Preis (Suid. s. Εὐφορίων), sondern es durften auch schon aufgeführte Stücke kraft eines besonderen Volksbeschlusses von neuem aufgeführt werden, und eine für den jedesmaligen Veranstalter ausgesetzte Belohnung sollte zu solchen Wiederaufführungen ermuntern, Schol. Aristoph. Acharn. 10. Philostrat. vit. Apollon. VI 11 p. 220 Kays. Quintil. X 1, 66.

Sicher sind folgende Siege des Α.: Ol. 73, 4 = 484 sein erster Sieg mit unbekannten Stücken (Marm. Par. ep. 50); Ol. 76, 4 = 472 mit der Persertrilogie (Hypothesis zu den Pers.); Ol. 78, 1 = 467 mit der thebanischen Trilogie (Hypoth.); Ol. 80, 2 = 458 mit der Orestie (Hypoth.). Die Angabe der Siegerliste CIA II 971 τραγῳδῶν· Περικλῆς Χολαργε[ὺς ἐχορ]ή[γει] Αἰσχύλος ἐ[δί]δασκε mag sich auf einen Sieg zwischen 469 und 459 (da bei der Orestie ein anderer Chorege war) beziehen (vgl. Leo Rh. Mus. XXXIII 1873, 139ff.); könnte also von den bekannten Siegen möglicherweise nur den von 467 bezeichnen. Die Combinationen von ähnlichen Anfänge der dramatischen Wettkämpfe in Athen, Sitz.-Ber. Akad. München 1889 II 142ff., der sie auf den Persersieg 472 bezieht, sind nicht stichhaltig. Besiegt wurde A. Ol. 77,4 = 468 von Sophokles (Vit. § 6. Marm. Par. ep. 56. Plut. Nic. 8).

Schon diese fasti scaenici ergeben eine ganz natürliche Teilung der Wirksamkeit des A. in mehrere Entwicklungsperioden. Die erste geht bis zu seinem ersten Siege, die zweite ist die, da er die Bühne beherrscht, die dritte die der gemeinsamen Wirksamkeit mit Sophokles. Aus der ersten Zeit ist uns kein Stück erhalten, aus der zweiten stammen Perser und Hiketiden, aus der dritten Septem, Prometheus und die Orestie. Aber auch diese Stücke lassen in vielem die allmähliche Entwicklung erkennen. Sind die Perser und Hiketiden in gewissem Sinne fast Cantaten zu vergleichen, da die Stücke ohne eigentliche Handlung meist in erzählenden Iamben und sehr umfangreichen lyrischen Gesängen einfach verlaufen, so ist im letzten Stücke, der Orestie, die Handlung mannigfach verknüpft und kunstvoll motiviert und der Chor tritt viel mehr zurück. Ein Hauptkennzeichen fortschreitender dramatischer Kunst ist die Zahl der verwendeten Schauspieler. Auch A. hatte im Anfang noch einen Schauspieler gebraucht, dem höchstens der Chorführer schon antworten konnte (vgl. Vit. § 13: Kleandros habe dieser sein erster Schauspieler geheissen). Er selbst fügte zuerst den zweiten hinzu (nach der Vit. a. a. O. habe dieser [1071] Mynniskos geheissen) und ward dadurch der Schöpfer des Dialogs und damit recht eigentlich des Dramas. So bezeichnet auch Aristoteles (poet. 4) die Neuerungen des A. mit den Worten τό τε τῶν ὑποκριτῶν πλῆθος ἐξ ἑνὸς εἰς δύο πρῶτος Αἰσχύλος ἤγαγε καὶ τὰ τοῦ χοροῦ ἠλάττωσε καὶ τὸν λόγον πρωταγωνιστὴν παρεσκεύασε. In den Persern und Hiketiden sind denn auch nur 2 Schauspieler nötig, dagegen bilden Septem und Prometheus gewissermassen den Übergang zu der Zeit, da auch A. den dritten Schauspieler regelmässig verwendete, den Sophokles zuerst eingeführt hatte (Vit. § 13 weist auch die Erfindung des dritten Schauspielers dem A. zu, setzt aber hinzu, dass Dikaiarchos sie dem Sophokles zugeschrieben habe; Themistios or. XXVI p. 382 d schien auch dem A. den dritten Schauspieler zuzuweisen, aber die Stelle ist überzeugend verbessert von Usener Rh. Mus. XXV 1870, 579). Der Schluss der Septem ist ohne einen dritten Schauspieler unmöglich und der Prolog des Prometheus könnte nur bei Annahme der seltsamsten Kunstgriffe desselben entraten. In der Orestie sind dann drei Schauspieler nötig, und in den Choephoren sogar einmal noch ein παραχορήγημα zur Darstellung eines vierten. Eine ganz confuse und daher unbrauchbare Polluxstelle (IV 110) redet auch von einem solchen παραχορήγημα im Memnon des A. Vgl. K. Fr. Hermann de distributione personarum inter histriones in trag. Graecis, Marburg 1840. Jul. Richter Verteilung der Rollen in der griech. Tragödie, Berlin 1842.

Ausserdem hat A. vervollkommnet, wenn nicht geschaffen, die trilogische (tetralogische) Composition. Wie sie sich zuerst gestaltet hat, wissen wir nicht. Es mag sich immerhin früher schon ein viermaliger Costümwechsel des Chores festgesetzt haben, wie ja auch in den Einzelstücken durch den 3–4maligen Costümwechsel des Sprechers Abwechslung geschaffen wurde (in den meisten A.-Stücken sind 3 Abschnitte deutlich, in deren jedem eine andere neue Person auftritt und die Hauptperson ist); einmal trat der Chor immer als Satyrn auf, und das wurde als viertes Auftreten stehend (durch Pratinas?). Man strebte danach, wie auch bei A. noch ersichtlich ist, die Einzelstücke immer selbständiger auszugestalten. Vgl. v. Wilamowitz Herakles I 89ff. Ist aber auch über den Ursprung tetralogischer Composition nichts Sicheres zu wissen, jedenfalls hat A. die kunstvolle Form der Tetralogie, wie er sie handhabt, gestaltet. Die drei Stücke zu einer einzigen grossen Handlung, zu einer künstlerischen Einheit zu verbinden, war nicht durchgehends seine Praxis; denn z. Β. in den Persern ist diese Einheit nicht vorhanden. Urkundlich verbürgt sind übrigens nur vier Tetralogien: 1) Φινεύς, Πέρσαι, Γλαυκός (Ποτνιεύς), Προμηθεὺς (πυρκαεύς), 2) Λάϊος, Οἰδίπους, Ἑπτὰ ἐπὶ Θήβας, Σφίγξ, 3) Λυκούργεια, bestehend aus Ἠδωνοί, Βασσαρίδες, Νεανίσκοι, Λυκοῦργος (Aristoph. Thesmoph. 135 mit Schol.), 4) Ἀγαμέμνων, Χοηφόροι, Εὐμενίδες, Πρωτεύς, Ὀρέστεια genannt nach Schol. zu Aristoph. Fröschen 1124. Da das Satyrspiel jedenfalls in sehr losem Zusammenhang mit den andern drei Stücken stand, schwankten die Alten (Ἀρίσταρχος καὶ Ἀπολλώνιος) nach dem Zeugnis des angeführten Scholion, ob die drei oder [1072] alle Stücke Ὀρέστεια zu nennen seien. Was diese Gesamttitel angeht, so dichtete schon Stesichoros eine Ὀδύσσεια, Γηρυονηίς, Ὀρέστεια, Korinna z. Β. Ἑπτὰ ἐπὶ Θήβας für einen Jungfrauenchor (fr. 6 Bgk.) u. ä. in mehreren Teilen. Die thebanische Tetralogie mag Οἰδιπόδεια geheissen haben, wie auch das kyklische Epos hiess (Schol. Plat. Apolog. 18 b wird eine Tetralogie des Meletos Οἰδιπόδεια genannt). Zu jenen vier Tetralogien kommt mit grösster Wahrscheinlichkeit die Prometheustrilogie (Προμήθεια?) Προμηθεὺς δεσμώτης, Προμηθεὺς λυόμενος, Προμηθεὺς πυρφόρος und die Trilogie Ἱκέτιδες, Αἰγύπτιοι, Δαναΐδες. Ausserdem lassen sich wohl hie und da einige Titel nicht ohne Wahrscheinlichkeit zu einer Trilogie gruppieren (am wahrscheinlichsten etwa ὅπλων κρίσις, Θρῇσσαι, Σαλαμίνιαι, eine Aiastrilogie, und Μυρμιδόνες, Νηρηίδες, Ἕκτορος λύτρα, eine Ἀχιλληίς), aber etwas Sicheres ist um so weniger zu gewinnen, als wir wissen, dass der ideelle Zusammenhang der einzelnen Stücke durchaus nicht immer bei A. vorhanden war. Vgl. Welcker Die aeschyl. Trilogie Prometheus und die Kabirenweihe zu Lemnos, nebst Winken über die Trilogie des Aeschylus überhaupt, Darmstadt 1824, und Nachtrag Frankfurt 1826. Welcker Die griech. Tragödien. A. Schöll Gründlicher Unterricht über die Tetralogien des alten Theaters, Leipzig 1859. Westphal Prolegomena zu A. Leipzig 1869. Wetzel Quaestiones de trilogia Aeschylea, Berlin 1883. Maur. Croiset Revue des ét. Grecq. I (1888) 369ff. Wecklein Über eine Trilogie des A. und über die Trilogie überhaupt, Sitzungsber. der Münch. Ak. 1891, 327ff.

Nur Bruchstücke sind uns erhalten von folgenden Dramen des A.: Ἀθάμας; Αἰγύπτιοι (= Θαλαμοποιοί); Αἰτναῖαι (Αἰτναῖαι γνήσιοι u. Αἰτναῖαι νόθοι werden in dem Katalog des Med. genannt), aufgef. 476; Ἀλκμήνη?; Ἀμυμώνη, wahrsch. Satyrsp. ; Ἀργεῖοι (Ἀργεία will Μ. Schmidt Philol. XVI 161); Ἀργώ, wahrscheinlich Satyrspiel (Ἀργὼ ἢ κωπατής catalog. Med., κωπευστής Ald., κωπευσταί Welcker, wahrscheinlich ist κωμασταί zu schreiben); Βάκχαι; Βασσάραι; Γλαῦκος (πόντιος, wahrscheinlich Satyrspiel); Γλαῦκος (Ποτνιεύς, über die beiden G. Hermann opusc. II 59ff.); Δαναΐδες; Δικτυουλκοί; (Διονύσου) τροφοί, über den Titel Hippenstiel de graecorum tragicorum principum fabularum nominibus, Marburg 1887, 12; Ἐλευσίνιοι; Ἑπίγονοι; Ἠδωνοί; Ἡλιάδες, s. G. Hermann opusc. III 130ff. G. Knaack quaest. Phaethont. 17ff.; Ἡρακλεῖδαι; Θεωροὶ ἢ Ἰσθμιασταί; Θρῇσσαι; Ἱέρειαι; Ἰξίων; Ἰφιγένεια; Κάβειροι; Καλλιστώ; Κᾶρες ἢ Εὐρώπη, vgl. H. Weil un papyrus inédit de la bibl. de M. Ambroise Firmin-Didot, Paris 1879 und Blass Rh. Mus. XXXV (1880) 86ff. Bücheler ebda. 94; Κερκύων Satyrsp.; Κήρυκες Satyrsp.; Κίρκη Satyrsp.; Κρῆσσαι; Λάϊος; Λέων Satyrsp.; Λυκούργος Satyrsp.; Μέμνων; Μυρμιδόνες; Μυσοί; Νεανίσκοι; Νέμεα; Νηρεΐδες; Νιόβη; Ξάντριαι; Οἰδίπους; Ὅπλων κρίσις; Ὀστολόγοι, wahrsch. Satyrsp.; Παλαμήδης; Πενθεύς; Περραιβίδες; Πηνελόπη; Προμηθεὺς λυόμενος; Προμηθεὺς (πυρκαεύς), Satyrdrama; Προμηθεὺς πυρφόρος; Προπομποί; Πρωτεύς Satyrsp.; Σαλαμίνιαι; Σεμέλη ἢ ὑδροφόροι; Σίσυφος (δραπέτης), wahrsch. Satyrsp.; Σίσυφος (πετροκυλιστής); Σφίγξ Satyrsp.; Τήλεφος (vgl. [1073] Pilling quomodo Telephi fabulam et scriptores et artifices veteres tractaverint, Halle 1886); Τοξότιδες; Υ̓ψιπύλη; Φιλοκτήτης; Φορκίδες Satyrsp. (vgl. CIA II 973, 31); Φρύγες ἢ Ἕκτορος λύτρα; Ψυχαγωγοί (vgl. Valckenaer Diatr. 286); Ψυχοστασία; Ὠρείθυια. Nur die Titel kennen wir von den Stücken: Ἀταλάντη, Λήμνιοι, Νέμεα, Πολυδέκτης. Ein Κύκνος darf nicht aus Aristoph. Frösch. 963 erschlossen werden und Φρύγιοι ist ein offenbares Versehen im Katalog des Mediceus (s. auch Hippenstiel a. a. O. 4). Sammlung der Fragmente in A. Naucks Tragicorum graecorum fragmenta, 2. Aufl. 1889. Im allgemeinen s. Welcker Die griech. Tragödien mit Rücksicht auf den epischen Cyclus geordnet 1839 und Kleine Schriften IV (1861) 180ff.

Schon ein Überblick über die Titel zeigt, dass A. fast ohne Ausnahme ‚homerische‘ Stoffe behandelt hat. Es ist richtig, wenn es heisst, dass seine Tragödien τεμάχη τῶν Ὁμήρου μεγάλων δείπνων seien (Athen. VIII 347 e. Schneidewin Philol. VIII 1853, 736ff. Hiller Rh. Mus. XLII 1887, 331ff. v. Wilamowitz Herakles I 94, 59), ‚Homer hat dem Volke ein gewaltiges Mahl zubereitet und A. setzt ihm davon einzelne Gänge vor‘, die ionische Recitation, das dorische Chorlied und das aiolische Melos kamen in Athen zusammen, dem Bocksgesang die Form zu geben; ihm gab A. die Heldensage zum Inhalt, die bisher im homerischen Epos besungen war. So ist A. der Erbe Homers und Schöpfer der attischen Tragödie in ihrer Eigenart (s. namentlich v. Wilamowitz Herakles I 92ff.). Vgl. auch Kausche Mythologumena Aesch. Diss. Hal. IX 3, 129ff.

Von der Gesamtzahl der Stücke des A. sind nur sieben Tragödien erhalten. Sie stehen in den Hss. gewöhnlich in folgender Ordnung: Προμηθεύς, Ἑπτά, Πέρσαι, Ὀρέστεια, Ἱκέτιδες (die Ἱκέτιδες müssen zuletzt gestanden haben, s. v. Wilamowitz Herakles I 195, 148). Die drei ersten (wenigst schwierigen) Stücke waren die am häufigsten gelesenen und abgeschriebenen. Für die Geschichte der Überlieferung des Textes vgl. besonders v. Wilamowitz Herakles I 120ff. Lykurg hatte in Athen ein officielles Textbuch für die Schauspieler angeordnet, das man aber nicht wie einen Archetypus unserer Überlieferung anzusehen hat, s. Korn de publico Aesch. Soph. Eur. fabularum exemplari Lycurgo auctore confecto, Bonn 1863. Die kritische Arbeit der Alexandriner stellte den Text fest. Im 2. Jhdt. n. Chr. wurde die Auswahl der sieben Stücke vorgenommen, die Byzantiner behielten nur jene ersten drei in ihrer Auswahl. Die Überlieferung, die wir noch haben, beruht für die sieben Stücke, ebenso wie für die des Sophokles, vornehmlich auf dem Cod. Mediceus (Laurent. ΧΧΧII 9) saec. X oder XI auf 84 Pergamentblättern. Die acht Blätter des 18. und die sechs inneren des 19. Quaternio sind schon seit dem 15. Jhdt. verloren und damit vom Agamemnon v. 311–1066 und 1160–1673 und der Anfang der Choephoren. Die Correcturen von zweiter Hand in Μ (Μ²) sind meist ebenso wertvoll wie die erster Hand (M¹), weil sie nach demselben zu Grunde gelegten Exemplar oder einem sehr ähnlichen nachgetragen sind. Andere Correcturen nach späten Hss. sind wertlos. Ein genauer Abdruck des [1074] Codex ist gegeben von R. Merkel Aeschyli quae supersunt e cod. Laur. descripta, Oxon. 1871 fol., dazu praefationis lineamenta, Quedlinburg 1870, vgl. R. Merkel A. in italien. Hss. 1868; die beste Vergleichung ist jetzt die von Vitelli in der Ausgabe von Wecklein, Berlin 1885. Ob alle andere Überlieferung vom Mediceus abhängig ist oder nicht, darüber sind immer noch die Meinungen geteilt. Choephoren (wie schon der überall fehlende Anfang beweist) und Hiketiden beruhen in der That nur auf M. Bei Agamemnon und Eumeniden kann es zweifelhaft sein: möglich wäre wenigstens, dass die anderen Hss. aus dem (im Agam.) noch vollständigen Μ geflossen und einzelne bessere Lesarten durch Conjectur gefunden wären. Dass dagegen in Prom. Sept. Pers. die andere (auf ein Grundexemplar zurückgehende) Überlieferung nicht aus Μ kommt, sondern aus einer ähnlichen, aber in manchem selbständigen und besseren Hs., die nur auf den gleichen Archetypus wie Μ zurückzuführen ist, sollte schon das beweisen, dass ein unzweifelhaft echter Vers (Sept. 195) nur im Med. fehlt (merkwürdigerweise genau wie bei Sophokles der unentbehrliche Vers OR 800 nur in L nicht steht). Andere durchschlagende Divergenzen der Überlieferung bestätigen das. Den Μ als einzige Quelle aller Hss. erklärte zuerst Burges 1821, dann Cobet, W. Dindorf Philol. XVIII 55ff. XX 1ff. 385ff. XXI 193ff. A. Kirchhoff ebenda IX 161ff. u. Ausg. C. Prien Beiträge zur Kritik von A. Sieben, Lübeck 1858, 45ff. N. Wecklein in seinen Ausgaben u. s., wieder ausführlich verfochten von M. Sorof de ratione quae inter eos codd. rec. quibus Aesch. fab. Prom. Sept. Pers. continentur et cod. Laur. intercedat. Diss. Berlin 1882. Der anderen Ansicht sind G. Hermann, F. Ritschl, F. Heimsöth Über die indirecte Überlief. u. s. w. 5ff. 176ff. H. Keck Ausg. des Agam. 198ff. H. Weil praefat. zur Ausgabe 1884. v. Wilamowitz Herakles I 204; ausführlich A. Reuter de Prom. Sept. Pers. Aesch. fab. codic. recentioribus, Diss. Rostock 1883. Die andere Überlieferung ausser Μ ist noch nicht genügend gesichtet. Für den in Μ fehlenden Teil des Agam. ist besonders Florent. XXXI 8, saec. XIV wertvoll, weniger Venet. 616 (XCI 5), saec. XV (?). Beiden wie noch anderen fehlt Eumen. 582–644 und 794–823. Agam. 211–348 enthält auch ein besonders wertvoller (M sehr nahe stehender) Codex des Bessarion Marcianus 468 (XCI 4) saec. XIII oder XIV.

Unter den Scholien, die sich teils am Rande, teils zwischen den Zeilen in den Hss. finden, pflegt man die des Mediceus besonders hervorzuheben. Man glaubt, dass der Grundstock auf Didymos zurückgeht; die jüngeren byzantinischen Scholien sind besonders ausführlich zu Prom. Sept. Pers. Die Scholien auch der anderen Hss. neben denen des Μ hat zuerst Heimsöth berücksichtigt und ihnen selbständige Bedeutung zugesprochen. Weitere Andeutungen in dieser Richtung giebt v. Wilamowitz Hermes XXV (1890) 161ff. Es sind eingehende Einzeluntersuchungen nötig. Ausgabe der Scholien von W. Dindorf im 3. Band der A.-Ausgabe; die mediceischen Scholien am besten nach den neuen Collationen von Vitelli in Weckleins Ausg. 1885. Vgl. Frey de Aesch. [1075] scholiis Mediceis, Bonn 1857. F. Heimsöth Über die indirecte Überlieferung des aeschyl. Textes, Bonn 1862, und De scholiis in Aesch. Ag. scholiasta Mediceo vetustioribus (die σχόλια παλαιά des Farnes.), Bonn 1868. Seelmann De propagatione scholiorum Aeschyleorum, Halle 1875. Paley Commentarius in schol. Aesch. Medicea, Cambr. 1878. Römer Studien zur handschriftlichen Überlief. des A. und zu den alten Erklärern desselben. Sitzungber. Akad. Münch. 1888 II 231ff. v. Wilamowitz Hermes a. a. Ο. Ρ. N. Papageorgiu Κριτικὰ καὶ παλαιογραφικὰ εἰς τὰ παλαιὰ Αἰσχύλου σχόλια Jahrb. f. Philol. Suppl. XVI (1888) 223ff.

Die erhaltenen Stücke sind in der wahrscheinlichen chronologischen Ordnung folgende:

Πέρσαι, wahrscheinlich die älteste erhaltene Tragödie. Das Stück ist sehr einfach componiert, beginnt mit der Parodos und entwickelt sich in drei Hauptabschnitten, in deren jedem eine neue Person auftritt. Erzählende Partien (namentlich die Erzählung des Boten von der salaminischen Schlacht) und sehr umfangreiche lyrische Betrachtungen wechseln ab. Von den zwei Schauspielern hatte der eine die Rolle des Boten und des Dareios, der andere die der Atossa und des Xerxes zu spielen. Im Stoffe war dem A. Phrynichos vorausgegangen, der vier Jahre vorher die Φοίνισσαι aufgeführt und darin ebenfalls den Sieg der Athener bei Salamis dargestellt hatte. Wie die Angabe eines Verses (durch Glaukos ἐν τοῖς περὶ Αἰσχύλου μύθων nach der Hypoth. der Pers.) zeigt, hat sich A. zum Teil bis ins einzelne nach dem Vorgänger gerichtet. Unter dem, was A. änderte (Welcker Kl. Schr. IV 148ff.), mag auch die Einfügung der Waffenthat auf Psyttaleia und die Hereinbeziehung der Schlacht bei Plataiai dem höheren Ruhme des Aristeides dienen sollen. Das Stück wurde aufgeführt ἐπὶ Μένωνος (Hypoth.) d. i. Ol. 76, 4 = 472 und wiederholt in Syrakus vor Hieron (s. o. S. 1067), ohne Zweifel mit manchen Veränderungen. Wenn auch aus den corrupten Versen der Frösche 1028f. (wahrscheinlich ist doch im ersten Verse das Auftreten des Dareios gemeint und nicht mit Schönemann Rh. Mus. XLII 1887, 467ff. zu ändern, und mit dem ἰαυοῖ nur die mannigfachen Interjectionen in den Persern verspottet) nichts Sicheres zu folgern ist, so verbieten doch auch schon die zwei Citate aus den Persern, die sich in unserem Texte nicht finden, die Angabe des Herodikos (Schol. zu der Stelle der Frösche) von zwei Bearbeitungen der Perser als eine falsche Schlussfolgerung aus der Aristophanesstelle zu betrachten. Vgl. bes. Schönemann a. a. O. Das Stück ist später natürlich auch wieder in Athen aufgeführt, und schon damit ist die Ungenauigkeit bei Aristophanes, der den A. nach Erwähnung der Septem fortfahren lässt εἶτα διδάξας Πέρσας μετὰ τοῦτο (v. 1026), leicht erklärt. Bei der ersten attischen Aufführung siegte A. Φινεῖ Πέρσαις Γλαύκῳ Προμηθεῖ (Hypoth. Med.). Der Γλαῦκος war gewiss der Ποτνιεύς, wie jüngere Hss. angeben, und nicht der πόντιος wie Welcker ohne Begründung vermutete (vgl. Klossoweki de Glauco Potniensi, Progr. von Trzemesno 1852. Kolster Jahrb. f. Philol. 1861, 116ff.), der Προμηθεύς unzweifelhaft das von Pollux mehrfach (IX [1076] 156. X 64) als Προμηθεὺς πυρκαεύς citierte Satyrspiel (für den mutmasslichen Inhalt besonders wichtig Plut. de util. ex in. perc. II 86f. Epiph. Ancor. p. 109a). Die Versuche, einen ‚trilogischen Zusammenhang‘ zwischen den Stücken herzustellen, wie sie besonders Welcker Trilogie 470ff.; Nachtrag 176ff.; Kl. Schr. IV 164ff. Gruppe Ariadne 92ff. 625. Droysen Übers. 157f. 204f. R. Gädechens Glaukos der Meergott (Gött. 1860) 163ff. gemacht haben, können als abgethan angesehen werden; die Verschiedenheit der Stoffe kann nicht wohl deutlicher sein. Ausser den Gesamtausgaben des A. ist das Stück besondere herausgegeben von C. I. Blomfield (1814; Leipziger Abdruck 1823. London 1857), E. R. Lange und G. Pinzger (Berlin 1825), G. C. W. Schneider (Leipz. 1837), C. G. Haupt (Leipzig 1839), A. Μeineke (Berlin 1853), R. Merkel (Leipz. 1869), J. Oberdick (Berl. 1876), H. Weil (Paris 1884), W. S. Teuffel-N. Wecklein (Leipz. 1886³), L. Schiller-C. Conradt (Berlin 1888). Verdeutscht und ergänzt von Hermann Köchly, Heidelberg 1880 (seine allgemein abgelehnte Meinung von der Lückenhaftigkeit des Schlusses trug er zuerst vor in den Verhdl. d. Philol. in Innsbruck 1875). Von sachlichen Erläuterungsschriften ausser den genannten oder für A. überhaupt zu nennenden sind anzuführen: G. Schütz de Persarum tragoediae Aesch. forma et consilio, Jena 1791 und Opusc. 29ff. H. Brentano Über die Perser des A. mit Vergleichung der Phönissen des Phrynichus, München 1832. L. Preller Ausgew. Aufs. 1ff. Fr. Jacobs Verm. Sehr. V 545ff. Fr. Vater Jahrb. f. Philol. Suppl. IX 223ff. G. F. Giljam de fabula A. quae Persae inscribitur, Upsala 1857. Hannak Das Historische in den Persern des Α., Wien 1865. F. van Hoffs de rerum historicarum in A. Persis tractatione poetica, Köln (Münster) 1866. F. A. Bülau de A. Persis, Gött. 1866. C. J. S. Lundmann Persae A. fab. quo consilio conscripta videatur, Upsala 1869. Hamacher Die Schlacht bei Salamis nach den Persern des Α., Trier 1870. Ph. Keiper die Perser des A. als Quelle für pers. Altertumskunde betrachtet u. s. w., Erlangen 1878, Nachtrag dazu in Jahrb. f. Philol. 1879, 93ff. Fr. van Hoffs Zu den Persern des Α., Emmerich 1880. Über eine gefälschte Hs. der Perser vgl. F. Ritschl Rh. Mus. XXVII (1871) 114ff.

Die unzähligen Abhandlungen zur Kritik und Erklärung des einzelnen können hier nicht angegeben werden; dafür ist auf die bereits mehrfach vorhandenen und am Schlusse des Artikels bezeichneten Sammelstellen für diese Litteratur zu verweisen.

Ἱκέτιδες, ein Stück von altertümlich schlichter Anlage und Gliederung (Rollenverteilung: I Danaos und Herold, II König), aber vielfach lückenhaft und corrupt auf uns gekommen, zumal es in den Hss. zuletzt stand. Das Stück stammt aus derselben Periode wie die Perser, mit denen es den Charakter der Altertümlichkeit, die dramaturgische Beschränkung und das Vorwiegen des lyrischen Elementes gemein hat. Aus der Häufigkeit der Bilder und Ausdrücke aus dem Seewesen (z. Β. v. 407ff. 440f. 469ff. 764ff.), der hervortretenden Achtung der monarchischen Regierungsform und den Äusserungen [1077] über die Stellung eines Fremden ausserhalb der Heimat (993ff., vgl. 490ff.) zu schliessen, dass das Stück in Sicilien abgefasst und wohl auch aufgeführt sei (vgl. W. Gilbert Rh. Mus. XXVIII 1873, 480ff.), ist kaum erlaubt. Ebensowenig gestattet eine etwa hervortretende Zuneigung für Argos die Hik. in das Jahr Ol. 76, 4 = 461, da ein Bündnis Athens mit Argos damals bestand, zu setzen; so bes. O. Müller Eumenid. 123; Gr. Litt-Gesch. I 546. Bücheler will v. 152 auf den Parthenonbau beziehen und das Stück in 460/59 setzen, Rh. Mus. XL (1885) 628; dagegen v. Wilamowitz Herm. XXI (1886) 608 Anm. Bisher kann man nichts anderes sicher sagen, als dass die Hik. zu den ältesten der erhaltenen Tragödien gehören. Sie waren gewiss das erste Stück einer Trilogie und als zweites sind mit grosser Wahrscheinlichkeit die Αἰγύπτιοι, als drittes die Δαναΐδες (vl. bes. G. Hermann opusc. II 319ff., Tittler Ztschr. f. Alt. 1838, 951ff.) in Anspruch genommen, vgl. Gruppe Ariadne 74ff. Welcker Kl. Schr. IV 100ff. Als Mittelstück wollte G. Hermann Abh. d. sächs. Ges. d. Wiss. IV (1847) 123ff. (vgl. Nitzsch Sagenpoesie 563) vielmehr die Θαλαμοποιοί betrachten; das wird nur ein anderer, späterer Titel der Αἰγύπτιοι sein (Welcker Rh. Mus. XIII 1858, 189ff.), zumal der Titel Θαλαμοποιοί im alten Katalog des Mediceus nicht steht und auch nicht gestanden hat. In Δαναΐδες wollte Βirt Rh. Mus. XXXII (1877) 419ff. die Bezeichnung der ganzen Trilogie sehen; ganz anders wiederum Westphal Proleg. 4f. Ob Ἀμυμώνη das Satyrdrama zu jener Trilogie war (Droysen Übers. 269), bleibt unsicher. Über die mutmasslichen Hauptgedanken und Conflicte der Stücke vgl. bes. Welcker Tril. 399ff. Droysen 265f. O. Μüller Litt.-Gesch. II 92. Über den Rechtshandel in den Hiket. v. Wilamowitz Hermes XXII (1887) 247. 256ff. Sonderausgaben der Hik. von G. Burges (London 1821), C. G. Haupt (Leipzig 1829), Paley (Cambridge 1844. 1852, mit den Choeph. 1883), F. J. Schwerdt (ex rec. G. Herm. passim emendata ed. et notis instr. Berlin 1858), C. Kruse (griech. u. deutsch mit Lesarten, Versmassen u. Kommentar, Stralsund 1861), H. Weil (Giessen 1866), J. Oberdick (nebst Einl. u. Komm., Berlin 1869), T. G. Tucker (London 1888).

Ἑπτὰ ἐπὶ Θήβας. Die Schranke der zwei Schauspieler ist in diesem Stücke bereits einigermassen durchbrochen, sofern wenigstens die letzte Scene einen dritten notwendig macht (I Eteokles und Antigone, II Bote und Ismene, III Herold). Die Anlage des Stückes ist in hohem Grade symmetrisch, namentlich in der langen Scene, in der die sieben Kämpferpaare geschildert werden; Gruppe Ariadne 584ff., bes. F. Ritschl Der Parallelismus der sieben Redenpare in den S. g. Th., Opusc. I 300ff., vgl. Η. Keck Jahrb. f. Philol. LXXXI 809ff. und dagegen F. Heimsöth Wiederherstellung d. Dramen d. A. 436ff. Th. Stisser quid iudicandum sit de Ritschelii sententia etc. Aurich 1872. Auch s. Conradt Über Zahlenverhältn. im Bau der S. g. Th., Schlawe 1874. R. Klotz studia Aeschylea, Leipzig 1884. Die beste Charakteristik des Stückes sind die Worte in den Fröschen des Aristophanes v. 1021f. Im Mittelpunkte des kriegerischen Stückes steht [1078] der gewaltige Charakter des Eteokles, der sich durch den Gegensatz gegen den Chor der ängstlichen Jungfrauen um so deutlicher abhebt; auch die sieben Angreifer sind anschaulich beschrieben, mit offenbarer Vorliebe Amphiaraos (= Aristeides? vgl. Plut. Aristid. 3). Die Septem sind nach der Didaskalie, die J. Franz im Med. entdeckt und herausgegeben hat (die Didaskalie zu A. Sept., Berlin 1848, vgl. Schneidewin Philol. III 348ff.) aufgeführt Ol. 78, 1 = 467 ἐπὶ Θεαγενίδου. ἐνίκα Λαΐῳ, Οἰδίποδι, Ἑπτὰ ἐπὶ Θήβας, Σφιγγὶ σατυρικῇ, während Aristias und Polyphradmon, die Söhne der ältern Kunstgenossen Pratinas und Phrynichos, den zweiten und dritten Preis erhielten. Durch diese Nachricht sind alle früheren Vermutungen über die trilogische Stellung des Stückes hinfällig geworden (das Richtige hatte schon A. F. Näke erkannt, s. Ritschl Rh. Mus. XXXII 1872, 194. 196ff.). Wir wissen jetzt, dass die Trilogie genau dem sachlichen Zusammenhange des Mythus folgte, in der Weise, dass das Schlusstück, die Ἑπτά, die Motive der beiden vorausgegangenen Tragödien zusammenfasst, indem der Kampf zwischen Eteokles und Polyneikes sich als Folge der Verschuldung von drei Generationen darstellt, des Ungehorsams des Grossvaters Laios gegen das Orakel (v. 745ff.) und des Fluches des Oidipus über die von ihm Erzeugten (v. 772ff.). Nun hat man aber an dem Schluss des Schlusstückes der Trilogie Anstoss genommen, der noch eine ungelöste Verwicklung bringt (Antigone will trotz des Verbotes den Bruder bestatten), und Unechtheit oder wenigstens Überarbeitung dieses Schlusses angenommen, vgl. bes. Oberdick de exitu fabulae A. quae S. adv. Th. inscribitur, Arnsberg 1877. W. Richter quaestiones Aeschyleae. De duplici editione Sept. fabulae, Berlin 1878. Wecklein Über die Textüberlieferung des A. und anderer griech. Trag., Sitzb. der Münch. Akad. 1888. 327ff., namentlich auch Βergk Gr. Litt.-Gesch III 302 ff.

Sonderausgaben der Septem von Blomfield (Cambridge 1812. 1824. Leipz. 1823), C. Schwenk (Utrecht 1818), C. G. Haupt (Leipz. 1830), G. C. W. Schneider (Leipz. 1834), F. Ritschl (cum schol. Med. Elberfeld 1853. Leipz. 1875²), J. Davies 1878, A. W. Verrall London 1887 (A. W. Verrall u. Bayfield, London 1888). Ausserdem mögen genannt sein L. Schmidt Über die trilog. Kompos. der S. g. Th., Z. f. Altw. 1856 nr. 49–51. F. Susemihl ebenda 1857, 100ff. Fr. Vater de A. Oedipo, Jahns Arch. XVI 110ff. Welcker Oedipodee und Thebais, Kl. Schriften IV 136ff. Waldeyer de A. Oedipodea I. Neuss 1863. II. Leobschütz 1873. H. Geist de fabula Oedipodea, Büdingen 1879–80. A. F. Näkes Einl. im Rh. Mus. XXVII 196ff. Σχόλια παλαιὰ εἰς τοὺς Ἑπτά Philol. XX 386ff. Α. Nauck Über eine griech. Hs. (enthält Pind. Ol. Aisch. Prom. u. Sept.) Mél. gréco-rom. II 487ff. Ch. Muff Der Chor in den S. des Α., Halle 1882.

Προμηθεὺς δεσμώτης. Das Stück hat eine einfache Anlage: es zerfällt in drei Teile, deren mittlerer die Ioscene ist. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung des einen grossen Charakters, des Prometheus, welchem abermals ein weiblicher Chor gegenübersteht. Auch die anderen Personen sind Götter, und die Zeit, in welcher [1079] das ganze spielt, ist der Anfang von Zeus Herrschaft. Dieser erscheint zunächst als gewalttätiger Tyrann; das wird sich daraus erklären, dass im Laufe des Stückes durch die Versöhnung des durch rohe Gewalt zur Herrschaft gelangten Gottes mit dem weisen menschenfreundlichen Titanen die Gewaltherrschaft zum κόσμος wird. Der Προμ. δεσμ. entfernt sich durch manches in der Ausdrucksweise, durch entwickelteres Maschinenwesen, durch seine metrische Anlage und Ausführung von der Art der älteren Stücke des A. und nähert sich mehr der des Sophokles und Euripides. Ein dritter Schauspieler ist nur in der ersten Scene nötig. Man hat in dem erhaltenen Stück eine spätere Diaskeuase erkennen wollen (s. Westphal Proleg. 8ff. Röhleke Sept. adv. Theb. et Prometh. vinct. esse fabulas post Aeschylum correctas, Berlin 1882. Heidler de comp. metr. Prom. fab. Aesch. cap. IV, Breslau 1884), ein Auskunftsmittel, das hier noch weniger als in den Sept. zu verteidigen ist, bei unserer so geringen Kenntnis der Entwicklung aischyleischer Kunst im einzelnen. Zudem wissen wir über die Zeit des Prom. nur, dass er nach Ol. 76, 1 = 475 gedichtet sein muss (da fand nach Thukyd. III 116 der berühmte Ausbruch des Aitna statt, und Prom. v. 367ff. sind vaticinium ex eventu). Auch Übereinstimmungen wie Prom. 876 und 883 mit Suppl. 45 und 230 beweisen nichts, noch weniger die angebliche Anspielung Pindars P. IV 291 auf den Prom. (Christ Gr. Litt.-Gesch.² 185). Man kann nur sagen, dass der Prom. in die spätere Zeit des A. zu gehören scheint, zumal er mannigfache Verwandtschaft mit der Orestie zeigt; unmöglich ist, dass er noch nach der Orestie in Sicilien gedichtet sei (Bergk Gr. L.-G. III 312ff.; vgl. v. Wilamowitz Hermes XXI 1886, 610f., dessen nähere Datierung mir unverständlich ist). Man pflegt den Προμ. πυρφόρος und den Προμ. λυόμενος mit dem erhaltenen Προμ. δεσμώτης zu einer Trilogie zu verbinden, und es ist sicher, dass auf den δεσμ. der λυόμ. folgte (Schol. Prom. vinct. 511). Den Προμ. πυρφ. stellte Welcker (Trilog. und Nachtrag) an den Anfang und liess darin den Feuerdiebstahl dargestellt sein. Aber diese vorausliegenden Begebenheiten sind in dem erhaltenen Prometheus so ausführlich erzählt, dass sie unmöglich in einem vorangegangenen Stück dargestellt sein konnten und nach Schol. Prom. vinct. 94 hat Prometheus in dem πυρφόρος gesagt, er sei 30000 Jahre gefesselt gewesen (δεδέσθαι). Letztere Angabe macht auch Bergks Meinung (Gr. L.-G. III 318ff.), dass das πυρφόρος das Satyrspiel sei, sonst πυρκαεύς genannt, unmöglich (319 Anm. 108 ist eine unhaltbare Erklärung jener Worte). Oder man müsste die Angabe der Schol. für falsch halten und für den πυρφ. den λυόμ. einsetzen wollen, da bei Philodem. περὶ εὐσεβ. p. 39 Gomp. steht Αἰσχύλος ἐν τῷ λ[υο]μέν[ῳ Πρ]ομηθεῖ … [ὑπ]ὸ Διὸς δεδ[έσθαι]. Sonst hat die Annahme Westphals Proleg. 207ff. am meisten für sich, dass der Προμ. πυρφόρος das Schlussstück war, in dem die Stiftung der attischen Προμηθεῖα und des Fackelwettlaufs und die Apotheose des Prometheus stattfand (zumal πυρφόρος der ‚Feuerdieb‘ kaum heissen kann, wohl aber typisch den Fackelläufer bezeichnet. Pollux VIII 116 u. zahlreiche attische Inschriften), [1080] vgl. Düntzer Jahrb. f. Philol. CXLIII 737ff.

Sonderausgaben des Prom. von Blomfield (Cambridge 1812. Leipz. 1822), C. G. Haupt (Leipz. 1826), J. Griffiths (1834), G. C. W. Schneider (Leipz. 1834), J. Minckwitz (1839), Le Bas u. Th. Fix (1843), G. F. Schömann (griech. u. deutsch, Greifsw. 1844), A. Meineke (cum schol. Medic., Berlin 1853), L. Schmidt (Berlin 1870), F. A. Paley (1875), N. Wecklein (Leipz. 1878²), H. Weil (Paris 1884), Glacebrook (London 1887), Xanthopulos (Athen 1888), Plaistowe and Marow (London 1891). Ausserdem seien erwähnt ausser Welckers angef. Schriften und der Griech. Götterlehre II 246ff. A. Feuerbach nachgel. Schr. (Braunschweig 1853) IV 129ff. G. Hermann de Prom. Aesch., Leipz. 1846. H. Keck der theolog. Charakter in A. Prom. Tril., Glückstadt 1851. G. Hermann Opusc. III 95ff. und Noch ein Wort über A. Prom., Greifsw. 1859. H. Köchly Akad. Vortr. u. Reden (Zürich 1859) I 8ff. W. Vischer Über die Prometheuetragödien des Α., Basel 1859. W. S. Teuffel Über des A. Promethie u. Orestie, Tübingen 1861, 1ff. W. Marcowitz de A. Prom. Düsseld. 1865. J. Caesar Der Prom. des Α., Marburg 1860. P. J. Meyer Prom. quo in loco agi videatur, Bonn 1861. B. Foss de loco in quo Prom. ap. A. vinctus sit., Bonn 1862. Über die scenische Darstellung s. auch das Programm von C. F. Müller, Stade 1871, und W. Otto quaestiones de Prom. re scenica, Berlin 1872. H. Martin la Prométhéide, Paris 1875. Al. Kolisch Der Prom. des A. nur zu verstehen aus der Eigentümlichkeit seiner Entstehungsweise, Berlin 1876, u. Wer löst die Fesseln des Prom., Ztschr. f. d. Gymnw. XXXIII 65ff. Milchhoefer Befreiung des Prometheus, 42. Winckelmannsprogr. 1882.

Ὀρέστεια oder die Tragödien Ἀγαμέμνων Χοηφόροι Εὐμενίδες nebst dem nicht erhaltenen Satyrdrama Πρωτεύς (über den Namen Ὀρέστεια s. o. S. 1071), aufgeführt und mit dem ersten Preise gekrönt Ol. 80, 2 = 458 ἄρχοντος Φιλοκλέους, ἐχορήγει Ξενοκλῆς Ἀφιδνεύς (Hypoth.), ist die einzige auf uns gekommene Trilogie. Hier zeigt sich die vollendetste Kunst des A. in allem, in Composition und Charakterzeichnung, in Sprache und Versbau, auch in der nun erst gewandten und ausgedehnten Verwendung eines dritten Schauspielers. Die drei Stücke bilden ein zusammenhängendes Ganzes, dessen einzelne Teile einander ergänzen und voraussetzen und von einander nur durch grössere Zwischenräume der Zeit getrennt sind, als sonst Akte desselben Dramas. Die Handlung verteilt sich so, dass der Agamemnon die Ermordung des Agamemnon durch Klytaimnestra enthält, das zweite Stück deren Ermordung durch ihren Sohn Orestes, das Schlussstück die Sühnung des Orestes: Frevel, Rache und Sühne. Die Anlage ist bei allen drei Stücken wesentlich dieselbe; jedes zerfällt in drei Akte. Aber in der Ausführung ist der Agamemnon ohne Zweifel das bedeutendste, wohl überhaupt die herrlichste Tragödie, die uns aus dem Altertum erhalten ist. Die Choephoren sind auch dadurch merkwürdig, dass sie Gelegenheit geben, die Art der drei grossen Tragiker an demselben Stoffe zu vergleichen (gegenüber der Masse unbedeutender [1081] Litteratur darüber wird immer A. W. Schlegel Vorles. über dram. Kunst I 222ff. seine Bedeutung behalten, vgl. Gruppe Ariadne 1ff. 453ff. Fleischmann Krit. Stud. über die Kunst der Charakteristik bei A. und Soph., Erlangen 1875. L. Fischer Die Choephoren des A. und die Elektra des Soph. und Eurip., Feldkirch 1875). Im letzten Stücke werden die Satzungen der Blutrache verklärt zu sittlicher Gerechtigkeit, zu humaner Versöhnung, die blutdürstigen Töchter der Nacht werden zu milden Göttinnen der Gnade; in Athen wird die Rechtsprechung des Areopag gestiftet, die mit dem Diener jener Göttinnen verbunden war. Vgl. auch Nägelsbach de religionibus Orestiam continentibus. Erlangen 1843. Mollwo Darlegung des innern Gangs der Orestie, Parchim 1862. W. S. Teuffel Über des A. Prom. u. Orestie, Tübingen 1861. G. Hermann de re scenica in A. Orestea, Leipz. 1846 = Ausg. II 648ff. Wecklein Über den Schauplatz in A. Eumeniden, Sitz.-Ber. Akad. München 1887 I 62ff., zum Agamemnon vgl. auch Theodor Voigt de Atrei et Thyestae fab. Dissert. Hal. VI (1886) 307ff.

Ausgaben der Orestie von J. Franz (gr. u. deutsch, Leipz. 1846), Theod. Heyse (Halle 1884), N. Wecklein (Leipz. 1888); deutsche Nachbildung u. Erklärung von Osw. Marbach (Leipz. 1874).

Ausgaben des Agamemnon von W. Humboldt (mit Anmerkungen von G. Hermann 1816), Blomfield (Cambridge 1818. Leipz. 1822), R. H. Klausen (Gotha 1833; 2. Ausg. von R. Enger Leipz. 1863), C. G. Haupt (Berlin 1837), G. C. W. Schneider (Leipz. 1839), Ο. Τ. W. Peile (1842²), C. Felton (Cambridge 1847), Paley (Cambrigde 1853), R. Enger (Leipz. 1855, 2. Aufl. von W. Gilbert, Leipz. 1874), S. Karsten (Utrecht 1855), Schneidewin (Berlin 1856, 2. Aufl. von O. Hense, Berlin 1883), C. F. Nägelsbach (hrsg. von F. List Erlangen 1863), Κ. Η. Keck (griech. u. deutsch mit Einl. und Komm. Leipz. 1863), J. A. C. van Heusde (c. schol. et comm. Haag 1864), C. Weyrauch (Breslau 1868), B. H. Kennedy (Cambridge 1878), Margoliouth (London 1884), U. v. Wilamowitz-Mollendorff (Text u. Übers. Berlin 1885), A. Sidgwick (Oxford 1888), Verrall (London 1889).

Ausgaben der Choephoren von K. Schwenk (Utrecht 1819), Blomfield (Cambridge 1824. Leipz. 1824), Klausen (Leipz. 1835), F. Bamberger (Göttingen 1840), A. de Jongh (Utrecht 1856), Conington (1857), Davies (1862), Paley (Cambridge 1883).

Ausgaben der Eumeniden von G. Wakefield (1794), G. Hermann (1799), K. Schwenk (Bonn 1821), G. Burges (1822), O. Müller (Gött. 1833, nebst zwei polemischen Anhängen gegen G. Hermann und Fritzsche, Gött. 1834), J. Minckwitz (Leipz. 1838), Scholefield (1843), Linwood (1844), G. F. Schömann (deutsch mit Einl. u. Anm., Greifsw. 1845), R. Merkel (Gotha 1857), J. Davies (Dublin 1885), A. W. Verrall (zuletzt London 1889), A. Sidgwick (Oxford 1887).

Gesamtausgaben des Α.: Ed. princ. von Aldus (Venet. 1518). Danach A. Turnebus (Paris 1552), Fr. Robortelli (Ven. 1552), H. Stephanus [1082] (c. schol. locupl. P. Victorii cura, Paris 1557), W. Canter (Antv. 1580), Tho. Stanley (London 1663), cum notis varr. cur. C. de Pauw (Haag 1745), danach die grosse Ausg. von S. Butler (Cambr. 1809–1816. 8 voll.), C. G. Schütz (Halle 1782–94, ed. II 1799–1807, ed. III 1809–21), F. H. Bothe (Leipz. 1805. 1830), A. Wellauer (Leipz. 1823), G. H. Schäfer (Leipz. 1827), W. Dindorf (in den poetae scaen. Leipz. 1830. Oxf. 1851 und 1832–35 in 6 voll. ed. quinta Leipz. 1866–69. Text Leipz. 5mal 1827–73), bei Didot Ε. Α. J. Ahrens (Paris 1842), F. A. Paley (Cambr. 1846–51, London 1860. 1870. 1879), G. Hermann (Leipz. 1852 und Berlin 1859), J. A. Hartung (Leipz. 1852–55), H. Weil (Giessen 1858–67), R. Merkel (Oxford 1871, s. ο.), Α. Kirchhoff (Berlin 1880), H. Weil (Textausgabe Leipz. 1884), N. Wecklein (cum lection. et schol. cod. Medicei ab Hieron. Vitelli denuo collat. Berlin 1885). Δράματα σῳζόμενα καὶ ἀπολωλότων ἀποσπάσματα, μετὰ ἐξηγητικῶν καὶ κριτικῶν σημειώσεων τῷ συνεργασίᾳ Ε. Ζωμαρίδου ἐκδιδόμενα ὑπὸ Ν. Wecklein, Athen 1891.

Von Übersetzungen mag auch hier wenigstens die von Droysen (mit guten Einleitungen, zuletzt Berlin 1884) genannt sein.

Eine Charakteristik der Kunst des A. kann hier nicht versucht werden. Es mag wenigstens hingewiesen sein auf die Charakteristik des A. bei Aristophanes in den Fröschen 914ff., die wichtiger ist, als alles was später über A. geschrieben ist. Die Neuerungen und Änderungen, durch die A. der eigentliche Schöpfer und Gesetzgeber der attischen Tragödie geworden ist, sind oben erwähnt. Ausserdem hat er auch das Äussere der Bühneneinrichtungen, Costüme etc. prächtiger und grossartiger gestaltet; so hat er zuerst Syrma und Kothurn u. a. in Anwendung gebracht, in Decoration vieles verbessert und erfunden, die Orchestik mannigfach ausgebildet. Die Zeugnisse dafür bei F. Schöll vor Ritschls Septem 32ff. Seine Bühne war zuerst der einfache runde Tanzplatz, Einrichtung einer Rückwand scheint erst vor der Orestie stattgefunden zu haben, v. Wilamowitz Hermes XXI (1886) 598ff. B. Todt Philologus XLVIII (1889) 505ff. (ausserdem Dörpfeld in A. Müllers Griech. Bühnenaltert. 416ff. und Kawerau in Baumeisters Denkm. 1732ff. u. a.).

Die äussere Gliederung der Stücke ist von altertümlicher Strenge und Einfachheit, symmetrisch oft bis ins einzelne sind auch die Dialogpartien gebaut. Man hat oft die grossen einfachen Linien und den herben Parallelismus archaischer Kunstwerke treffend verglichen. S. oben zu den Septem; ausserdem H. Weil de la composition symmétrique du dialogue dans les tragédies d’Éschyle, Paris 1860, und Jahrb. f. Philol. LXXIX (1859) 721ff. 835ff H. Keck ebenda LXXXI (1860) 843ff. und wieder H. Weil LXXXIII (1861) 377ff. Martin de responsionibus diverbii ap. Α., Berlin 1862. Sudhaus de A. stichomythiis, Treptow 1864, bes. auch O. Ribbeck qua A. arte in Prom. fab. diverbia composuerit Bern 1859, vgl. auch R. Klotz studia Aeschylea, Leipz. 1884. Übersicht von N. Wecklein Philolog. XXXI (1872) 733ff. Im allgemeinen über [1083] symmetrischen Bau der tragischen Dialogpartien gegen übertriebene Annahmen W. Christ Philol. Versamml. 1877, 141ff. Die metrische Kunst des A. zeigt bei grosser Mannigfaltigkeit stets strenge Gesetzmässigkeit. Im Trimeter sind Auflösungen und Anapaeste noch sehr beschränkt, vgl. R. Enger Die Auflösungen im Trimeter des Α., Rh. Mus. XI (1856) 444ff. C. F. Müller de pedibus solutis in dial. senar. A. Soph. Eur., Berlin 1866. Rumpel die Auflös. im Trim. des A. und Soph. Philol. XXV (1867) 57ff. G. Engelmann de vario usu trimetri iambici in diverbiis trag. A. et Soph., Neusohl 1874. Die Chorgesänge sind so streng ebenmässig angelegt, dass nicht blos Silbe um Silbe sich in Strophe und Gegenstrophe metrisch entspricht, sondern auch dasselbe Wort oft an derselben Stelle einen neuen Gedanken beginnt, s. Rossbach und Westphal Griech. Metr. III öfter. Westphal (Prolegom. 10ff. 96ff.) wollte auch hier jedes χορικόν nach dem terpandrischen Schema in ἀρχά, ὀμφαλός, σφραγίς teilen, s. dagegen bes. R. Arnoldt Der Chor im Agam. des Α., scenisch erläutert, Halle 1881, 40ff., vgl. Dippe de canticorum Aesch. compositione, Soest 1886. Ausserdem sei besonders angeführt Reiter de syllabarum in trisemam longitudinem productarum usu Aeschyleo et Sophocleo, Wien 1887. Die Zahl der Choreuten ist bei A. in früherer Zeit 12 im einzelnen Stück gewesen (vit. Sophocl. Suid. s. Σοφοκλῆς). Sophokles soll die Zahl auf 15 erhöht haben. Sicher ist ausserdem aus Agam. 1299ff. und Eumenid. 585ff., dass der Chor der Stücke der Orestie 15 betrug. Der mutmassliche Gang ist der, dass zunächst dem Tragiker wie dem Dithyrambendichter 50 Choreuten gegeben wurden, von denen er den 4 Stücken je 12 zuteilte und die 2 übrigen zufügte wo er wollte. Das muss auch in der Polluxstelle IV 111 stecken, auch wenn sie zum Teil falsch ist: τὸ δὲ παλαιὸν ὁ τραγικὸς χορὸς πεντήκοντα ἦσαν, ἄχρι τῶν Εὐμενίδων Αἰσχύλου. Schon um 465 werden 60 Choreuten (4×15) festgesetzt sein. Vorher aber war im einzelnen grössere Freiheit, und in den Supplices mag in dem einen Stücke der ganze Chor oder doch mehr als 12 aufgetreten sein (s. v. Wilamowitz Herakl. I 90). Über die Vortragsweise der Chorpartien ist fast nichts Sicheres überliefert. Darüber, wann der ganze Chor, wann Einzelchoreuten, wann Reihen desselben, wann Halbchöre, wann der κορυφαῖος das Wort haben, ist fast nur da Sicheres zu wissen, wenn bestimmte Kriterien im Texte selbst vorliegen. Um so mehr ist vermutet worden. G. Hermann begann in ausgiebigem Masse mit solchen Zuteilungen in seinen Ausgaben. Von den zahlreichen Schriften darüber sind besonders zu erwähnen Bamberger opusc. acad. I 1ff. Arnoldt Der Chor im Ag. des Α., Halle 1881; Der Chor in den Sieben des Α., Halle 1882. Muff de choro Persarum fab. Α., Halle 1878. Zacher Philol. Vers. Gera 1879, 64ff. Wecklein Über die Technik und den Vortrag der Chorges. des A. Jahrb. f. Philol. Suppl. XIII (1882).

Über den eigentlichen Stil des A. s. die Urteile der Alten bei F. Schöll a. a. O. 36ff. bes. Vita § 5: κατὰ δὲ τὴν σύνθεσιν τῆς ποιήσεως ζηλοῖ τὸ ἁδρὸν ἀεὶ πλάσμα, ὀνοματοποιίαις τε καὶ ἐπιθέτοις, ἔτι δὲ μεταφοραῖς καὶ πᾶσι τοῖς δυναμένοις [1084] ὄγκον τῇ φράσει περιθεῖναι χρώμενος κτλ., vgl. Aristoph. Frösche 1004 ἀλλ’ ὦ πρῶτος τῶν Ἑλλήνων πυργώσας ῥήματα σεμνὰ καὶ κοσμήσας τραγικὸν λῆρον und alles folgende. Nichts anderes soll es auch bezeichnen, dass Α. μεθύων seine Tragödien gedichtet habe (Zeugnisse bei F. Schöll a. a. O. 14ff.), als den besonders hohen Schwung dieser wahrhaft dionysischen Natur. Der Wahnsinn des Dionysos, d. h. die Trunkenheit, kommt ja nach ursprünglicher Auffassung über jeden Dichter, wenn er dichtet (Athen. IX 406 ἀπὸ μέθης καὶ ἡ τῆς τραγῳδίας καὶ ἡ τῆς κωμῳδίας εὕρεσις ἐν Ἰκαρίᾳ τῆς Ἀττικῆς). Über die Einzelheiten des aischyleischen Stiles, die Wortwahl, die Composita, die Formen, die Praepositionen und Partikeln, die Syntax, die Metaphern und Bilder, die rhetorischen Figuren u. dgl. ist eine umfangreiche Litteratur, namentlich kleiner Schriften aufgelaufen, die hier anzuführen nicht angeht, zumal sie an den gleich anzugebenden Orten leicht aufzufinden sind. Lexica: Lex. Aesch. von Wellauer, Leipz. 1830. G. Linwood, London 1843–47. W. Dindorf, Leipz. 1873–76. L. Schmidt Supplementi in lex. Aesch. a Dind. compos. spec., Greiffenberg 1875. Über die religiösen Anschauungen des A. ist unendlich viel Unbedeutendes und Schiefes gesagt und in Allgemeinplätzen gesündigt worden. Hier kann um so weniger darauf eingegangen werden, als gerade für die Theologumena Aeschyli die Einzeluntersuchung der sacralen Thatsachen und der religiösen Empfindungen und Richtungen der Zeit noch zu fordern ist. Gerade in dieser Beziehung haben wir der Phrasen über A. wie über Pindar nun endlich genug. Immer noch das Tiefste sind die betreffenden Schriften von Welcker (bes. auch Götterlehre II). Nägelsbach Nachhom. Theol. mischt zu viel Fremdartiges ein. Ausserdem mögen wenigstens genannt sein R. H. Klausen Theologumena Aesch., Bonn 1829. R. Hagen de rerum divinarum apud A. condic., Berlin 1843. G. Dronke Die sittl. u. relig. Vorstell. des A. Jahrb. f. Philol. Suppl. IV 7ff. De fato Aeschyleo nach vielen anderen zuletzt P. Stengel, Jena 1875. Cipolla della religione di Eschilo e di Pindaro, Rivista di filol. VI. Über die politischen Anschauungen des Α. handelt besonders Dettweiler quid A. de republica Atheniensium iudicaverit, Giessen 1878.

Die weitere Litteratur über A. ist bequem zugänglich durch N. Weckleins Berichte über die aeschyleische Litteratur im Philolog. XXXI (1872) 712ff. XXXII (1873) 318ff. XXXIV (1878) 296ff. 317ff. 539ff. und in Bursian-Müllers Jahresberichten. Ausserdem s. R. Klussmann index commentationum Aeschylearum inde a 1858 maxime in Germania editarum, Berlin 1878.

Nachträge und Berichtigungen

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Band S XI (1968) S. 18
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S. 1065 zum Art. Aischylos 13) Ergänzung zu R.E.

Seit Dieterichs Artikel von 1894 haben sich die Grundlagen unserer Kenntnis nicht unbeträchtlich vermehrt. Nur hinsichtlich dieser Grundlagen soll der genannte Artikel so ergänzt werden, daß er dem Stand von 1965 entspricht. Im folgenden werden mit * bezeichnet: anderweitige Texte, die Beziehungen und Zitate aus A. enthalten etc. etc.

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13) A. von Eleusis, Tragiker im 6./5. Jh. v. Chr. (L) S XI.