RE:Iulius 594

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Iulia Severa Wird zugleich mit L. Servenius Capito auf Kupfermünzen
Band X,1 (1918) S. 946948
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594) Iulia Severa wird zugleich mit L. Servenius Capito auf Kupfermünzen von Akmonia in Phrygien genannt (vgl. Head HN² 663. Münsterberg Num. Ztschr. XLV 1912, 81). Die Vorderseite der Münzen zeigt entweder Bild und Namen Neros oder der Kaiserinnen Agrippina oder Poppaea, der Revers trägt die Legenden ἐπὶ Σερουηνίου Καπίτωνος καὶ ἰουλίας Σεουήρας Ἀκμονέων oder Ἀκμονέων (im Felde) ἐπ. ἀρχ. Σερουηνίου Καπίτωνος καὶ Ἰουλίας Σεουήρας (Mionnet IV 198f. n. 21ff. Suppl. VII 484. Head Gr. coins Brit Mus. Phrygia 9f. n. 36. 39–42. 48-50. Babelon Inv. coll. Wadd. 324 n. 5490ff.; Servenius Capito allein: [947] Head n. 35. 37. 38. Babelon n. 5487. 5489). Andere Prägungen mit dem Bilde des (nicht mehr, wie auf den eben angeführten, jugendlichen) Nero haben auf dem Revers ἐπὶ ἀρχ τὸ γ’ Σερουνηίου Καπίτωνος καὶ Ἰουλίας Σεουήρας (Head p. 10 n. 43–47. Babelon n. 5488); derselbe Text begegnet auf der Rückseite von Exemplaren (Mionnet IV 198f. n. 22. 25. Head p. 6 n. 17f.), deren Avers das Bild der dea Roma zeigt (mit den Zügen einer Kaiserin, nach Head Poppaea; Ramsay Cit. and bish. of Phrygia I 2, 639. 649f. scheint zu irren, wenn er angibt, daß ἐπὶ ἀρχ. τὸ γ’ auf einer Münze Agrippinas vorkomme). Auch auf Inschriften derselben Stadt finden wir Severa genannt. In der nur fragmentarisch erhaltenen Dedikation eines Bauwerkes an einen Kaiser (wohl Nero) führt sie die Titel einer ἀρχιέρεια καὶ ἀγωνοθέτ[ις] (Cagnat IGR IV 656). Ein anderer Stein nennt einen Nikias Lucius ἱερέα Σεβαστῆς Εὐβοσίας (d. i. Agrippina oder eher Poppaea; vgl. Waser o. Bd. VI S. 859) διὰ βίου … καὶ γυμνασιαρχήσαντα δύο πενταετηρικοὺς (sc. ἀγῶνας) ἐπὶ Ἰουλίας Σεουήρας καὶ Τυρρωνίου Ῥάπωνος (CIG III 3858 Add. p. 1091 = Le Bas-Waddington III 754 = Cagnat IGR IV 654). Endlich berichtet ein dritter Gedenkstein (Ramsay Rev. d. ét. anc. III 1901, 272 = Cagnat IGR IV 655), daß Iulia Severa in Akmonia eine Synagoge erbaute, für deren Ausstattung C. Tyrronius Cladus ὁ διὰ βίου ἀρχισυνάγωγος mit zwei anderen jüdischen Gemeindebeamten Sorge trug.

Aus diesem Material schließt Ramsay (Cit. of Phr. I 2, 638ff. 647ff. 673f.), daß Severa zweimal vermählt gewesen sei, in erster Ehe mit L. Servenius Capito, nach dessen um das J. 63 eingetretenen Tode mit Tyrronius Rapo; beide Gatten hätten in Akmonia die Würde eines ἀρχιερεύς, Severa demnach die einer ἀρχιέρεια bekleidet, doch sei Rapo weniger vornehm als seine Gemahlin gewesen, weshalb ihr Name dem seinen vorausgehe. Ramsay hält ihn für einen Mann jüdischer Herkunft und Religion und vermutet, daß auch Severa Jüdin gewesen sei (ebenso Münsterberg Mon.-Bl. Num. Ges. Wien IX 1913, 160).

Von diesen Deduktionen kann als sicher gelten, daß Severa mit L. Servenius Capito (der aber keineswegs um 63 gestorben sein muß) vermählt war. Ramsay wird ferner im Rechte sein, wenn er (wie auch Pick Num. Ztschr. XXVII 1895, 50) das Siegel ἀρχ. auf den Münzen mit ἀρχιερέων, nicht ἀρχόντων, auflöst (Dessau Pros. i. R. III 225, Cagnat zu IGR IV 654 u. a. ziehen letzteres vor); dabei ist aber nicht an das Oberpriestertum von Asia zu denken, sondern an eine munizipale Würde in Akmonia (vgl. Brandis o. Bd. II S. 483), die Capito und Severa mindestens dreimal innehatten. Eine dieser Priesterschaften muß noch vor Agrippinas Ermordung (59 n. Ch.), eine andere und zwar wohl die dritte in die kurze Zeit gehören, in der Poppaea Sabina den Titel einer Augusta führte (63 bis 65). Recht fraglich erscheint dagegen, ob Severa auch die Gattin des Tyrronius Rapo war: die Datierung nach beiden läßt die Erklärung zu, daß sie dieselbe lokale Stellung (wohl die Agonothesie, die nur für die Agone eponym war) in zwei aufeinanderfolgenden Lustren bekleideten. Vollends unwahrscheinlich ist die Annahme, daß die Oberpriesterin eines [948] heidnischen Kultes Jüdin gewesen sei (dagegen wendet sich mit Recht Schürer Gesch. d. jüd. Volk. III⁴ 16). Severa wird, dem Vorbild ihrer Gönnerin, der Kaiserin Poppaea, folgend (vgl. Ramsay 651), dem Judentum besonderes Wohlwollen bezeige und die ansehnliche jüdische Gemeinde in Akmonia unter ihren Schutz genommen haben; vielleicht war sie übrigens mit dem Königshaus der Herodeer verwandt. Denn sie gehört allem Anschein nach der vornehmen galatischen Familie der Iulii Severi an, die sich von den Attaliden und dem König Deiotarus ableiteten und – allerdings in erheblich späterer Zeit – auch Nachkommen des Herodes zu ihren ,Vettern‘ zählten (Näheres s. Nr. 484). C. Iulius Severus, Sohn des Ärtemidoros, den eine Stele aus Akmonia nennt (CIG III 3860f. = Le Bas III 764), könnte der Vater der Severa gewesen sein. Ihrer Ehe mit Servenius Capito entsprossen vermutlich Servenia Cornuta ἡ ἐκ βασιλέων (Ramsay a. a. O. Dessau Pros. i. R. III225) und L. Servenius L. f. Aem(ilia) Cornutus, der unter Nero – vielleicht begünstigt von Poppaea, der auf den Münzen seiner Mutter gehuldigt wird, – in den römischen Senat Aufnahme fand (Cagnat IGR IV 644–650. Dessau a. a. O.; s. Servenius). Seine Eltern errichteten ihm, anscheinend in vespasianischer Zeit, ein Heroon in seiner Vaterstadt (Ramsay 647ff.).

[Groag. ]