RE:Donatio

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Unentgeltliche Zuwendung eines Vorteils, Schenkung als jurist. t.t.
Band V,2 (1905) S. 1533 (IA)–1540 (IA)
Donatio in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register V,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|V,2|1533|1540|Donatio|[[REAutor]]|RE:Donatio}}        

Donatio im weiteren nicht juristischen Sinne ist jede Freigebigkeit (causa lucrativa), d. h. jede unentgeltliche Zuwendung eines Vorteils. Selbst für diesen Begriff zu weit ist die Definition des Papinianus Dig. L 17, 82 donari videtur quod nullo iure cogente conceditur (das Zugeständnis eines entgeltlichen Geschäftsabschlusses ist nicht D.). Auf diesen umfassenden Begriff greifen auch die Juristen immer wieder gelegentlich zurück, obgleich es Rechtsvorschriften, die sich auf seinen vollen Umfang beziehen, nicht giebt. Neben dieser weiteren Bedeutung wird aber das Wort D. auch im engeren Sinne als die ‚nach Rechtssatz erhebliche Schenkung‘ gebraucht. Diese Erheblichkeit hängt mit der socialen Natur der Geschäfte zusammen (vgl. Dernburg Pand. II6 289 § 106 Anm. 4). Das römische Recht hat in einer Reihe von Sätzen dem Gedanken Ausdruck gegeben, dass die D. einerseits für das Gemeinwohl erheblich an Wert hinter den Austauschgeschäften zurücksteht und andererseits leicht ein Mittel zu habgierigen Ausbeutungen werden kann, ja sogar sehr häufig eine betrügerische Simulation in sich schliesst, vgl. Constantinus Cod. Iust. VIII 53, 27 si quidem clandestinis ac domesticis fraudibus facile quidvis pro negotii opportunitate confingi potest vel id quod vere gestum est aboleri, vgl. auch Vat. frg. 257. 270. 281. Cassiod. var. IX 18, 8. Hierauf beruht eine Reihe von Vorschriften, die eine gewisse Ungunst gegen die D. zeigen, aber nicht durchweg den Begriff D. in dem genannten weiteren Sinne auffassen. Im übrigen liegt das Wort D. einer jeden Sondervorschrift gerade in demjenigen Sinne zu Grunde, der sich aus ihrer Eigenart und ihrem Zwecke ergiebt, so dass die Aufgabe, einen einheitlichen Begriff der rechtserheblichen Schenkung aufzustellen, von vornherein unlösbar war und zu unfruchtbaren Streitigkeiten führte (vgl. gegen diesen Missgriff vornehmlich H. Burckhard Zum Begriff der Schenkung. Würzburger Festgabe für Bekker, Erlangen 1899). Nach folgenden Richtungen erweckte der Umfang der D. in dem engern, fälschlich für einheitlich gehaltenen Sinne Zweifel. Eine Annahme der Schenkung ist von Ulpian erfordert in Dig. XXIV 1, 5, 16 non potest liberalitas nolenti adquiri, vgl. auch Cic. Top. 37. Trotzdem heissen nicht blos im uneigentlichen Sinne die legata donationes (Dig. XXXI 36), sondern wir müssen sogar annehmen, dass bei dem Verbote der liberalitates, denen die Verwalter fremden Vermögens unterlagen, auch solche Acte getroffen werden sollten, welchen der Begünstigte nicht zuzustimmen brauchte, z. Β. Schenkungen an einen fremden Sclaven, Bezahlung fremder Schulden hinter dem Rücken des Verpflichteten und dgl. (vgl. Puchta-Krüger Institutionen II § 205 Anm. g. p). In der Regel wird freilich im römischen Rechte eine vereinbarte Unentgeltlichkeit für jede Schenkung verlangt, vgl. namentlich H. Burckhardt a. a. O. 145 und Über Schenkungsannahme, Würzburg 1892 (Festgabe für Jhering). Auch die Zurechnung der auflösend bedingten Schenkungen zu dem Schenkungsbegriffe war zweifelhaft. Iulianus (Dig. XXXIX 5, 1 § 1) vertrat die Ansicht, dass im eigentlichen Sinne (proprie) nur die endgültige Schenkung eine D. sei (nec unquam ullo facto ad [1534] se reverti velit), ohne im übrigen die Möglichkeit einer d., quae sub condicione solvatur, verneinen zu wollen, vgl. auch Dig. XLIII 26, 1, 2. Diese Ausführung wollte darauf hindeuten, dass die D. mortis causa (s. u.) nicht in jeder Hinsicht dem Rechte der D. unterstand. Ferner bezog sich der Begriff der D. bei der Ungültigkeit der Schenkungen unter Gatten im Gegensatze zu der uneigentlichen weiteren Redeweise, die auch eine D. der Freiheit und der Civität kannte, Gai. I 94. III 20, vgl. auch CIL I 1166[1], nur auf solche D., die den einen Teil ärmer machten und den andern bereicherten. Ulp. Dig. XXIV 1, 5, 16. Ob dies jedoch bei allen Vorschriften über D. galt, ist mindestens zweifelhaft (vgl. Puchta-Krüger a. a. O. Anm. g, auch Burckhard a. a. O. 127, der darauf aufmerksam macht, dass der Begriff der D. immer ausgeschlossen ist, wenn das angebliche Geschenk eine Gegenleistung im voraus bezahlen soll, und zwar auch dann, wenn die Gegenleistung ohne Geldwert ist). Ein Schwanken des Sprachgebrauchs hinsichtlich der D. liegt auch in der Fassung der Regel, dass die Preisgabe eines Erwerbes, z. B. die Erbschaftsausschlagung, zu Gunsten eines andern, in der Regel nicht dem Sonderrechte der D. unterlag. Dies wird bei Erörterung der alienationes in fraudem creditorum dahin ausgedrückt, dass ein solches Geschäft überhaupt keine D. sei (vgl. Dig. XLII 8, 6, 2), während es in anderem Zusammenhange (Dig. XXIV 1, 5 § 13. 14) bei der Erörterung der Ungültig, keit von Schenkungen unter Gatten zwar D. genannt: wird, aber eine solche D., die dem in Frage stehemden Rechtssatze über D. ausnahmsweise nicht unterstehen könne. Es ist dies ein scheinbarer Widerspruch, der im Hinblick auf den allgemeinen unjuristischen Begriff der D. nicht verwunderlich ist.

Der engere Begriff der rechtserheblichen D. war daher elastisch und durch feste Merkmale einheitlich nicht geregelt. Die wichtigsten Sondervorschriften, die sich auf ihn beziehen, sind: 1. Die Unzulässigkeit von Schenkungen aus einem zur Verwaltung anvertrauten fremden Vermögen, Dig. XXVI 7, 46, 7. XXXIX 5, 7 pr. § 1. 2. 3. II 14, 28, 2.

2. Die Erschwerung der Schenkungen durch besondere Bedingungen der Gültigkeit scheint ursprünglich nicht nötig gewesen zu sein, weil uns für die ältere Zeit eine allgemeine Abneigung der Römer gegen Schenkungen bezeugt ist, die mit ihrem Sinne für parsimonia zusammenhing, Polyb. XXXII 18. Cic. de off. II 52ff.; de republ. IV 7. Serv. Aen. VI 611. Diese Abneigung wurde durch die üblichen Geschenke bei bestimmten Gelegenheiten, namentlich an gewissen Festtagen, zunächst wohl nur wenig Beeinträchtigt. In Bezug darauf, dass gewisse Schenkungen durch die Sitte üblich wurden, unterschied man eine derartige Gabe als munus von dem donum (s. Karlowa Röm. Rechtsgesch. II 585). Diese Abneigung der älteren Römer gegen alle Freigebigkeiten entsprach durchaus der einfachen Lebensweise der Naturalwirtschaft, bei deren Geltung man es für eine Pflicht hielt, Hab und Gut möglichst zum Besten der Familie zusammenzuhalten. Der Luxus der späteren Zeit nach den punischen Kriegen, das Streben nach einflussreichen [1535] Freunden im politischen Leben wie im Geschäftsbetriebe und nach einer glänzenden gesellschaftlichen Stellung wurden dagegen zu den Hauptursachen einer späterhin vielfach beklagten Verschwendungssucht. Als Gegengewicht gegen sie ist die Lex Cincia aufzufassen, ein Volksbeschluss, der im J. 204 v. Chr. von dem Volkstribun M. Cincius Alimentus zur Annahme gebracht wurde, und dessen Bedeutung erst durch die Entdeckung der Fragmenta Vaticana eine Aufklärung erfahren hat (Bruns Quid conferant Vaticana fragmenta ad melius cognoscendum ius Romanum, Tubing. 1838). Er verbot den advocati unbedingt die Annahme eines Honorars (Tac. ann. XI 5. XIII 42. XV 20. Cass. Dio LIV 18) und richtete sich im übrigen gegen Schenkungen über ein gewisses Mass, dessen Höhe nur vermutungsweise festgestellt werden kann (vgl. hierüber die bei Rein Privatr. und Civilprocess der Römer 1858, 73 angeführte Litteratur, insbesondere auch Puchta-Krüger Institutionen10 95); ausgenommen waren Schenkungen an einige ausdrücklich bezeichnete (frg. Vat. 298ff.) nächste Angehörige (sog. personae exceptae), also Beschenkte, bei denen die Gabe ‚in der Freundschaft‘ des Gebers blieb (Danz Lehrb. d. Gesch. d. röm. Rechts II 72), vgl. Verg. Aen. VI 611 nec partem posuere suis und dazu Serv. haec enim fuerat apud maiores donandi ratio, non profusa passim. Die übermässigen Schenkungen an personae non exceptae wurden aber nicht ohne weiteres für nichtig erklärt. Vielmehr rechnet man die lex Cincia zu den Gesetzen, die nach einer Vermutung des Cujacius über Ulp. I 1 (s. Rein a. a. O.) leges imperfectae heissen. Jedenfalls wandte sie sich an den Magistrat, der ihren Inhalt bei Gelegenheit der Rechtspflege verwirklichen sollte, so dass man die Art, in der sie gehandhabt wurde, mit Recht nicht sowohl auf den Gesetzestext zurückführt, als vielmehr auf die römische Gerichtspraxis (vgl. Karlowa a. a. O. 586. Jörs in Birkmeyers Encyklopädie d. Rechtswiss., Berlin 1901 I 143). Eine Reihe von Entscheidungen, die von den Erfordernissen einer D. reden, macht zweifelhaft, ob sie durchweg den Begriff der d. perfecta lediglich für personae non exceptae und mit Rücksicht auf das in der lex Cincia verbotene Übermass feststellen wollten, zumal auf diese lex nur in einigen Stellen (frg. Vat. 266. 293. 294. 298–312) Bezug genommen ist, andere aber ganz allgemein reden, als ob sie auch für donationes infra modum legis Cinciae und übermässige Gaben an personae exceptae den Abschluss der Schenkungen zu erschweren suchten. Vielfach nimmt man (vgl. namentlich Puchta-Krüger Institutionen10 II 58) an, dass die lex Cincia ‚zwei Gründe neben einander aufgestellt habe, aus denen eine Schenkung unter nicht ausgenommenen Personen imperfect und widerruflich sein‘ konnte, Übermass und Unvollkommenheit der Form. Allein nur bei einem Teile der Entscheidungen, die an das Schenkungsgeschäft strengere Gültigkeitserfordernisse stellen, als an andere Parteiacte derselben Art, ist eine Beschränkung auf die übermässigen Schenkungen und die personae non exceptae sicher bezeugt. So ist z. Β. von der Unzulänglichkeit des Schenkungsversprechens ohne Stipulationsform Vat. frg. 263. 266 a und 268 bei Zuwendungen [1536] die Rede, die an personae exceptae gerichtet waren und deren Übermass nicht erwähnt wird (vgl. auch Cod. VIII 53 [54], 28. 29). Damit hängt auch wohl frg. Vat. 283 zusammen, später geändert im Cod. Iust. VIII 54 (55), 2, vgl. dazu Dernburg Pandekten10 Ι 266 § 114 Anm. 16. Dahingestellt muss bleiben, ob auch dieser Gedanke ursprünglich von der lex Cincia angeregt war oder, was weit wahrscheinlicher ist, auf einer von ihr unabhängigen iurisdictio beruhte, die höchstens in der sie hervortreibenden Erwägung mit der ratio legis Cinciae zusammenhing. Zu den Rechtsmitteln, die sichtbarlich im Dienste der lex Cincia standen, gehörte vornehmlich die exceptio legis Cinciae oder in factum (Dig. XXXIX 5, 24. Vat. frg. 310), die ein Schenkungsversprechen entkräftete, auch wenn es in Stipulationsform vorlag; ohne diese Form war es vor Iustinian ipso iure, also auch sine auxilio praetoris nichtig; eine angebliche Ausnahme Cod. Theod. VIII 12, 4. Frg. Vat. 314 bezog sich nicht auf Versprechen, sondern auf unmittelbare Eigentumsübertragungen, vgl. auch Vat. frg. 266 a 268. Der lex Cincia zu Liebe verlangte ferner der Praetor bei Grundstücken, die in Italien lagen und deshalb res mancipi waren (s. Mancipatio), die civilrechtliche Veräusserungsform der mancipatio, sofern nicht eine persona excepta beschenkt war, während er sich bei dem Verkaufe ausseritalischer Ländereien mit einer blossen traditio begnügte (frg. Vat. 293). Dies geschah offenbar, damit nicht die vom praetorischen Rechte geschaffene Verkehrserleichterung für res mancipi den Schenkungen contra legem Cinciam zu gute käme. Es scheinen sich hiernach die förmlichen Mancipationen bei Schenkungen länger erhalten zu haben, als bei Verkäufen. Beispiele von mancipationes donandi causa siehe in Bruns Fontes6 294ff., vgl. auch Orelli 4421 (= CIL VI 20061[2]). 4425. 4388, sowie Plin. ep. ad Trai. 3. Ebenso wie der Praetor es vermied, die Veräusserungsform einer res mancipi zu erleichtern, falls sie mit der lex Cincia in Widerspruch stand, ebenso verschärfte er sogar diese Form im gleichen Falle. Die blosse mancipatio zum Schenkungszwecke hielt er nicht für genügend. Vielmehr mussten, soweit nicht exceptae personae beschenkt wurden, mancipatio und traditio zusammenkommen, damit die D. perfect würde, Vat. frg. 310. Bei Provincialgrundstücken genügte die Übergabe, weil bei ihnen eine mancipatio überhaupt nicht zur Veräusserung erforderlich war, Vat. frg. 259. 293. Bei beweglichen res mancipi galt dasselbe, wie bei den italischen Grundstücken, bei anderen beweglichen Sachen dasselbe, wie bei dem Provinciallande. Nur erschwerte der Praetor bei beiden die Schenkung durch ein besonderes Erfordernis, wahrscheinlich, weil bei ihnen die Gefahr einer vorschnellen Weggabe besonders gross scheinen mochte. Er gewährte hier dem Geber eine Art von Widerrufsrecht binnen sechs Monaten, indem er dem Schenker das interdictum utrubi gab, das er eigentlich zum Schutze gegen Besitzstörungen aufgestellt hatte und nach welchem derjenige siegte, qui maiore parte eius anni nec vi nec clam nec precario ab adversario possidebat, Inst. IV 15, 4. Vat. frg. 311. War die Schenkung gegen die lex Cincia dadurch erfolgt, [1537] dass ein Schuldner des Schenkers dem Beschenkten überwiesen war (s. Delegatio), so hatte der Geber eine condictio; war noch nicht gezahlt, so konnte er das Geschäft, insoweit es übermässig war, anfechten, Dig. XXXIX 5, 21, 1. Alle Mängel des Geschäftes aus einem Verstosse wider die lex Cincia wurden durch den Tod des Gebers geheilt, morte Cincia removetur, Vat. frg. 259. 266.

Das ganze System der lex Cincia hängt, wie wir sehen, auf das engste damit zusammen, dass die Magistrate durch Gewährung von Einreden oder von Anfechtungsklagen für die Entkräftung der Schenkungsgeschäfte sorgten, ehe eine auf sie gegründete Klage an den iudex kam. Da jedoch im spätrömischen Rechte das Verfahren nicht mehr zunächst an den Magistrat und sodann an den iudex gelangte, sondern von Anfang bis zum Ende bei dem magistratus verblieb, so passte das ganze System der lex Cincia schlecht zu dem spätrömischen Processe, zumal die oströmische Gesetzgebung die Frage der Gültigkeit des Geschäftes lieber von genauen Gesetzesvorschriften, als von dem freien Belieben der Obrigkeit abhängig machte. Daraus ist wohl zu erklären, warum der Kaiser die Erklärung der Schenkungsgeschäfte vor Gericht, die schon früher, wie es scheint, des Beweises halber üblich gewesen war (Vat. frg. 266. 268) bei Schenkungen von grösserem Betrage zum Gültigkeitserfordernisse machte, Vat. frg. 249. Cod. Theod. VIII 12, 1. 3. III 5, 1. Cassiod. var. IX 15. Cod. Iust. VIII 53 (54), 25. Iustinian knüpfte schliesslich das Erfordernis der gerichtlichen Schenkungen an den Betrag von mehr als 500 Solidi (Cod. Iust. VIII 53 [54], 36 § 3), einen Betrag, dessen Bewertung im deutschen Gelde der Gegenwart in verschiedener Weise berechnet worden ist, ursprünglich auf 4200 Mark, später auf 4666⅔ Mark, neuerdings auf 6345 Mark (Jörs a. a. O. 144; Litteratur s. bei Kipp-Windscheid8 II § 367 Anm. 2; über die Ähnlichkeit des Zweckes der lex Cincia und der späteren Formvorschriften vgl. insbesondere Ascoli Sulla legge Cincia, Bulletino dell’ instituto di diritto Romano VI 173ff.).

Mit diesem Erfordernisse der gerichtlichen Insinuation waren die übrigen Erfordernisse der Perfection des Schenkungsgeschäftes, namentlich insoweit sie nach dem Vorstehenden mit der lex Cincia nicht erweislich zusammenhingen, keineswegs beseitigt, doch strebte die spätrömische Gesetzgebung, die den Wohlthätigkeitstrieb, namentlich gegenüber frommen Stiftungen, begünstigte und unter den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen die Verschwendungssucht minder fürchtete, als dies früher geschehen war, dahin, alle derartigen Schranken fallen zu lassen. Eine Reihe kaiserlicher Entscheidungen kehrte sich daher gegen die Neigung, den gültigen Abschluss von Schenkungen selbst da, wo die Erfordernisse des schenkenden Geschäfts vorlagen, anzuzweifeln, Cod. VIII 53 (54), 2. 6. 11, 1. 12. 16. 18, vgl. auch schon Paul. V 11, 5 a. Diese Bewegung führte schliesslich zu der erwähnten Vorschrift Iustinians, die die formlosen Schenkungsversprechen bis zu 500 Solidi für gültig erklärte.

Der grundlose Widerruf vermittelst des interdictum utrubi war im neuesten römischen Rechte unmöglich geworden (Inst. IV 15, 4), dafür haben [1538] sich neue Widerrufsfälle entwickelt: die Rücknahme der Geschenke des kinderlosen Patrons an seine Freigelassenen wegen nachgeborener Kinder, Cod. VIII 55 (56), 8, und das von Iustinian näher geregelte Recht des Widerrufs wegen Undanks des Beschenkten, Cod. VIII 55 (56), 10. Sie betreffen Fälle, in denen die Reue über eine voreilige Gabe besonders nahe lag. Ferner gab es einen Anfechtungsanspruch gegenüber pflichtteilswidrigen Schenkungen, Cod. III 29 de inofficiosis donationibus. Schon in früherer Zeit konnten die geschädigten Gläubiger des Schenkers unentgeltliche Gaben leichter anfechten, als lästige Geschäfte, cum lucrum extorqueatur, non damnum infligatur, Dig. XLII 8, 6, 11. 25 pr. Cod. VII 75, 5.

3. Einer besonderen Ungunst unterwarf das römische Recht die Schenkungen unter Gatten, Dig. XXIV 1. Cod. V 16. Ulp. VII 1. Paul. II 23. Sie waren nichtig, konnten jedoch nach der oratio Antoniniana des Kaisers Caracalla vom J. 206 durch den Tod des Gebers vollkräftig werden, wenn bis dahin kein Widerruf erfolgt war, Dig. XXIV 1, 32 pr. Als Zweck dieses Sonderrechts wird die Absicht erwähnt, den Ausbeutungsgelüsten zwischen Mann und Frau entgegenzutreten. Plut. quaest. Rom. 7. Dig. XXIV 1, 1. 2 (eventurum, ut venalicia essent matrimonia). Die erwähnte oratio hielt dann die Möglichkeit, den überlebenden Gatten durch eine solche Gabe zu versorgen, für wichtiger, als die Gefahr, dass solche Gaben in erbschleicherischer Weise hervorgelockt werden könnten. Aber auch ohne dies betonte die Praxis das Verbot der Schenkungen unter Gatten nicht allzu streng, vgl. Paulus. Dig. XXIV 1, 28, 2 et sane non amare nec tanquam inter infestos ius prohibitae donationis tractandum est, sed ut inter coniunctos maximo affectu et solam inopiam timentes. So finden wir eine Reihe von Fällen, in denen die Schenkungen unter Gatten ausnahmsweise gültig waren, jedenfalls weil man bei ihnen den Gedanken an habgierige Absichten des Empfängers durch die besonderen Umstände für ausgeschlossen hielt. So namentlich Gaben, die ein wohlverständliches Bedürfnis des Beschenkten befriedigten. Dig. XXIV 1, 5 § 8–12 u. 17 frg. 7, 1. frg. 40–43. Dahin gehört wohl auch Vat. frg. 269, vgl. Burckhard Würzburger Festgabe für Dernburg 1900. Die Zeit, in der sich die Nichtigkeit der d. inter virum et uxorem entwickelt hat, ist zweifelhaft, weil die lex Cincia Mann und Frau noch zu den personae exceptae rechnet. Rudorff bezieht dies auf die ausnahmsweise erlaubten Schenkungen unter Ehegatten (Puchta-Krüger Institut.10 II 412 Anm. 6 zu § 294), doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass erst der Sittenverfall am Ende der Republik die Ungültigkeit der d. inter virum et uxorem nach sich gezogen hat.

Vorschriften der Kaiser Iustinus und Iustinianus nahmen die d. propter nuptias von dem allgemeinen Schenkungsverbote aus. Es war dies ein Geschäft, das sich unter griechischen und orientalischen Einflüssen entwickelt hatte (s. Mitteis Reichsrecht u. Volksrecht, Leipz. 1891, 256–312). Diese Gabe sorgte insbesondere für eine solche vermögenslose Gattin, die sich nicht durch eine dem Manne gewährte dos (s. d.) für die Fälle der Scheidung [1539] und des ehemännlichen Todes hatte sicherstellen können. So suchte man denselben Zweck, den die dos als Gabe an den Mann verfolgte, auch durch eine andere Gabe zu erreichen, die von dem Manne selbst ausging, also von ihm oder für ihn geschah. Es bedurfte hiezu zunächst eines Umweges. Der Bräutigam schenkte den Gegenstand der d. propter nuptias als d. ante nuptias der Braut, diese gab dann das Empfangene an den Mann als dos zurück. So entstand die d. ante nuptias in dotem redacta, ein Doppelgeschäft, zusammengesetzt aus Schenkung und Dosbestellung (H. Brunner Die fränkisch-romanische Dos, S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 545ff. Sohm Institut.8·9 451). Die Kaiser Iustin und Iustinian erlaubten die Herstellung dieses Rechtserfolges auch während der Ehe, indem sie die Ungültigkeit der d. inter virum et uxorem für diesen Fall beseitigten, Inst. II 7, 3. Cod. V 3, 19. 20. Auch der Name des Geschäftes sollte sich dieser Erlaubnis anpassen und nicht mehr d. ante nuptias, sondern d. propter nuptias lauten, Inst. II 7, 3. Diese besondere gesetzliche Genehmigung einer solchen Zuwendung gestattet, sie nicht mehr als doppeltes Geschäft aufzufassen, vielmehr können wir in ihm eine Umwandlung des bisherigen Eigentums des Gebers in ein nach den Regeln der dos beschränktes Eigentum des Ehemanns erblicken. Die Gleichartigkeit der Zwecke der dos und derjenigen der d. propter nuptias drängte im spätrömischen Rechte zu einem Parallelismus in der Behandlung beider Institute, ‚gestützt auf die damals schon entwickelte Idee des Christentums, wonach beide Gatten tamquam anima una in carne una in gleicher Weise an der Ehepflicht teilnehmen sollen‘ (Mitteis 308), Cod. V 12, 29. Nov. XXII 20. 32. LXI 1. XCVII. XCVIII 1. CXXVII 3.

4. Die mortis causa d. wurde vor allen andern ausgezeichnet. Es ist dies diejenige D., die in der Erwartung geschieht, dass der Empfänger den Geber überleben werde, Inst. II 7, 1 quae propter mortis fit suspicionem. Dig. XXXIX 6. Cod. VIII 56 (57). Der Zweck des Geschäftes war eine Verfügung für den Todesfall, ebenso wie bei den letztwilligen Bestimmungen, von denen es sich jedoch dadurch unterschied, dass es eine vertragsmässige Zuwendung unter Lebenden in sich schloss (praesens praesenti dat, Dig. XXXIX 6, 38 pr.). Durch diese Zuwendung hätte man sehr leicht die Vorschriften über letztwillige Verfügungen umgehen könnten, wenn nicht die Römer grundsätzlich das Geschäft dem Sonderrechte der legata (s. d.) unterstellt hätten, Inst. II 7,1. Dig. XXXIX 6, 17 (legatorum instar optinent). Das galt namentlich zu Gunsten der Erbschaftsgläubiger, die den von Todeswegen Beschenkten ebenso vorgingen, wie den Vermächtnisnehmern. Der Senat bestimmte sogar ausdrücklich, dass die Erwerbsschranken für Vermächtnisse auch bei den d. mortis causa Platz greifen sollten, Dig. XXXIX 6, 35 pr. Als Unterscheidungsmerkmal der d. inter vivos und mortis causa bezeichnet Marcianus (Dig. XXXIX 6, 27) die Abrede, dass das Geschenkte nullo casu revocetur, weil die d. mortis causa bei dem Tode des Beschenkten an den Geber zurückfällt. Nur dann, wenn die Gabe erst bei dem Tode des Schenkers dem Empfänger zukommen [1540] soll, passt der zu allgemeine Satz des Marcianus (Dig. XXXIX 6, 1 pr., ebenso Inst. II 7, 1): mortis causa donatio est, cum quismagishabere se vult quam eum cui donat magisque eum cui donat quam heredem suum. Ist dagegen das Geschenk schon bei Lebzeiten des Gebers dem Empfänger zugewandt, so ist es zunächst diesem vor jenem gegönnt, und nur für den Fall, dass der Empfänger vor dem Geber stirbt, eher dem Geber zugedacht als dem Erben des Empfängers.

Litteratur. v. Meyerfeld Die Lehre von den Schenkungen nach röm. Recht, Marburg 1835, 1837. Huschke T. Flavii Syntrophi donationis instrumentum ineditum. Vratislav. 1838 (vgl. Bruns Fontes6 296). v. Savigny System des heutigen röm. Rechts IV 1ff. Burckhard Die Stellung der Schenkung im Rechtssystem, Würzburg 1891 (Festgabe für Leist); Zum Begriff der Schenkung 1899 (Festgabe für Bekker); Über Schenkungsannahme (Festgabe für Jhering) 1892; zu Vat. frg. 269, Beitrag zur Lehre von Schenkung und Dos (für das Zusammentreffen beider Begriffe in besonderen Fällen) (in den Festgaben für Dernburg) Würzburg 1900. Bekker Pandekten II 170ff. Pernice M. Antistius Labeo III 87. Karlowa Röm. Rechtsgesch. II 584ff., namentlich über das Sonderrecht der Eviction bei Schenkungen 589ff. und über die D. mortis causa 944ff. Puchta-Krüger Institutionen10 II 49ff. § 205ff. v. Czyhlarz Institutionen⁴ 209. 264. 388. Sohm Institutionen8·9 207. 450. 550. R. Leonhard Institutionen 317ff. 358. 468. Dernburg Pand.6 II 288ff. Windscheid-Kipp Pand.8 II 505ff. §§ 365ff. III 43 § 508. III 376 § 586 und die dort Angeführten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum I, 1166
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 20061