RE:Fenus

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ertrag, Zins, Gewinn von ausgeliehenen Kapitalien
Band VI,2 (1909) S. 21872205
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Fenus (fēnus, vom Stamme FE-o) bezeichnet im ursprünglichen Sinne das, was erzeugt, gewonnen wird, den Ertrag (wie τόκος von τίκτειν); so den Ertrag des Feldes (Cic. de senect. 51) als naturalis terrae fetus (Paul. Fest. 86), den Gewinn aus Produkten, insbesondere auch den Gewinn von ausgeliehenen Kapitalien, und zwar in letzterem Sinne die Zinsen selbst, den Wucher in guter und übler Bedeutung, als auch das gegen Zinsen ausgeliehene Kapital, Varro b. Gell. XVI 12. Non. Marc. p. 53. 439 M. Etymologisch richtig wird es wie fetus und fecundus mit e, nicht mit oe oder ae geschrieben. Von dem Synonym usura grenzt sich f. insofern ab, als ersteres mehr die Abgaben des Schuldners für die Nutzung des geliehenen Kapitals, letzteres den Gewinn des Gläubigers bezeichnet, Cic. Verr. III 168; ad Att. XII 25. VI 1 bes. § 3. Caes. bell. civ. III 20. Bemerkenswert ist, daß bei Plautus der Zins ausschließlich mit f., nie mit usura bezeichnet wird, Most. 561. 592f. 600f. 612. 631. 1160; es ist wohl auch anzunehmen, daß die vorplautinischen Gesetze über den Zinswucher den Ausdruck f. gebrauchten, Gai. IV 23. F. ist der ältere, mehr konkret bildliche, usura der auf ökonomisch-juristischer Abstraktion beruhende Ausdruck; Demelius Ztschr. f. Rechtsgesch. II 220. Huschke Darl. 11f. Voigt Rechtsgesch. I 151. F. bedeutet aber weiter ebenso häufig das Zinsgeschäft und steht dann in scharfem Gegensatz zu mutuum. Letzteres erscheint als ein Gefälligkeits- und Gelegenheitsvorgang unter Freunden, als ein unverzinsliches, aus dem ius gentium stammendes Freundesdarlehen, Plaut. Asin. 248; Curc. 68; Pseud. 295; Trin. 758f. 1050. 1054; Pers. 256. Das f. dagegen, eingegangen per aes et libram als nexum, ist das verzinsliche Darlehen des ius civile und als solches vornehmlich Sache der Geldwechsler (danistae; argentarii oder nummularii Mitteis Ztschr. d. Sav.-Stiftg. R. A. XIX 198f.) auf dem Forum, Plaut. Asin. 429; Curc. 480. 508; Pseud. 285f.; Most. 592f. 1140; Epid. 51. 115. 252. Nonius 439. Demelius a. a. O. 217f. Karlowa Rechtsgesch. II 1, 553. 591. So behielt auch nach dem Abkommen des alten solennen f. per aes et libram das an seine Stelle tretende mutuum den Charakter einer pecunia gratuita, welcher die Beifügung einer Zinsberedung unmöglich machte und eine solche nur in der Form einer besonderen Zinsstipulation zuließ, Seneca de consol. ad Polyb. 10, 5. Dig. XX 2, 8. XLVI 3, 102. 3. Pernice Lab. II 263.

Eine dritte Möglichkeit für den Abschluß eines zinsbaren Darlehens war gegeben durch die expensilatio (s. d). durch die Eintragung einer Geldschuld in den codex accepti et expensi des Gläubigers.

Die Geschichte des Zinswesens, insbesondere die wechselnde Höhe des Zinsfußes in den einzelnen Perioden hängt eng zusammen mit der allgemeinen Staatsgeschichte der Römer und hat eine erhebliche Rolle in den heftigen, den Staat in seinen Grundfesten erschütternden Klassenkämpfen gespielt. Die Regelung des Zinswesens ist ein Problem, mit dessen Lösung die römische Gesetzgebung und Verwaltung Jahrhunderte lang [2188] sich abmühte, ohne ihr Ziel recht zu erreichen, Jhering Geist II 1, 152. Nach einer volkswirtschaftlichen Betrachtung ergeben sich für die Geschichte des Zinsfußes im Altertum überhaupt und so auch bei den Römern zwei große Perioden: eine Periode hohen Zinsfußes bis zum 3. Jhdt. v. Chr. und eine Periode niedrigen Zinsfußes, die sich im 2. Jhdt. v. Chr. vorbereitete und nach einer Unterbrechung durch die Kriege und Bürgerkriege der J. 90–30 v. Chr. durch die ganze Kaiserzeit andauerte, vielleicht mit einem Rückschlag während der Wirren des 3. Jhdts., Beloch Gesch. des Zinsf. im klass. Altert., Handb. der Staatswissensch. II. Suppl.-Bd. 1002–1067.

Für eine historische Betrachtung kann man geeigneterweise drei Perioden unterscheiden: der Zinsfuß bis gegen Ende des 1. Jhdts. v. Chr., in der Kaiserzeit vor Iustinian und in der Zeit Iustinians. Billeter Gesch. des Zinsf. 1898.

I. Periode.

In älteren Zeiten bewirken einerseits die geringe Entwicklung von Handel und Gewerbe, andererseits die mißlichen Verhältnisse der Rechtspflege und die geringe Stetigkeit aller politischen Zustände einen hohen Stand, des Zinsfußes. Was die tatsächliche oder gesetzliche Höhe des Zinsfußes für die ältere Zeit Roms, die Zeit der Könige, anbelangt, so sind wir ohne sicher zu verwertende Grundlagen. Daß schon ,Servius Tullius‘ ein Zinsmaximum aufgestellt habe, ist eine durch nichts gerechtfertigte Vermutung; und wenn auch die Bestrebungen dieses Königs zu Gunsten des schuldbedrückten Volkes auf einen hohen Zinsfuß zu deuten scheinen, so fehlt doch jede brauchbare Mitteilung über die wirkliche Höhe, Liv. II 23, 5. V 10, 9. VI 11, 9. 14, 7. VII 19, 5. Dion. Hal. VI 26. 58. Ebensowenig wissen wir etwas darüber, ob die erste secessio plebis in montem sacrum ein Zinsgesetz veranlaßt hat.

Als erstes Zinsgesetz ist vielmehr nach dem Berichte des Tac. ann. VI 16 ein Zwölftafelgesetz zu betrachten, welches die Bestimmung enthalten haben soll, ne quis unciario fenore amplius exerceret; vgl. auch Cato de agricult. praef. Bruns Fontes tab. VIII 18 b. Nicht in notwendigem Widerspruch zu diesem Berichte des Tacitus steht derjenige des Livius VII 16, 1 von einer Lex Duilia Menenia, die erst im J. 357 v. Chr. das unciarium fenus festgesetzt haben soll. Letztere Lex ist vielmehr als eine Erneuerung jenes Zwölftafelgesetzes aufzufassen, Billeter 119. Fraglich ist nur, ob in der Zwischenzeit dieser Lex ein weiteres Zinsgesetz vorangegangen ist, welches infolge des gallischen Brandes eine bloße Aufhebung (Niebuhr Röm. Gesch. II 383, 673f. III 62. Karlowa R.-Gesch. II 1. 557) oder eine Erhöhung des alten Maximums (Cuq Instit I 379. Voigt Röm. Rechtsgesch. I 40) verordnete, oder ob die Erneuerung einfach eine Einschärfung des allmählich ganz ignorierten und obsolet gewordenen Zwölftafelgesetzes war (s. Streuber 79f. Mommsen R. G. I 301. Herzog Gesch. u. System d. röm. Staatsverf. I 245. Billeter 123f.). In jedem Falle aber ist es notwendig, die Bedeutung des Ausdrucks f. unciarium festzustellen; auch hierüber gehen die Ansichten in erheblicher Weise auseinander. Nach dem ursprünglichen römischen Duodezimalsystem [2189] zerfällt die Einheit as in 12 unciae; so bedeutet uncia den 12. Teil eines as, dann irgend einer Sache (z. B. heres ex asse Universalerbe, heres ex uncia Erbe zu 1/12). Unciarium f. muß also zunächst ein Zins sein in Höhe von einer uncia, 1/12 as. Soviel steht fest; fraglich ist nur, für welche Zeit und von welcher Summe dieser Zins berechnet wurde.

1. Fenus unciarium = 1% jährlich.

Diese Erklärung beruht auf der Vergleichung dieses Ausdrucks mit den Ausdrücken usurae quincunces, usurae semisses, usurae quadrantes und fenus trientarium (= usurae trientes), welche unstreitig 5, 6, 3 und 4% jährlich bedeuten. Es wird ohne weiteres die Auffassung zu Grunde gelegt, daß bei den Römern überhaupt die Zinsen einmal monatlich, ferner je nach Hunderten des Kapitals nach der centesima (sc. pars sortis) berechnet und bezahlt wurden. Auf diese Weise kann dann allerdings dem strengen Wortsinne nach unciarium f. = usurae unciae monatlich eine uncia von 100 asses d. h. jährlich 12 unciae oder ein as von 100 asses bezeichnen. Es wurde also nach dieser Erklärung im streng kaufmännischen Sinne vom Pfunde Silber, weil im auswärtigen Handel nach Silberwert gerechnet wurde (oder, was denselben Wert hatte, von der centussis, d. h. dem hundertpfündigen Barrenerze, durch das Siglum C als Kapitaleinheit ausgedrückt), ein Pfund Erz oder ein as, mithin monatlich 1/12 as oder eine Unze als Zins angenommen. Diese Erklärung des f. unciarium hat besonders J. Fr. Gronov in seinen Schriften (De sestertiis 1656; Antexegesis de centes. usur. et fen. unc. 1661; Antexegesis secunda 1664) verteidigt. Unter den älteren Gelehrten, die ebenfalls diese Erklärung aufstellten, und zum Teil schon vor Gronov lebten, sind noch folgende zu nennen: Salmasius (De mod. usur. 289; De usur. 609). Hermol. Barbarus (in Castigat. poster. ad Plin. XV). Leonh. Portius (De re pecun. ant. II). Barth. Socinus (ad leg. Falc. bei Gronov. Antex. sec. 4). Carol. Molinaeus (Gronov a. a. O.). Aegid. Desinus (Lib. de asse). Balduinus (ad leg. XII tab.). Ant. Augustinus (Emend. II 10). Crispinus (ad leg. XII tab.). Franciscus Hotomannus (De usur. 7, Gronov a. a. O. 6). Budaeus (De asse 80). Muretus (ad Tac. ann. VI 16). Sigonius (De ant. iure Rom. II 11). Marc. Donatus (Dilucid. ad Iul. Capit. 868f.). Brissonius (De verb. sign. s. v. usura und etwas unbestimmt Select. ex iure civ. ant. III 1, 64f.). Alciatus (Parerg. II 23; Disput. III 1). Gravina (Op. 209f.). Noodt (De fen. et usur. II 2. 4). Funccius (ad leg. XII tab. 162f.). Strauch (Diss. de centes., Opusc. 449f.). Gessner (Thes. lat. s. v. usura). Heineccius (Antiqu. Rom. III 15. 29). Auch Montesquieu (Espr. des lois XXII 22) und Beaufort (La républ. rom. VI 548f.) stimmen damit überein, und unter den späteren deutschen Schriftstellern Wurm (De pond. et mens. 10f.). Schultz (Staatswiss. d. Röm. 372f.). Schlosser (Universalhist. Übers. II 2, 128). Nipperdey zu Tac. ann. VI 16.

Diese Erklärung scheitert von vornherein an ihrer sachlichen Unmöglichkeit. Um sich die bei den römischen Geschichtschreibern so häufig vorkommenden Klagen über den drückenden Wucher, [2190] über die Anhäufung und Vervielfachung des Kapitals durch die Zinsen bei einem so niedrigen Zinsfuße zu erklären, mußte man in gekünstelter Weise seine Zuflucht nehmen zur Annahme einer Ungenauigkeit historischer Deklamationen, sowie zu einer allgemeinen, von den patrizischen Gläubigern ersichtlich zugelassenen Zahlungsnachläßigkeit der Schuldner durch dreißig und noch mehr Jahre, schließlich zu der Voraussetzung eines ganz heruntergekommenen Nahrungs- und Vermögensstandes der Plebs. Ferner ist es nicht leicht begreiflich, wie man von der späteren gesetzlichen Proklamierung des f. semiunciarium. also 1/2 as Prozent jährlich für 100 asses, eine große oder auch nur eine erhebliche Erleichterung für die Schuldner hätte erwarten können. So findet diese Erklärung in neuester Zeit keine Verteidiger mehr.

2. Fenus unciarium = 100% jährlich.

Die Schwierigkeiten, welche die eben behandelte Erklärung des f. unciarium sachlich unmöglich machen, haben ein Extrem nach der anderen Seite veranlaßt. Man faßt die usura uncia oder das f. unciarium als monatlichen Zinfuß zu 81/3 as von 100 asses oder zu einer uncia von 1 as auf, so daß also der ganze Jahreszins 100 asses von 100 asses d. i. 100% beträgt. Auch diese Auffassung ist schon sehr alt und namentlich von Accursius (vgl. Marc. Donatus Dilucid. 868. Gravina Op. 210, Gronov Antex. prim. 61) und von Jac. Gothofredus (vgl. Gronov Antex. sec. 135; Sestert. III 13, 495) verteidigt worden. Ihr folgen von den Neueren besonders Hüllmann (Röm. Grundverf. 172f.); zum Teil hinneigend Hugo (Röm. R.-Gesch.II 297, doch im Civilist. Mag. VI 509f.), und neuestens auch O. E. Hartmann (Röm. Kalend. [1882] 29, 57). Vgl. dagegen Niebuhr R. G. III 63f. Karlowa Röm. R.-Gesch. II 554. Voigt XII Taf. II 582 Anm 6. Gegen diese Auffassung ist zu bemerken, daß ein solcher Zinsfuß, besonders da noch Zinzeszins hinzukam, die Schuldner in kürzester Frist zu Grunde gerichtet haben würde; auch ist dann unerklärlich, wie nach Liv. VII 16 das f. unciarium als eine Erleichterung betrachtet werden konnte. Wenn Hartmann a. a. O. die ökonomische Auffälligkeit der vertretenen Anschauung durch die Behauptung zu mildern sucht, daß es sich hauptsächlich um Getreidedarlehen gehandelt habe, so spricht hiergegen die immer wiederkehrende Verwendung des Ausdrucks aes alienum, sowie die Tatsache, daß durch das nexum aes geliehen wird, nicht Getreide, Billeter 158, 2. Festus, s. nexum. Varro de l. l. VII 105. Puntschart Privatr. [1893] 43. Mitteis Ztschr. d. Sav.-Stiftg. XXII 100f.

3. Zu einem weniger unwahrscheinlichen, sachlich wohl möglichen Ergebnisse gelangt eine dritte Auffassung; man zahlte für 100 asses Kapital jeden Monat 1 as Prozent, dies war usura menstrua, welche, für 12 Jahresmonate zwölfmal genommen, einen Jahreszins von 12 asses Prozent macht und sich zu diesem ganzen Jahreszins à 12 asses so verhält, wie die uncia zum as, Gronov Antex. pr. 33. 41. In hundert Monaten oder 8 Jahren und 4 Monaten kam also die Summe aller Zinsen dem Kapital gleich, und man nannte diesen Zins im Hinblick auf den Betrag jedes [2191] Monats usuras asses, wohl auch f. assarium, Gronov a. a. O. 31. 57; Antex. sec. 111–114. Verfechter dieser Ansicht sind folgende: J. Scaliger (vgl. Gronov Antex. sec. 12). Adrian. Iunius (vgl. Gronov Sest. III 13, 492; Antex. sec. 12). Math. Hostus (De re numar. vet. II, vgl. Gronov a. a. O.). P. Manutius (ad Cic. fam. V 6; vgl. Gronov Sest. III 13, 493; Antex. pr. 68. 70; sec. 9f.). Curtius Pichena (ad Tac. ann. VI 16; vgl. Gronov Antex. pr. 63; sec. 12). Rittershusius (vgl. Gravina Op. 210). M. Schoock (Exerc. sacr. XIX, vgl. Strauch Opusc. 442–447). Fabricius (Bibl. antiqu. 806). Zachariae (Sulla I 106). Indessen scheitert auch diese dritte Auffassung an folgenden Gründen, die übrigens in gleicher Weise gegen die zu 1. und 2. erwähnten Ansichten sprechen. Als gegebene Kapitaleinheit, von welcher die Zinsen berechnet wurden, kann man nur 1 as ansehen, und von diesem as wurde 1 uncia als Zins gezahlt. Ferner ist die Voraussetzung einer monatlichen Zinszahlung, bezw. Zinsberechnung, auf welche alle drei Ansichten gegründet sind, tatsächlich unmöglich. Man muß doch nicht außer acht lassen, daß es sich zur Zeit der XII Tafeln um Bauern handelt, die Geld aufnahmen; eine ackerbautreibende Bevölkerung hat aber nur einmal im Jahre, zur Zeit der Ernte, ihre Haupteinnahme, und es ist daher schon volkswirtschaftlich gegeben, daß auch die Zinszahlung nur einmal im Jahre erfolgt. Eine monatliche Zinszahlung und Zinsberechnung findet nur statt in Zeiten und Gegenden mit vorwiegendem Handelsverkehr, und wenn in Rom ungefähr seit Sulla diese monatliche Berechnung aufkam, so ist das nur eine Folge des stärker entwickelten Geschäftslebens. Niebuhr R. G. III 61ff. Marquardt Röm. Staatsverw. II 58. Karlowa a. a. O. 553f. Billeter 159f.

4. Die einzig mögliche Erklärung des f. unciarium – man kann sie als die herrschende Ansicht bezeichnen – ist nun die: es wurde 1 uncia Zins jährlich gezahlt auf 1 as, also jedenfalls 1/12 des Kapitals. Diese Ansicht ist zwar von Niebuhr I 646. III 61–69 nicht zuerst aufgestellt, aber von ihm zuerst ausreichend begründet worden. Als Vorgänger kommen in Betracht: Nic. Abramius (Comment. ad Cic. pro Coel. 42, 469 b ff.). Sethus Calvisius (Op. chronol. ad a. a. Chr. 352). Stroth (ad Liv. VII 16 ed. Doer. II 149). Auch G. H. Walther (zu Tac. ann. VI 16) hat eine jährliche Zinsberechnung angenommen, aber mit der eigentümlichen Ausführung, daß die Zehnheit (nicht die Hundertheit) die Normalzahl bei den Kapitalien gebildet, daß man auf 10 asses (oder einen Denarius) monatlich eine uncia Zins, also jährlich 1 as, und somit für 100 asses jährlich 10 asses, also 10% gezahlt habe. Nun ist aber auf der Grundlage der herrschenden Ansicht noch nicht entschieden, ob f. unciarium 81/3% oder 10% bedeutet. Nach Niebuhr soll das f. unciarium ursprünglich für ein altes zyklisches Jahr von 10 Monaten gegolten haben, so daß es 81/3% für dieses, für das spätere bürgerliche Jahr aber 10% betragen habe. Ebenso Savigny Abh. Akad. Berl. 1818/9, 179–188. Schrader Civilist. Mag. V 180f. Glück Pand. XXI 84. Mühlenbruch zu Heineccius Synt. 553. Rein Privatr. [2192] 630f. Danz R. R.-Gesch. II 125. Puchta Inst. III 27. Huschke Nexum 98f. Clason R. G. 192f. Voigt XII Taf. II 582. Herzog a. a. O. I 183; vor allem Mommsen R. G. I8 151. 282, der auch das zehnmonatliche Geschäftsjahr genauer untersuchte und es bis auf Caesars Kalenderreform als in Anwendung stehend behauptet (Röm. Chronol 51f.; vgl. dagegen Soltau Proleg. z. röm. Chronol. 144f.; Röm. Chronol. 72f. Holzapfel Philologus XLVI 177f.). Dagegen lehnen andere ausdrücklich die Beziehung auf das zehnmonatliche Jahr ab, so Streuber 52f. Madvig Verf. u. Verw. d. röm. St. I 189. Walter R. R.-Gesch. II 220, Billeter 160f. Beloch 1005 u. a. Wie nun zur Zeit der XII Tafeln das Verhältnis dieses gesetzlichen Zinsfußes, das f. unciarium – mag man es als 81/3% oder 10% auffassen –, zu dem tatsächlich üblichen Zinsfüße gewesen ist, ob letzterer höher oder niedriger war, darüber fehlen sichere Mitteilungen. Daß er niedriger gewesen sei, ist wohl nicht anzunehmen, wenn man die allgemeine Richtung der Bewegung, die auch zur Zwölftafelgesetzgebung führte, beachtet: Schutz des wirtschaftlich schwächeren und politisch zurückgesetzten Teiles der Bevölkerung, so daß auch die gesetzliche Festlegung eines Zinsmaximums auf ein Bedürfnis hindeutet, gegen allzu hohe sonst übliche Zinsen rechtlich gesichert zu sein. Für diese Annahme spricht auch die alsbald einsetzende Bewegung zu Gunsten einer weiteren Herabdrückung des gesetzlichen Zinsfußes.

Für das J. 347 v. Chr. berichtet nämlich Livius VII 27, 3 – inhaltlich übereinstimmend mit Tac. ann. VI 16 –, daß der gesetzliche Zinsfuß auf f. semunciarium (41/6 bezw. 5%) herabgesetzt worden sei. Hier können wir schon mit größerer Sicherheit behaupten, daß diese lex semunciaria zu dem tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Zustande, den sie offenbar reformieren wollte, in erheblichen Gegensatz trat, daß also der damals übliche und normale Zinsfuß bedeutend höher war; denn der normale Maßstab von 4–6% wird erst einige Jahrhunderte später, nämlich gegen Ende der Republik, bei weit mehr entwickelten Wirtschaftsverhältnissen erreicht. Jedenfalls trägt dieses Gesetz schon den Stempel einer politischen Parteibewegung an sich, die tief in das Wirtschaftsleben eingreifende Gesetzesmaßnahmen zu Gunsten der wirtschaftlich Schwachen forderte und erreichte, um schließlich bei dem Extrem jeder Zinsgesetzgebung zu enden: bei dem allgemeinen Zinsverbot.

Über dieses Zinsverbot liegen folgende Berichte vor: Livius VII 42, 1 erzählt unter dem J. 342 von der Rogation eines Gesetzes durch den Volkstribunen L. Genucius, ne fenerare liceret; Tacitus ann. VI 16 schließt seinen Bericht von den vorhergehenden Zinsgesetzen kurz mit postremo vetita versura; Appian bell. civ. I 54 tut eines νόμου τινὸς παλαιοῦ mit dem Inhalte eines Zinsverbotes und der Festsetzung einer ζημία gegen Zuwiderhandelnde Erwähnung; Gaius IV 23 nennt schließlich eine lex Marcia adversus feneratores, ut si usuras exegissent, de his reddendis per manus iniectionem cum eis ageretur. Man hat allgemeine und besondere Gründe in großer Zahl geltend gemacht, um diese ,unnatürliche‘, ,undenkbare‘, [2193] ,alberne‘ Gesetzesvorschrift nicht als gegeben anerkennen zu müssen (vgl. die bei Billeter 135f. Zitierten), ohne doch zu bedenken, daß sie durchaus im Sinne der damals mächtigen Plebeieropposition lag als ,ein sehr einseitiger und bornierter Ausdruck des Verlangens einer bäuerlichen Bevölkerung, den Druck des Kapitals mit einem Schlag los zu werden‘, Nitzsch Gesch. d. röm. Rep. I 94. – Herzog a. a. O. 250f., bestimmter Karlowa R. R.-Gesch. II 1. 558 und Zivilpr. 196, und Schwegler R. G. II 215 beziehen den Taciteischen Ausdruck versura nur auf Zinseszins, Schulin Lehrb. d. Gesch. d. r. R. (1889) 399 das Zinsverbot nur auf das besondere verzinsliche Darlehen, neben welchem das sächliche nexum, die Antichrese, unberührt geblieben sei. Diese willkürlichen Annahmen können die in der Hauptsache übereinstimmenden Berichte der angeführten Schriftsteller über den Erlaß eines allgemeinen Zinsverbotes nicht erschüttern, Billeter 135f. Fraglich ist nur, ob sich alle vier Berichte auf die Lex Genucia vom J. 342 beziehen, was ja nach dem äußeren Wortlaute der Stellen durchaus möglich wäre. So wird allgemein angenommen, daß sich nicht bloß die Mitteilung des Livius und Tacitus (was unbestritten), sondern auch diejenige Appians von der ,alten‘ Lex auf die Lex Genucia beziehe. Nun hat aber Billeter 144ff. auf die Unvereinbarkeit des Appianischen Berichts mit den beiden andern hingewiesen, da gegen die feneratores auf Grund der Lex Genucia im Wege des aedilicischen Multverfahrens – angeblich eingeführt durch Lex Duilia Menenia (vgl. dagegen Voigt R.-Gesch. I 40f., der die lex semunciaria dafür angibt) – vorgegangen worden sei, der Bericht Appians dagegen unbestreitbar von der Eintreibung einer Privatstrafe im Wege des Zivilprozesses handle, Huschke a. a. O. 120ff. Jhering Geist II 1, 152f. III 1, 111f. Mommsen R. G. II8 249f. Voigt a. a. O. 714 und Berichte Verh. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 1890, I 253f. Da sich nun beide Verfahrensarten ausschlössen, müsse das zivilprozessuale Verfahren durch eine spätere Lex eingeführt worden sein, und zwar in der Zeit von 192–89 v. Chr. (Liv. XXXV 41, 9), da wir bis zum J. 192 die aedilicische Multierung fänden, an eine oftmalige Änderung des Verfahrens nicht zu denken sei und der Bericht Appians aus dem J. 89 datiere. Diese spätere Lex sei aber die Lex Marcia, von der Gaius berichtet, und die ebenfalls die Eintreibung einer Privatstrafe im Wege der legis actio per manus iniectionem zuließ. Billeter 151 möchte daher diese Lex Marcia am liebsten einem der beiden Volkstribunen des J. 172 v. Chr., Qu. Marcius Sermo und Qu. Marcius Scylla (Liv. XLII 21, 4) zuschreiben. Diese Folgerungen wären an sich schlüssig, wenn an einen so ausschließlichen Gegensatz zwischen dem aedilicischen Multverfahren und der zivilen Strafklage gedacht werden könnte. Diese beiden Arten der poenalen Behandlung des Zinswuchers können aber vielmehr nebeneinander gedacht werden, so daß die Multierung vermutlich nur in besonders gemeingefährlichen Fällen eingetreten ist, Mommsen Strafr. 849f. Jhering II 1, 153 A. 170. III 1, 118. Plaut. Truc. 759ff., wo die Androhung der multae inrogatio und [2194] manus iniectio nebeneinander stehen. Auf diese Weise sind wir nicht genötigt, die Lex Marcia von den anderen Zinsgesetzen der J. 357 und 347 zeitlich so weit zu trennen, wie es Billeter (und auch Voigt a. a. O. 714) tut; denn auch sie erscheint als ein Produkt der um die Mitte des 4. Jhdts. v. Chr. extrem einsetzenden Plebeieropposition, sei es daß sie vor die Lex Genucia etwa für das J. 352 (vgl. Anführungen bei Streuber 83 und Huschke 122) oder gleichzeitig mit dieser (Herzog 250) oder alsbald nachher als ein Ergänzungs- und Ausführungsgesetz anzusetzen ist (Clason R. G. V 191). Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse um 192–172 v. Chr. sind auch nicht dazu angetan gewesen, daß nochmals eine so extreme und verzweifelte Maßregel wie das Zinsverbot durch eine neue Lex (die Marcia) gesetzlich festgelegt werden konnte. Beginnt doch um diese Zeit auf plutokratischer Grundlage die neue Parteibildung der Nobilität, welche der wirtschaftlichen, insbesondere pekuniären Abhängigkeit der anderen Volksklassen zur Sicherung des streng oligarchischen Familienregiments bedurfte, und setzt doch auch gleichzeitig ein bedeutender Aufschwung sowohl des überseeischen Handels, als auch des inneren römischen Geschäftsverkehrs ein, Mommsen R. G. I8 783f. 843f. Auch hätte sich Appian in seinem Berichte vom J. 89 v. Chr. nicht mit einer so großen, nur in eine ferne Vergangenheit deutenden Unbestimmtheit (νόμου τινὸς παλαιοῦ) ausgedrückt, wenn diese ,alte‘ Lex (in dem für Billeter günstigsten Falle) kaum 100 Jahre vorher erlassen worden wäre. So können wir die Lex Marcia unbedenklich der Lex Genucia zeitlich nahe stellen, zu der sie auch ihrem Charakter nach gehört.

In der Folgezeit erwiesen sich die Zinsverbote praktisch als das, was alle derartigen gegen wirtschaftliche Notwendigkeiten ankämpfenden Gesetze im letzten Grunde sind, als eine Überspannung der Macht des Gesetzgebers. Infolge der Unmöglichkeit ihrer Durchführung und ihres unwirtschaftlichen Grundgedankens – ist doch ein unverzinsliches Darlehen eine verschenkte Kapitalnutzung – wurden auch weiterhin Zinsen gefordert und gegeben, da ein Zuwiderhandeln gegen die Zinsgesetze als leges minus quam perfectae das Geschäft nicht nichtig machte, sondern die Parteien nur den erwähnten Strafen aussetzte. Bemerkenswert ist es nun, daß wir in der Folgezeit vielfach von aedilicischen Multprozessen gegen die feneratores hören (Liv. X 23, 11. 12. XXXV 41. 9. Voigt R.-Gesch. I 41. 25), dagegen von der zivilprozessualen Eintreibung der Wucherstrafe nur in einem bei Appian a. a. O. angegebenen charakteristischen Falle aus dem J. 89 v. Chr.: die bedrängten Schuldner klagen auf Grund jenes außer Gebrauch gekommenen alten Gesetzes gegen die Gläubiger auf die ζημία (offenbar die von Gaius erwähnte legis actio per manus iniectionem), der Praetor Asellio läßt die Eröffnung des zivilprozessualen Verfahrens in iure zu, worauf ihn die erzürnten Gläubiger öffentlich erschlagen, ὅτι τὸν νόμον παλαιὸν ὄντα ἀνεκαίνιζε, Liv. epit. LXXIV. Valer. Max. IX 7, 4. Streuber 94. Billeter 144f. Dieser Vorfall bringt ausreichende Erklärung dafür, warum die Festsetzung [2195] einer Privatstrafe die tatsächliche Nichtbeachtung des Zinsverbotes nicht zu verhindern vermochte, und warum die Schuldner ihr Recht im Wege des Zivilprozesses, den die Nobilität mittels der Praetur beherrschte, nicht oft gesucht haben, Mommsen R. G. III 535. In diesen schwankenden und unbefriedigenden Rechtszustand soll erst Sulla durch ein späterhin bald als unciaria lex allgemein bezeichnetes Gesetz aus dem J. 88 eingegriffen haben, durch welches – wie mit bedeutender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann – das f. unciarium der XII Tafeln als Zinsmaximum wieder eingeführt wurde. Vgl. die verstümmelte Stelle bei Festus p. 375 M. Niebuhr III 68. Mommsen II 258. Voigt R.-Gesch. I 716. Streuber 97f. Unbestimmt und eher dagegen Billeter 155f. Nun tritt auch etwa seit der Zeit Sullas eine Änderung in der Bedeutung von f. unciarium bezw. usurae unciae ein. Es gelangte nämlich, besonders infolge der erweiterten Handelsverbindungen mit Griechenland und Asien, die bei den Griechen übliche Sitte der monatlichen Zinszahlung und Zinsberechnung auch in Rom zur allgemeinen Geltung (Niebuhr III 64. Boeckh Staatsh. d. Ath. I 173ff. Huschke Röm. Stud. I 111ff. Marquardt II 58f.); zu Grunde gelegt wurde bei dieser Berechnung die centesima pars sortis, nämlich von 100 asses Kapital 1 as Zins monatlich, ergibt jährlich 12%, 1/12 der centesima sind usurae unciae = 1% jährlich. Es werden also durch Anwendung der Bruchteile des as die verschiedenen Zinssätze folgendermaßen bezeichnet:

1% d. h. 1/12 der centesima, usurae unciae

2% d. h. 2/12 der centesima, usurae sextantes (sextans = 2 Unzen, 1/6 as)

3% d. h. 3/12 der centesima, usurae quadrantes (quadrans = 3 Unzen, 1/4 as)

4% d. h. 4/12 der centesima, usurae trientes (triens = 4 Unzen, 1/3 as)

5% d. h. 5/12 der centesima, usurae quincunces (quincunx = 5 Unzen, 5/12 as)

6% d. h. 6/12 der centesima, usurae semisses (semis = 6 Unzen, 1/2 as)

7% d. h. 7/12 der centesima, usurae septunces (septunx = 7 Unzen, 7/12 as)

8% d. h. 8/12 der centesima, usurae besses (bes = 8 Unzen. 8/12 as)

9% d. h. 9/12 der centesima, usurae dodrantes (dodrans = 9 Unzen, 9/12 as)

10% d. h. 10/12 der centesima, usurae dextantes (dextans = 10 Unzen, 10/12 as)

11% d. h. 11/12 der centesima, usurae deunces (deunx = 11 Unzen, 11/12 as)

12% d. h. das Ganze der cent., usurae centesimae

demnach 24% – – binae centesimae

36% – – ternae centesimae
48% – – quaternae centesimae
60% – – quinae centesimae.

Von der Zeit Ciceros an werden wir über den tatsächlichen Stand des Zinsfußes genauer unterrichtet. In den 60er und 50er Jahren beträgt er für guten Kredit (nomen bonum) 4–6%; 12% kommen unter besonderen Umständen vor, erscheinen aber als die höchste noch anständige Grenze, Cic. ad fam. V 6, 2 (J. 62); ad Att. I 12, 1 (J. 61). Für das J. 54 berichtet Cicero (ad Quint. [2196] fr. II 14. 4; ad Att. IV 15, 7) ein Steigen auf 8%, und zwar infolge des inanis ambitus, der unter einer so bedeutenden Inanspruchnahme des Geldmarktes zur Vorbereitung der nächstjährigen Consulwahlen einsetzte; vgl. noch ad Quint. fr. III 1, 16; ad Att. IV 17, 2. Der Ausbruch des Bürgerkrieges im J. 49 steigerte infolge des größeren Geldbedürfnisses naturgemäß den Zinsfuß, wir erfahren bis auf 12%; aber schon für das J. 29 wird, nachdem der Frieden und damit Ruhe und Sicherheit im wirtschaftlichen Leben eingekehrt waren, der ehemalige Stand von 4% berichtet, Cass. Dio LI 21. Suet. Aug. 41. Oros. IV 19. Natürlich übersprang der Zins bei Wuchergeschäften alle hier angegebenen Grenzen. In Sizilien erpreßte Verres 24% aus Staatsgeldern zu seinem Privatvorteil (Cic. Verr. III 163f.); in Cypern brachte der bekannte M. Iunius Brutus seine Gelder zu 48% unter (Cic. ad Att. V 21f. VI 2); der Wucherer Fufidius ließ sich von liederlichen Haussöhnen 60% zahlen (Hor. sat. I 2, 12f. Iuven. sat. IX 6).

In den Provinzen mag diese Ausbeutung besonders schamlos betrieben worden sein. So finden wir auch gerade in diesen Gebieten die ersten Versuche, diesem Treiben auf gesetzgeberischem Wege – zwar weniger extrem, aber desto erfolgreicher – entgegenzutreten. Lucullus setzte als Statthalter von Asia und Cilicia etwa in den J. 72–70 ein Zinsmaximum von 12% fest (Plut. Luc. 20. Appian. Mithrid. 62. 63. 83), welche Grenze Cicero später für Cilicia beibehielt (Cic. ad Att. V 21, 11. VI 1, 6. 16). Diese Zinsgesetze galten natürlich nur für die betreffende Provinz, waren aber auch für die Verhältnisse anderer Provinzen maßgebend und übten ihre Rückwirkung selbst auf die Stadt Rom aus. Denn schon für das J. 51 v. Chr. berichtet Cicero ad Att. V 21, 13 von einem Senatusconsult, ut centesimae perpetuo fenore ducerentur, das nicht als Verbot des Zinseszinses aufzufassen ist (so Huschke 125. Mommsen St.-R. III 1237), sondern als Festsetzung eines Zinsmaximum von 12% (Zit. bei Billeter 172). Es ist anzunehmen, daß dieses SC. mit Gesetzeskraft für alle Provinzen versehen worden ist, Mommsen R. G. III8 538. Ob schließlich Caesar noch gesetzgeberisch in das Zinswesen eingegriffen hat, ist nicht sicher überliefert; die von Tacitus ann. VI 16 erwähnte lex dictatoris Caesaris de modo credendi possidendique intra Italiam regelte wohl nur das Verhältnis der zinsbar ausgeliehenen Gelder zu dem italischen Grundbesitz eines jeden Kapitalisten, Mommsen a. a. O. Ob in einer anderen Verordnung Caesar ein Zinsmaximum erlassen hat, kann vermutet, aber nicht erwiesen werden (Caes. bell. civ. III 1. Suet. Caes. 42. Cass. Dio XLI 37f. Beloch a. a. O. 1066).

II. Periode.

Was den tatsächlichen Stand des Zinsfußes in der Kaiserzeit vor Iustinian anbelangt, so steht uns ein reiches Quellenmaterial aus dem 2. und 3. Jhdt. zur Verfügung, ferner eine Reihe von Inschriften, die besonders auf lokale Verhältnisse hinweisen. Daß der mos regionis eine Verschiedenheit des Zinsfußes bedingt, wird verschiedentlich erwähnt, Dig. XIII 4. 3. XXXIII 1, 21 pr. XXII 1, 1 pr. XXII 1, 37. XVII 1, 10, 3. XXVI 7, 7, 10. XXVII 4, 3, 1. XXX [2197] 39, 1. Abgesehen von diesen örtlichen Unterschieden läßt sich als allgemeines Ergebnis nach den gründlichen Untersuchungen Billeters 179f. feststellen: der Zinsfuß für sichere Anlagen schwankt zwischen 3–15%, wobei 3% und 15% vereinzelt, 4–6% als eigentlicher Typus erscheinen. Wir finden :

3% in Dig. XXXI 1, 21, 4;

4% in Hist. Aug. Ant. Pius 2, 8; Alex. Sev. 21, 2. 26, 2. Dig. XXII 1, 17. 8. XXXVI 2, 26, 1. XXVI 7, 7, 10. XXVII 4, 3, 1. Cod. Iust. V 9, 6, 6. CIL XI 1236;[1]

5% bei Persius sat. V 149f. Tab. Baebianor. (CIL IX 1455);[2] tab. Veleias (CIL XI 1147).[3] CIL II 4511.[4] VIII 1641.[5] Dig. XXXIV 1, 15 pr. u. 16, 2. Cod. Iust. IV 32, 5. Dig. XXVI 7, 7, 10. CIL XIV 353;[6]

6% bei Colum. de re rust. III 3, 9. Plin. n. h. XIV 56. Plin. epist. I 8. VII 18. CIL XII 4393.[7] Dig. XVII 1, 34 pr. XIX 5, 24. L 10, 5 pr. CIL X 114.[8] Dig. XXII 1, 17 pr. CIL II 4514.[9] XIV 367.[10] Dig. XXXIV 4, 30 pr. XXII 1. 13 pr. XLVI 3. 102, 3. BGU 362. Dig. XLV 1, 134, 2. XXII 1, 17, 6. XV 4, 3. L 12, 10. CIL X 5853.[11] 107. VIII Suppl. 12421. VIII 9052. XII 1587. 1588;

10% in BGU 68;

12% in CIL VI 10297.[12] BGU 301. CIL XIV 326.[13] IG XIV 956. CIL VI 9254.[14] VIII 1845;[15]

15% in CIL V 5134.[16]

Der Zinsfuß bei weniger gutem und auch kurzfristigem Kredit ist naturgemäß höher, der überwiegende Typus ist hier 12%. Wir finden ihn in den griechischen Pap. Erzh. Rainer, Hartel 68, 32. BGU 272. 578. CIL III 1321.[17] Corp. Pap. Rain. I 1, 44. 1, 15. CIL III 930.[18] 931. 933. Monum. Germ. hist. auct. antiquiss. VIII 1887, 74–76. 18% in BGU 189. Der Wucher steigt über 36%, vgl. Iuven. sat. V 6–8.

Über die tatsächlichen Zinsverhältnisse bei dem eine Sonderstellung einnehmenden Seedarlehen (f. nauticum, darüber im Zusammenhange unten) liegen keine Berichte vor; doch sind wohl die beiden Tatsachen, daß dieses Geschäft bis Iustinian von jeder gesetzlichen Zinsbeschränkung frei blieb, und daß es mit einem bedeutenden Risiko für den Gläubiger verbunden war, für die Annahme zu verwerten, daß der allgemeine Typus der Seezinsen jedenfalls höher stand, als derjenige der gewöhnlichen Zinsen und Sätze über 12%, über die gesetzliche Höhe des SC. vom J. 51, oft vorgekommen sind. Die Grenze nach oben läßt sich bei dem Mangel an Nachrichten nicht einmal annähernd angeben.

Ebenso finden wir den Typus eines höheren Zinssatzes bei Verzugszinsen, und zwar nicht bloß aus Darlehen, sondern auch aus anderen Geschäften (Kauf, Mandat usw.), sei es daß diese Verzugszinsen in der Form der eigentlichen Zinsen oder einer Konventionalstrafe erscheinen. Der Satz unter 12% ist nur vereinzelt anzutreffen: Dig. XXII 1, 17 pr. XLV 1, 126, 2. Häufiger sind die Fälle zu 12%: Dig. XII 1, 40. XLV 1, 90. XX 1, 1, 3. Cod. Iust. IV 32, 8. Bruns Fontes6 153. CIG 354. Plin. ep. IX 28, 5. Über 12%: Dig. XXII 1. 44 und 9 pr. Cod. Iust. IV 32, 15. 16. IV 35, 19. Dig. XIX 1, 13, 26.

Bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen über [2198] das Zinswesen blieb das am Ende der I. Periode erwähnte SC. vom J. 51 v. Chr. auch für diese Periode im allgemeinen maßgebend. In den hierher gehörigen Quellenstellen wird der Zinssatz von 12% immer wieder als usurae legitimae, fenus licitum, modus (status) legitimus oder licitus bezeichnet. Wir besitzen mehrere übereinstimmende Andeutungen, aus denen sich mit aller Wahrscheinlichkeit ergibt, daß schon zu Anfang der Kaiserzeit neue Konstitutionen über das Zinswesen ergangen sind, jedenfalls aber inhaltlich mit dem alten gesetzlichen Maximum von 12%, vielleicht unter Erlaß näherer Ausführungsbestimmungen (Cod. Iust. IV 32, 20, 15. Dig. XIX 1, 13, 26). Was die Durchführung dieser Maximalbestimmungen anbelangt, so scheint diese praktisch nicht besonders wirkungsvoll gewesen zu sein; das Schwanken der Gesetzgebung verrät die Schwierigkeit dieser Aufgabe. Jedenfalls steht bis zur Zeit Diocletians soviel fest, daß die Verabredung von Zinsen über das Maximum keinen Nichtigkeitsgrund für die Stipulation überhaupt abgab, sondern daß nur diese usurae supra legitimum modum nicht eingeklagt, und, wenn gezahlt, auf das Kapital angerechnet, eventuell zurückgefordert werden konnten (Dig. XIII 7, 11, 3. XXII 1, 29 u. 20 u. 9 pr. XIX 1, 13, 26. XII 6, 26 pr. Paul. sent. II 14, 2 u. 4). Im J. 290 bestimmte Diocletian (Cod. Iust. II 11, 20), daß die improbum fenus exercentes der Makel der infamia treffen solle; freilich ist von dieser Strafe in einer drei Jahre nachher ergangenen constitutio (Cod. Iust. IV 2, 8) nicht mehr die Rede. Noch nicht 100 Jahre später, im J. 386, wird von Theodosius d. Gr. ein anderer legislativer Weg eingeschlagen; die alte Strafe des quadruplum vom zuviel geforderten Zins wird für die Zukunft wieder eingeführt (Cod. Theod. II 33, 2). Da 426 die Sententiae des Paulus, der weder die Strafe der infamia noch das quadrupulum kennt, mit Gesetzeskraft versehen worden sind, so muß von da an wieder der vordiokletianische Zustand gegolten haben. Zu beachten ist übrigens, daß etwa gegen Ende der ersten Hälfte des 4. Jhdts. n. Chr. die Bedeutung der centesima eine Erhöhung auf 121/2% annimmt, da von dieser Zeit an eine neue Zinsberechnung üblich wurde; man zahlte und berechnete als gesetzlichen Zins für den solidus (= 24 siliquae) 3 siliquae jährlich, d. h. 1/8 des Kapitals, also 12 1/2%, Marquardt II 61. Mommsen Gesch. d. röm. Münzw. 791. Billeter 269. 1.

So die allgemeinen für alle Kreise der Bevölkerung geltenden gesetzlichen Bestimmungen in dieser Periode. Die jetzt allmählich einsetzende ständisch-korporative Gliederung im Staate bedingt aber auch den Erlaß von Verordnungen für einzelne Kreise. So stellte zunächst der Kaiser Alexander Severus die Senatoren unter das Zinsverbot, gestattete ihnen aber gleichzeitig für das Darlehen die Annahme von munera (,Douceurs‘). Doch wurde diese auf eine Umgehung des Gesetzes direkt hinweisende Veränderung bald durch eine andere ersetzt, nach welcher den Senatoren 6% gestattet wurden, Hist. aug. Alex. Sev. 26, 3. Strengere Anschauungen gelangten wieder im J. 397 zur Geltung, wo den Senatoren das Zinsnehmen völlig verboten wurde, ohne daß der [2199] praktische Erfolg dieser extremen Bestimmung nennenswert gewesen wäre; sie wird dadurch tatsächlich illusorisch gemacht, daß die Senatoren – und zwar in gesetzlich zulässiger Weise – auf den Namen ihrer minderjährigen Söhne Geld ausleihen, Cod. Theod. II 33, 3. Arcadius kehrt im J. 405 wieder zu dem Mittelwege von 6% zurück, Cod. Theod. II 33, 4.

Schließlich wurden in dieser Periode auch gegen einen zweiten Stand, gegen denjenigen der Kleriker, ausnahmslose Zinsverbote erlassen auf Grund der aus dem Alten, mißverständlicherweise auch aus dem Neuen Testament entnommenen patristischen Lehre von der Sündhaftigkeit des Zinsennehmens (Exod. XXII 25. Levit. XXV 35f. Deuter. XV 7f. Luk. VI 34f. XIV 12ff.; dagegen Matth. XXV 27). Die abendländische Synode von Arles 214 und die oekumenische von Nikaea 325 sprachen dieses Zinsverbot aus, die Synode von Laodicea erneuerte es und bezog es ausdrücklich sowohl auf Geld- wie auf Fruchtzinsen. Im allgemeinen bleibt die Anwendbarkeit dieser Synodalbeschlüsse auf Kleriker beschränkt, obwohl schon die nur für Spanien geltende Synode von Elvira 306 auch Laien wegen Zinsennehmens mit der Exkommunikation bedroht hatte; dieser Beschluß wurde aber von den nachfolgenden allgemeinen Synoden nicht bestätigt. Schon die vorkonstantinischen Kirchenväter hatten sich allgemein gegen das Zinsennehmen ausgesprochen, so besonders Apollonius, Tertullian, Cyprian und Lactanz, Funk Gesch. d. kirchl. Zinsverb. (1876) 7ff. Für den besonderen Fall des Fruchtdarlehns, für welches bis dahin offenbar Zinsfreiheit bestanden hatte, setzte Constantin im J. 325 den Zins der Früchte noch auf die Hälfte des Dargeliehenen fest, so daß z. B. von 2 modii Getreide 1 modius, also 50% Zins genommen werden konnte, Cod. Theod. II 32, 1.

III. Periode.

Für diese Periode, die uns in die Zeit Iustinians führt, sind wir zunächst im Besitze von Angaben über Kapitalisierungsraten. So werden Renten zu folgenden Sätzen kapitalisiert: zu 6,7% (Faktor 15) in Cod. Iust. VIII 53, 35; zu 5% (Faktor 20) in Nov. VII 3; zu 2,85% (Faktor 35) in Nov. CXXXI 12, 2; zu 2% (Faktor 50) und zu 7,9% (Faktor 12,7) in Nov. XL 1 (Billeter 306f.). Die auffallend hohen Faktoren 30 und 50 (bezw. auffällig niedrigen Raten zu 2 und 2,85%) erklären sich aus besonderen Verhältnissen (starker Nachfrage usw.); als eigentliche Mittellage werden 5–6% anzusetzen sein. Aus diesen Kapitalisierungsraten kann auf einen tatsächlich üblichen Zinsfuß für sichere Anlagen zu demselben Satze geschlossen werden. Andeutungen – freilich ohne Begrenzung nach unten – gibt die Bemerkung Iustinians, daß infolge seiner Zinsgesetzgebung der Zinsfuß bei Kontrakten meist unter 12% gesunken sei (Cod. Iust. VII 54, 3. 1); doch gibt wenigstens einen Anhalt für die Begrenzung nach unten, daß Iustinian für gewöhnliche Leute als Zinsmaximum 6%, d. h. den tatsächlich allgemeinen Stand gewählt hat. Der Zinsfuß bei kaufmännischem Kredit mag höher, etwa 8% gewesen sein, worauf ebenfalls das gesetzliche Zinsmaximum für Kaufleute (8%), ferner die Erwähnung dieses Zinssatzes bei den Forderungen [2200] der argentarii (ἀργυροπρᾶται) hinweist, Nov. 136. Edict. Iust. IX 6. Für kurzfristigen und unsicheren Kredit wird in einigen Stellen der Satz von 12% angegeben: in einem Pap. Erzh. Rain. bei Wessely Wiener Stud. IX 257 und in einer allerdings schon vom J. 593 datierenden Urkunde bei Wessely a. a. O. 251. Billeter 231f. 354. Für das Seedarlehen (f. nauticum, genauer s. unten) ergibt sich aus Nov. 106, daß es alte Usance (ἀρχαῖον ἔθος) war, 121/2% (τὴν ὀγδόην μοῖραν) als Normalzins zu nehmen.

In diesen tatsächlich bestehenden Zustand hat Iustinian mit seinen Maßnahmen nicht extrem eingegriffen, wenn er auch wie seine Vorgänger bestrebt war, den Zinsfuß herabzudrücken; im allgemeinen aber kam er dem bestehenden Zustand entgegen. Er stellte nicht ein einziges Zinsmaximum auf, sondern mehrere, je nach der Verschiedenheit des Erwerbsgebietes oder der sozialen Klassen, zu denen die beteiligten Personen gehören; es wirkt bereits ein die ständisch-korporative Gliederung der Bevölkerung. So soll den personae illustres nur 4% erlaubt sein, den Handelsleuten 8%, beim Seedarlehn 12%, in allen übrigen Fällen 6%. Zinsversprechen, welche diese Grenzen überschreiten, sind insoweit nicht einklagbar; darüber hinaus gezahlte Zinsen sind von der Kapitalschuld abzurechnen, Cod. Iust. IV 32, 26, 1–5. Daneben wurden noch folgende spezielle Bestimmungen gegeben: der Fiskus soll keine Ausnahmestellung einnehmen, sondern auch nur die gewöhnlichen 6% fordern dürfen (Cod. X 8, 3); für Fruchtdarlehen können 12% (nicht 81/2%, wie Beloch a. a. O. 1006 meint), für Darlehen an Bauern nur 4% gefordert werden (Nov. 32), für solche an Kirchen oder milde Stiftungen nur 3% (Nov. 120). Die Verschiedenheit der gesetzlichen Zinsgrenze in Rücksicht auf einzelne Klassen der Bevölkerung ist nur erklärlich durch das die damalige Gesellschaft bereits zersetzende Kastenwesen; ein derartiges gesetzliches Vorgehen verletzt den für die Höhe des Zinsfußes allein maßgebenden regulativen Grundsatz, als welcher nur die Sicherheit des Kredits in Frage kommen kann.

Fenus nauticum im besonderen bezeichnet das Seedarlehen des Römischen Rechts. In der Anwendung dieser Bezeichnung sind jedoch die römischen Quellen nicht konsequent; gewöhnlich heißt das dargeliehene Kapital pecunia traiecticia, die Zinsen usurae maritimae oder fenus, und nur an einer Stelle das ganze Geschäft f. nauticum (Cod. Iust. IV 33, 4 [3]). Gleichwohl ist in der Rechtswissenschaft gerade dieser Sprachgebrauch zum technischen geworden.

Das Rechtsinstitut ist nicht auf römischem Boden erwachsen; sicheres Material für seine geschichtliche Entwicklung enthalten erst die griechischen Quellen aus der Blütezeit des athenischen Seehandels, besonders die Reden des Demosthenes, auch die Schriften des Lysias und Xenophon (s. Art. Ναυτικὸς τόκος; ferner L. Goldschmidt Unters. 6f.). Durch die Berührung mit der griechischen Kultur und infolge der Bedürfnisse des sehr entwickelten Handelsverkehrs wurden auch die Römer im Wege der gewohnheitsmäßigen Übung dieses Rechtsinstituts teilhaftig. Wann seine Rezeption im Römischen Recht vollendet [2201] ist, läßt sich nicht annähernd bestimmen, beachtenswert aber ist, daß schon der ältere Cato († 149 v. Chr.), in seinen Schriften vor den sittlich und wirtschaftlich gefährlichen Zinsgeschäften warnend, praktisch gleichwohl das ,tadelnswerteste der Darlehen‘, die Schiffszinsen mit großem Erfolge betrieb (Plut. Cat. mai. 21), und daß zur Zeit Ciceros das griechische Seerecht überhaupt als ein Bestandteil des ius gentium rezipiert ist (Dig. XIV 2, 2 pr. u. 3. XXII 2, 8). Jedenfalls operiert die klassische Jurisprudenz mit diesem Rechtsinstitut als mit einem längst bekannten Begriffe. Doch ist seine Stellung im System nicht zweifelsfrei.

Die Quellen handeln von dem f. nauticum nicht bei der allgemeinen Lehre vom mutuum, sondern seiner geschäftlichen Hauptbedeutung gemäß in der Lehre von den Zinsen unter den besonderen Materien des allgemeinen Abschnitts de rebus creditis, Dig. XXII 2. Cod. IV 32; mehrfach wird aber das Geschäft als mutuum bezeichnet (Dig. XXII 2, 6. XLV 1, 122, 1. Cod. IV 33, 5). Indessen wird in Rücksicht auf die erheblichen Abweichungen (Cujacius Op. VII 862. X 462) die Darlehnsnatur des f. n. bestritten, und es den Innominatkontrakten zugezählt (Savigny System VI 131. J. G. Goldschmidt De nautico fenore 29f. 71f. Kleinschmidt Fenus nauticum 38f. Sieveking Seedarl. 32. Büchel 46f.). Doch die entscheidenden Begriffsmerkmale des mutuum – Hingabe von Fungibilien mit der Verpflichtung zur Rückgabe von Sachen derselben Quantität und Qualität – finden wir auch beim f. n. wieder, wenn es auch infolge seiner Herübernahme aus dem griechischen Peregrinenrecht nicht allen strengen Regeln des nationalrömischen mutuum untersteht (Huschke Darl. 221f. L. Goldschmidt Unters. 61f. Matthias Fen. naut. 7. Spitta Gesch. Entw. d. fen. naut. 5f.). Als Besonderheiten des Seedarlehns gegenüber dem gewöhnlichen Darlehen kommen in Betracht:

1. Das Geld wird nur zu einer Seeunternehmung gegeben. Dig. XXII 2, 1. Cod. IV 33, 3. Es ist nicht richtig, dem Begriffe des f. n. unter Beziehung auf Dig. XXII 2, 5 pr. (lex damnata) dogmatisch ein f. quasi nauticum anzugliedern, d. h. einen Typus von Geschäften überhaupt, bei welchen der Gläubiger ein Rückforderungsrecht des Hingegebenen und eines Plus als periculi pretium dann nicht haben soll, wenn allgemein eine gewisse Bedingung, sie stehe in der Macht des Schuldners oder nicht, eintritt oder nicht eintritt (Glück XXI 153f.). Die Einfügung der erwähnten Lex unter den Titel de nautico fenοre darf nicht dazu verleiten, auch auf diese Geschäfte die Grundsätze des f. n. anzuwenden (so Matthias 22f.); vielmehr lag dem Juristen (Scaevola) nur daran, in vergleichender Beziehung auf das f. n. eine Erklärung dafür zu geben, daß auch bei diesen im Landverkehr vorkommenden Geschäften die Rückgabe eines Plus, eines periculi pretium, für die besondere Gefahrübernahme formlos (ex pacto) versprochen werden konnte (Huschke Darl. 225f. Kleinschmidt 34f. Büchel 12f. Spitta 9f., besonders die Basilikenstelle in Cujacius Observ. lib. IX 28).

2. Das Geld oder die damit angeschafften Waren müssen der Seegefahr ausgesetzt werden; [2202] daher pecunia traiecticia, quae trans mare vehitur, Dig. XXII 2, 1. Basil. LIII 5, 3. Der Grundfall des f. n. hat gewiß nur die pecunia numerata, die sich als certi nummi auf dem Schiffe befanden, zum Gegenstande gehabt; das Bedürfnis des Handelsverkehrs verlangte zu den Zwecken des Ausfuhrhandels eine Erweiterung auf Waren, die der Darlehnsempfänger von dem geliehenen Gelde angeschafft hatte. So Modestinus Dig. a. a. O. Ob die Entwicklung des Rechtsinstituts noch weiter gegangen ist, ob z. B. die Verwendung des Geldes zur Reparatur des Schiffes oder Löhnung der Mannschaft zulässig war (Hudtwalcker De fen. naut. 15. 27. Matthias 18f. Jhering Jahrb. XIX 6. Endemann Ztschr. f. H.-R. IX 290f.), ist zweifelhaft. Dafür würde sprechen die Analogie des griechischen Seedarlehens (δάνεισμα ναυτικόν; vgl. Boeckh Staatshaush. d. Athen. Ι 184ff.), bei dem es gleichgültig war, wie der Schuldner mit dem empfangenen Gelde verfuhr. Dagegen spricht die Unerweisbarkeit der Erweiterung aus den römischen Quellen und die an den Anfang des Titels gestellte enge Definition Modestins, Dig. XXII 2, 1 (Kleinschmidt 10f. 21f. Sieveking 34f. Büchel 40f. Spitta 11f.).

Diese pecunia traiecticia, sei es in der ursprünglichen Form von Geld oder nach der Konversion in Waren, mußte der Seegefahr ausgesetzt werden; das bildete ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des f. n. Anders die Ansichten, nach denen es auf die Anwesenheit der pecunia traiecticia im Schiffe überhaupt nicht mehr angekommen sei, der Schiffer vielmehr das entliehene Geld im Heimatshafen habe zurücklassen können, um es im Falle des Unglücks als Entschädigungssumme bereit zu haben (Schröder in Endemanns Handb. d. H.-R. IV 236. Matthias 20f. Endemann Ztschr. f. H.-R. IX 291. Jhering Jahrb. XIX 6f.). Hier wird das Geschäft als ein solches mit Versicherungszweck aufgefaßt im Gegensatz zu dem trans mare vehi der Quellen; doch ist den Römern die Versicherung als besonderes Institut völlig fremd und die Seeassekuranz kein Bedürfnis gewesen (Elsner im Arch. f. Vers.-Wes. I 1–44). Wenn auch durch die abnorme Gefahrübernahme seitens des Gläubigers die Stellung des Schuldners, den der Seeunfall traf, gegen eine Rückforderungsklage gesichert wurde, so lag in diesem tatsächlichen Versicherungserfolg nur eine Nebenerscheinung und nicht der wesentliche Zweck des Geschäfts (Kleinschmidt 15f. Büchel 40f. Spitta 15f.).

3. Der Gläubiger trägt die Seegefahr. Hierin liegt der besonders hervorspringende Unterschied zum gewöhnlichen Darlehen; trotzdem das Eigentum des Dargeliehenen an den Schuldner übergeht, übernimmt der Gläubiger noch in Rücksicht auf dasselbe eine besondere Gefahr. Als solche Gefahr kam nicht bloß die am ehesten zu besorgende des naufragium in Betracht (Cod. IV 33, 4. 5), sondern auch Seeraub und Schiffswurf (Cod. IV 33. 3: incertum periculum, quod ex navigatione maris metui solet). Für andere Unfälle, die mit Seeschiffahrt keinen Zusammenhang haben, z. B. Feuersbrünste, Verderb der Waren usw., sowie für solche, die durch die culpa des Schuldners herbeigeführt wurden, haftete der [2203] Gläubiger nicht (Cod. IV 33, 4. Dig. XIII 4, 2, 8). Diese abnorme Stellung des Gläubigers pflegten die Parteien – wie sich aus dem Schiffsdarlehen des Callimachus Dig. XLV 1, 122, 1 ergibt (L. Goldschmidt Unters. 7ff.) – noch zeitlich besonders zu präzisieren; mit dem Ablaufe der Zeit hörte die Haftung für den Kapitalverlust von selbst auf. Die Verabredungen über die Zeit wurden entweder für eine bestimmte Reihe von Tagen oder für eine Seereise oder für mehrere Reisen getroffen (Dig. a. a. O. XXII 2, 4 u. 6 u. 3. Cod. IV 33, 4. Dig. L 16, 59. Matthias 41).

Als Folge dieser weitgehenden Gefahrstellung des Gläubigers tritt im Römischen Recht die Zinsfrage beim f. n. sehr in den Vordergrund. In Anlehnung an das Griechische Recht wurde dem Gläubiger die billig erscheinende Berechtigung zuerkannt, sich für das besondere Risiko seiner Gefahrübernahme eine besondere Vergütung vom Schuldner versprechen zu lassen. Für das voriustinianische Recht steht fest, daß auf die usurae maritimae, d. h. auf die für die Zeit der Seefahrt berechneten Zinsen, die sonst bestehenden Zinsbeschränkungen keine Anwendung fanden (Paul. sent. II 14, 3. Dig. XXII 2, 4 pr. Cod. IV 33, 2. 3. IV 32. 26, 2).

Für den durch Iustinian hergestellten Rechtszustand ist zunächst die Bestimmung der generellen lex 26 Cod. IV 32 in § 2 maßgebend, nach welcher die Zinsen bei den contractus traiecticii die centesimae, also 121/2% jährlich, nicht überschreiten dürfen, licet veteribus legibus hoc erat concessum. Nicht immer ist diese einfache Interpretation der Stelle anerkannt worden. Schon Vegesack (De periculi pretio usw. 1678) hat hierzu eine Unterscheidung zwischen den usurae maritimae und dem pretium periculi angenommen; auf erstere allein beziehe sich die gesetzliche Zinsbeschränkung von 121/2%, daneben laufe aber das letztere in gesetzlich unbeschränkter Höhe selbständig einher (Büchel 3, 2 und 2lf.). Neuere Schriftsteller, an ihrer Spitze Jhering (Jahrb. f. Dogm. XIX 1–23), ihm folgend Matthias 29f. und Schröder a. a. O. 238, nehmen das Auffällige, das in der Festsetzung eines verhältnismäßig geringen Zinsfußes für das Risiko des Überseehandels liegt, zum Anlaß, um zu erklären, daß sich die Bestimmung Iustinians nur auf die Landzinsen beziehe, die beim f. n. neben den Seezinsen und getrennt von diesen vorkommen, nämlich für die Zeit vor der Abfahrt, besonders aber für die Zeit nach Ankunft des Schiffes bis zur Zahlung, daß also für die eigentlichen Seezinsen der frühere Grundsatz von der Unbeschränktheit auch durch Iustinian nicht aufgehoben worden sei.

Diese Beziehung auf die Landzinsen hat nicht nur keinen Anhalt an der hier sehr einfachen Ausdrucksweise Iustinians, sondern widerstreitet ihr sogar; der Hinweis auf die veteres leges, welche angeblich völlige Zinsfreiheit für die Landzinsen gestatteten, würde in unlösbarem Widerspruch stehen zu Dig. XXII 2, 4 pr. und 1, wo ausdrücklich in Bezug auf Landzinsen von legitima usura (= 12%, Papinian) die Rede ist. Andererseits besteht bei dieser Auffassung – anders Jhering – gar kein Gegensatz zu der Konstitution Diocletians [2204] Cod. IV 33, 1, durch die nicht die allgemeine Zinsfreiheit beim f. n. eingeschärft, sondern nur die feste zeitliche Begrenzung für den Lauf der höheren Seezinsen und für das Einsetzen der usurae communes (d. h. 6%; tamdiu quamdiu navis ad portum appulerit) festgestellt werden sollte (Büchel 7f.). Die entsprechenden Basilikenstellen (XXIII 3, 74. LIII 5, 15), schließlich die authentische Interpretation des Ausdrucks contractus traiecticii in der praef. zu Nov. 106 (= τὰ τοῖς ὐαλαττίοις ταῦτα δανείσματα, unterschieden von ὁ τῶν ἐγγείων τρόπος, Billeter 336f.) lassen keinen Zweifel mehr daran, daß Iustinian dem Maximum von 12% die wirklichen Seezinsen unterwerfen wollte. Ist diese Bestimmung im Hinblick auf die frühere völlige Unbeschränktheit dieser Zinsen und die Bedürfnisse des Seehandels allerdings befremdend, so folgt sie doch der allgemeinen Tendenz der iustinianischen Gesetzgebung: Gewährung einer oft weitgehenden Milde gegenüber dem Schuldner (Jhering Kampf ums Recht 87).

Im J. 540 erließ Iustinian auf das Ansuchen zweier byzantinischer Kaufleute die Nov. 106, nach der den Gläubigern gestattet sein sollte, entweder 12(1/2)% Zinsen in bar zu nehmen, oder nur 10%, aber mit der Berechtigung, für jeden Solidus des Darlehns 1 modius Weizen zollfrei auf dem Schiffe zu verladen; und zwar sollte die Berechnung dieser Zinssätze nicht – wie sonst – nach bestimmten Zeitabschnitten erfolgen, sondern auf die Seereise schlechthin ohne Rücksicht auf deren Dauer. Schon in dem nächsten Jahre (541) hebt Iustinian diese novella durch Nov. 110 kurzerhand auf, so daß die allgemeine lex 26 Cod. IV 32 wieder galt. Ob der Grund der Aufhebung in der Möglichkeit zu suchen ist, daß nach Nov. 106 bei kurzfristigen Reisen entgegen den übrigen gesetzlichen Begrenzungen die höchsten Zinssätze gefordert werden konnten (Kleinschmidt 29f. Büchel 28f. Spitta 36), oder in dem Übelstande, daß durch Nov. 106 partikulares byzantinisches Gewohnheitsrecht unzweckmäßigerweise zum allgemeinen Reichsgesetz erhoben wurde (Matthias 31. Billeter 338), läßt sich bei dem Mangel jeglicher Begründung in Nov. 110 nicht entscheiden.

Nicht zum notwendigen Tatbestande, aber zur regelmäßigen Ausführung des f. n. gehörte die Mitsendung eines Sklaven, der den An- und Verkauf der Waren, den Schiffer während der Fahrt zu überwachen und das Kapital am Bestimmungsorte in Empfang zu nehmen hatte (Jhering Jahrb. XIX 10; der Sklave Eros beim Schiffsdarlehn des Callimachus in Dig. XLV 1, 122, 1, L. Goldschmidt Unters. 30ff.). Geschah letzteres nicht zu der festgesetzten Zeit, so wurden die Dienste des kontrollierenden Sklaven dem dominus und Gläubiger entzogen, und dieser stellte daher eine Spesenrechnung für den servus als Entschädigungsforderung auf. Es ist begreiflich und ergibt sich aus den dieser Gesetzesumgehung entgegentretenden Quellenstellen (Dig. XXII 2, 4 pr. und 1. XLIV 7, 23), daß diese Spesenrechnung zum Gegenstande enormer, über die gesetzlichen Zinsbeschränkungen hinausgehender Forderungen gemacht wurde. Nach der erstgenannten Stelle (von Papinian) soll aber nur ad finem centesimae, [2205] non ultra duplum gefordert werden dürfen, eine Ausdrucksweise, die zuerst Loyson (De foen. naut. 1700), und mit besonderer Unterscheidung Jhering a. a. O. 8f., ihm folgend Matthias 29f. 51, dahin interpretiert haben, daß nicht über das duplum der centesima (also 24%) – nämlich 12% Landzinsen und 12% Warenzinsen als Zuschlags-ceimma – gefordert werden konnten. Dagegen besonders Büchel 30f., der das duplum (sc. des Kapitals) auf das Verbot des Zinsenlaufs non ultra alterum tantum des Kapitals bezieht. Das kommt aber hier nicht in Frage. Duplum verweist auf eine Kombination von Sklavenspesen und Konventionalstrafe (Landzinsen), und es wird nur gesagt, daß die ersteren nur bis 12%, (ad finem centesimae) eingeklagt werden können, nicht darüber hinaus (ultra als Adverb) noch ein duplum (nämlich noch 12% als Konventionalstrafe). Eine kumulative Verbindung zwischen den Landzinsen als Verzugszinsen und den Sklavenspesen wird also nicht zugelassen, vielmehr ist nur eine Alternative möglich: entweder offene Verzugszinsen oder solche in der Form von Sklavenspesen, beide aber nicht über 12%; waren aber bei den stipulierten Verzugszinsen 12% nicht erreicht, so konnten sie durch Spesenforderung bis zu dieser Höhe ergänzt werden (Dig. XXII 2, 4, 1).

Schließlich kann man noch als eine häufige Begleiterscheinung beim f. n. die Bestellung eines Pfandrechts an dem Schiffe oder den Waren als Sicherheit für den Gläubiger wegen seiner Ansprüche beobachten, ohne daß jedoch von dem Entstehen eines gesetzlichen Pfandrechts oder einem essentiale negotii (J. G. Goldschmidt 51) gesprochen werden könnte. Dieses Pfandrecht wird durch Vertrag begründet, so auch in Dig. XLV 1, 122, 1. XXII 2, 6. Im übrigen galten die gewöhnlichen Vorschriften über das Pfand bei einer bedingten Forderung (Dig. XX 1, 13, 5. Kleinschmidt 30f. Matthias 41f. Spitta 41f.).

Literatur über f. im allgemeinen vollständig bei Billeter Gesch. d. Zinsfußes im Altertum Einl. IX–XII. Klingmüller Ztschr. der Sav.-Stiftg. R. A. XXIII 68ff. Über f. nauticum im besonderen: Salmasius De usuris lib., 1638; De modo usur., 1639; De f. trapezit., 1640. J. Fr. Gronov De sestertiis. 1691. Noodt De f. et usur. libri III. 1698. Hudtwalcker De f. naut. rom., 1810. L. Goldschmidt Unters. z. l. 122 § II D. de V. O. 45, 1. 1855. Franck De bodmeria, 1862. J. G. Goldschmidt De fenore nautico, 1866. Endemann in Ztschr. f. Hand.-R. IX. Kleinschmidt Das fen. naut. 1878. Jhering in Jahrb. f. Dogm. XIX. Matthias Das fen. naut. 1881. Büchel Gesetzl. Zinsmax. bei fen. naut., 1883. Schröder in Endemanns Handb. des Hand.-R. IV. Goldschmidt Universalgesch. d. H.-R. 1893. Sieveking Seedarl. d. Altert., 1893. Spitta Gesch. Entw. d. fen. naut., 1896.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1236.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 1455.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1147.
  4. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 4511.
  5. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 1641.
  6. Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 353.
  7. Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 4393.
  8. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 114.
  9. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 4514.
  10. Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 367.
  11. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 5853.
  12. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 10297.
  13. Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 326.
  14. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 9254.
  15. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 1845.
  16. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 5134.
  17. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 1321.
  18. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 930.