RE:Eirinon

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Bucht im Osten des Indosdeltas
Band V,2 (1905) S. 21362137
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Eirinon (Anonym. peripl. maris Erythr. 40), die merkwürdige Bucht von Ren oder Rin (verkürzt aus E.!) im Osten des Indosdeltas, die durch die große Insel Cutch fast ganz vom Meere abgetrennt, nur durch zwei flußartige Zugänge mit diesem in Verbindung steht; hierauf bezieht sich die ihr vom Anonymus gegebene Bezeichnung ἀθεώρητος, d. h. ,vom Meere aus nicht sichtbar‘. Sie ist so seicht, daß sie unter den Einwirkungen von Flut und Ebbe ihr Aussehen stetig verändert und zeitweise zum Teil trocken gelegt, zum Teil in einen Sumpf verwandelt wird. Der Anonymus schildert diesen Einfluß der Gezeiten und die daraus für die Schiffahrt entspringenden Gefahren sehr anschaulich: ,die Bucht sei heimgesucht von schnellen, zusammenhängenden, weithinreichenden Wirbeln (das sind die Flutwellen), und Schiffe, die zu weit in den Sund eingefahren seien, wenn man das Land nicht sieht (d. h. zur Zeit der Flut), liefen leicht darin auf und gingen zu Grunde.‘ Die Schiffer unterschieden ein großes und ein kleines E., ganz mit Recht; denn die Bucht von Ren wird durch den großen, nordöstlich gerichteten Zipfel der Insel Cutch und die denselben [2137] fortsetzende Insel mit der Stadt Santelpur in zwei Teile zerlegt, einen größeren westlichen und einen bedeutend kleineren östlichen, der noch heute auf den englischen Karten ,little Rann‘ heißt. Dieser letztere wird wiederum durch eine Insel von dem äußeren, beträchtlich tieferen Gulf of Cutch geschieden, der seiner ganzen Natur nach nicht mehr zum Sund von Ren gehört. Auch hier sind die natürlichen Verhältnisse von dem Anonymus, offenbar nach trefflichen Lotsen- und Schifferbüchern (portolani), der Wirklichkeit entsprechend geschildert, wiewohl er selbst sich nicht klar war; auf die seichte Bucht des kleinen E. läßt er den von einem in mehrfach wechselnder Richtung streichenden Vorgebirge (d. h. der Nordwestecke der von Ptolemaios Syrastrene genannten Halbinsel Gužerati) umschlossenen, tiefen Meerbusen von Barake folgen; dieser sei reich an Inseln und Klippen und durch diese und die wilde Brandung den Schiffen gefährlich. Der Golf von Barake (Gulf of Cutch) heißt bei Ptolemaios Kanthi; er ist offenbar nach der von Ptolemaios hier lokalisierten Insel Barake genannt. Übrigens haben die großen indischen Erdbeben von 1819 ganz bedeutende Veränderungen in der Gestaltung der eben geschilderten Küste hervorgerufen. So ist vor allem erst damals der schmale westliche Eingang des großen Ren entstanden und der an diesen unmittelbar angeschlossene Teil der Bucht See geworden dadurch, daß sich ein Stück der bisher mit dem Festland verbundenen Insel Cutch gesenkt hat. Wir verstehen nunmehr die immerhin auffällige Tatsache, daß der Anonymus die Insel trotz ihrer sehr beträchtlichen Größe gar nicht erwähnt.