RE:Comites

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Gefolgsleute Amtstitel
Band IV,1 (1900) S. 622636
Comes in der Wikipedia
GND: 4383486-3
Comes in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register IV,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|IV,1|622|636|Comites|[[REAutor]]|RE:Comites}}        

Comites. A. Mit diesem Namen bezeichnen die römischen Schriftsteller meist die Gefolgsleute der germanischen Häuptlinge und Könige (Tac. Germ. 13. 14. Ammian. XVI 12, 60. Malalas im Herm. VI 369); doch werden sie ausserdem auch [623] clientes genannt (Tac. ann. I 57. II 45. XII 30). Als das Gefolgswesen im 5. Jhdt. auch in das römische Heer eingedrungen war, erscheinen mehrere Reitercorps, die C. heissen und in den Truppenverzeichnissen der Notitia dignitatum meist an der Spitze stehen, also für besonders vornehm galten (Not. dign. or. V 29–31. VI 28. 31. VII 25. VIII 25. 26; occ. VI 43. 50. 75. VII 159. 163). Wahrscheinlich sind sie aus den Gefolgen von Privatleuten hervorgegangen, die nach dem Tode ihrer Herren in kaiserlichen Dienst getreten waren. Vgl. Art. Bucellarii Bd. III S. 934ff.

B. Die gleiche Benennung wendet man auf diejenigen an, welche die Umgebung eines Statthalters bei seiner Reise in die Provinz bilden; doch ist sie in diesem Sinne niemals officiell geworden und behält daher eine schwankende Bedeutung. So schreibt Cic. pro Rab. Post. 13: ut tribuni, ut praefecti, ut scribae, ut comites omnes magistratuum lege, hac tenerentur, bezeichnet also, wie der Zusatz omnes beweist, mit comites den allgemeineren Begriff, der auch die Tribunen, Praefecten und Schreiber umfasst, und entsprechend redet Hor. epist. I 8, 2 von einem comes scribaque Neronis. Doch andererseits werden bei Cic. Verr. II 2, 27 die comites von den praefecti, scribae, accensi, medici, haruspices, praecones geschieden, d. h. von allen Mitgliedern der Cohors, die ein Amt mit festumschriebener Competenz bekleiden. Diese amtlosen Reisebegleiter werden in erster Linie C. genannt (z. B. Catull. 28, 1. Tac. ann. I 47. Suet. Caes. 42; Vesp. 4), aber nur im Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens; die ältere Bezeichnung für sie ist amici (Cato ed. Jordan p. 37), und diese ist zu allen Zeiten die technische und offizielle geblieben (Suet. Tib. 46. Dig. XXXVII 14, 17). Deshalb redet man auch immer von einer cohors amicorum (s. d. Suet. Nero 5; Cal. 19; Galba 7 und sonst); cohors comitum kommt nur in der Poesie vor (Iuven. VIII 127).

Diese C. stehen zu den Statthaltern in einem rein privaten Verhältnis. Sie besitzen nicht einmal einen fest bestimmten Anspruch auf Diäten (cibaria), wie er den Praefecten und sonstigen Unterbeamten zukommt (Cic. ad Att. VI 3, 6). Allerdings war es üblich, ihnen freie Reise und Unterhalt (Liv. XLIV 22, 13), daneben ansehnliche Geschenke zu gewähren. Doch blieben dies bis auf die Zeit des Augustus herab freie Gaben derjenigen, welche die C. begleiteten, und konnten nach Belieben bemessen oder auch ganz geweigert werden (Cato a. O. Suet. Tib. 46). Nachdem Cicero in Kilikien einen siegreichen Krieg geführt hatte, besass er das Recht, innerhalb 30 Tagen nach seiner Rechnungslegung nicht nur seine eigenen Reisegenossen, sondern auch die seiner Officiere dem Senat zu Geldbelohnungen vorzuschlagen; doch stand ihm auch hierin die freie Auswahl zu, die durch keine gesetzlichen Bestimmungen beschränkt war (Cic. epist. V 20, 7). Natürlich erwarteten die C. sich in der Provinz zu bereichern (Catull. 10. 28); sie verlangten, dass die Beute (Cato a. O.) und die Überschüsse der Gelder, die dem Statthalter für seine Verwaltung zugewiesen waren, unter sie verteilt wurden, und waren sehr ungehalten, wenn dies nicht geschah (Cic. ad Att. VII 1, 6). [624]

Da die C. den Statthaltern, die ja nur ein sehr kleines Personal von Unterbeamten besassen, für ihre Amtsführung, namentlich für die Bildung ihres Consilium, unentbehrlich waren, erfuhren ihre Stellung und ihre Geldbezüge in der Kaiserzeit eine festere Regelung. Ihre Auswahl blieb noch immer dem freien Ermessen des Statthalters überlassen (Fronto ad Ant. Pium 8), doch wurde ihm nach seinem Range und der Bedeutung seiner Provinz eine feste Maximalzahl gesetzt (Dig. XXVII 1, 41 § 2). Im Consilium des Proconsuls von Sardinien erscheinen neben dem Legaten und dem Quaestor noch sechs amtlose Leute (CIL X 7852); die Gesamtzahl der C. wird selbst in dieser kleinen Provinz wohl beträchtlich grösser gewesen sein. Ausser bei dem Kaiser selbst, wovon noch später die Rede sein soll, finden sich C. bei den Proconsuln (Dig. XLVIII 19, 6 § 1. L 5, 12 § 1), den kaiserlichen Legaten (Dig. I 22, 4. IV 6, 32. XIX 2, 19 § 10. L 5, 12 § 1) und Procuratoren (Dig. L 5, 12 § 1), also nur bei solchen Beamten, die selbständig an der Spitze einer Provinz stehen. Denn unter den Procuratoren werden nur diejenigen zu verstehen sein, die keinen Legaten neben sich hatten, wie die ritterlichen Statthalter von Raetien oder Noricum. Diese C. beziehen feste Gehälter (Dig. I 22, 4. XIX 2, 19 § 10. L 13, 1 § 8) und müssen daher von den Proconsuln beim Aerarium, von den Legaten und Procuratoren bei den Beamten der kaiserlichen Rechnungsämter angemeldet werden (Dig. IV 6, 32). Auch ihnen ist, wie den Statthaltern selbst, das Betreiben von Geldgeschäften innerhalb ihrer Provinz verboten (Dig. XII 1, 33), und sie unterliegen der Anklage de repetundis (Dig. XLVIII 11, 1. 5. Plin. epist. VI 22).

Dass auch die Gesandten C. besassen, ist wahrscheinlich, aber nicht überliefert. Denn Dig. XLVIII 6, 7 sind Gesandte fremder Völker oder Städte gemeint, deren Begleiter nur das Völkerrecht, nicht das römische Staatsrecht angehen.

Auf Inschriften kommt der C.-Titel bei Untergebenen von Proconsuln oder Legaten nur fünfmal vor (Dessau 1404. CIL II 2415. III 253. 430. 6079. – CIL X 352 und 371 ist Comes nicht Titel, sondern Cognomen), was ganz undenkbar wäre, wenn alle die Unzähligen, die während der Kaiserzeit Statthalter in ihre Provinzen begleiteten, ihn sich hätten beilegen dürfen. Dies ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil sie officiell ja gar nicht comites, sondern amici hiessen. Da auch dieses Wort auf Inschriften nicht im titularen Sinne erscheint, wird man schliessen müssen, dass die Stellung des gewöhnlichen C. einen zu privaten Charakter hatte, um neben den staatlichen oder municipalen Würden verzeichnet zu werden. Jene vereinzelten C. möchte man auf ein viel höheres und daher auch selteneres Amt beziehen. Nun befand sich unter den Begleitern des Statthalters jedesmal einer, der eine ganz singuläre und hervorragende Stellung einnahm; das war sein juristischer Berater, der Adsessor (s. Bd. I S. 423ff.). Dieser erscheint in den ersten drei Jahrhunderten nur einmal auf einer griechischen Inschrift als νομικὸς συγκάθεδρος (CIL VIII 1640), niemals auf lateinischen, ausser in der Verbindung comes et adsessor (Dessau 1404). Da es kaum denkbar ist, dass ein so wichtiges und einflussreiches [625] Amt mit Ausnahme dieser ganz einzeln dastehenden Fälle ohne jeden titularen Ausdruck blieb, so wird man annehmen müssen, dass auch dort, wo der C. ohne weiteren Zusatz bei Statthaltern auftritt, der Adsessor darunter zu verstehen ist.

C. Inschriftlich begegnen uns bei den Kaisern selbst vor der Zeit des Claudius gar keine C., wohl aber bei kaiserlichen Prinzen (Dessau 946. 964) und einzelnen sehr vornehmen Privatpersonen (CIL X 1468; vgl. Senec. epist. 122, 12). In einem Falle ist hier die Annahme ganz ausgeschlossen, dass der betreffende C. Reisebegleiter oder Adsessor während eines Provincialamtes gewesen sei, nämlich bei P. Plautius Pulcher comes Drusi fili Germanici. Denn der unglückliche Sohn des Germanicus hat es zu keinem höheren Staatsamt gebracht, als zur praefectura urbi feriarum latinarum causa (Dessau 186. Tac. ann. IV 36). Er ist schon in früher Jugend eingekerkert und dann zu Tode gequält worden; eine Reise in die Provinz hat er nie unternommen (Dessau Prosopogr. imperii Rom. II 178). Hier kann also C. nur in seinem allgemeinsten Sinne als ,Freund und Genosse‘ aufgefasst werden, ein Titel, der für Pulcher um so passender erscheint, als er aus sehr vornehmer Familie, mit dem Kaiserhause verschwägert und dem Drusus ziemlich gleichalterig war (Prosopogr. III 45).

Ähnlich, wenn auch etwas verschieden, dürfte es aufzufassen sein, wenn Sex. Palpellius Hister comes Tiberii Caesaris Augusti datus ab divo Augusto genannt wird (Dessau 946). In diesem Falle ist es freilich nicht unmöglich, dass Hister dem Prinzen bei einem seiner Feldzüge als Begleiter mitgegeben war. Um seine Stellung zu erklären, hat man auf M. Lollius hingewiesen, der den jungen Gaius Caesar nach Armenien begleitete. Von ihm sagt Vellei. II 102, 1: quem veluti moderatorem iuventae filii sui Augustus esse voluerat, und Suet. Tib. 12 nennt ihn comes et rector des Prinzen, so dass bei diesem Manne sowohl der C.-Titel als auch die nähere Bestimmung datus ab divo Augusto wiederzukehren scheint. Aber die Analogie ist doch nur eine scheinbare; denn Lollius war als reifer Mann einem Jüngling zum Leiter und Berater gesetzt, während Hister viel jünger gewesen sein muss als Tiberius. Erst nachdem dieser 37 im höchsten Greisenalter gestorben war, bekleidete er 43 das Consulat und war noch 50 Statthalter von Pannonien. Comes Tiberii war er noch vor dem Militärtribunat, d. h. ungefähr als Zwanzigjähriger (Prosopogr. III 8). Der C.-Titel ist also in dieser frühesten Zeit, wo er auf Inschriften erscheint, ebenso vieldeutig, wie der Begriff des Genossen. Bei Plautius bezeichnet er den Jugendgefährten, bei Lollius den verantwortlichen älteren Ratgeber, bei Hister den jungen Begleiter. An eine Reise oder einen Kriegszug kann er sich anlehnen, doch ist dies keineswegs notwendig.

Dieselbe allgemeine Bedeutung hat er wohl auch bei L. Ausidius Montanus comes C. Calvisi Sabini (CIL X 1468). Denn während bei den späteren Adsessores immer das Provincialamt ihres Vorgesetzten genannt ist, an das sich ihre C.-stellung knüpft, fehlt hier jeder derartige Zusatz, ein sicheres Zeichen, dass sie sich in diesem Falle [626] auf die Person des vornehmen Herrn – er war Consul 26 n. Chr. –, nicht auf irgend ein Amt desselben bezieht. Auch bei Varus, eques Romanus, M. Vinicii comes (Senec. epist. 122, 12) kann schon deswegen von keiner bestimmten Reisebegleitung die Rede sein, weil die Anekdote, in welcher er als handelnde Person erscheint, sich in Rom selbst abspielt. Denn wenn gemeint wäre, dass er vorher dem Vinicius bei irgend einer Provincialverwaltung zur Hand gewesen sei, so müsste es doch heissen qui M. Vinicii comes fuerat. In allen diesen Fällen bezeichnet also der C.-Titel kein Mitglied der cohors amicorum, sondern einen persönlichen Freund. Auf seinen Inschriften rühmt man sich einer solchen Stellung natürlich nur dann, wenn man dadurch mit einem Manne sehr hohen Ranges verbunden ist. Doch einen comes Augusti kann es noch nicht geben, weil es bei jedem Privatmanne Anmassung wäre, wenn er sich in diesem Sinne als einen ,Genossen‘ des Kaisers selbst bezeichnen wollte.

D. Comites Augusti erscheinen zuerst unter Claudius (Dessau 206. 986), sind aber auch jetzt viel zu selten, als dass man annehmen könnte, alle Mitglieder der cohors amicorum seien zur Führung dieses Titels berechtigt gewesen. Alle die Zahllosen, die in comitatu principis sind (Dig. XXIX 1, 43), heissen C. Augusti wohl in der Redeweise des gemeinen Lebens, aber nur einzelne von ihnen im officiellen Sprachgebrauch. Denn bis zum Tode des Pius, d. h. während mehr als eines Jahrhunderts, finden sich nur sieben Männer, denen dieser Titel auf Inschriften beigelegt wird (Dessau 206. 308. 986. 1019. 1068. 1069. CIL X 1258). Als dem Claudius hinterbracht wird, dass gewisse Grundstücke dem Fiscus gehören, da schickt er den Iulius Planta, amicum et comitem meum, an Ort und Stelle, um dort zu prüfen, lässt sich dann durch ihn ein Rechtsgutachten (commentarius) ausarbeiten und endlich auf Grund desselben von ihm die Entscheidung fällen (Dessau 206). Er benutzt ihn also durchaus als Kronjuristen. Es dürfte daher kaum zufällig sein, dass die Adsessoren der privaten Magistrate (Senec. de tranq. an. 3, 4), die ja auch den C.-Titel führen, und die C. Augusti ganz gleichzeitig in den Quellen zuerst auftreten. Wie jene die juristischen Ratgeber ihrer Vorgesetzten sind, so wahrscheinlich auch diese. In Rom brauchte der Kaiser einen solchen Beamten nicht, weil es dort Rechtskundige in Fülle gab, unter denen er für jeden einzelnen Process die Wahl hatte. Verliess er aber die Hauptstadt, so musste er dafür sorgen, dass ein erprobter Jurist in seiner Umgebung war. So nahm schon Tiberius, als er nach Capri ging, nur einen Senator mit sich, und dies war der berühmte Rechtsgelehrte M. Cocceius Nerva (Prosopogr. I 428), der jedenfalls die Pflichten eines comes et adsessor erfüllte, obgleich er zu jener Zeit den Titel noch nicht führte. Seit Claudius erscheint er nur, wenn der Kaiser von Rom abwesend ist, meist in der Provinz (Dessau 986: legato et comiti Claudii Caesaris in Britannia. 1019: comiti Imp. Caesaris Nervae Traiani Augusti Germanici Daciei, dum exercitus suos circumit. 308: quaestori imperatoris Traiani et comiti expeditionis Dacicae. 1068: comiti divi Hadriani in Oriente; vgl. [627] 1069); doch auch während eines Landaufenthalts in Baiae hat Claudius einen C. bei sich (Dessau 206), und einer scheint unter Titus fungiert zu haben, der Italien während seiner ganzen Regierung nie verlassen hat (CIL X 1258). Dieser bringt denn auch seine Stellung mit keiner expeditio des Kaisers in Verbindung, offenbar weil wohl die Erwähnung eines Feldzugs oder einer weiten Reise als ehrenvoll gelten konnte, nicht aber einer schlichten Villeggiatur. Die grosse Seltenheit der C. in dieser Zeit scheint darauf hinzuweisen, dass, wie jeder rechtsprechende Beamte nur einen Adsessor hatte, so auch der Kaiser bei jeder Reise nur einen C. Wenn zwei Brüder oder Vettern bei Hadrians Orientreise erscheinen, so kann dies Ausnahme sein; doch ist es auch möglich, dass sie einander in der juristischen Beratung des Kaisers abgelöst haben (Dessau 1068. 1069). Die C. Augusti sind in der Regel Senatoren, aber da es bei ihnen mehr auf die Rechtskunde, als auf die Würde ankommt, gehören sie den verschiedensten Rangklassen an; wir finden drei Praetorier (Dessau 986. 1019. 1069), einen Aedilicier (CIL X 1258), einen Quaestor (Dessau 308) und einen, der noch vor der Quaestur steht (Dessau 1068); einer scheint sogar nur Ritter zu sein (Dessau 206). Zwei sind Anverwandte des Kaiserhauses (Dessau 308. 986), darunter auch Hadrian, der bei seinem Vorgänger die Stellungen eines Quaestor und eines C. cumulierte.

Unter Marcus ändert sich die Bedeutung des Amtes, was namentlich darin zum Ausdruck kommt, dass aus seiner 19 jährigen Regierung allein ebenso viele C. überliefert sind, wie aus den vorhergehenden 120 Jahren (Dessau 1081. 1094. 1097 = 1098. 1100. 1112. 1117. CIL XII 2718). Auch später bleiben sie relativ häufig (unter Severus Dessau 456. 1141 = 1142. 1145. 1353; unter Caracalla Dessau 1159; unter Antonius Elagabalus Dessau 1329; unter Alexander Dessau 1182; aus unbekannter Zeit, aber nicht vor dem Ende des 2. Jhdts. CIL V 5811. VIII 597. 16809), bis sie nach Alexander Severus ganz verschwinden. Denn dass Pomponius Bassus (CIL VI 3836) nicht der Consul der Jahre 258 und 271 sein kann, weil seine Stadtpraefectur im Chronographen von 354 nicht erwähnt wird, hat Mommsen (Ephem. epigr. I p. 139) gezeigt; er dürfte also auch noch dem Anfang des 3. Jhdts. angehören. Marcus scheint danach aus dem Einzelamt des kaiserlichen Adsessor ein grösseres Beamtencollegium gemacht zu haben, und dem entspricht es, dass zuerst in dieser Zeit adlecti inter comites Augustorum nostrorum auftreten (Dessau 1353. CIL VIII 597), was eine gleichzeitig vorhandene Mehrzahl voraussetzt.

Vorher haben wir sie wohl juristisch thätig gefunden, aber niemals militärisch. Denn wenn Hadrian bei dem dakischen Feldzuge Traians die dona militaria erhält, so ist zu berücksichtigen, dass er nicht nur C., sondern zugleich auch Quaestor des Kaisers war (Dessau 308) und als solcher die Dienste eines Unterfeldherrn leisten musste. Später dagegen werden sie sehr oft in dieser Weise ausgezeichnet (Dessau 1094. 1097. 1098. 1112). Im parthischen Feldzuge des L. Verus erscheinen sie als sein Kriegsrat (Hist. Aug. Ver. 7, 6) und haben im Feldlager des [628] 3. Jhdts. ihren festen Platz in der Nähe des Kaiserzeltes (Ps.-Hygin. de mun. castr. 10. 33. 39). Häufig führen sie Detachements (Dessau 1098. 1141. 1142. 1159) und erhalten meist, nachdem sie ihre Stellung als C. niedergelegt haben, Commandos am Rhein (Dessau 1081. 1182), an der Donau (Dessau 1081. 1094. 1097. 1098. 1141. 1142. 1159. Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Welt I² 572), in Mauretania Tingitana (Dessau 1353), kurz in solchen Provinzen, die den Einfällen der Barbaren besonders ausgesetzt waren und deshalb hervorragende militärische Tüchtigkeit ihrer Statthalter brauchten (vgl. Hist. Aug. Ver. 7, 8). Die niederen Rangklassen des Senats, deren Mitglieder noch keine Gelegenheit hatten, sich als Feldherrn zu bewähren, verschwinden jetzt ganz aus den C. Neben den Praetoriern und Consularen treten freilich auch zwei Ritter auf; aber von diesen ist der eine vorher praefectus legionis gewesen (Dessau 1353), eine Stellung, die man nur erprobten, alten Soldaten zu verleihen pflegte, und von dem andern (CIL VIII 16809) wird man Ähnliches vorauszusetzen haben. Durch Marcus ist also der C. aus einem juristischen Berater zum Mitglied des Generalstabs geworden.

Den Grund für diese Neuerungen des Marcus bot wohl sein nicht ganz unberechtigtes Misstrauen in die Feldherrngaben seines Mitregenten. Schon die Adsessoren der Magistrate waren, weil sie aus freier Wahl ihrer Vorgesetzten hervorgingen, meist ihre persönlichen Vertrauten, die nicht nur in juristischen Fragen, sondern bei allen Angelegenheiten von Wichtigkeit um Rat angegangen wurden; waren also die Aufgaben des Beamten kriegerische, so konnte auch der Rechtsgelehrte zum Kriegsrat werden. Dasselbe wird auch bei dem C. des Kaisers der Fall gewesen sein. Als nun L. Verus die Führung in dem gefährlichen Partherkriege übernahm, mochte es Marcus angemessen scheinen, seine militärische Schwäche durch die Tüchtigkeit seiner Ratgeber zu stützen. Da eine Commission erprobter Officiere ihrer Meinung jedenfalls leichter Gewicht verschaffen konnte, als ein einzelner Mann, wurde dem Kaiser eine Mehrzahl von C. zur Seite gestellt. Bei dieser grösseren Anzahl konnte man aber nicht mehr juristische Kenntnisse verlangen, weil diese in der römischen Aristokratie viel zu spärlich gesät waren. Daher ging die Rechtsbelehrung des Kaisers von dem C. auf den Consiliarius über, der unter Marcus zum erstenmale auftritt (s. Consistorium).

Unter Alexander Severus lässt sich diese neue Comitiva zuletzt nachweisen. Sein Nachfolger Maximinus Thrax war ein derber Haudegen, der zum Senat in bewusstem Gegensatze stand und die Mitglieder des Reichsadels mit Misstrauen verfolgte (Seeck Die Entwicklung der antiken Geschichtschreibung 209). Am wenigsten wird er sich in seine kriegerischen Operationen von den hochgeborenen Herren haben dreinreden lassen, und nachdem er die Comitiva beseitigt hatte, hielten seine Nachfolger sie nicht mehr für erforderlich. Ging doch der ganze Zug der Zeit nach der Richtung, die Senatoren mehr und mehr aus allen Stellungen von militärischer Bedeutung zu verdrängen. [629]

E. Nachdem der Comes Augusti aus der menschlichen Titulatur verschwunden ist, erscheint er sehr bald in der göttlichen. Zwar kommt schon unter Commodus auf einer sehr seltenen Münze ein Herculi comiti vor (Cohen 186); doch bleibt dies Beispiel noch ganz vereinzelt. Als regelmässige Münzlegende findet sich der Götterbeiname Comes erst seit Gallienus (Cohen 975. 978) und zwar bei folgenden Gottheiten, die wir in alphabetischer Reihenfolge aufzählen:

  • Apollo: Cohen Carausius 16.
  • Dioscuren: Cohen Constantius Chlorus 14; vgl. Diocletian 23; Maximian 39; Constantius 13; Galerius 17, wo die beiden Reiter auf den Münzen, wie die Abbildung beweist, jedenfalls nicht die Kaiser, sondern die Dioscuren sind.
  • Hercules: Cohen Postumus 15. 113; Tetricus Sohn 14; Probus 108–110; Maximian 41. 230–232; Constantius 143; Severus 47; Maximinus 103; Maxentius 76–80; Constantinus 272. 273; vgl. CIL VI 305.
  • Mars: Cohen Victorinus 13–15; Constantius 9; Galerius 12. 13; Maxentius 82–86. 95.
  • Minerva: Cohen Tetricus Sohn 7; Probus 102–107; Diocletian 21. 22; Maximian 34–38; Carausius 22; Allectus 3; Constantius 10–12; Galerius 14–16.
  • Mithras s. Sol invictus.
  • Neptunus: Cohen Postumus 204; Carausius 23.
  • Serapis: Cohen Gallienus 975; Postumus 357–360.
  • Sol invictus: Cohen Gallienus 978; Probus 639; Maximinus 4. 5. 166–176; Licinius 3–5. 161–164; Constantin 39–54. 316. 504–506. 509. 511–549; Crispus 136. 137; Constantin Sohn 182–186; vgl. CIL X 5331.
  • Victoria: Cohen Postumus 370; Victorinus 16–20; Tetricus 15–20; Tetricus Sohn 4–6; Carausius 24–27; Allectus 4; vgl. Not. d. scavi 1891, 251.

Es ist charakteristisch, dass Iuppiter zwar sehr oft als Conservator Augusti, aber niemals als Comes Augusti auftritt. Bei dem höchsten aller Götter erschien dem frommen Sinne jener Zeit die Genossenschaft eines Menschen denn doch herabwürdigend. Um so mehr ist Hercules bevorzugt, weil er als gottgewordener Held den Kaisern am nächsten verwandt zu sein schien. Ausserdem stehen naturgemäss die kriegerischen Numina an erster Stelle, namentlich die Modegottheit jener Spätzeit, der Sol invictus. Neptun bezieht sich bei Carausius sicher, bei Postumus wahrscheinlich auf einen Flottensieg.

Die göttlichen C. finden sich noch bei Crispus und Constantin II., die 317 Caesares wurden, aber nicht mehr bei Constantius II., der 324 diese Würde empfing. In der Zwischenzeit muss also Constantin der Grosse aufgehört haben, mit dieser Art von Legenden zu münzen.

F. Schon etwas früher sind die menschlichen C. wieder eingeführt worden, aber doch erst, als die übermenschlichen für den Kaiser ihre Bedeutung verloren, d. h. als er begann, sich dem Christentum zuzuwenden. Zuerst erscheinen sie im J. 312, unmittelbar vor dem Angriff auf Maxentius, dessen Verlauf die volle Bekehrung Constantins herbeiführte (Eumen. paneg. IX 2). Er liebte es gleich den meisten Herrschern jener Zeit, sich [630] als Erneuerer des Altertums preisen zu lassen. Wie er in diesem Sinne seinen patricius, seinen magister equitum, seinen quaestor den Annalen der Republik oder der ersten Kaiserzeit entlehnte, so erweckte er auch die untergegangene Comitiva zu neuem Leben. Das Amt hat noch unter ihm selbst mannigfache Veränderungen erfahren, um dann in der Beamtenhierarchie des sinkenden Römerreiches eine der charakteristischsten Erscheinungen zu bilden.

In der ersten Zeit, die nur drei Jahre dauert und mit dem Kriege gegen Licinius vom J. 314 endet, lautet der Titel: Comes domini nostri Constantini Augusti (Dessau 1213. 1214. 1216). Er wird also nicht, wie später, mit den Kaisern in ihrer Gesamtheit, sondern nur mit der Person des einzelnen Kaisers in Zusammenhang gebracht. Die drei Personen, bei denen er überliefert ist, sind alles Männer von bedeutender Vergangenheit, zwei davon Consulare, einer Ritter, doch wird dieser gleich nach seiner Comitiva inter consulares adlegiert. Rufius Volusianus hat, nach der Zeit seines Amtes zu schliessen, den Kaiser wahrscheinlich bei dem Germanenkriege des Jahres 313 begleitet, und vor dem Einfall Constantins in Italien erscheinen seine C. als Mitglieder seines Kriegsrats und werden in dieser Eigenschaft vor den Duces genannt, scheinen also vornehmer zu sein, als diese (Eumen. paneg. IX 2). Die Comitiva hat danach in allem Wesentlichen denselben Charakter, den ihr Marcus seiner Zeit verliehen hatte, nur darin bietet sie Neues, dass die C. nicht nur den Generalstab des Herrschers bilden. Caelius Censorinus (Dessau 1216) nennt sich nämlich comes domini nostri Constantini maximi Augusti et exactor auri et argenti provinciarum trium, d. h. er hatte von Constantin den Auftrag erhalten, für die Ausgaben von dessen Decennalien, die 315 gefeiert werden sollten, eine ausserordentliche Gold- und Silbersteuer in Sicilien, Sardinien und Corsica beizutreiben (s. Collatio lustralis). Wir finden also schon in dieser ersten Periode einen C., der in besonderer Mission vom Hoflager in die Provinz geschickt wurde, ein Präcedenzfall, der für die Folgezeit bedeutungsvoll werden sollte.

In der zweiten Periode heisst der Titel, solange Constantin und Licinius allein regieren (315–317), comes Augustorum nostrorum (Dessau 1217), nachdem sie ihre Söhne zu Caesaren ernannt hatten (317–324), wahrscheinlich comes dominorum nostrorum Augustorum et Caesarum, nach dem Sturze des Licinius (324) comes dominorum nostrorum Augusti et Caesarum (Dessau 1223) oder comes Flavialis (Dessau 1224). Der C. gehört nicht mehr zu einer einzelnen Person, sondern zu allen Kaisern, oder als diese in ihrer Gesamtheit der flavischen Familie angehören, zu dem Herrscherhause als solchem. In dieser Periode, die ungefähr mit dem J. 325 geendet zu haben scheint, erfährt die Comitiva ihre Ausbildung zum entscheidenden Factor im Organismus der Reichsverwaltung. Zunächst wird sie ihm noch nicht fest eingegliedert, sondern die C. sind einfach Vertrauensleute des Herrschers, denen er je nach Bedürfnis dieses oder jenes Geschäft überträgt. Als er aber Kinder zu Caesaren ernennt und sie auch bald mit der selbständigen [631] Verwaltung ausgedehnter Reichsteile betraut, da findet er das Werkzeug ihrer Leitung in seinen C. Hierdurch nun wird es erforderlich, ihre Competenzen fest zu regeln, da die Knaben noch nicht die Einsicht besitzen können, die Verteilung der Geschäfte unter sie immer neu nach den Forderungen des Augenblicks zu gestalten. So entstehen diejenigen Ämter, die später der byzantinischen Verwaltung ihr Gepräge geben sollten, zunächst wohl für den Hof der Caesares; aber da sie sich hier als praktisch erwiesen, übernahmen sie die Augusti auch für den ihrigen.

Zuerst, d. h. schon im J. 316 (Cod. Theod IX 1, 1. XII 1, 4), treten in dieser Periode die jenigen C. auf, die Constantin selbst comites qui per provincias constituti sunt oder comites provinciarum nennt (Cod. Theod. I 16, 6. 7). Passender würden sie comites dioecesium heissen, da jeder von ihnen eine ganze Dioecese unter sich hat. Wenn ihnen dieser Titel nicht beigelegt wird, so folgt daraus, dass nicht ihr Amtsbezirk bei ihnen als das Wesentliche erscheint sondern nur der Umstand, dass sie, dem Hofe fern, an den die ,Genossen‘ des Kaisers doch eigentlich hingehören, in der Provinz zu thun haben. Sie treten nur unter Constantin dem Grossen auf und auch da sehr unregelmässig. In Africa z. B., über das die Überlieferung so reich ist, dass der Liste der Proconsuln und Vicare nicht sehr viel zur Vollständigkeit fehlt, finden sich nur zwei C. dieser Art (Cod. Theod. XII 1, 15. 5, 1. Passio SS. Donati et Advocati 2 = Migne L. 8, 753), wohl ein sicheres Zeichen dafür, dass ihr Amt kein ständiges war. Dazu kommt, dass sie mit Ausnahme von Makedonien (Cod. Theod. XI 3, 2) nur in solchen Dioecesen vorkommen, die Constantin nie persönlich besucht hatte, nämlich in Spanien (Cod. Theod. VIII 12, 5. 18, 3. XI 39, 2. IX 1, 1. XII 1, 4. Cod. Iust. VI 1, 6), Africa (Cod. Theod. XII 5, 1), Asia (Cod. Theod. II 26, 1) und dem Oriens (Euseb. vit. Const. III 53. 62. Dessau 1224. 1225. Athan. apol. c. Ar. 8. 9. 28. 71 = Migne G. 25, 261. 264. 293. 373 und sonst). Danach scheint eine ihrer wesentlichsten Aufgaben gewesen zu sein, dem Kaiser über die Zustände von Ländern zu berichten, die er nicht selbst durch den Augenschein kannte. Wenn schon dies sie als ausserordentliche Sendlinge des Hofes charakterisiert, so nicht minder ihr verschiedener Rang. Octavianus ist vorher Corrector gewesen (Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgesch. Rom. Abt. X 208), Dionysius und Lollianus Consulares (Euseb. vit. Const. IV 42. Dessau 1224. 1225), Acacius und Strategius werden viri clarissimi (διοσημότατοι) genannt (Euseb. vit. Const. III 62), gehören also gleichfalls dem Senat an; dagegen ist Tertullianus vir perfectissimus, d. h. Ritter (Cod. Theod. II 26. 1), und die verschiedenen Stände lösen sich nicht etwa ab, sondern laufen zeitlich durcheinander. Ein ordentliches Amt aber pflegt auch mit einem feststehenden Range versehen zu sein, während bei Vertrauensmännern des Kaisers, die zu gelegentlicher Inspection in die Provinzen geschickt wurden, es begreiflicherweise mehr auf die Persönlichkeit, als auf den senatorischen oder ritterlichen Stand ankam. Obgleich die Überlieferung über die comites provinciarum nicht sehr reich [632] ist, finden wir doch ein paarmal denselben Mann nacheinander in verschiedenen Dioecesen thätig, so Tiberianus zuerst in Africa (Cod. Theod. XII 1, 15. 5, 1), dann in Spanien (Cod. Iust. VI 1, 6), Acacius zuerst in Makedonien (Cod. Theod. XI 3, 2), dann im Oriens (Euseb. vit. Const. III 53. 62); auch dies entspricht der Stellung einer erprobten Vertrauensperson. Gewöhnlich erscheinen sie einzeln, mitunter aber wirkten auch zwei zusammen (Euseb. vit. Const. III 62), kurz alles zeigt an ihnen den schwankenden Charakter des ausserordentlichen Amtes.

Die comites provinciarum sollen die ordentlichen Statthalter beaufsichtigen, Klagen, die über ihre Bedrückungen einlaufen, concurrierend mit den Praefecti Praetorio annehmen (Cod. Theod. I 16, 7) und über die Acclamationen, durch welche die Unterthanen ihrer Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit der Provincialverwaltung Ausdruck gaben, an den Kaiser berichten (Cod. Theod. I 16, 6). Man kann von den Urteilen der statthalterlichen Gerichte an sie appellieren, worauf sie anfangs inappellabel zu entscheiden haben, weil sie ja die Person des Kaisers vertreten (vice sacra iudicant); doch wurde im J. 331 auch von ihnen Berufung an den Herrscher selbst gestattet (Cod. Theod. XI 30, 16. 34, 1). Dieser richterlichen Thätigkeit entspricht es, dass vielfach Gesetze über das Civilrecht (Cod. Theod. II 26, 1. VIII 12, 5. 18, 3. 4. XI 3, 2. 39, 2. Cod. Iust. VI 1, 6) oder das Criminalrecht (Cod. Theod. IX 1, 1) an sie gerichtet werden, die wohl zum Teil Antworten auf Relationen der C. darstellen. Sie besorgen auch die Zerstörung heidnischer Heiligtümer (Euseb. vit. Const. III 53), praesidieren christlichen Synoden und greifen in die Streitigkeiten der Secten entscheidend ein (Euseb. vit. Const. III 62. Athan. apol. c. Ar. 8. 9. 28. 71. 72. 78. 79 = Migne G. 25, 261. 264. 293. 373. 377. 389. 392). Wenn der comes Orientis sich aus einem zeitweiligen Sendling des Kaisers als einziger unter den comites provinciarum zum ständigen Beamten ausgebildet hat, so mag dies seinen Grund darin haben, dass der Arianische Streit hier immer zu neuen Wirren Anlass gab, und so gerade in dieser Dioecese die Anwesenheit eines kaiserlichen Stellvertreters mit grösserer Autorität, als die ordentlichen Beamten sie besassen, dauernd unentbehrlich schien.

Während die comites provinciarum unter Constantin noch ihren ausserordentlichen Charakter behalten, werden am Hofe die Competenzen der einzelnen Comites bald fest geordnet. Zunächst wird auch für sie die Scheidung in militärische und civile Ämter durchgeführt und in jeder der beiden Abteilungen vier Männer als die vornehmsten an die Spitze gestellt. Bei den Militärs sind dies:

der comes et magister equitum,
der comes et magister peditum,
der comes domesticorum equitum,
der comes domesticorum peditum;

bei den Civilcomites:

der comes et quaestor (Dessau 1255. Cod. Theod. I 1, 6 § 2. 8, 2. Nov. Theod. I 7),
der comes et magister officiorum (Cod. Theod. I 8, 3. 9, 1. VI 29, 10. 33, 1. VII 8, 15. VIII 5, 8. IX 38, 11. Cod. Iust. I 31. 3), [633]
der comes sacrarum largitionum,
der comes rerum privatarum.

Diese letzten vier werden manchmal unter dem Namen comites consistoriani zusammengefasst (Cod. Theod. VII 8, 3; vgl. VI 30, 1. 4. IX 14, 3 pr.), ein Zeichen dafür, dass bei ihnen die Zugehörigkeit zum Rate des Kaisers, d. h. die Qualität des C., das Ursprüngliche ist und die Erteilung einer bestimmten Competenz das Secundäre. Eine Ausnahme macht nur der magister officiorum, der, wie der tribunus stabuli später zum comes stabuli wurde (s. Comes sacri stabuli), so zuerst als tribunus et magister officiorum erscheint (Cod. Theod. XVI 10, 1 vom J. 320) und dann den Titel eines comes consistorianus erhielt. Dagegen heisst der comes rerum privatarum noch 340 in der Überschrift einer Verordnung nur comes schlechthin (Cod. Theod. XII 1, 30); erst seit 342 ist sein voller Titel in offiziellen Urkunden nachweisbar (Cod. Theod. X 10, 6. 7). Doch haben die Ämter selbst schon lange vorher bestanden.

Wie Zosim. II 33, 3 bezeugt, hat Constantin der Grosse das Magisterium militum geschaffen, wahrscheinlich im J. 318, gleich nach der Ernennung seiner Caesares (Seeck Rh. Mus. XLIX 210). Nun sind aber jene militärischen C. den civilen sowohl in der Vierzahl als auch in der Formulierung ihrer Titel so ähnlich, dass man schon deshalb ihre Entstehung für gleichzeitig wird halten müssen. Und thatsächlich erscheint schon 319 ein Mann, den Constantin zwar nur allgemein vir perfectissimus comes et amicus noster nennt, der aber nach dem, was von ihm ausgesagt wird, die Functionen eines comes rerum privatarum erfüllt haben muss (Cod. Theod. X 8, 2). Endlich ist ein Mann um 325 im Amte gewesen, der sich bald comes dominorum nostrorum Augusti et Caesarum nennt (Dessau 1223), bald comes Flavialis (Dessau 1224), bald comes intra palatium et vice sacra iudicans (Dessau 1225). Wahrscheinlich ist dies der spätere Quaestor, dessen Hauptaufgabe ja das vice sacra iudicare, d. h. die Ausübung der kaiserlichen Appellationsgerichtsbarkeit, war. Die Titel, unter denen wir sie aus der Folgezeit kennen, waren zwar damals noch nicht officiell, wurden aber in der Sprache des täglichen Lebens gewiss schon gebraucht und sind ihnen wahrscheinlich von Constantin selbst beigelegt.

Auch sonst wurden C. mit den mannigfachsten Aufgaben betraut, für die überhaupt ein neues Amt erforderlich schien. Vgl. Comes domorum, Comes rei militaris (unten Nr. 27. 77).

Die dritte Periode charakterisiert sich äusserlich dadurch, dass in der Titulatur der C. der Zusatz Augusti et Caesarum verschwindet. Bezeichnenderweise hat ihn Lollianus in seiner frühesten Inschrift (Dessau 1223), lässt ihn aber in den späteren weg (Dessau 1224. 1225). Man nennt sich jetzt comes schlechthin, oder man fügt eine nähere Bestimmung, wie ordinis primi, intra palatium u. dgl. mehr hinzu, nicht aber den Genitiv des Kaisertitels. Das älteste Beispiel eines C.-Titels ohne jeden Zusatz bietet L. Nonius Verus, der noch vor dem Tode des Crispus, d. h. vor 326, Corrector Apuliae et Calabriae war (CIL IX 1115. 1116) und etwas später C. wurde (Dessau 1218; [634] vgl. 709). Vielleicht hängt diese Neuerung damit zusammen, dass im J. 325 Constantin und seine Caesaren das Diadem annahmen (Seeck Zeitschr. f. Numismatik XXI 27). Mit der Steigerung der Kaiserwürde, die hierin ihren Ausdruck fand, mochte es unverträglich scheinen, noch von privaten ,Genossen‘ des Herrschers zu reden. Der C.-Titel hatte sich zwar schon zu sehr eingebürgert, um ihn ganz wieder abzuschaffen, doch meinte man das Unangemessene desselben zu mildern, indem man seine Verbindung mit dem Kaisertitel aufgab. Gleich nach dem Tode Constantins des Grossen begegnet uns zwar wieder ein comes Augustorum (Dessau 1230); vielleicht hatte Constantin II. noch einmal auf die alte Form der Comitiva zurückgegriffen. Doch nach seinem frühen Ende muss diese Absicht wieder aufgegeben sein; jedenfalls kommt Ähnliches später nicht mehr vor.

Diese Herabdrückung des C.-Titels mochte auch durch die gar zu grosse Freigiebigkeit mitbedingt sein, mit der ihn der gutmütige Kaiser nach der Besiegung des Licinius (324) zu verteilen begann (Euseb. vit. Const. IV 1). Es bildete sich so in dieser dritten Periode eine Comitiva aus, die keine Vertrauensstellung bei Hofe bedeutete, sondern zudringlichen Petenten nur noch als leerer Titel verliehen wurde (s. Codicilli Nr. 5). Ihr Unterschied von den wirklichen Hofbeamten bestand aber darin, dass sie nicht erst C., sondern sogleich ex comitibus wurden, d. h. sie bekleideten kein Amt, sondern erhielten nur Titel und Würde, als ob sie das Amt früher bekleidet hätten (Brambach CIRh 549. Cod. Theod. XII 1, 41. 75. 109. CIL III 1987. 4742. VIII 9255. X 1680. 4755. XI 830. Ephem. epigr. V p. 631; ἀπὸ κομίτων CIA III 635). Auch lässt sich der C.-Titel mit jedem beliebigen Amte verbinden, in der Art, dass er dem Inhaber desselben noch besonders verliehen wird (Cod. Theod. VI 13–17. 20. 21; comes et mechanicus Symm. epist. V 76, 1; rel. 25, 1. 3. 26, 1), ja manchen Ämtern pflegt er so regelmässig hinzugefügt zu werden, dass dadurch z. B. der tribunus stabuli dauernd zum comes stabuli wird (s. Comes sacri stabuli, u. Nr. 88). Nur die Praefecti praetorio und urbis verschonte man mit dieser Ehre, weil ihre Ämter schon an sich zu vornehm waren, um durch Dazutreten eines fremden Titels eine Steigerung erfahren zu können. Dieser galt, mit einem niedrigeren Amte vereinigt, zwar als Ehre und Schmuck (Cod. Theod. VI 15), veränderte aber die Functionen desselben in keiner Weise, ja anfangs erhöhte er nicht einmal seinen Rang. Die Comites rei militaris der Notitia dignitatum sind nichts anderes als Duces, denen der C.-Titel gewährt ist. Gleichwohl sind sie den Vicarii nachgestellt, die den Duces im Range gleichstehen (Cod. Theod. VI 16) und ihnen nur deshalb vorangesetzt werden, weil es das allgemeine Princip der Notitia ist, die civilen Ämter vor den militärischen gleicher Würde aufzuzählen. Die Duces mit und ohne C.-Titel bilden also gemeinsam mit den Vicarii eine unterschiedslose Rangclasse. Erst Theodosius II. räumt der Comitiva einen gewissen Einfluss auf den Rang ein, aber auch das nur, wenn sie primi ordinis ist (Cod. Theod. VI 13. 14, 3. 15–17. 20).

Denn als Constantin der Grosse durch seine gar zu reichliche Verleihung der Comitiva ihren Wert so sehr herabgedrückt hatte, fühlte er selbst [635] das Bedürfnis, zwischen den vornehmeren und den geringeren Comites irgend eine Unterscheidung herbeizuführen. Er schuf daher in dieser letzten Periode eine comitiva primi, secundi und tertii ordinis (Euseb. vit. Const. IV 1. Cod. Theod. XII 1, 26. 127. 189. VI 26, 17 § 1. Dessau 1228. 1231. 1232. 1237. 1238. 1243. 1244. 1253. 1255. 1275. 1284. 2946. CIL VI 1791. IX 1563 u. sonst), die sich in den Quellen zuerst um 330 nachweisen lässt (Dessau 1227. 1240). Wie der Kaiser seine Neuerungen überhaupt gerne an vergessene Institutionen des römischen Altertums anknüpfte, so mag auch in diesem Falle eine Erinnerung an jene drei Classen von amici, die Sueton (Tib. 46) im Gefolge des Tiberius erwähnt, von Einfluss gewesen sein, ja es ist nicht unmöglich, dass Constantin, der ja viel zu lesen pflegte, sich direct aus dem Sueton sein Vorbild entnommen hat.

Einstweilen blieben freilich alle C., auch wenn sie den niedrigeren Rangclassen angehörten, noch sehr ansehnliche Leute. Innerhalb des Consistoriums scheinen anfangs nur die vier grossen Würdenträger, der Quaestor, der Magister officiorum, der comes sacrarum largitionum und der comes rerum privatarum den primus ordo gebildet zu haben. Symmachus wurde noch im J. 369 nur mit der comitiva ordinis tertii in den Kronrat aufgenommen, obgleich er schon vorher die Correctura Lucaniae et Brittiorum bekleidet hatte. Doch später sinkt die Würde immer mehr in ihrem Werte. Im 5. Jhdt. sind schon alle Consistoriani comites ordinis primi (s. Comes consistorianus. u. Nr. 19) und 436 wird dieser Rang sogar den Decurionen grosser Städte erteilt, nachdem sie ihre municipalen Pflichten erfüllt haben (Cod. Theod. XII 1. 189), und ebenso den principes officii der verschiedenen Statthalter, wenn sie ihr Amt niederlegen (Cassiod. var. II 28). Comites dieser Art erscheinen CIL V 1658. 6176. VIII 5353. 8653. X 4500. 7123 und sonst.

Auch der leere C.-Titel ohne jede amtliche Befugnis erhielt dadurch einen hohen Wert, dass er von den municipalen Leistungen befreite, was ihm übrigens mit den meisten von Constantin geschaffenen Titularwürden gemein war. Da nun sehr viele bemüht waren, die Last des Decurionates abzuschütteln, wurde dazu die Gutmütigkeit des Kaisers im weitesten Umfange ausgenutzt. Durch Bestechung seiner Hofbeamten gelangte man leicht zu einem Titelchen, und das Überhandnehmen der Befreiungen machte die municipalen Pflichten nur um so schwerer für diejenigen, die sich keine solche Vergünstigung hatten erschleichen oder erkaufen können, also gerade für die Ärmsten und Bedürftigsten. Schon Constantin selbst sah sich daher veranlasst, wenigstens die Erblichkeit jener Immunität für seine Comites und eine Reihe anderer Würdenträger auszuschliessen (Cod. Theod. XII 1, 14), und als seine Söhne zur Regierung gelangten, war es eine ihrer ersten Massregeln, dass sie alle jene unverdienten Ehren, die ihr Vater so freigebig ausgeteilt hatte, jeder Wirkung auf die municipalen Verpflichtungen entkleideten (Cod. Theod. XII 1, 24–27). Anfangs liessen sie die leeren Titel noch bestehen (Cod. Theod. XII 1, 41); später wurden auch diese für ungültig erklärt, wenn sie irgendwie erschlichen und nicht durch ein nachweisbares Verdienst erworben [636] waren (Cod. Theod. XII 1, 44). Denn auf das Princip, dass die Comitiva über den Decurionenstand erhebe, wollte man nicht ganz verzichten, obgleich es schon vielfach durchbrochen war (Cod. Theod. VI 14, 2). So wird es denn schon unter den Söhnen Constantins üblich, dass denjenigen, welche alle Ämter ihrer Curie glücklich hinter sich haben, zum Schlusse als Zeichen ihrer Befreiung der Titel ex comitibus verliehen wird (erstes Beispiel vom J. 352 Brambach CIRh 549), und Valentinian I. erhob dies zum Gesetz (Cod. Theod. XII 1, 75; vgl. 109. 127. 150. 189). Dasselbe Vorrecht wird dann auch auf die Angehörigen anderer Corporationen, denen die Erfüllung bestimmter staatlicher Pflichten aufgelegt ist, im J. 417 ausgedehnt (Cod. Theod. XIV 4, 9. 10 § 2). Diese Art von ex comitibus gehören anfangs alle dem tertius ordo an (Cod. Theod. XII 1, 127. XIV 4, 9. 10 § 2), später werden sie, wenn auch vielleicht nur in Grossstädten wie Alexandria, in den primus ordo erhoben (Cod. Theod. XII 1, 189). Sie dürfen alle beanspruchen, von dem Statthalter der Provinz in seinem Secretarium mit einem Kuss empfangen zu werden und neben ihm Platz zu nehmen (Cod. Theod. XII 1, 109. Ephem. epigr. V p. 631).

Auf diese Weise war ein Amtstitel, den Constantin erneuert hatte, um die einflussreichsten Berater der Krone zu bezeichnen, schon während seiner eigenen Regierung völlig auf den Hund gekommen, und wenige Jahre später wird er zur reinen Quittung, um die Ableistung der Decurionenpflichten zu bescheinigen. Doch wird darum seine alte Bedeutung nicht ganz vergessen. Noch am Ende des 4. Jhdts. kommt es vor, dass der allmächtige Kaisermacher Arbogast sich einfach C. nennt, ohne einen Grad oder eine Competenz hinzuzufügen (Dessau 790). Wie unter dem ersten Augustus die C. seiner Prinzen zugleich deren rectores et moderatores waren, so weiss in dieser Spätzeit der Lenker des ganzen Staates für sich keinen passenderen Titel zu finden, als den eines ,Genossen‘ des Kaisers. So hat der Titel seinen Inhalt fortwährend gewechselt, um am Ende ebenso schillernd und unbestimmt zu werden, wie er es am Anfang gewesen war.

Mommsen Herm. IV 120; Meniorie dell’ Instituto II 303; Ephem. epigr. V p. 634. H. F. Hitzig Die Assessoren der römischen Magistrate und Richter, München 1893, 25. Grossi-Gondi bei Ruggiero Dizionario epigrafico II 468.

Wir schliessen in alphabetischer Reibenfolge die Liste der bezeugten, durch Sondernamen unterschiedenen Comites an:

Anmerkungen (Wikisource)

Liste der verzeichneten Comites:

01 Comes Aegypti
02 Comes aerarii
03 Comes Africae
04 Comites Alani
05 Comes Arcadiaci
06 Comes archiatrorum
07 Comes Argentoratensis
08 Comes Armeniae
09 Comes Asiae
10 Comes Augustorum
11 Comes auri
12 Comes Britanniarum
13 Comites Bucellarii
14 Comites catafractarii
15 Comes civitatis
16 Comites clibanarii
17 Comes Comensis
18 Comes commerciorum
19 Comes consistorianus
20 Comes Dalmatiarum et Saviae
21 Comes dioeceseos Asianae
22 Comes dispositionum
23 Comites diversarum civitatum
24 Comes divinarum domorum
25 Comes domesticorum
26 Comes domesticus ordinis primi
27 Comes domorum oder divinarum domorum
28 Comes Comes et curator rei publicae
29 Comes et praeses
30 Comes fabricarum
31 Comes Faventinus
32 Comes Flavialis
33 Comes formarum
34 Comes Galatiae primae
35 Comites Gallicanorum
36 Comes Germaniarum
37 Comes Gildoniaci patrimonii
38 Comes Gothorum
39 Comes Hispaniarum
40 Comites Honoriaci
41 Comes Illyrici
42 Comes insulae Curitanae et Celsinae
43 Comes intra consistorium
44 Comes intra palatium
45 Comes Isauriae
46 Comes Italiae
47 Comites Italicianorum
48 Comites iuniores
49 Comes Iustinianus Armeniae tertiae
50 Comes largitionum
51 Comes largitionum privatarum
52 Comes largitionum sacrarum
53 Comes limitis Aegypti
54 Comes litoris Saxonici per Britanniam
55 Comes Lycaoniae
56 Comes Macedoniae
57 Comes maritimi tractus
58 Comes Massisliensis
59 Comes Mauretaniae Caesariensis
60 Comes Mauretaniae Tingitanae
61 Comes metallorum per Illyricum
62 Comes Neapolitanus
63 Comes ordinis primi, secundi, tertii
64 Comes Orientis
65 Comes Pamphyliae
66 Comes Pannoniae Sirmiensis
67 Comes patrimonii
68 Comes per Africam
69 Comes Phrygiae Pacatianae
70 Comes Pisidiae
71 Comes Ponticae dioeceseos
72 Comes portus urbis Romae
73 Comes primi ordinis
74 Comes privatarum
75 Comes provinciae
76 Comes Ravennas
77 Comes rei militaris
78 Comes remunerationum
79 Comes rerum privatarum
80 Comes Ripae
81 Comes riparum et alvei Tiberis et cloacarum
82 Comes Romanus
83 Comes sacrae vestis
84 Comes sacrarum largitionum
85 Comes sacri aerarii
86 Comes sacri consistorii
87 Comes sacri patrimonii
88 Comes sacri stabuli
89 Comites sagittarii
90 Comes scholae
91 Comes secundi ordinis
92 Comites seniores
93 Comes siliquatariorum
94 Comes stabuli
95 Comes Syracusanus
96 Comites Taifali
97 Comes tertii ordinis
98 Comes thesaurorum
99 Comes Ticinensis
100 Comites Tingitaniae
101 Comes titulorum largitionalium
102 Comes Tripolitanae
103 Κόμης τοῦ ὑψηλοῦ βήματος
104 Comes vestiarii