RE:Hipponax 1
| Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
|---|---|---|---|
| von Ephesos, Iambograph | |||
| Band VIII,2 (1913) S. 1890–1907 | |||
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Hipponax. 1) [...] [1891] [1892] [1893] [1894] [1895] [1896] [1897] [1898] [1899] [1900] [1901] [1902] [1903] [1904] [1905] [1906] [1907] Hipponax 1890}}
inschr.² 35. die zehn rf. Gefäße 140f. Klein nr. 2 ehemals in der Sammlung Tyskiewicz, ist jetzt in Boston, vgl. Annual report für 1903, 71 nr. 58. Am. Journ. of Arch. VIII 1904, 386 nr. 58. Arch. Anz. 1904, 195. Hinzuzufügen ist noch, daß auf einer nolanischen Amphora derselben Größe und desselben Stiles in Boston wie nr. 2 der Name ὄν καλός ebenfalls wohl zu Hippon zu ergänzen ist; vgl. Annual report ebd. nr. 59. Auf der rf. 10 Schale in der Art des Pamphaios im Brit Mus.
III nr. E 7 (Klein nr. 9) ist die gefeierte Person wohl dieselbe wie auf den beiden sf. Amphoren, auf keinen Fall aber ist sie mit der auf den nolanischen Amphoren und Lekythen des schönen Stiles gefeierten Persönlichkeit zu identifizieren; s. Hauser Berl. Philolog. Wochenschr. 1900, 1366. Vgl. noch Wernicke Lieblingsnam. 35 und 115.
Hlpponax (Ἰππώνάξ, über die früher übliche 20 Betonung Ἰππώναξ Lobeck Paralip. 276).
1) H. von Ephesos, der Iambograph.
Allgemeine Literatur: Außer den literarhistorischen Handbüchern, unter denen die ausführlichste, nicht die beste Darstellung von Flach Gr. Lyrik 557ff., als bequeme Vereinigung der Zeugnisse immer noch brauchbar die biographische Einleitung der ersten H.-Ausgabe von Welcker, Göttingen 1817. Die Welcker sehe Sammlung der Fragmente nach den Leistungen von Schneide-30 win (Delectus 1839) und Meineke (hinter Lachmanns Babrius 1845, noch immerbenützenswert), für ihre Zeit abschließend überholt durch Bergks PLG II 4 1882, 460ff. Neben diesen wegen der neueren Zusatzfunde heuteu nentbehrlich die auf komplettere Bruchstücke beschränkte Auswahl von Crusius in der Bergk-Hillerschen Anthologia Lyrica* exempt einend, atque.. auct. 1897. Die textkritische Arbeit an den Fragmenten, um die Mitte des vorigen Jhdts. besonders rege, wenn 40 auch nicht gerade ergebnisreich, läßt seither auffallend nach, vgl. Blaß Jahresber. V 104. Hiller ebd. XXXIV 264. XLVI 65. LIV 164f. Sitzler LXXV 156f XCII 50. CIV 102.
I. Zeit. Die antiken Datierungen der Blütezeit des H. gingen weit auseinander. Einerseits schob man ihn, anscheinend verführt durch seine typische Zusammenstellung mit Archilochos, 150 Jahre zu hoch, etwa als Zeitgenossen des Ter-pandros (wogegen Hut. de mus. 6), in den An-50 fang des 7. Jhdts. hinauf (Hieronym. zn Ol. 23, 1 = 688, vgl. Crusius o. Bd. H S, 488, 29), ein Ansatz, der sich schon durch die Erwähnung des Mimnermos (frg. 96) und des Bias (frg. 79) bei H. widerlegte, andererseits wieder zu tief herunter als ἀχμακῶν κατὰ Δαρεῖον (521–485, Proklos bei Phot bibl. cod. 239 p. 319b 31 B.; die Anführung des H. hinter Antimachos bei Solin. 40, 6 ist nicht chronologisch gemeint). Die richtige Festlegung des Dichters auf ÖL 60 = 540–53760 gibt nach guter Quelle Plin. n. h. XXXVI 11, indem er mit Hilfe dieses ,sicheren' Datums die Zeit der Bildhauer Bupalos und Athenis bestimmt, während man in Wahrheit umgekehrt die Epoche des H. nach der bekannten Chronologie der Künstlerfamilie des in seinen Iamben bekämpften Bupalos (dessen Identität mit dem Archermos-sohne ohne Begründung geleugnet von B e t h e in Gercke-Nordens Einleitung I 288) berechnet [1891] mppvuiu}}
haben wird (Robert o. Bd. II S. 2042). Zum dxjuij-Ansatz des Plinius, der als mutmaßliches Geburtsjahr des H. ca. 575 ergäbe (andersFlach 558), stimmt das Marmor Parium ep. 42; überein kommt damit auch die auf eine Zeit bald nach 545 weisende Tatsache, daß H. von den ephesischen Tyrannen verjagt ward (Flach 558). Aussichtslos scheint es, mit Flach u. a. das Jahr der Vertreibung noch genauer zu ermitteln. 11
II. Leben. Für unsere Kenntnis vom Leben des H. bietet den Grundstock der kurze Artikel des Suidas, H., als Sohn des Pythes und der Protis in Ephesos geboren, siedelte, von den dortigen Tyrannen Athenagoras und Komas vertrieben, nach Klazomenai über und verfaßte hier (frg. 13, 2) Gediente gegen die Bildhauer Bupa-los und Athenis, weil sie höhnende, d. h. karikierende Bilder von ihm gemacht. Seiner Herkunft nach erscheint er in den Fragmenten 2( als niedrig, plebeischen Standes und bitterlich arm (s. u. Abschn. III 4). Körperlich war er nach Metrodor von Skepsis (FHG III 205) bei Athen. XII 552 c. d (zum Teil übernommen von Aelian. var. hist. X 6) klein und mager, aber überaus sehnig und stark (vgl. frg. 83, 2). Als Grund für seine Verbannung liegt es nahe, politisch freiheitliche Opposition gegen die Tyrannis zu vermuten. Von seinen beiden so unglaublich scharf und gehässig verfolgten Feinden begegnet uns in 3C den Bruchstücken nur der eine, der auch bei späteren Anspielungen auf die sprichwörtliche μάχη Βουπάίειοί (Kallim. frg. 90 und darnach Iulian. ep. 30 p. 403 D) allein genannt zu werden pflegt (Aristoph. Lys. 361. Hör. epod. VI 14. Luc. Pseudol. 2), Bupalos. Den Namen des Athenis hatte man früher durch unberechtigte Konjekturen in frg. 13, 2 (Bergk) und bei Ovid. Ib. 521 (Alciatus) herstellen wollen. Die letztere bereits von Welcker 22f. mit löblicher Vorsicht 40 behandelte Stelle wird noch heute immer wieder in jenem Sinne mißbraucht (z. B. Bergk Griech. Lit.-Gesch. II 327, 108) und gleichzeitig als vermeintlicher Beleg für einen sagenhaften Hungertod unseres Dichters zitiert. Wer bei dem Streite den ersten Anfang gemacht, ob die Künstler (Hartung Babr. u. d. ält. Iambendichter 212f.) oder H., etwa durch ungünstige Kritik ihrer Kunst (Welcker 16; vgl. frg. 95 mit frg. 10), läßt sich mit unseren Mitteln ebensowenig entscheiden 50 wie die wichtigere Frage, ob das .karikierte Porträt des H. wirklich existiert hat (so Bergk Lit. Gesch. H 327, 110) oder ob es eine legendarische Erfindung ist, um die erbitterten Angriffe des Iambographen auf die Künstler zu erklären¹ (Robert o. Bd. II S. 2042). Mit dem Karikaturbild des H. fiele vielleicht auch die angebliche, zum erstenmal von Plin. n. h. XXXVI 12 erwähnte Häßlichkeit seines Gesichtes (Welcker 15 A.*), die Häßlichkeit, in der man gewöhnlich 60 den Schlüssel zu Wesen und Kunst des bissigen Dichters zu finden vermeint (Teuffei Pauly R.E. IV 14). Sicher und deutlich hat sich die Legende des H. bezüglich der furchtbaren Wirkung seiner Iamben bemächtigt. Das Muster mußte der mit H. als Spott- und Schmähdichter so oft in einem Atem genannte (Stellen bei Teuffel Pauly R.E. IV 15) Archilochos bieten (vgl. Crusins o. Bd. II [1892] mpponax 1892
S. 493Ï.). Wie man nach Analogie der Geschichte von Lykambes und Neobule wohl auch den H. um eine Tochter des Bupalos werben, aber wegen seiner Häßlichkeit abfahren ließ (Pseudacro zu Hör. epod. VI 14; falsch die Erklärung von Flach 563), so sollte gleich den Feinden des Pariers auch der ,Maler* Bupalos durch die Invektiven des H. zum Selbstmord durch Erhängen gebracht worden sein (Pseudacr. a. O.). Schon) Plinius (a. O.) hat diese Sage von Bupalos und von Athenis gekannt, aber durch kunsthistorische Tatsachen als falsch widerlegt.
III. Dichtung.
1. Überlieferter Bestand. Die Bergk-sche Sammlung zählt äußerlich 94 + 45 = 139 Nummern. Genau betrachtet enthält sie neben 49 bloßen Wortzitaten 97 wirkliche Fragmente, von denen die Anthologia 11 (frg. 23. 67. 68A. B. 69. 70A.B. 71. 86. 88. 94) als zu unvollstän-) dig nicht aufiiahm. Jene Gesamtzahl ist nun aber mitnichten durchweg gesichert. Mehrere Stücke sind bestimmt oder doch wahrscheinlich zu streichen. Als zweifelhaft erscheinet! zunächst zehn Fragmente darum, weil sie die Überlieferung gar nicht ausdrücklich dem H. zuweist, sondern entweder bloß allgemein von .einem der alten Iambendichter‘ spricht (frg. 61, wo Bergknoch an Xenophanes dachte) oder ohne Nennung eines Autors lediglich metrische Beispiele teils für die) wirklichen Hipponakteischen (frg. 13. 44. 48. 78), teils für anderweitige angeblich ,lahme* und darum χωλά (cloda) oder Ἰππωνάκτεια genannte Versmaße anführt (frg. 89. 91–94). Bei einigen dieser Verse zeugen sprachliche und sachliche Indizien für ihre Echtheit (frg. 13. 48. 78 und, abgesehen von der metrischen Korruption, wohl auch 89). Die metrischen Kuriositäten frg. 89 und 91–94 müssen als evidenteMetriker-Fiktionen(s.Abschn.2) ausgeschieden werden, und sind auch (außer frg. 92) * schon von Hiller ausgeschieden worden. Bei ein paar Zeugnissen (frg. 66. 120. 121) hatte man früher (Welcker 2) zwischen unserem Dichter H. und einem von Athen. XI 480 f als Verfasser von Συνώνυμα genannten Grammatiker Ἰππώναξ (Ἔρμωναξ Dobree, vgl. Snsemihl Al. Lit. II 191, 244) geschwankt. Für den letzteren entschied sich Bergk 500 nur noch in einem einzigen Fall, mit Becht, obgleich man sich jetzt durch das Vorkommen des betreffenden Wortes (κοχώνη) bei Herondas (VII 48, vgl. auch Hense Rh. Mus. L 141) doppelt versucht fühlen könnte, mit ten Brink Philol. XIII 607 auch hier denlambo-graphen zu wählen. Auch wo der Name des letzteren sicher überliefert ist, sind Irrtümer nachweisbar und anderwärts Zweifel mehr oder minder berechtigt. Ein längst überwundenes Mißverständnis, das in den H.-Fragmenten 74 und 43 einen Komödiendichter Kritias von Chios suchte, braucht man nicht mehr zu erwähnen (Gerhard Phoinix von Kolophon 222. 4). Als haltlos erweist sich der Versuch von Mayer Dia Giganten und Titanen 169, 29, das herametrisehe Parodienfrg. 85 dem H. ab- und dem Hegemon von Thasos zuzusprechen. Den bemerkenswerten Fall, daß ein späterer Skazon fälschlich dem H. als dem Epo-nymos der Choliambendiehtung zugeteilt wird, hatte man schon früher in dem angeblich choliam-bischen Spottvers auf Hermeias von Atarneus [1893] 1893 Hipponax
gehabt (Gerhard 150f. 210, 4). Ebenso lehrte jüngst der Fund des Herondas, daß das uns als Hipponakteisch Überkommene frg. 75 in Wahrheit dem alexandrinischen Mimiambiker gehört (V 74f.), der aber hier anscheinend wenigstens das maßgebende Schimpfwort àraôovloi dem alten Ephesier verdankte (frg. 113 B). Zu nehmen pflegt man dem Ξ. auch jenen ihm nirgends ausdrücklich vindizierten Vers 'Ἀχούσαν Ἰππώναχτος κτλ. (frg. 13, 1), mit welchem Kallimachos den Hipponax redivivus seine Ἴαμβοι anfangen läßt (frg. 92 Schn, und jetzt im Pap. Oxyrrh. 1011, 92); indessen scheint die parallele Sachlage bei Phoinix von Kolophon gegen Schneider für die von Meineke 153 und Bergk statuierte Kallimacheische Entlehnung aus H. zu entscheiden (Gerhard 188. Flach 559, 4). Der Verdacht einer Verwechslung des H. mit Kallimachos besteht bei dem vom Weisen Myson handelnden frg. 45 (Gerhard 196, 4). Aus Gründen von Inhalt und Stil bestreitet man dem H. mit Becht schon lange zwei gnomische Stücke, das in trimetri recti den Segen des braven Eheweibes preisende frg. 72, welches Meineke 129 (vgl. Com. IV 714) einem dramatischen (oder gnomischen? Haupt Henn. VII 253) Dichter Hippothoon zuwies, und den Skazon frg. 28: dieser, bei Apostolios Δημώνακτος überschrieben und wahrscheinlich moralphilosophischen Ursprungs, sollte nach Meineke 106 und Crusius dem Herondas (frg. 72) gehören, auf den der letztere Gelehrte auch das unsichere H.-frg. 55 B bezog (frg. ine. 69, s. u.). Gegen die Echtheit eines dritten sentenziösen Bruchstücks, des ,famosen¹, gewöhnlich als charakteristisches Schulbeispiel für H. zitierten misogynen Epigramms frg. 29 werden durch einen Berliner Florilegien-Papyrus (Klassikertexte V 2, 30) auch äußerlich Bedenken rege gemacht (Gerhard 289f.). Als eine durch mündliche Tradition veranlaßte variierende Kombination der frg. 18 und 16 hat man die Bettlerparole des frg. 17 aus dem Text zu entfernen (Gerhard 205, 2).
Vermehrung des sicher tradierten Bestandes ist öfter versucht worden. Zunächst hat man dem H. von den zwischen ihm und dem Ananios (s. Crusius o. Bd. I S. 2057) streitigen Bruchstücken zuweisen wollen (z. B. Meineke 128. 114. Anan. frg. 1 und 2), mit Unrecht; denn in jenem Grenzstreit muß der Grundsatz gelten, daß der berühmtere H. kaum etwas von seinem Gut an den schemenhaften Rivalen verlieren konnte, wohl aber umgekehrt (Gerhard 203, 2). Mit größter Wahrscheinlichkeit nahm Meineke als Hipponakteisch das den Namen 'Ἠρωδιανός mit sich führende frg. 55 B (Herond. frg. inc. 69 Cr.). Willkürlich bleibt die Zuweisung des Kallimachos-Äents88 an H. durch ten Brink Philol. VI gleichen die von verschiedenen Gelehrten beliebte Heranziehung einer Anzahl von herrenlosen Hinkversen, wie dem (trochäischen?) frg. iamb. [1894] Hipponax
1894
Versen haben inzwischen durch neue Entdeckungen ihre wirklichen Herren gefunden, nämlich frg. 28 (Herond. frg. inc. 66 Cr.) einen anonymen Moral-philosophen (P. Bodl. ms. gr. dass, f 1 (p) V. 8 = P. Lond. 155 verso Kol. I 18: Gerhard 9. 161) und frg. 29 (Herond. frg. inc. 65 Cr.) den Kallimachos (P. Oxyrrh. 1011, 118). Tatsächlichen Zuwachs hat der Nachlaß des H. in neuerer Zeit einmal durch die 1886 von Hoerschelmann 10 publizierte Exegesis in Hephaestionis Enchiridion von Choiroboskos (Schoell-Studemund Anecd. var. Gr. et Lat. I 33ff., jetzt in Consbruchs Hephaest. 177ff.) und sodann durch Reitzensteins Inedita poet. Gr. fragmenta (Ind. lect. Rost. 1 1890/91. II 1891/2) erfahren. Drei Fragmente wurden mehr oder weniger vervollständigt und berichtigt: frg. 22 A = 6 Cr, (Choerob. 45, 10 H.); 33 = 30 Cr. (Reitzenstein I 7); 66 = 66a Cr. (Reitzenstein II 14), und 20 vier Stücke gewannen wir neu: frg. 61 Cr. (Choerob.
45, 14 H.); frg. 64. 65 Cr. (Choerob. 48, 10. 12) und frg. 66b Cr., vgl. 125 Bgk. (Reitzenstein II 14). Über die für H. in Betracht gezogenen Epoden des Straßburger Papyrus s. den nächsten Abschnitt.
2. Metrische Formen. Man sieht in H. gemeinhin lediglich den einseitigen Dichter von Iamben (bezw. Choliamben) im engeren Sinn. Die antike Überlieferung, im einzelnen mehrfach ver-30 dächtig, gibt ihm eine überraschende Fülle von Formen, mit der er sich scheinbar über den nächsten Vorgänger Semonides von Amorgos hinaus dem großen Archilochos nähert (Crusius o. Bd. II S. 497ff.). Sogar über diesen hinaus hat er zunächst die Gattung der
(I) Hexametrischen Parodie, als deren Erfinder der Perieget Polemon bei Athen, XV 698 b ihn, Aristoteles Poet. 2 p. 1448 a, 12 dagegen erst den Hegemon von Thasos bezeichnet. Man darf diesen 40 Widerspruch nicht mit Brandt Corpusc. poes.
ep. Gr. ludib. I 31ff. verschleiern, sondern muß in den ἐξάμετραθ von denen wir außer drei ganz kleinen Splittern (frg. 86–88, letzteres vielleicht iambisch) das vierzeilige frg. 85 mit seiner höhnischen Verdammung des gefräßigen Εὐρυμεδοντιάόης besitzen, in der Tat eine frühe, wenn auch natürlich nicht die allererste (s. z. B. Bergk Lit-Gesch, II 329f.), aber jedenfalls eine salzlose und frostige Parodie erkennen. Von den
50 (II) Ἴαμβοι im Archilochischen Sinn findet
man in alten und neuen Gestaltungen (a) Iamben und (b) Trochäen vertreten, unsicher auch (c) Epo-den bezeugt. Was die eigentlichen
(a) Iamben betrifft, so steht in den erhaltenen Fragmenten einigen wenigen (2) trimetri recti (frg. 26. 72–77) eine erdrückende Überzahl von (3) τρίμετρα χωλά oder σκάζοντες, dem für H. charakteristischen Maß gegenüber. Daß H. versus recti und claudi durcheinander angewandt habe, 60 ist eine Behauptung des Metrikers Heliodor bei Priscian de métr. Ter. 26 (III 428K.), die man mit Recht als irrig zurück weist, vgl. z. B. Hermann Eiern, doctr. metr. 144f. (zu weitgehend). Bergk zu frg. 16.113B. Sauppe Philol. XXX 234f. (unrichtig wieder Klotz Glotta III 236ff.). Solche Mischung begegnet allein in verwildernder Spätzeit (Gerhard 150. 227, 6. 288). Ihr singuläres Vorkommen in den Trochäen vom ,Fisch- [1895] 1BV5}},
mpponax
kttchenkalender* des Ananios (frg. 5, 3–5) ist nicht mit Bergk u. a. (Sitzler Jahresber. CIV 102) zu korrigieren, sondern mit v. Wilam owitz zu Kaibels Athen. VII 282b als Interpolation zu entfernen. Als Erfinder des Choliambos d. h. des Trimeters mit einer Länge in der Senkung des sechsten Fußes, gilt bekanntlich H. (Mar. Victor. VI 81, 11 K. u. a.). Doch nannten statt seiner andere den Ananios (Hephaest. 5 p. 17,'3. Tricha 1 p. 370, 11 Consbr.), dem nach einem weiteren nachweislich falschen Berichte (Anonym. Metr. bei Tyrwhitt Diss. de Babrio in Furias Fab. Aesop. CLXX 18) zum Unterschied von jenem der Ἰαχιορρωγικός, d. h. der Skazon mit Spondeios an fünfter Stelle angehören sollte. Eine sichere Entscheidung zwischen beiden Männern ist für uns natürlich unmöglich. Meist nimmt man den Ananios als jünger (Gerhard 203, 2). Doch erklärt sich dessen sukzessive Verdrängung durch den wirksameren H. mit Ficus bei Rossbach-Westphal Theorie d. mus. Künste III 23, 808 besser bei der Annahme, daß er zeitlich voraufging (Bergk zu frg. 44). Erfunden hat den .lahmenden* Vers weder der eine noch der andere. Er ist vielmehr lediglich, genau wie der trimeter rectus des Archilochos, nur als eine andere, noch tiefer stehende Spielform, aus der populären Festsitte der kultischen Rüge- und Spottgesänge in die kunstmäßige Literatur aufgenommen worden (Bergk Lit.-Gesch. II 328. Schmid Lit.-Gesch. I⁵ 179). So führten ja bereits die Alten das χωλόν auf die gleiche legendarische Ἰάμβη wie das δρῦόν zurück (Tricha a. O.), so erscheinen die zwei Schwesterarten auch bei anderen Herleitungsversuchen (Athen. XV 701 f) und sonst (Cic. or. 189) untrennbar beisammen. Darum darf man das Wesen des Choliambos nicht mit der vielzitierten Demetrios-Stelle (de eloc. 301, dagegen schon Welcker 20) in besonders scharfer, den Rhythmus absichtlich knickender Schmähung, sondern nur in dem nachlässig schlendernden Tone der Gasse erblicken (vgl. Bergk Lit.-Gesch. II 330f.). Den metrischen Bau des Hipponakteischen Skazon behandelt nach Ficus a. O. neuerdings Pelckmann Vers, choliambi ap. Gr. et Rom. historia, Dissert. Greifswalde 1908, der sich bezüglich der Auffassung des Verses mit Unrecht wieder gegen Crusius für das Umschlagen des Rhythmus, das wirkliche Hinken entscheidet. Von Unregelmäßigkeiten im einzelnen sollten Fälle, 1 wie der alleinstehende Anapäst im fünften Fuße des Doppelfluehes frg. 31 nicht mehr mit Meineke 118 korrigiert werden. Wir dürfen nicht vergessen, daß nach Heliodor bei Priscian de metr. Ter. 21 (III 426, 16 K.) Η. πολλὰ παρέβη τῶν ὠριομένων èv τοῖς Ἰάμβοκ. Die Wahrheit dieser mit Unrecht ganz verworfenen Angabe (Meineke 89, richtiger schon Welcker 44f., verfehlt ten Brink Philol. VI 41. 52. 59) können selbst wir noch bestätigen. Um von den prosodischen Frei- f beiten der Vokal- und Diphthong-Kürzung (ἡ in θρηιχίων frg. 42, 1; ev in frg. 22 A. B Bgk. und 61 Cr.) und vor allem der regelwidrigen Vokal-Längung (φάρματός frg. 6–9. 37, 3; αἰωναί frg. 74, 1; äxolovθqoae frg. 55B; πονηρίης frg.
43, 4; schwierig frg. 49, 1. 6; vgl. Bergk Lit-Geech. II 380, 124 und die abweichende Auffassung von Klotz Olotta III 236ff.) abzusehen}}, [1896] Hïpponax 1896
so gehören hierher die beiden von Heliodor bei Priscian. a. O., allerdings mit falscher Deutung, zitierten frg. 21A und B. Zwar vermögen wir über das letztere anscheinend verderbte Beispiel, welches Bergk unwahrscheinlich als einen ganzen ludibrii causa unter Choliamben gemischten daktylischen Hexameter ansehen wollte, nicht mehr ins reine zu kommen. Aber in 21A ist, wie schon Meineke 99 sah, die iambische Penthemimeres 10 in kühner Weise mit einem daktylischen Paroi-miakos verkoppelt. Den (4) katalektischen iambi-schen Trimeter, den ja bereits Archilochos, und zwar epodisch, angewandt hat (frg. 101–103), bezeichnet, ungewiß mit welchem Rechte, als Hipponacteum eine neuerdings immer Übersehene Stelle in der den Namen Servius tragenden Schrift De centum metris (IV 458, 18 KJ. Sicher gebraucht und zwar offenbar aus der Volksdichtung in die Literatur eingeführt (Gleditsch Metr.³ 143f.) 20 hat H. den bei ihm zum erstenmal nachweisbaren, später in der griechischen Literatur, besonders in der Komödie so beliebten (5) katalektischen iam-bischen Tetrameter, in dem uns Hephaest. 5 einen einzigen Vers (frg. 90), wohl den »Anfang eines Liedes* (Bergk Lit-Gesch. II 330, 123) bewahrt hat. Zwei weitere iambische, und zwar ,lahme* Bildungen scheinen dem H. zuzufallen aus Marius Plotius Sacordos, welcher das erste (VI 525, 5 K.) clodwm oder episcazon, das zweite 30(520, 17) ausdrücklich auch hipponactium. nennt.
Hier handelt es sich aber augenscheinlich um willkürliche Fiktionen der griechischen Quelle, eines Metrikers der ersten Kaiserzeit (Buecheler Rh. Mus. XXXVII 339. v. Wilamowitz Text-gesch. d. gr. Lyriker 30, 1). Im einen Fall, bei dem angeblichen (6) brachykatalektischen lahmen iambischen Tetrameter oder τρίμετρων ἐπισχάζον, den man wohl auch iambischen Septenar tituliert hat (Welcker 19, falsch Flach 568), 40und den Meineke 93, vgt 131, irrig in einer auf H. bezogenen Hesychglosse (s. Κίκωνθ Bergk zu frg. 2) wiederzufinden· vermeinte, frg. 89, hat er offenbar wenigstens einen echten Chol-iambos des H. benützt und erweitert, der sogenannte (7) akatalektische lahme iambische Dimeter dagegen (Bergk zu frg. 89), den ten Brink Philol. XIII 608 dem Komiker Diphilos zuschieben wollte, ist gänzlich erfunden (Buecheler 338). Von
50 (b) trochäischen Maßen erscheint in ähnlichem
Verhältnis wie bei den Iamben in unsern Fragmenten der (8) reguläre Archilochische Tetrameter nur einmal, frg. 84, häufiger dagegen (frg. 78- 83) der (9) lahme Tetrameter, den H. ebenso wie den lahmen iambischen Trimeter erfunden haben soll (s. z. B. Mar. Victor. VI 136, 31 K.). Bei verstümmelten Versen kann man öfter zwischen iam-bischem und trochäischem Skazon schwanken, vgl. frg. 62. 81 und iamb. ad. 24 Bgk. Der (10) »kata-
10 lettische lahme trochSische Tnmeter* bei Plotius VI 529, 25 (frg. 93) hat nichts mit H. zu tun; vgl. Buecheler a. O. 341, der auch die Lesung entscheidend berichtigt.}}
(c) Epoden des H, die Horaz (vgl. epod. VI 14) neben denen des Archilochos nachgeahmt hätte, waren vernratungsweiee echon Unger er-schlosaen (Reitzenstein Herrn. XXXV 621, 2). Als Bekg für diese These ist zunächst wertlos}} [1897] 1897 Hipponax
der herkömmliche, aber unantike Titel Hippo-nacteum des Horazischen Odenmaßes II 18 (ka-talekt. troch. Dimeter + katalekt. iamb. Trimeter), das nach den lateinischen Metrikern vielmehr entweder ganz aus Alkaios entlehnt (Caes. Bass. VI 270, 21. Atil. Fort. VI 302, 17 K.) oder aber unter Übernahme bloß des ersten Bestandteils aus Alkaios und des zweiten aus Archilochos von Horaz selbst gebildet sein soll (Mar. Victor. VI 168, 20, vgl. Diomed. I 524, 25 K.; für den letzteren Modus entscheidet sich Bock De metr. Horatii lyricis, Diss. Kiel 1880, 39). Die Erklärung jenes andern auf H. weisenden Namens pflegt man als aussichtslos zu betrachten (Bock 38). Nach dem oben (unter Ila 4) Angeführten geht er zweifellos auf jene Angabe des Servianischen Centimeter zurück. Wäre diese beglaubigt, wie sie es nicht ist, dann dürfte die Epodendichtung des H. in der Tat als wahrscheinlich gelten. Eine wirkliche Probe von ihr glauben nun einige Gelehrte wiederzufinden in dem Straßburger Papyrus nr. 3 des 2. Jhdts. n. Chr., den Reitzenstein S.-Ber. Akad. Berl. 1899, 857ff. publiziert hat, zwei Fragmenten von ionischen, in einem bekannten Archilochischen Versmaß (frg. 89 u. a.: Iamb. Trimeter 4- katal. daktyl. Trimeter) gedichteten Epoden, deren erstes, das mutmaßliche Vorbild von Hör. epod, 10, in gehobener, stark Homerisch beeinflußter Sprache, mit phantasievoll leidenschaftlichem Schwung einem eidbrüchigen Freund eine unheilvolle Seereise mit Schiffbruch und Gefangenschaft bei den Thrakern am Pontischeu Salmydessosgestade anwünscht, und deren zweites, soviel wir bei der argen Zerstörung erkennen, in niedrigerem Tone gehalten, einen Dieb zu verfolgen und dabei noch andere geringe Gesellen, darunter einen H., anzuführen scheint. Mit dem Herausgeber wies die Mehrzahl der Forscher, wie v. Wilamowitz Textg. d. gr. Lyr. 30, 1. Leo De Horatio et Archilocho, Progr. Göttingen 1900, 7. Gercke Wochenschr. f. klass. Philol. 1900, 28. Piccolomini Nuova Antologia 1900, LXXXV 142. Hauvette Rev. et. Gr. XIV 71ff. Sitzler Jahresber.CXXXIII 119. Schmid Lit.-Gesch. I⁵ 179, 2 den ganzen Fund dem Archi-lochos zu, der für den Stil des ersten Stücks jedenfalls allein in Betracht kommen kann. Demgegenüber trat nun aber Blaß Rh. Mus. LV 102, 1, 341ff. (am ausführlichsten widerlegt von Hau-vette a. O.) für H, als Gesamt-Autor ein, und es folgten ihm Crönert Arch. f. Papyrusf. I 109f. Christ Lit-Gesch.* 142 und-Crusius o. Bd. V 8. 2272; S.-Ber. Akad. München phil.-hist. Kl. 1906, 380. Jurenka Archilochos v. Paros, Progr. Wien 1899/1900, 12, 3 vindiziert dem H. wenigstens das zweite Fragment. Aber auch für dieses, dessen Verhältnis zum ersten wir nicht kennen, muß seine Autorschaft im höchsten Grade zweifelhaft bleiben. Sehr problematische Zeugnisse gibt es endlich noch für eine
(ΙΠ) Melische Poesie in äolischen und ioni-schen Formen, eine eigentliche Lyrik, wie sie dem Ephesier von vornherein schlecht zu Gesicht steht. Emen (12) ,hyperkatalekti8chen antispastischen Dimeter⁴, nach unsern Begriffen eine trochäisch-daktylische Tetrapodie führt Hephaistion X 2 p. 32, 18 Consbr. als Sapphischen Neunailbier oder ἰζζωηίχτηοῖ' auf, frg. 92, eine rätselhafte}} [1898] Hipponax 1898
und unkontrollierbare Notiz, die man nicht so bereitwillig ernst nehmen (Bergk zu frg. 92. v. Wilamowitz Teitg. d. gr. Lyr. 30, 1) und noch weniger mit Blaß Eh, Mus. LV 341 für die Epodenfrage ausbeuten darf (vgl. Hauvette a. O. 81). Über den noch obendrein unheilbar verderbten (13) brachykatalektischen lahmen Hip-ponakteischen Dimeter in lonici a maiori (frg. 94) bei Mar. Plot. Sacerd. VI 540, 12 K. ist nach 10 dem früher Gesagten kein Wort mehr zu verlieren, und ebensowenig über einen andern vom gleichen Autor VI523,16 als ,doppellahmen* (amphicolum) Trimeter Skazon eingeführten Vers frg. 91, in welchem Bergk (vgl. s. Lit.-Gesch. II 330, 123; verfehlt Hoffmann Griech. Dial. III 155) einen (14) brachykatalektischen ionischen Tetrameter erkannte.
Über die antike Bucheinteilung des Nachlasses von H. geben uns die vorhandenen Belege ein 20 unzureichendes Bild. Abgesehen von dem einen Zitat ἐν τοῖς ἐξαμέτροις (frg. 85) beziehen sie sich durchweg auf die eben offenbar weitaus dominierenden Ἴαμβοι, von denen zwei Bücher angeführt werden. Die Teilung bezog sich keinesfalls auf Iambeu und Trochäen, nach dem wahrscheinlich doch trügerischen Anschein (vgl. Meineke 101) vielmehr auf ὀοθά und χωλά: denn wir lernen aus dem ersten Buche (korrupt der Titel ἐν τὰ πρώτῳ τῶν Λυδίας ἰάμβων, zu frg. 15) bloß 30 Choliamben (einen lahmen trochäischen Tetrameter, frg. 79, nur durch Konjektur) kennen (vgl. auch die Vermutungen zu frg. 40. 68 A Bgk. und zu frg. 23A Hoffmann – 64 Cr.) und aus dem zweiten Buche lediglich einen trimeter reclus ß. 26, falsch Flach 568). Ob die Gedichte
H. wirklich mehrere Bücher gefällt (Bergk Lit.-Gesch. II 329) und etwa die ,wenigen in anderen Versmaßen* (als Iamben) ein drittes ausgemacht haben (Flach 568). ist nicht zu ent-40 scheiden.
3. Dialekt, Sprache und Stil. Der ionischkleinasiatische Festlands-Dialekt des H. hatte in unserer verstreuten Überlieferungnichrfach Schaden gelitten. Gebessert wurde hier meist schon von den ersten Sammlern der Fragmente, hauptsächlich Schneidewin, mitunter zu weitgehend. Nach dem modernen Stand der Dialektforschung gibt die Bruchstücke des H. Hoffmann Griech. Dialekte III 135ff., mit Durchführung des Spiritus 501enis und einzelnen anderen Übertreibungen, wie μεό statt μευ·sub)λsub zu meiden waren auch die pronominalen xo-Formen in der Homer-Parodie frg. 85 87 (Crusius zu seinen Fragmenten 80. 80a). Die Sprache des H. bietet als kulturhistorisches Novum die prosaisch platte und derbe Rede des niedrigen Volkes. Ihr gewaltiger Abstand von Archilochoe wird etwa durch folgende zwei Beobachtungen charakterisiert: anders als die bisherige Poesie von Elegie und auch Iambos ist sie (außer der 60 Parodie) fast nicht von dem Stile des Epos gespeist, s. Laeger De vet. epicorum studio in Archil, Simonid., Solon., Hipponactis reliquiis conspicuo, Diss. Halle 1885, 8 usw., und entsprechend dem Jargon des Pöbels nimmt sie gelegentlich lydische (frg. 1, 1 u. ö. ἀάλμῦς, s. Wackernagel Kultur d. Gegenw. 182, 294; 1, 2 üvAwb/i; 126; vgl. Bergk su frg. 64. 61 und Gerhard Phoinix 199) und phrygische (frg. 82, [1899] 189V Hipponax
vgl. Herod. II 2; frg. 135) Fremdwörter auf (falsch die Auffassung von ten Brink Philol. VI 64). In der Art des großen Haufens, an den sich der Plebejer H. ausdrücklich wendet (frg. 13, 2. 83), fehlt ihm der Schwung einer dichterischen Phantasie und der Sinn für höhere KunstmitteL Mit Becht bedeutet sein Name für Demetr. de eloc. 132 den Inbegriff von Anmutlosigkeit, und vergebens wollte ihm Welcker 7 einen exquisitus cultusque Stylus vindizieren. Vereinzelte poetische Ausdrücke wirken deplaziert (frg. 34. 32, 1 λευκόπιπίος, unrichtig ten BrinkPhilol. VI 51). Volkstümlich mutet die Reimspielerei des Fragments 36 an. Eine syntaktische Entgleisung scheint das zugehörige Frage: ent 35,4f. zu zeigen. Zu Gebot steht dem H. das Rüstzeug treffsicherer populärer Darstellung. Er weiß behaglich breit, derb anschaulich und lebendig zu schildern und zu erzählen. Gerne wird direkte Rede eingelegt (frg. 1. 2? 9. 11. 53?), oft mitten im Verse (frg. 20, 2. 21A. 52 nach Hiller; dialogischer Fluch und Gegenfluch in frg. 31 nach brieflicher Äußerung von P. Maas). Eine wichtige Rolle spielen (falsch Flach 569) drastisch krasse, dem alltäglichen menschlichen Erwerbsleben (frg.. 48. 57, vgl. 35, 3) oder dem Tierreich (frg. 70 B. 76. 133, Invektiven) entnommene Vergleiche (s. auch frg. 70 A). Mehrfach begegnen sprichwörtliche Wendungen: frg. 52 (Suid. s. χαραόριός). 79 (zugleich Hyperbel).
82, vgl. 97, seltener eine Sentenz (frg. 73. 22A, über 29 o. S. 1893) oder lehrhafte Beispiel-Erzählung (frg. 35f., das ungleiche Brüderpaar, der Sparsame und der Verschwender). Von witzigem Humor, wie Teuffel Pauly R.-E. IV 14f. (richtiger Bernhardy Grundriß II 18, 543) ihn rühmte, läßt sich im Ernste nicht reden. Es ist lediglich ein kalter, bitterer und zynischer Sarkasmus, der den H. erfüllt. So besteht auch seine sprachschöpfende Kraft bezeichnenderweise nur darin, kühn, aber geschmacklos komponierte, größtenteils obszöne und skatologische Schimpfwörter (z. B. frg. 110 ,Mistloch¹, vgl. 107 u. a., oder 127 μίσαηγυδορποχέατης) und -namen für seine Feinde (frg. 87 Κυψω, 96 Κραδηαίτηςῖ) zu bilden.
4. Stoffe. Vom Inhalt der Gedichte des H. vermögen wir mit unseren winzigen, fast nur nach formellen Gesichtspunkten, ohne Rücksicht auf die Gedanken, ausgehobenen Trümmern leider nur ein mangelhaftes Bild zu gewinnen. Willkürlich ! und nutzlos waren Bemühungen wie die tenBrinks Philol. VI 35. 215. VII 739. XIII 395. 605 und zum Teil noch des schlechten Lemberger Programms (1880) von Ceglin'ski De Hipponacte Ephesio iambogr. (vgl. Dreykorn Phil. Rundsch. I 1293), den verlorenen Zusammenhang der Fragmente im einzelnen wieder zu erraten, wobei so ziemlich alles dem unglücklichen Bupalos zugeschoben wurde. Eine allgemeine Umgrenzung des Stoffkreises läßt sich versuchen. Da bemerkt man vor f allem, daß der Horizont des proletarischen Dichter? nicht weit und nicht hoch reicht. Die Örtlichkeiten, die wir, auch nur andeutend, sicher erwähnt finden, beschränken sich auf die Küste von Kleinasien. Aus dem Norden kommt Lampsakos (frg. 35, 3), aus dem Süden Kypros (frg. 82) und vW-leicht Kilikien vor (frg. 99ΑγχΜιί nach Stichle). Mehr Namen gibt es ans der näheren Umgebung [1900] Hipponax 1900}}
seiner Vaterstadt Ephesos, über die selbst er genaue topographische Angaben machte (frg. 47, vgl. 70 B, wo Meinekes Änderung falsch; s. auch Bergk zu frg. 85, 3), sowie seiner zweiten Heimat Klazomenai (frg. 95; Bergk zu frg. 63): Milet (frg. 46, 2), Priene (frg. 79), Lebedos (frg. 80), Eiythrai (frg. 14, 1) und Chios (frg. 74, 2, vgl. 95). Vom angrenzenden Binnenland ist ihm Lydien mit all seinen alten Königsgräbern (frg. 15, das 10 Marschprogramm, zu dem wohl auch frg. 32 gehörte) und selbst Phrygien mit seiner Flötenmusik (frg. 97. 129) und seinem Kybele-Kulte (frg. 120f.) vertraut.
Auf niedere soziale Stellung deutet das Milieu, in das uns H. hineinführt. Überall sehen oder ahnen wir eine realistische, fast rhyparographische Schilderung des kleinsten, mehr städtischen als ländlichen Lebens, wie sie später dem Mimos Interesse bieten mußte (s. Abschn. IV). Allerhand 20 Detail einer ärmlichen Haushaltung taucht vor uns auf (frg. 71. 105. 25. 27. 24. 103. 102). Von Vertretern des Handwerks erscheinen der Rohrmattenflechter (frg. 116, vgl, 137), der Fleischer (frg. 48), der mit phrygischen Sklaven arbeitende Müller und Bäcker (hf> 46). Einiges hört man von dem wichtigen kleinen Kauf und Verkauf (frg. 22B. 52. 51 Weinausschank), dagegen, schwerlich durch Zufall, nichts von dem blühenden ionischen Seehandel und vom Seewesen überhaupt, 30 wenn man vom Schiffsmaler (frg. 49f.) absieht. Reichlich begegnen die Nachtseiten der Gesellschaft, Prostitution (frg. 74. 126) und Verbrechen (frg. 86. 56 Weindieb? 61, wenn dem H. gehörig), und, zum Teil damit zusammenhängend (frg. 74), Prozeß und Gericht (frg. 51. 79. 118). An derb populären Streit- und Prügelszenen (53 Bgk.; 64 Cr.) fehlte es anscheinend nicht, wohl aber, vielleicht nur von ungefähr, an greifbaren Spuren einer politischen Betätigung: s. frg. 85, 4. 100, 40vgl. Bergk Lit.-Gesch. II 326. Umsoweniger darf man an aktuelle Angriffe auf den Perserkönig denken, wie sie sich ten Brink Philol. VI 40. 727 aus den Fragmenten 42 und 49 erträumte.
In der religiösen Weltanschauung des Mannes spielt die primitive Unterschicht von Volksbrauch und Aberglauben eine wesentliche Rolle. Es sei an die eingehende Schilderung vom Sühnopferfest der Thargelien (frg. 4–9, vgl. 37), an Zeugnisse für Gespenster- (frg. 54) und Prodigien-Glauben 50 (frg. 4 9. 63. 66) und Volksmedizin (frg. 52), an den Liebeszauber mit der ersten Schwalbe des Frühlings (frg. 138, vgl. Wuttke Deutsch. Volks-abergl.* 203) erinnert; der letztere wirft noch auf das Krähenlied des späteren Kolphoniers Phoinix (vgl. Gerhard 180f.) ein Licht. Von Götter- und Heroen-Mythen, für welche die Rhesos-Geschichte des Fragments 42 den einzigen sichern Beleg gibt (ungewiß scheint die Anspielung auf des Oxylos Schwester-Gattin θμαΟρυάς im Fragment 34 aus JOAth. III 78 b), dürfen wir bei H. kaum viel erwarten und ihm keinesfalls mit Meineke 122 S auch denselben 131 zu frg. 89 Bgk.) auf nd des fr. iamb. ad. 27 Bgk. eine Behandlung der heimischen Sage von Leukippoe und Leuko-phrye (Parthen. 5) zutrauen. Ine Stellung des BL zu den Gottern pflegt man sich lästernd polemisch zu denken. Aber es fehlt dieser Ansicnt, genau betrachtet, jeglicher Anhalt Denn die dafür [1901] ἤνι
mpponai
angeführte Stelle des Eustathios zur II. IV 211 p. 464, 10, wonach Homer seine Helden günstig charakterisiert... οἱ βλαβψημων εἰς ὄνδεν δέον xaxà χον,. ἀργαλέον Ἰππώναχτα hat den erforderlichen Sinn erst durch eine falsche Konjektur von Welcker 8 (είς ὀνδένα ὑεόν) erhalten. Die zahlreichen in den Fragmenten vorhandenen Gebets-anrufungen griechischer Gotter, vor allem des Heimes (frg. 1. 16–19. 21A, 89, vgl. 55B und die Verehrung des Gottes 32, 2), sodann des Zeus (frg. 30 A, und B?) und der Athene (frg. 64), neben denen auch Hades (frg. 113A), sowie in einem Fluche (frg. 31) Apollon und Artemis (vgl. auch ten Brink Philol. VI 50. XIII 606 zur Πανδώρη von frg. 37, 2), feiner die Bendis der Thraker (frg. 120) und die Kybele der Phryger (frg. 120f., vgl. zu frg. 122 ten Brink Philol. VI 352 und zu frg. 14, 2 Bergk, sowie die Phantasien von ten Brink Philol. VI 42ff. VII 739ff. und Schneidewin VII 555ff.) vorkamen, zeigen einen durchaus ernsten und bei aller Unbefriedigung gläubig naiven Ton, mit dem es sich sehr gut verträgt, daß in frg. 20 der Πλοῖχος blind und unvernünftig genannt wird.
Den Anlaß zu den Gebeten des Dichters gibt seine eigene bittere Not und Bedrängnis: Kälte, Hunger und nach frg. 64, das man ebenso wie das neue frg. 61 Cr. zweifelnd vom ephesischen Tyrannen verstehen wird (so schon Schneide-win; verunglückt ten Brink Philol. VI 61) gar auch drohende Prügelung, ja Steinigung von Seiten eines bösen Henn. Als Mittel gegen seinen Hunger (frg. 43, an einen Menschen?) verlangt er einen Scheffel Gerstenmehl zur Bereitung eines χνχιῶν (über diesen vgl. die Debatte von Diels Heim. XXIII 280 und Ro sch er Jahrb.f.Philol.CXXXV1I 522ff.), als Mittel gegen den Frost (vgl. auch frg. 59) einen dicken Mantel und dicke Filzschuhe (frg. 18f. an Hermes). Aber darüber hinaus bat er noch weitergehende Wünsche nach Eeichtum. Vom Plutos erwartet er ,30 Minen Silber und noch vieles andere* (frg. 20), von Hennes auch 60 Sta-teren Goldes (frg. 18), und Gold desgleichen von Zeus (frg. 30B, wenn zu BOA gehörig). Wir sehen also einen darbenden Proletarier, der unzufrieden und verbittert, für seine eigene ausgeprägt genußdurstige Individualität ein besseres Dasein beansprucht und darum neidvoll gegen die in unverdientem Reichtum schwelgenden Großen Iosziehen wird. Damit haben wir den Schlüssel für die scheinbare moralische Satire des H., deren Verständnis man sich verbaute, wenn man seine Annutsklage nur für einen ,launigen Spaß* hielt (Moriz Schmidt Rh. Mus. N. F. VI 599f.; gegen ihn Bernhardy 545) oder doch mindestens nicht ernst nahm (Bergk Lit-Gesch. II 327. Flach 5641). Deutlich hat H., wie er »ohl auch den ihm unsympathischen reichen Geizhals bekämpfte (frg. 134 nach Eustath. zur Od. XVII 455 p. 1828, 11; frg. 139, s. Gerhard 200, 3), vor allem die ionische Schlemmerei seiner Zeit energisch gescholten. Das zeigt außer der Erzählung vom üppigen Verschwender (frg. 35) die mehrfache schimpfende Verhöhnung von Fressern (frg. 76. 85. 127), das zeigen Mich die häufig begegnenden Namen von leckeren Speisen (frg. 80. 82. 69. 77), zumal von erlesenen Fischgerichten (frg. 68 B. 115. 128. 186), wie eie an den urspifinglich «eher [1902] Hipponax
1902
ironisch gemeinten, aber bereits im Altertum (Bergk Lit.-Gesch. II 331, 129), wie zuweilen noch heute (Flach 572) fälschlich ernst genommenen, übrigens ja auch interpolierten (o. S. 1895) gastronomischen ,Fischküchenkalender* (frg. t) des Ananios gemahnen. Die gleiche Stellungnahme gegen das ausschweifende Wohlleben der Ionier mag mit daran schuld sein, daß der Dichter auch Kinäden (frg. 114, Gerhard 203, 6; frg. 108, 10 vgl. den Βάτταρος des Herondas) und besonders Huren (frg. 3 und 68A, von Crusius p. XXII verbunden; 70A. llOf. 117. 87 aus den ἐξάμετραθ mit seinen Kraftworten bedacht hat, er, der sich im übrigen selber eine schöne und zarte Jungfrau erwünscht (frg. 90). Ihren Ursprung hat alle diese Polemik nicht, wie man öfter geglaubt hat (s. Gerhard 204, 1), in einer sittlichen Tendenz, sondern lediglich in dem unbefriedigten Egoismus des Armen (vgl. Bernhardy 545). Als Moralisten 20faßt den H. auch neuerdings wieder Crusius S.-Ber. Akad. München 1906, 379f., nach dessen Ansicht er in einem phantastischen Märchengedicht den erflehten Reichtum durch einen Dämon erhielt, aber sich, wie unser ,Hans im Glück*, alsbald wieder vom Hals schaffte und das Lob der Bedürfnislosigkeit predigte. Diese These ist erst noch zu beweisen. Ein paar Bruchstücke, die sich allenfalls auf ein Loswtinschen des Reichtums ausdeuten ließen (frg. 22A. B. 23, vgl. Ar. 30 Plut. 266), sowie die einzige Sentenz vom geringen Verstand nach dem Weingenuß* (frg. 73) genügen hierfür nicht.
Die Angriffe des galligen und giftigen H. beschränkten sich nicht auf die erwähnten Typen des Genußlebens. Er schmähte schonungslos Gott und die Welt, nach der bereits antiken Vorstellung, die mehrfach berichtigt werden muß (s. auch Abschn. IV). Daß die Lästerung der Götter auf Irrtum beruht, wurde oben gezeigt. Das Fragment 29 40 mit seiner generellen Verurteilung des weiblichen Geschlechtes lernten wir auch schon als zweifelhaft kennen (o. S. 1893). Vcm Anbelfern seiner eigenen Eltern spricht Leonidas von Tarent A. P. VII 408, 3, und Bergk 473f. (vgl. Lit.-Gesch. II 326) glaubte es einst durch frg. 33 belegen zn können; allein der neue Zuwachs dieses Bruchstücks (frg, 30 Cr.) hat ihn widerlegt, und wahrscheinlich handelt es sich nur um eine epigrammatische Erfindung (Welcker 4; verfehlt ten Brink Philol. 50 VI 68f.). Des Dichters Invektiven gegen seine heimischen Tyrannen (Welcker 7. ten Brink Philol. VI 69. Gerhard 203) sind ganz hypothetisch. Übrig bleiben Verhöhnungen einer Anzahl bestimmter Individuen, bei denen die Frage nach persönlicher oder sachlicher Polemik nicht zu entscheiden ist. Über den ,Dunkelmann* (vgl. frg. 51, 2) Metrotimos, mit welchem der Dichter den Streit aufnehmen will (frg. 78), wissen wir nichts (verwerflich ten Brink Philol. VI 45.729). 60 Der Wahrsager Kikon (frg. 2) wird ,Möve‘ gerannt, also vielleicht als Fresser gebrandmarkt (W elcker28f.). Von Künstlern kamen als Phryger-sklaven die sprichwörtlichen Flötenbläser Kion, Kodalos und Balys (vgt Flach 148) zur Sprache (frg. 97), ferner der ungeschickte Schiffsmaler Mimnes (frg. 49) und ein Bildhauer Bion von Klazoinenai oder Chios (frg. 95).
Km Bildhauer war endlich auch des H. Tod- [1903]
- JUPPVU’1A
feind Bnpalos, dessen Name durch ihn die traurigste Berühmtheit erlangt hat (o. S. 1891). Ein Gedicht auf ihn in Choliamben, neben dem es noch mindestens ein zweites in Tetrametern gab (frg. 83. Meineke 98), machte im ersten Buche derlamben den Anfang (frg. 1ff.). Von den Anklagen und Schmähungen gegen ihn, die H. dem Volk von Klazomeuai vortrug (frg. 13, 2, am Schlüsse verderbt), war wohl die kräftigste die, daß er ihn als Staatssündenbock, d. h. als todeswürdigen 1( Verbrecher aufziehen ließ (frg. 4–9. 11, wohl auch das neue Fragment 65 Cr., vgl. 96 Bgk.). Auf den Beruf des Mannes spielte der Titel .steinerne Statue* an (frg. 10). Sittlich gravierend schilt er ihn einen Mutterschänder (frg. 14, 2, im Irrtum Bergk) und schildert höhnisch seine erbärmlichen erotischen Gelage (frg. 38f., auch 40f.?, vgl. 12 und 67) mit Arete, einer Hetäre (so schon Welcker 54; als Mutter des Bupalos nimmt sie mit ten Brink Philol. VI 45, vgl. 729, noch Flach 560, 2( 3. 561, 9). zu der sich der Dichter selber intimer Beziehungen rühmt (frg. 63, gesichert durch das neue Fragment 66b Crusius, der die beiden Stücke verbindet; dagegen Sitzler Jahresber. CIV 102). Und es bleibt nicht bei den Worten. Die unflätigen Verse, die man wohl großenteils hierherziehen darf, erwähnen auch gröblichste Tätlichkeiten: Windelweichschlagen (frg. 65) und entehrende Mißhandlung (frg. 84, vgl. das zynische Fragment 55 A), Zerschmettern von Nase (frg. 60, 3C ein Weib!) und Zähnen (frg. 62); ein Auge will der treffsichere H. dem Bupalos ausschlagen, während ihm die Umstehenden das Oberkleid halten (frg. 83: ὑοίμάτιον hält P. Maas brieflich als χωλόν).
IV. Literarhistorische Stellung. Vorbilder und Nachwirken. H., der plebeische Dichter der Gasse, bildex in der antiken Literatur eine einzigartige Erscheinung, welche fast mehr für die Geschichte der allgemeinen Kultur, als für die ' der wirklichen Dichtung bedeutet: obgleich ihm 40 die wichtige Schöpfung eines derb realistischen Stils gewiß nicht vergessen werden soll. Wesentliche Anlehnung an ältere Vorbilder ist bei dem Mann, der seine Arbeiterpoesie direkt aus dem Schoße des Volkes heraufholt, von vornherein nicht zu erwarten. Wie wenig er mit Homer gemein hat, wurde unter Hinweis auf die Arbeit von Laeger schon früher (S. 1898) gesagt. Außer der singulären Erwähnung von Rhesos (frg. 42), bei der übrigens jüngerer epischer Einfluß im Spiel ist 50 (Laeger 11), kommt hier eigentlich nur die negative Stellungnahme der Parodie in Betracht (frg. 85; zur genauerenHomer-Benützung vgl. Veröffentl. aus der Heidelb. Papyrussamml. IV 1, 19). Selbst auf dem engeren Gebiete des Iambos verdankt er (um von Semonides zu schweigen), soweit wir sicher urteilen können, dem vielseitig genialen Bahnbrecher Archilochos außer dem allgemeinen Vorgang etwas Besonderes weder bezüglich der Kunstform, wo er eben seine charakteristischen 60 niedrigeren .lahmen* Spielarten selbständig eingeführt hat (o. Abschn. III 2), noch auch bezüglich der Sprache, wo wir kaum eine einzige sichere Berührung nachweisen können (Bergk zu frg. 81 und zu ArcbiL frg. 173; über frg. 134 « Archil. frg. 194 vgl. Liebel ArchiL reL 254). Erwähnt werden von literarischen Personen Bias von Priene (frg. 79) und Mimnermos von Kolophon (frg. 96), [1904] wpponax iyu4
ersterer bloß beiläufig als guter Prozessieret (über den Weisen Myson des frg. 45 o. S. 1893), letzterer wahrscheinlich höhnisch als weichlicher Flötenspieler und Bläser der ,Feigenastweise', des Κρα~ Μης νόμος (gegen diese herkömmliche Auffassung unrichtig Flach 152. 567;„gegen Sternbach Meletem. Gr. I 68f., der die Überschrift von A. P, VII 405 hierher zog, treffend Hiller Jahresber. LIV 133). Daß auch Plut. de mus. 6 über das) Zeitverhältnis des Kitharoden Perikleitos zu H. auf diesen selber zurückgehe, vermutete Bergk 499.
Merkwürdig ist das Nachleben des Mannes gewesen. Wenig günstig für ein selbständig produktives Fortwirken war ihm ja zunächst das 5. Jhdt., wo der ganze Iambos in der aufgeblühten Komödie aufging. Aber diese Komödie hat den Iambos, speziell auch den populären Choliambos, immer wenigstens in dankbar warmer Erinnerung behalten. An den zahmeren Ananios sind gleich) bei dem alten dorischen Lustspiel Epichanns (frg. 25. 58 Kb.; s. auch zu H. frg. 58: Poll. X 86f.) wie nachher bei den alten Attikern Eupolis (Βό,πται frg. 74 K., gegen die analoge Auffassung des frg. 70 durch Fritzsche mit Recht Schneidewin Philol. 1Π 258f. und Meineke Com. II 1, 449) und Aristophanes (Ran. 659) Reminiszenzen zu finden (Gerhard 202, 4). Wenn in dem Vers der Frösche statt des Ananios (s. zu dessen frg. 1) fälschlich H. genannt wird, so sehen wir, daß) bereits um 400 der Ephesier als volkstümlicher Iambiker καν ἐξοχήν den schwächeren Zunftgenossen aufzusaugen begann: ein später noch weiter um sich greifender Prozeß (s. zu Anan. frg. 2. 3), der (trotz Suid. s. Ἠρμίας o. S. 1893) nicht sowohl, wie üblich (ten Brink Philol. VI 217. Flach 571), aus einer buchmäßigen Vereinigung der Choliambographen, als vielmehr aus mündlicher Überlieferung zu erklären sein wird. Mit H. selbst hat Aristophanes nicht nur, wie die Komödie überhaupt (s. die Quellen der frg. 41. 51. 110f.), auch noch die mittlere (zu frg. 117) und neue (frg. 82), öfter Wörter und Wendungen gemeinsam (s. zu frg. 52 und die Quelle der frg. 59. 71), er erwähnt z. B. auch den rohen Prügelkomment à la Bupalos (Lys. 361. Welcker 83) und soll die Anregung zu seinem phantastischen Märchen vom blinden Plutos dem H. verdanken (s. zu frg. 20. Crusius S.-Ber. Akad. München 1906, 379f.). Von dem neuen Komiker Diphilos (frg. 70K. Meineke Hist. Crit. 447) muß sich der grazienlose H. neben Archilochos spottend als Verehrer der Sappho einführen lassen, und der gleichzeitige Vertreter einer niederen dramatischen Gattung, der Hilarotragode Rhinthon von Tarent, erlaubt sich mit dem lahmen Metron des H. einen billigen Scherz (frg. 10 Kb. Gerhard 223, 1). In der wirklichen Tragödie hält zunächst wohl niemand eine Berührung mit H. für möglich. Aber die Ähnlichkeit des Rhesos-frg. 42 mit [Eur.] Rhes. 616f. verdient immerhin beachtet zu werden (ten Brink PhiloL VI 39; s. übrigens auch frg. 113A und Blaß Rh. Mus. LV 347, 1).
Ein vielseitig intensives Interesse für BL setzt mit der Alexandrinerzeit ein. Unter den alten Autoren, deren Studium sich die erwachende Wissenschaft zuwendet, erhält er einen namhaften Platz. Der hier beginnenden und nicht mehr erlöschen-}} [1905] ITO}},
nipponai
den philologischen, antiquarisch-sachlichen, vor allem aber sprachlich-grammatischen und lexikographischen, auch metrischen Beschäftigung mit dem Dichter haben wir die Erhaltung unserer Fragmente zu danken. Unter den bestimmt bezeugten älteren Gewährsmännern ist hier nach dem Peripatetiker Theophrast (Athen. XIV 624 b: H. frg. 97), sowie nach den frühen Alexandrinern Lysanias vonKyrene, der περὶ ἴαμβοποιων schrieb (zufrg. 35), undEuphro-nios (Suid. s. χαραδριός'. zu frg. 52), vor allem der Meister zu nennen, an dessen und seines großen Schülers Aristarch Namen sich der Iambographen-Kanon mit H. an dritter Stelle knüpft (s. Crusius o. Bd. II S. 487), Aristophanes von Byzanz. Aus seinen bei der textkritischen Arbeit erwachsenen Λέξεις stammt z. B. frg. 77, wohl auch 127 u. ä. Von späteren Glossographen erscheinen mit Namen Kleitarchos und Pamplulos (frg. 135), von Literarhistorikern Polemon der Perieget (frg. 85) und die Spezialschrift περὶ Ἰππώνακτος des romanhaften Biographen Hermippos von Smyrna (frg. 136). Allgemeine Belege für fleißige Lektüre und Erklärung des Dichters bieten die zweimal (frg. 133, wo Bernhardy 546 irrig an Ausleger des Komikers dachte, und 68 B) erwähnten ἐξηγηοάμενοι, gegen welche im zweiten Fall das Kochbuch des Arztes Erasistratos angerufen wird. Hierher gehört auch die Erzählung des Sext. Empir. adv. math. I 275, wie einmal einen Grenzstreit der Lebedier mit ihren Nachbarn ein Philologe (γραμματικός, γραμματεύς unrichtig Meineke 116) durch Beibringen eines H.-Verses (frg. 80) entschied. Die gelehrten Alexandriner begnügten sich nicht damit, den Iambographen zu studieren. Nach der Manier ihrer Zeit machten sie sich auch seinen reichhaltig originellen und altertümlichen Wortschatz für ihre eigenen Dichtungen nutzbar. Mehr als Apollonios von Rhodos (frg. 131) und vielleicht Hedy!os (B ergk zu frg. 97. Flach 148, 7), sowie der jüngere Nikandros (frg. 19, 4. 37. 76. 123) tat das Lykophron, der Autor der dunkeln Alexandra, dem wir mit Vergnügen den Kommentator Tzetzes seine zahlreichen ,Diebstähle* aus H. vorrücken sehen (s. besonders Tzetz. zu Lycophr. 855).
Aber über solche glossographische Verwertung hinaus hat H. in der hellenistischen Epoche eine wirkliche lebendige Auferstehung gefeiert. Der hart und scharf geprägte Charakterkopf des re «bellischen Volksmanns mußte das Interesse des individualistischen Zeitalters reizen. Nach einer ansprechenden Vermutung von Furtwängler hätte man sich sogar seine Züge durch ein realistisches Idealporträt, die sog. Seneca-Büste, vor Augen zu führen gesucht (Gerhard 204, 2. Bequeme Abbildung in C h ri s t s Lit.-Gesch.* Taf. 4, dazu S. 985); eine nicht näher bezeichnete angebliche antike H.-Gemme kannte schon Welcker (15A). Seine grenzenlose, selbst noch im Grabe zu fürchtende Bissigkeit wurde von den Epi-grammendichtern im Typus des menschenhassenden Timon besungen: Leonidas Anth. Pah VII 408; AJkaios (vonMessene? Gerhard 226, 6) VII 536. Philippos oder ,Mimnermos* Anth. PaL VII 405, Sambisch; vgt Gerhard 175. Pohlenz Χαμίτες F. Leo 81. Und solcher übertriebenen Verschreiung gegenüber fehlt es andererseits in einer förmlichen Debatte (Welcker 6) auch nicht an Stimmen, die den H. in Schutz nehmen. Das bekannte, [1906] Hipponax
IVOö
unter dem Namen des Bukolikers Theokrit überlieferte (überEchtheitszweifel Gerhard 151) Epigramm in Choliamben (Anth. Pal. XII 3) läßt ihn nur die Schlechten, rächt auch die Guten bedrohen, Wie schon diese letzteren Epigrammverse an ihrem Teile bezeugen, ist es nun auch zu einer Nachahmung des H gekommen. Die lange erloschene Gattung des Skazon hat seit dem 4. Jhdt. v. Chr. eine mannigfaltige und bis in die Byzantinerzeit 10reichende Nachblüte erlebt (Gerhard 202$).
Mit am frühesten betätigten sich hier anscheinend popularphilosophische Dichter in der Art des in einem Heidelberger Papyrus aufgetauchten und durch andere Parallelfunde weiter illustrierten Kolophoniers Phoinix, bei dem wir ds Vorbild des Ephesiers im kleinen (Gerhard 188. 198f.) wie im großen (o. S. 1900) nachwirken sehen. Solche Möralphilosophen, zumal kynische und stoische, hatten zur Kultivierung des H. beson-20 deren Grund, weil sie sich ihm in wichtigen
Stücken verwandt fühlten: so in dem rücksichtslos scharf kritisierenden Freimut, der auch dem Alten leicht ein moralisierendes Aussehen gab (s. das Theokrit-Epigramm und o. S. 1902), so in der proletarischen Stellung als Bettler, in der sie z. B. Verse des Meisters zitierten und abschliffen (Gerhard 204f., o. S. 1893). Aber auch eine höhere gelehrte Richtung der Choliambik hatte sich inzwischen gebildet. Statt mehrerer zu wenig greif-30barer Namen (Gerhard 217ff.) genügt da der eine alexandrinische Führer Kallimachos, der die zahmen kritischen Plaudereien seiner uns jetzt im Oxyrhynchos-Papyrus 1011 wieder geschenkten Ἴαμβοι, wenigstens in ihrem choliambischen Teil (fol. 2–6), anscheinend ganz dem Hipponax redi-vivus in den Mund legte (v. Arnim S.-Ber. Akad. Wien, Bd. 164, 4. Abh. 1910, 23f.). Im Verlauf dieses Buches spricht Kallimachos selbst (v. 334f. – 348f.) von Ephesos, d. h. von der 40 Stadt des H., wo sich die Choliambendichter weislich ihr Licht holen. Das weist, leider einstweilen noch unbestimmt, auf eine reiche und, wie es scheint, von polemischem Wettstreit beseelte zeitgenössische Produktion in unserer Gattung, und trifft so mit einem andern, nicht minder schwierigen Dokumente zusammen, dem Ἔννπνιον des Herondas, der hier (v. 77f.), mit andern konkurrierend, auf den zweiten Platz nach H. Ansprucherhebt (Gerhard o. S. 1094). In Herondas 50lernen wir den dritten, den dramatischen Zweig der alexandrinischen Choliambendichtung, kennen (Gerhard Phoinix 222f. 225Q. Herondas hat den Nachlaß des II. nach der persönlich subjektiven auch von der stofflich objektiven Seite her flüssig gemacht. Er hat sich für seine μιμίαμβοι mit sicherem Blick neben der Mimik der Dorer die realistische Schilderung des altionisch niedrigen Lebens bei H. zum sachlichen Muster genommen und gleichzeitig auch dessen Skazon als passenden 60 dramatischen Iambos niedrigen Stils adoptiert
(vgl. o. S. 1096f.).
Im 1. Jhdt v. Chr. ließ nochmals ein neuer kräftiger Impuls den V ers und zugleich den echtesten Geist des H. in den derben römischen Spott-Iamben der vsd>t9Qocf des Cθtull, Cinna, Calvos (vgl. Cic. ad fam. VII 24, 1) aufleben, denen im 1. Jhdt. n. Chr. der Epigrammendichter Martial folgt (Gerhard 226). Seit der Herrschaft des Christentums [1907] IVO 7}},
RE:Hipponesos 1
[Bearbeiten]Hipponesos
war für Erhaltung des H. nichts mehr zu hoffen. Die Christen (Clem. Al. Strom. I 1 p. 3, 11 St.), wie übrigens schon ernste heidnische Philosophen (Flut, ex comm. in Hes. 19. Sext. Empir. adv. math. I 298. Iulian. fragm. ep. p. 300 c.d) zählten ihn zu den obszönen und darum sittlich gefährlichen Büchern, vor deren Lektüre gewarnt werden muß. So kann es uns nur wundern, daß noch im 12. Jhdt. Tzetzes (vgl. t eή Brink Philol. VI58.217) den Dichter oder mindestens reichliche Exzerpte daraus in der Hand gehabt hat.
RE:Hipponesos 2
[Bearbeiten]2) H., ein Arzt, dessen Theorien über die Entstehung männlicher und weiblicher Lebewesen von [Plut.] mor. 905E.F und [Gal.] XIX 324f. angegeben werden. Vielleicht ist Hippon zu schreiben; vgl. Censorin. de die nat 7.
RE:Hipponesos 1
[Bearbeiten]Hipponesos (ἡ Ἰππόνηοος'). 1) Öfters vorkommender Name für Städte und Inseln, der sowohl mit ἴππος – Pferd als = Meerfisch (Athen. 304 E), kaum mit ippo (semit. = Festung), zusammengesetzt sein kann. Vgl. den Art. Hippoi.
RE:Hipponesos 2
[Bearbeiten]2) Bec. FHG I 16 frg. 23 (Steph. Byz.) ist vielleicht mit Plin. V 134: in Ceramico sinu: Priaponesos, Hipponesos.. . zusammenzubringen, und es ist anzunehmen, daß H. ein Eiland im karischen Gebiet war. Zur Namenschreibung vgl. Meunier Annuaire de LAssoc. pour l'Encouragement des Études Grecques en France, Par. 1872, 277ff. und den Art. Chersonesos o. Bd. III S. 2242.
RE:Hipponesos 3
[Bearbeiten]3) Plin. n. h. V 134, s. H. Nr. 2.
RE:Hipponikos
[Bearbeiten]Hipponikos. Zu den Trägern dieses Namens vgl. die Stammtafel der Familie, in welcher die Namen Kallias und H. abwechselten (vgl. auch Aristoph. Av. 283), bei Kirchner Prosop. att. I zu nr. 7833 und Art. Kalli as. Daß sie dem γένος der Kerykes angehörte, wird durch Andoc. I 127 bewiesen, vgl. W.Petersen Quaestiones de historia gentium atticarum (Diss. Kiel 1880) 37ff. und Dittenberger Herm. XX lOff.-, ihr Demos war nicht, wie man früher glaubte, Melite, sondern Ankyle (Dittenberger a. O. 5, 2. Kirchner Herm. XXXI 258ff.).
RE:Hipponikos 1
[Bearbeiten]1) Ein Hipponikos wird in der Erzählung bei Plut. Sol. 15 unter denjenigen Freunden Solons genannt, welchen er angeblich von seinen auf die Entschuldung des Volkes gerichteten Plänen vorher Mitteilung machte und die sein Vertrauen dazu mißbrauchten, um viel Geld auszuleihen und damit Güter zusammenzukaufen; nach Durchführung der Seisachthie waren sie ihrer Schulden ledig und blieben in ihrem Besitz. Es ist anerkannt, daß diese Geschichte von den χρεωκοπίδαι, von welcher auch Aristoteles (Αἰλ χολ. 6) spricht, eine tendenziöse Erfindung ist, welche aus oligarchischen Kreisen zu Ende des 5. Jhdts. stammt und sich gegen angesehene attische Familien demokratischer Gesinnung richtete, vgl. Bruno Keil Die solon. Verfassung in Aristoteles' Verfassungs-geschichteAthens46ff. F.DfimmlerHerm.XXVH 260ff. = KL Schriften II 416ff. v. Wilamowitz Aristoteles und Athen I 62ff. Dieser H. ist also aus der Geschichte zu streichen.
RE:Hipponikos 2
[Bearbeiten]2) Hipponikos, Sohn des Kallias, mit dem Beinamen 'Ἄμμων (HeraeL Pont, bei Athen XII 537 a). HeraHeidee erzählt eine Geschichte, daß ein Bürger von Eretria, Diomneetoe, ihm anvertraute Gelder des persischen Feldherrn, der gegen Euboia zog,