RE:Eunapios 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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aus Sardes, Sophist * 345/6 n. Chr., für das Heidentum, schreibt Geschichte
Band VI,1 (1907) S. 11211127
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2) Eunapios aus Sardes (Phot. bibl. cod. 77), Sophist, geboren etwa 345/6 n. Chr. (Vit. soph. 58 Boissonade), aus ärmlichen Verhältnissen, aber schon früh sehr belesen in der klassischen Literatur (Vit. soph. 75 vgl. 113), hörte noch in seiner Heimat Sardes die Vorträge des Chrysanthios, der seine ἀνεψιά Melite zur Frau hatte (Vit. soph. 56. 20); 16 Jahre alt, im Wintersanfang etwa des J. 361 oder 362, bezog er die Universität Athen, um den Proairesios zu hören (Vit. soph. 73. 74. 92; athenische Erinnerungen s. ebd. 68; auch die Rivalen des Proairesios, den Diophantos [1122] und Sopolis hört er, ebd. 94). Gleich zu Anfang fiel er in eine schwere Krankheit, von der ihn Aischines kurierte (ebd. 75f.). Seine Einweihung in die Mysterien von Eleusis durch denselben Hierophanten, den Kaiser Iulianus besucht hatte, fällt wohl auch in diese Zeit (ebd. 52). Nach fünfjähriger Lehrzeit in Athen gedachte er nach Ägypten zu gehen, wurde aber von seinen Eltern nach Hause gerufen (ebd. 92f.), wo er sich von Chrysanthios in die Geheimnisse der Lehre des Iamblichos einweihen ließ (ebd. 20) und, während er noch Schüler des Chrysanthios war, auch schon rhetorischen Unterricht zu geben anfing (ebd. 114). Während seiner Lehrjahre lernte er außer den genannten neuplatonischen Sophisten auch den Maximus (ebd. 46), den Tuscianus (72. 81), den Maler Hilarios (67) kennen, während er die persönliche Bekanntschaft der großen Epideiktiker des Ostens, Himerios (87) und Libanios (100), nicht gemacht hat. Wem er die medizinische Bildung verdankt, von der er Vit. soph. 119 redet (s. a. Hist. 248, 10ff. Dindf.), ist nicht bekannt. Sein Interesse für Medizin zeigt sich in der Aufnahme von vier Iatrosophisten (darunter sein intimer Freund Oreibasios, auf dessen Veranlassung er sein Geschichtswerk schrieb [Vit. soph. 54. 103ff. Hist. 216, 6ff. Dind.] und der ihm sein Buch Εὐπορίστων gewidmet hat) in seine Sophistenbiographien (102–107). Seit seiner Rückkehr aus Athen scheint er sich meist in Asien aufgehalten zu haben (die Absetzung des Festus von seiner Statthalterschaft in Kleinasien, im Anfang der Regierung des Theodosius, erlebt er als Augenzeuge, Vit. soph. 64). Nach Beendigung des ersten, die Regierung des Theodosius I. noch umfassenden Teiles seines Geschichtswerkes schrieb er die βίοι σοφιστῶν (nach 396); endlich führte er das Geschichtswerk noch bis zum J. 404 (Phot. bibl. a. a. O.) weiter, mit welcher Arbeit er noch um 414 beschäftigt war (s. u.). Sein Todesjahr ist unbekannt. E. ist überzeugter Anhänger des Heidentums, das seit dem 4. Jhdt. seinen kräftigsten Rückhalt in der neuplatonischen Schule von Athen (über die z. B. Vit. soph. 101) fand. So lobt er enthusiastisch alle furchtlosen Bekenner des alten Glaubens (Ἕλληνες τὴν θρησκείαν, Hist. 264, 22 Dindf.; θεοὺς θεραπεύοντες κατὰ τοῦ ἀρχαῖον τρόπον, ebd. 252, 22) unter den christlichen Kaisern; am meisten den Apostaten Iulian, dessen Verherrlichung nach Hist. 216, 6ff. Dindf. ihm bei Abfassung seines Geschichtswerks Hauptzweck war (Hist. 211, 16ff. 215, 16ff. 217, 2. 6ff. 224, 4ff. 225, 18ff.; s. dagegen die heftige Apostrophe eines Christen 227, 27ff.), dann den δεύτερος Ἰουλιανός Klearchos (Vit. soph. 59ff.), den Iustus (ebd. 114f.) und seinen Bundesgenossen Hilarios (ebd. 115), den Frabithos (ebd. 252, 19ff. 264, 15ff.) und Anatolios (ebd. 86). Seine Teilnahme an einem Fest der heidnischen Restauration in Sardes bezeugt er Vit. soph. 115. Dagegen urteilt er höchst abfällig über Constantinus I. und sein Werk (Vit. soph. 20. 22f.), Gratianus (Hist. frg. 57 Dindf.). Theodosius (Hist. frg. 48ff. Vit. soph. 44. 61), Ablabios (Vit. soph. 23ff.), Rufinus (Hist. frg. 62. 63), Eutropius (frg. 66. 67), Stilicho (Phot. bibl. cod. 98) und verachtet tief den christlichen Heiligenkult (Vit. soph. 45) und die ,Schwarzröcke‘ (so nennt er die Mönche, [1123] Hist. 255, 30, s. Boissonade zu Vit. soph. I 276), denen er Schuld gibt, den Alarich nach Griechenland gerufen zu haben (Vit. soph. 53; vgl. Hist. 249, 5ff. Vit. soph. 45). Diese Geistesrichtung, bestärkt durch seinen Freund Oreibasios, gab ihm Anlaß, Geschichte zu schreiben, wozu er so schlecht als möglich veranlagt und vorbereitet war. Denn nur ein ganz unhistorischer Kopf kann so töricht, wie er Hist. 207, 29ff. (unter Verhöhnung des Dexippos), 208, 27ff. 209, 9ff. 210, 28ff. tut, über den Wert der Chronologie und der sachlichen Genauigkeit (ebd. 258, 30ff.) für die Geschichte reden; annalistische Anordnung verachtet er und zieht es, da größere Genauigkeit trügerisch sei, vor, nach Regierungszeiten im allgemeinen zu datieren (Hist. 210, 4ff. Vit. soph. 6. 25). Da er auch keinen ausgesprochenen politischen Standpunkt hat (nur die Usurpation verwirft er unbedingt, Hist. 235, 20) und die πολιτικὴ κακοτεχνία verachtet (Vit. soph. 92), so bleibt ihm in der Geschichte nur das psychologische und moralische Interesse (Hist. frg. 59; vgl. die Charakteristiken ebd. frg. 36. 45. 47. 57. 70) neben dem aus Thukydides erborgten der praktischen Nutzbarkeit geschichtlicher Aufzeichnungen für die Zukunft (Hist. 209, 25. 242, 20ff.), und seine Darstellungsweise ist die persönlich-biographische und novellistische, wie er denn bezeichnenderweise für Plutarch (Vit. soph. 3. 4) große Verehrung hegt. Wie schwierig es bei solchen Anschauungen ist, das von ihm mit starkem Selbstbewußtsein (Hist. frg. 73. Vit. soph. 94. 97. 107) hervorgehobene Ziel der absoluten Unparteilichkeit und Wahrhaftigkeit (Hist. 209, 7ff. τὰ πραχθέντα ὅτι μάλιστα δίχα τινὸς πάθους ἐς τὸ ἀληθὲς ἀναφέροντα γράφειν; vgl. ebd. 254, 7) in der Geschichtschreibung zu erreichen, und wie wenig er selbst es in seiner methodologischen Schwäche erreicht hat, ist ihm nicht klar geworden.

Sein erstes Werk, das er in den Βίοι σοφιστῶν oft (45. 52. 63. 73. 92 als ἱστορικὰ ὐπομνήματα im allgemeinen, oder καθολικὰ τῆς ἱστορίας, διεξοδικὰ τῆς ἱστορίας oder bloß διεξοδικά; mit Bezugnahme auf einzelne Abschnitte, am meisten den über Iulianus 25. 47. 53. 54. 58. 68. 97. 104) citiert, sind die Ἱστoρικὰ ὐπομνήματα (so nennt er sie selbst; bei Phot. bibl. cod. 77 ist der Titel ἱστορίας τῆς μετὰ Δέξιππον νέα ἔκδοσις wohl ein Werk der späteren Literarhistorie; Suid. s. Ῥουφῖνος citiert Χρονογραφία), die eine Fortsetzung der Chronik des Dexippos sein sollten (Hist. 211, 12ff.; Dexippos wird auch Vit. soph. 11 rühmend erwähnt), unter Abwertung der annalistischen Form (Hist. frg. 1). Das Werk umfaßte in der von Photios gelesenen νέα ἔκδοσις 14 Bücher (Phot. bibl. cod. 77) und begann mit dem Ende der Regierung des Kaisers Claudius II. im J. 270. Den Schluß der νέα ἔκδοσις bildete das J. 404 (Tod der Aelia Eudoxia, 6. Oktober 404, bald nach der endgültigen Absetzung des Johannes Chrysostomus, Phot. a. a. O. Clinton Fasti Rom. II 559). Daß die ἱστορίαι in diesem Umfang nicht sogleich auf das erstemal herausgegeben wurden, folgt aus Vit. soph. 52. 67, wo E. von einer Fortsetzung seiner ἱστορίαι redet, in der Ereignisse der J. 395 (Alarichs Einfall in Griechenland) und 396 (die Tötung des Hilarios, s. Wyttenbach in Boissonades Ausg. der Vit. [1124] soph. II 245) vorkommen sollten. Andererseits ergibt sich aus Vit. soph. 45, daß in dem vor den Vit. soph. herausgegebenen Teil der ἱστορίαι die Regierung des Theodosius noch vorkam, und so wird mit Recht allgemein (Niebuhr in Dindorfs Hist. gr. min. I praef. LXXXVIII. C. Müller FHG IV p. 8 b. H. Sudhaus De ratione quae intercedat inter Zosimi et Ammiani de bello Iuliani cum Persis gesto relatione 1870, 91. L. Mendelssohn Vorrede zur Ausg. des Zosimos p. XXXV) angenommen, die Regierung des Theodosius habe den Schluß der ersten Abteilung des Geschichtswerkes gebildet. An der Fortsetzung desselben arbeitete E., nachdem er die Vit. soph. geschrieben hatte, noch um 414 und später (s. die Stellen über Pulcheria Hist. frg. 87 und dazu Clinton Fast. Rom. II 586. Dindorf Hist. gr. min. I praef. LXXXIX). Die einzelnen Bücher scheinen alle Prooemien gehabt zu haben, von denen Stücke noch vorliegen in frg. 1. 8 a. 28. 41. 73. 75. Das erste Buch umfaßte nach Niebuhrs (bei Dindorf Hist. gr. min. I praef. XC), C. Müllers und L. Mendelssohns (Praef. Zosim. p. XXXV) Annahme die Zeit von 270 bis zur Ernennung des Iulianus zum Caesar 355. Von dem gesamten Werk lagen dem Photios zwei Ausgaben vor; in der νέα ἔκδοσις waren die schärfsten Ausfälle auf das Christentum gestrichen, aber so mechanisch, daß dadurch der Zusammenhang oft schwer gestört war. Die von Niebuhr (Script. hist. Byz. I p. XIX; abgedruckt bei Dindorf a. a. O. I praef. p. LXXXIX) hingeworfene Vermutung, daß die νέα ἔκδοσις nicht von E. selbst stamme, hat De Boor (Rh. Mus. XLVII 321ff.) wieder aufgegriffen; er nimmt an, das Prooemium zu den E.-Exzerpten in der Konstantinischen Sammlung de sententiis (A. Mai Vet. script. nova coll. II 247; auch bei Dindorf a. a. O. I praef. XCI) sei nicht von dem Veranstalter dieser Exzerptensammlung, sondern von dem Redactor der νέα ἔκδοσις verfaßt; die νέα ἔκδοσις sei das Werk eines Buchhändlers, der, nicht lange nach E., u. a. auch dessen Geschichtswerk, unter Schonung christlicher Gefühle, zu einem Bestandteil einer ,Weltgeschichte in Einzeldarstellungen‘ zurechtgeschnitten habe. Wenn auch die Interpretation jenes Prooemiums und die weiteren Aufstellungen von De Boor nicht einwandfrei sind, so ist doch, der stilistischen Vernachlässigung und der Rücksichtnahme auf das Christentum wegen, die νέα ἔκδοσις schwerlich dem überzeugten Heiden und künstelnden Stilisten E. zuzutrauen. Welche Quellen E. für die Periode von 270–363 benützt habe (Hist. frg. 28), ist nicht in allen Stücken klar. Nur das ist sicher, daß ihm für die Darstellung des Iulian das ὐπόμνημα seines Freundes Oreibasios gedient hat (Hist. 216. 11). Die Meinung von Th. Opitz (Act. soc. phil. Lips. II 260) und L. Jeep (Jahrb. f. Philol. Suppl. XIV 151), die Übereinstimmung von E. und Ammian sei daraus zu erklären, daß jener diesen benützt habe, ist von L. Mendelssohn (Praef. Zosim. p. XXXVIf.) mit Recht verworfen worden. Beide haben vielmehr gemeinsame Quellen gehabt (eine solche kann aber, nach Mendelssohns überzeugender Darlegung p. XXXIX gegen Sudhaus nicht der von E. allein benützte Oreibasios sein; gleichwohl läßt [1125] E. v. Borries in seinem Aufsatz ,Die Quellen zu den Feldzügen Iulians‘, Herm. XXVII 170ff., den Oreibasios indirekt auch von Ammianus benützt sein), unter denen jedenfalls Schriften des Iulianus sich befinden. Die Zeit von Iovianus an hat E. selbst in gereiftem Alter erlebt und beansprucht für ihre Darstellung ein höheres Maß von Glaubwürdigkeit (Hist. frg. 28; über Mangelhaftigkeit der Nachrichten klagt er frg. 74).

In den nach dem J. 396 geschriebenen Βίοι σοφιστῶν gibt er nach dem Vorbild des zweiten Philostratos eine Reihe von Biographieen hervorragender ,Sophisten‘ aus der Zeit des 4. Jhdts., da die beiden feindlichen Schwestern, Philosophie und Rhetorik, bedrängt vom Christentum sich ihrer gemeinsamen Abstammung von der heidnisch-griechischen Kultur bewußt geworden waren und zusammenstanden; so macht E. (Vit. soph. 1f. Boiss.) auch keinen Unterschied zwischen Philosophen und Rhetoren. Die weitaus meisten der vorgeführten σοφισταί sind Neuplatoniker oder stehen zu dieser Schule, dem letzten und festesten Bollwerk des Heidentums, in naher Beziehung, und die hervorragendsten unter ihnen geben sich auch mit Zauberei ab (10. 13ff. 27. 30f. 32ff. 37. 50f. 62f. 107. 109ff. 115f. 117). Charakteristisch ist die Hervorhebung philosophierender Weiber (32. 55). Mit Platon und seinen Vorgängern läßt E. die Geschichte der Philosophie beginnen; die zweite Periode umfaßt die nachplatonische Philosophie bis Mitte des 1. Jhdts. n. Chr., die dritte geht von Claudius und Nero bis Alexander Severus (so versteht wohl richtig Wyttenbach bei Boissonade II 21ff. die verdorbene Stelle p. 5). Diese drei Perioden fand E. in den Werken des Porphyrios, Sotion und Philostratos behandelt und will nun, in demselben Bestreben, eine Serie der Tradition herzustellen, wie es in der Hist. zu Tage tritt, zu ihnen eine Fortsetzung liefern. Der desultorische Charakter der Darstellung, den schon Philostratos Vitae soph. zeigen, ist hier bis zur äußersten Zerfahrenheit weitergebildet; Anekdotisches drängt sich ein (z. B. 24. 32ff.), und in der Vita Maximi, noch mehr der Vita Aedesii machen sich die Episoden so breit, daß die Hauptsache ganz in den Hintergrund tritt. Gleichwohl ist der kulturgeschichtliche Wert des Buches, besonders als Quelle über den Schulbetrieb an der Universität Athen im 4. Jhdt., ein bedeutender, und manche Einzelcharakteristiken, namentlich die leicht ironisch angehauchte des Libanios (96ff.), sind nicht übel geraten. Am ausführlichsten behandelt E. die φορά, zu der er selbst gehört, die über Chrysanthios und Aidesios auf Iamblichos zurückgehende Sekte. Er benützt teils literarische Quellen (ὐπομνήματα ἀκριβῆ 2; Iamblichos βίος Ἀλυπίου 18; Porphyrios βίος Πλωτίνου 6), teils mündliche Traditionen, vorwiegend vermittelt durch Chrysanthios (13. 110; wohl auch p. 16 die Berichte des Aidesios über Iamblichos), wobei er gelegentlich (16) Kritik gegenüber den Wundergeschichten simuliert. S. die Charakteristik des Buches bei Fr. Leo Die griechisch-römische Biographie 1901, 259ff.

E. bekennt sich zwar zum Neuplatonismus (Vit. soph. 5. 17. Hist 217, 20ff. 227, 18ff. 229, 8ff. 231, 3; auch in der allegorischen Auffassung des Homer, Vit. soph. 80), mit einer auch dem [1126] Iulianus und andern Neuplatonikern eigenen Neigung zum kynisch-asketischen Ideal in der praktischen Ethik (Armut, πήρα und τριβώνιον des wahren Philosophen, Vit. soph. 30. 32. 56. 59. 89); aber seine metaphysische Stellung schwankt zwischen dem Glauben an Daemonen (δαίμων Hist. 242, 9. Vit. soph. 64. 67. 77. 82) und die τύχη, die bei ihm hie und da eine ähnliche Rolle spielt, wie in den spätgriechischen Romanen (Hist. 215, 4. 225, 7ff. 234, 26. 241, 2ff. 242, 32. 249, 23f. 256, 9f. 265, 27. Vit. soph. 25 [‌παίγνιον τῆς εἰς ἅπαντα νεωτεριζούσης τύχης]. 80. 100), und der Überzeugung von einer persönlichen und gerecht wirkenden πρόνοια (Vit. soph. 26. 61. 64 extr.; E. glaubt sie in seinem eigenen Leben erfahren zu haben, ebd. 77; von göttlichen Strafgerichten über die Menschen, Vit. soph. 22. 26. 63. 64. Hist. 248, 18f.; Glaube an Mantik und Orakel, Hist. frg. 40 p. 236, 20. Vit. soph. 27; an Heroen u. dgl., ebd. 34). Von seinen moralischen Ansichten und der Art, wie er sie in seine Geschichtsdarstellung einfließen läßt, findet man Proben Hist. frg. 35. p. 235, 22ff. 244, 17ff. (Theodosius, ein Exempel demoralisierender Wirkung des Glückes), 251, 6ff. Von der bekannten Antipathie der Sophisten gegen die Römer (Schmid Atticism. I 38, 13) zeigt sich eine Spur auch bei E. (Vit. soph. 69f. ὥσπερ Ῥωμαῖός τις οὐκ ἀπαίδευτος), ebenso von dem Epigonengefühl der Vergangenheit gegenüber (Schmid a. a. O. I 74f.; s. Eunap. Hist. 243, 10f.).

Hinsichtlich des Stils gibt sich E. als Verehrer des ἀρχαῖος τρόπος, der ihm gleichbedeutend ist mit ὑγιαίνουσα μοῦσα (Vit. soph. 94. 98. 100. 103). Tatsächlich ahmt er eifrig die barocke ἀφέλεια des Philostratos nach (besonders deutlich frg. 36; die zahlreichen Anklänge an ihn sind in Boissonades Ausgabe pünktlich angemerkt; mit Philostratos teilt er auch die Bewunderung für Improvisation, Vit. soph. 82. 90 und das Herabsehen auf die Mühseligkeit rhetorischer Technologie, ebd. 87) und schreibt einen unleidlich prätentiösen und geschwollenen Stil, an dem besonders die Überladung mit Bildern (z. B. Hist. frg. 41. 57; s. a. frg. 12. 73), das Prahlen mit Reminiszenzen (z. B. Hist. 270, 13ff. 20. 269, 14ff.), die Mischung klassizistischer Pedanterie und kühnen Modernismus (sein Stilgefühl gestattet ihm nicht, die Goten anders als mit dem klassischen Namen Σκύθαι zu benennen, worüber s. Wyttenbach bei Boissonade II 232) auffällt (s. das Urteil des Phot. bibl. cod. 77).

Die Werke des E. sind viel gelesen und benützt worden. Die Ἱστορίαι sind, wenn auch nicht in der ausschließlichen Weise, wie es Phot. cod. 98 darstellt (s. L. Mendelssohn Praef. Zosim. p. XIV. XXXVff. XXXVII), Hauptquelle des Zosimos gewesen, sind weiter benützt von Petrus Patricius, Johannes Antiochenus und den Kirchenhistorikern Philostorgios (der aber nicht, wie Jeep meinte, alles Profanhistorische aus E. hat, Mendelssohn a. a. O. p. XXXVI 1), Sokrates und Sozomenos; nach der Aufnahme einzelner Stücke in die Konstantinischen Exzerptensammlungen ist aber das Gesamtwerk zu Grunde gegangen, und Angaben von Bibliothekskatalogen, die auf seine Existenz noch im 16. Jhdt. schließen lassen wollen, sind als Fälschungen zu betrachten (Krumbacher [1127] Byz. Lit.-Gesch.2 568). Wir haben nur noch die zum Teil schon von den Herausgebern des 17. Jhdts. aufgenommen, von A. Mai aber (Vet. scriptor. nova coll. II 247–316) durch die Abschnitte περὶ γνωμῶν erheblich vermehrten Exzerpte aus den Konstantinischen Sammlungen (Textverbesserungen auf Grund wiederholter Prüfung des Palimpsestes Vatic. 73 bei Albr.Jordan Commentariolum de Eunapii Sard. fragmentis ex palimps. Vatic. emendandis, Magdeburg 1880) und die Bruchstücke bei Suidas (alles herausgegeben neuerdings im Corp. scriptor. hist. Bvzant. ed. emendatior I [1829] 42ff.; in C. Müllers FHG IV [1868] 7ff. L. Dindorfs Historici Gr. min. I [1870] 205ff.).

Die Vitae soph. sind zuerst vollständig mit einer mangelhaften lateinischen Übersetzung in Druck gebracht worden von Hadrianus Iunius Antwerpen 1568, dann, unter Benützung palatinischer Handschriften, von Hieronym. Commelinus 1596. Die von J. A. Fabricius in Angriff genommene Ausgabe blieb Torso. Noch heute maßgebend ist die Ausgabe von Joh. Fr. Boissonade, Amsterdam 1822, welche die sprachlich und sachlich höchst wertvollen Anmerkungen von Boissonade (Bd. I) und Wyttenbach (Bd. II) enthält; neue Ausgabe von Boissonade in der bei Didot, Paris 1849, erschienenen Gesamtausgabe der Werke der Philostrati, des E. und Himerios. Ein Verzeichnis früherer Ausgaben und der Hss. der Vitae soph. gibt Vilelmus Lundström Prolegomena in Eunap. vitas soph. et philosophor. (Skrifter utgifna af k. humanistiska Vetenskaps-Samfundet i Upsala VI 2. 1897) [1]. Der Beweis dafür, daß alle Hss. von dem Laurent. plut. 86, 7 saec. XIV (so Jordan und Lundström; Kroll datiert nach Bandini saec. XII) abhängen, ist von Albr. Jordan Gratulationsschrift des Gymnas. Lemgo an Hölscher, Lemgo 1887 erbracht; eine neue Ausgabe auf dieser Grundlage ist von Lundström zu erwarten.

Neuere Beiträge zur Kritik: Cobet Mnemos. N. S. VIII 1ff. Mayor ebd. XIV 304. Cumont Rev. de l’instruct. publ. en Belgique XXXIV 234ff.

  1. Verfasser kennt die Schrift nur aus dem Referat von W. Kroll Berliner philol. Wochenschrift 1898, 932ff.