RE:Alveus derelictus

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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vom Fluß verlassenes Bett, das nicht zum Privateigentum wird
Band I,2 (1894) S. 1705 (IA)–1706 (IA)
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Alveus derelictus ist das vom Flusse verlassene (durch seinen Rücktritt freigelegte) Bett. Das ältere römische Recht liess es nicht zum Privateigentum werden, ja es duldete nicht einmal eine Ersitzung daran, so dass die Obrigkeit den Fluss wieder in dasselbe zurückleiten durfte, ohne dass sie zu irgend welcher Entschädigung derjenigen verpflichtet war, welche es inzwischen besetzt und möglicherweise schon bebaut hatten. Arg. Frontin p. 20 Lachm. (und hiezu Aggenus Urbicus p. 21. 82), ferner ebd. p. 50. Allein dieser Rechtssatz war nur auf agri limitati (s. unter Ager) berechnet, vielleicht sogar beschränkt, weil nur da, wo eine amtliche Grundstücksabgrenzung bestand, der Zuwachs durch Rücktritt des Flusses, ebenso wie derjenige durch Anspülung (s. Adluvio), mit Bestimmtheit von der Grundstücksfläche, die ursprünglich vorhanden war, unterschieden werden konnte, vgl. Hyginus p. 124. 125 Lachm. Dazu kommt, dass diese beiden Arten des Zuwachses schwer von einander gesondert werden können, endlich, dass die Unmöglichkeit eine vom Flusse verlassene Länderei zu erbeuten und zu [1706] bebauen, der Landeskultur schädlich ist, ein Gesichtspunkt, auf welchen Cod. Iust. VII 41, 3, 1 hinweist. Darum bestimmt schon das Recht zur Zeit des Gaius (Dig. XLI 1, 7 , 5. 30, 1. XLIII 12, 1, 6. 7. Inst. II 1, 23), dass das verlassene Flussbett den Ufernachbarn bis zur Mitte des Flusses zufallen und, wo das Ufergrundstück ein ager limitatus ist, der freien Occupation unterliegen soll. Deshalb vergleicht der Jurist Pomponius im Hinblicke auf den Satz, dass das von einem Flusse überschwemmte Land zu einer öffentlichen Sache wird (Dig. VII 4, 24 pr. u. § 1. XLIII 12, 1, 7. Inst. II 1, 23), die Flüsse mit den Censitoren (Grenzrichtern), welche Privateigentum zu öffentlichem Lande machen dürfen und öffentliches Eigentum zum privaten (Dig. XLI 1, 30, 3; ähnlich Tertull. de pall. 2 Iordanus amnis finium arbiter).

Litteratur: Rudorff Gromatische Institutionen 451–453. Böcking Pand. II 143–145. Sell Röm. Lehre der dingl. Rechte 259 § 68. Rein Privatrecht der Römer 284. 285 Anm. 1. Puchta Institutionen II § 242 Not. dd. Kuntze Cursus d. r. R. § 511. Schulin Lehrb. d. Gesch. d. röm. R. 296.