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RE:Jagd

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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in der Auffassung des griechischen Altertums
Band IX,1 (1914) S. 558604
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Jagd. Hom.: ἡ θήρη (Il. V 49), ἡ ἅγρα (Od. XXII 306), der Jäger ὁ θηρητήρ (Il. XI 292), ὁ θηρήτωρ (Il. IX 543), ὁ ἀνὴρ θηρητήρ (Il. XII 170), ὁ ἀνὴρ θηρευτής (Il. XII 411, ὁ κοῦρος θηρητήρ (Il. XVII 726), ὁ κυνηγέτης der Hundeführer nur Od. IX 120, ο ἐπακτήρ (= ὁ κύνας ἐπάγων) (Od. XIX 435) in fast gleicher Bedeutung. In nachhomerischer Zeit: J., ἡ ἄγρα, ἡ θήρα, ἡ θηραγρία (Poll. V 12), τὸ θήρευμα (Eur. I A. 1162), τὰ πεζὰ θηρεύματα (Plat legg. VII 823), ἡ θήρευσις, ἡ κυνηγεσία (Plut. Alex. 40), τὸ κυνηγέσιον, τὸ κυνηγέτημα, ἡ κυνηγία, τὸ κυνήγιον, ἡ κυνηλασία. – Der Jäger: ὁ θηραγρέτης und θηραγρευτής, ὁ θηρατήρ, ὁ θηρατής, ὁ θηράτωρ, ὁ θηρεύτωρ, ὁ θηρευτήρ, ὁ θηρευτής, ὁ κυνηγέτης, ὁ κυνηγετήρ, ὁ κυνηγός. – J.: venatio, venatus, Jäger: venator, Plur. auch venantes, subsessor Jäger auf dem Anstand (Petr. XL 1), saltuarius Revierförster.

Die Jagd in der Auffassung des griechischen Altertums. Wie es dem Menschen eignet, alle Gaben, die guten wie die bösen, zuletzt auf die Gottheit zurückzuführen, so sieht er auch in der Kunst, das Wild zu erjagen, ein Geschenk, für das er ihr Dank schuldet. Die J., welche in der Urzeit nur ein Kampf des Menschen gegen die ihn bedrohenden wilden Tiere war, die dem Unerfahrenen und Waffenlosen schreckliche Gefahren brachten, ihn aus seiner ärmlichen Wohnstätte, aus der Höhle, in der er vor den Unbilden des Wetters Schutz gesucht hatte, verdrängten, die ihn zerrissen oder so zerfleischten, daß er jammernd den Tod herbeisehnte, ist durch die Unterweisung der Artemis zu einem Vergnügen des Menschen geworden. Ihr, als der Geberin und Beschützerin der J., mußten daher vor Beginn, wie nach Beendigung des Jagens Gebete und Spenden, an ihren Festen Opfer von Rind, Schaf, Ziege oder Wild dargebracht werden.

Artemis unterwies zuerst den Kentauren Cheiron, einen Halbbruder des Zeus, als Sohn des Kronos und der Naiade Philyra, in der Kunst der J. und der Hundeführung. Dieser teilte seine Erfahrungen den besten Helden der Vorzeit mit, die sie weiter entwickelten und verbreiteten. So zeichnete sich Perseus in der J. zu Fuß auf Hasen, Rehe, Hirsche, Wildziegen und Wildesel aus, Kastor lehrte die J. zu Pferde und züchtete die besten Jagdhunde, in deren Führung sich Pollux hervortat. Meleager erwies sich als trefflicher Speerschütze im Erlegen reißender Tiere, er war es, der den kalydonischen Eber zu Fall brachte, den Atalante schon mit dem Pfeil getroffen hatte, da sie Meisterin im Bogenschießen war. Hippolytos erfand Netze und Schlingen, und Orion lehrte, wie durch nächtliche List und Täuschungen aller Art dem Wilde nachgestellt wird (Oppian. II 5–30). So lernte der Mensch seine Geisteskräfte benutzen, um die ihm an Kraft und Sinnesschärfe überlegenen Tiere zu überwältigen.

Er überlistet sie, stellt Fallen, welche die Flüchtigen aufhalten, Netze, in denen sie sich verstricken, er erfindet Pfeile, die aus der Ferne treffen, schmiedet aus starkem Eisen todbringende Waffen und empfindet in dem Gefühl seiner geistigen Überlegenheit über die rohe Kraft eine Befriedigung, die nicht zum wenigsten den Reiz der J. ausmacht. Da die J. hohe Anforderungen an Körperkraft und Gewandtheit, Mut und Geistesgegenwart [559] stellt, so galt sie dem Griechen als ehrenvolle, des freien Mannes würdige Beschäftigung. Es war selbstverständlich, daß Helden Jäger und Jäger Helden waren (Odysseus, Achilleus, Aeneas). Besonders waren es die Spartaner, die sich in den waldreichen Gebirgen nahe ihrer Stadt als Jäger betätigten. Zur Stählung des Körpers wurden Knaben und Mädchen vom Lager weg, also am frühen Morgen, auf die J. geschickt, um sich selbst den Unterhalt zu erschleichen (Iustin. hist. III 3). Sie erhielten nur magere Kost, sodaß der Hunger sie zum eifrigen Jagen zwang. Ähnliches berichtet Xenophon (Cyrop. I 2, 9) von den Persern, bei denen auch die Knaben in dürftiger Kleidung und bei schmaler Kost erzogen wurden, um dann vom 16. Jahre ab in leichter Bewaffnung dem Könige zu dienen und ihn auf seinen Jagdzügen zu begleiten. Während in Hellas die Sorge für die Ausbildung der Körperkraft dem erwachsenen Manne nach Belieben überlassen blieb, machte die spartanische Verfassung die Ausübung der J., als das Staatsinteresse fördernd, dem Bürger zur Pflicht (Xen. de rep. Lac. IV 7 und VI 3). Teilnahme an einer J. entschuldigte das Fernbleiben von den gemeinsamen Mahlzeiten, den Syssitien; Hundebesitzer waren verpflichtet, ihre Jagdhunde dem sie Fordernden zu leihen; staatliche Jagdhunde wurden gehalten, die jeder, der ihrer bedurfte, benutzen konnte. Bei den jagdliebenden Makedoniern durfte keiner an den gemeinschaftlichen Mahlzeiten teilnehmen, der nicht bereits einen Eber erlegt hatte. Auch bei der Erziehung des jungen Atheners wurde nach alter Sitte in der Blütezeit des Staates der J. neben Gymnastik und Reitkunst eine wichtige Stellung zugewiesen. Sie sollte ein Mittel zur Abhärtung des Körpers, zur Gewöhnung an Mäßigkeit und Einfachheit, an Mut, Ausdauer und Geistesgegenwart, daher die beste Vorbereitung auf den Krieg sein. In diesem Sinne betrachtet sie Ps.-Xenophon (an weiteren Stellen der Kürze halber nur Xen. zitiert), wenn er (cyn. XII und XIII) die Pflege der J. den Jünglingen in begeisterten Worten empfiehlt: die Ausübung der J. stählt den Körper, sie zwingt zur Mäßigkeit in Speise und Trank, verleiht Ausdauer bei Strapazen, Widerstandsfähigkeit gegen die Unbilden der Witterung, Gleichgültigkeit gegen hartes Lager. Indem sie von dem Ausübenden Orientierungsvermögen, rasches Überblicken einer gegebenen Lage und selbständige Entschlußfähigkeit verlangt, schärft sie die Sinne, besonders Auge und Ohr, sodaß der Jäger aus unmerklichen Zeichen Schlüsse zieht, die anderen entgehen. Sie erfordert Berechnung, List und Vorsicht beim Beschleichen des Wildes, Kraft, Entschlossenheit, Mut und Gewandtheit im Kampfe mit Raubwild und Sauen, Eintreten für den Genossen. Durch diese in ihr ruhenden Bedingungen ist sie die beste Erzieherin des Jünglings für den Krieg, denn alle durch sie geweckten Eigenschaften sind dem Krieger unentbehrlich. Ein guter Jäger wird stets ein tapferer Krieger sein, dem seine Überlegenheit zum Siege verhilft. Aber selbst wenn die Schlacht zu seinen Ungunsten ausfallen sollte, ist der Jäger dennoch ungeübten Genossen gegenüber im Vorteil. Seine geschärften Sinne, die Gewohnheit, sich in schwierigem Gelände zurechtzufinden, werden ihm leicht Deckung verschaffen [560] oder die Flucht sichern. Das geübte Auge erspäht die Blöße des Feindes, der Kampfesmut läßt neuen Angriff wagen. ,Aus solchen Männern werden gute Soldaten und Feldherrn‘. ,Denen, welche an Leib und Seele kräftig sind, ist das Glück nahe‘. Die Beschäftigung mit der J. sollte beginnen, wenn der Jüngling, dem Knabenalter entwachsen, über eine gewisse Reife des Körpers und Geistes verfügte. Gerade dann ist es wichtig, daß die J., welche mit Mühe, Anstrengung und Selbstverleugnung erlernt wird, den Jüngling von schlechten Vergnügungen, die niemand zu erlernen braucht, abhält und dadurch charakterbildend auf den künftigen Staatsbürger wirkt. Denn auch bei größter Kraft des Körpers wird die Vertilgung schädlicher Tiere, die eine nützliche Tat für das Allgemeinwohl ist, dem Jüngling nicht gelingen, wenn nicht Besonnenheit und Ausdauer ihn dem um sein Leben kämpfenden Gegner überlegen macht. Durch alles dieses wird die J. zu einer den Göttern wohlgefälligen Beschäftigung, die sich ihr widmenden Jünglinge werden durch ihr gottesfürchtiges Wesen ihren Eltern und dem Staate Ehre machen (Xen. cyn. XII und XIII). Auch Platon (legg. 822) schreibt der J. erzieherische Kraft zu, indem er darunter nur diejenige Nachstellung des Wildes verstanden wissen will, welche Anspannung der Kräfte und Überwindung von Gefahren in sich schließt. Fallenstellen und Netzelegen erscheint ihm ebenso verächtlich wie Vogelstellen und Fischfang. Wenn Aristophanes (ran. 1101; nub. 989) über die Abneigung der verweichlichten athenischen Jünglinge gegen jede körperliche Anstrengung spottet, wenn er den Zwang, die J. ausüben zu müssen, als Hilfsmittel zur Besserung ansieht, wenn Xenophon einerseits die Reize der J. in so beredten Worten schildert und andererseits die abfälligen Äußerungen der Sophisten, die J. könne leicht eine Vernachlässigung des Hauswesens nach sich ziehen, zu widerlegen sucht, so ergibt sich daraus, daß die J. jedenfalls damals bei der Jugend Athens ihre wichtige Stellung verloren hatte. Manns findet den Grund hierfür in dem Peloponnesischen Kriege, der längere Zeit Jagdausflüge in die von Athen weiter entfernten, größeren Waldungen verbot. Nicht minder mag der Umstand beigetragen haben, daß Attika immer mehr zum Kulturlande umgewandelt worden war, in dessen Getreidefeldern, Öl- und Weinpflanzungen sich höchstens Hase und Fuchs, aber kein größeres Jagdwild mehr halten konnte.

Der materielle Nutzen der J. wird als etwas Nebensächliches betrachtet; wie den edlen Jagdhund nicht die Beute, sondern der Kampf mit dem Wilde lockt, so auch den Jäger. Das Bewußtsein der Überlegenheit erfüllt ihn mit Befriedigung. Stolz schwillt des Jünglings Herz, wenn er zum erstenmale den ,gewaltigen Kronhirsch‘, den ,borstenstarrenden Eber‘ oder den ,bärtigen Löwen des Bergwaldes‘ zur Strecke gebracht hat, er lacht der erhaltenen Wunden, welche die kundigen Gefährten sorgfältig verbinden, und freut sich, die Narben aufweisen zu können. Standesunterschiede schwinden, die Jagdgenossen, die einander beistehen, fühlen sich einander gleich, langjährige Freundschaft verbindet Jagdgefährten (Arr. V). Beim Mahle an einer Quelle im Walde schmausen Herren, Diener und Hunde gemeinsam. Die Jagdbeute ist aufgehängt, [561] und ehe man sich zur Ruhe begibt, werden fröhliche Jagdabenteuer erzählt (s. Jägerlatein). Auch die Freude an der Natur wird geweckt. Oppian schildert in anmutiger Weise den Genuß, auf dem blumigen Teppich der Wiese oder in einer kühlen Grotte zu ruhen, sich am sprudelnden Quell zu erquicken, die saftigen Früchte des Herbstes zu pflücken, oder sich an den bescheidenen Gaben, die ein Ziegenhirt im Körbchen darbietet, zu laben. ,Wer erst einmal den Reiz des Weidwerks gekostet hat, der vermag es nicht mehr zu missen‘ (Opp. II 30–43). Daß die Auffassung, die J. gehöre zu den geschätztesten Vergnügungen rüstiger Männer, eine sehr alte und weitverbreitete ist, beweisen die großen J., welche zur Unterhaltung besonders zu ehrender Gäste veranstaltet wurden, wobei man dem hochgestellten Gaste den Vortritt ließ oder ihm das beste Wild zutrieb. Als der jugendliche Odysseus seinen Großvater Autolykos besuchte, wurde bereits in der Morgendämmerung des nächsten Tages mit spürenden Hunden zur Eberjagd auf dem Parnassos ausgezogen (Od. XIX 428ff.). Dido rüstet dem Aeneas zu Ehren eine Treibjagd, bei der zahlreiches Gefolge zu Pferd sich den mit Netzen, Schlingen und gekoppelten Hunden voranziehenden Gehilfen anschließt, die Königin selbst, den goldenen Köcher auf dem Rücken, auf goldgeschirrtem Zelter reitet, Aeneas mit klirrender Waffe auf der Schulter den Zug ordnet, und der jugendliche Ascanius auf flinkem Rosse ungestüm einen Löwen oder Eber zu erlegen strebt, da ihn die Rudel der Hirsche und Gazellen nicht zu reizen vermögen (Verg. Aen. IV 130ff.). Astyages veranstaltet für seinen jungen Enkel Kyros eine J., zu der das Wild von zahlreichen Treibern auf günstigem Gelände zusammengetrieben wird, indem er zugleich den Jagdgenossen den Befehl erteilt, kein Stück Wild zu erlegen, bis Kyros reichliche Beute gemacht habe. Kyros, der in seinem Jagdeifer einem edlen Jagdhund gleicht, bittet den König, diesen Befehl zurückzunehmen, da er nur in dem Wettstreit mit den Gefährten wahres Jagdvergnügen finden könne (Xen. Cyr. 14, 14). Bei diesen Treibjagden finden sich Treiber zu Fuß und zu Pferd ebenso wie Jäger zu Fuß und zu Pferd, die Aufstellung der Jäger erfolgt in vom Jagdherrn bestimmten Abständen, jeder Teilnehmer fügt sich in die gegebenen Anordnungen und erwartet, zum Angriffe bereit, jedes Geräusch vermeidend, das andringende Wild. Eine sehr anschauliche Schilderung von der Aufstellung zu einer großen J. entwirft Seneca (Hippolyt): die Jäger werden sowohl in der fruchtbaren Ebene, in die das Wild zur Äsung schreitet, als auf den Höhen des Gebirgs, wo der Eber im dichten Walde haust, angestellt. Die Gehilfen halten die vorwärtsdrängenden Hunde, Lakoner, Kreter und Molosser, nur mühsam zurück, während die Netzwärter die Fall- und Stellnetze an die bestimmten Orte bringen und die Seile mit Blendzeug aufhängen. Wurfspieße, Lanzen und die gekrümmten Messer zum Ausweiden des Wildes sind bereit. Nach einem Lobpreis der Artemis beginnt das Jagen. Zum Heimschaffen der Jagdbeute dienten auf den Schultern getragene Stangen, bei großen J. auch von Maultieren gesogene Wagen, welche zum Sammelplatze mitgeführt wurden.

[562] Im Gegensatz zu den Griechen zeigten sich bei den Römern der älteren Zeit keine weidmännischen Neigungen. Die Vertilgung des Wildes blieb Berufsjägern aus den Kreisen der Sklaven und Freigelassenen überlassen. Daß auch ein vornehmer Römer Jäger gewesen ist, hören wir zuerst im 2. Jhdt. v. Chr. Polybios berichtet, er habe den jüngeren Scipio, wie in alle andern griechischen Künste und Wissenschaften, so auch in die Kunst des Weidwerks eingeführt. Das Vorbild scheint kaum Nachahmer gefunden zu haben, tritt doch auch in der Folgezeit bei der römischen Jugend keine ausgesprochene Vorliebe für die J. hervor. Erst die Bekanntschaft mit den Gepflogenheiten der Bewohner der außeritalischen Provinzen, die, wie Spanien und Gallien, reiche Jagdgründe aufwiesen, oder, wie der Orient, durch gefahrvolle Löwen- und Pantherjagden lockten, ließ bei den in den Provinzen weilenden Römern Jagdlust und Jagdeifer entstehen. Bei der zunehmenden Neigung zu Bequemlichkeit und behaglichem Lebensgenuß, die dem vornehmen Römer der Kaiserzeit eignete, konnte das anstrengende Weidwerk keine zahlreichen Anhänger finden. Wenn einzelne Kaiser, wie Traian und Hadrian, leidenschaftlich der J. gehuldigt haben, so ist zu bedenken, daß diese Herrscher nicht Italiker, sondern spanischer Herkunft gewesen sind. Die Schilderungen Vergils und der elegischen Dichter könnten in mancher Hinsicht zu falscher Auffassung verleiten: entweder schilderten sie griechische Zustände, oder ihre Dichtungen sind mit dem Geiste ihrer griechischen Vorbilder durchtränkt. Auch die Jagdschriftsteller der römischen Periode, ob sie wie Arrian und Oppian in griechischer, oder wie Grattius und Nemesian in lateinischer Sprache geschrieben haben, gewähren kein Bild von rein römischen Zuständen.

Jagdgehege. Jagdgehege finden sich in Griechenland nicht. Dagegen hatten aus praktischen Gründen römische Gutsbesitzer vielfach in der Nähe ihres Hofes einen mehr oder weniger großen Platz, der mit starken Holzbohlen (daher roborarium: Scipio Afric. bei Gellius II 20, 5ff.) oder mit einer festen Mauer als Tiergarten (vivarium, leporarium) eingehegt war, für Jagdwild angelegt. Bäume, Buschwerk und allerlei Kraut schützten die darin befindlichen Hasen, die in den einfachen alten Zeiten die einzigen Insassen bilden (daher der noch später gebrauchte Namen leporarium), vor den Angriffen der Raubvögel, sodaß ihre Vermehrung ungehindert blieb (Varro III 3). Zu Varros Zeit begnügte man sich längst nicht mehr mit dem Hineinsetzen einiger auf der J. gefangener Hasen, man vergrößerte die Tiergärten, umschloß ein von einem Bache durchzogenes Wäldchen mit einer Mauer aus Bruchsteinen oder ungebrannten Ziegelsteinen und hegte außer Hasen noch Rehe, Hirsche, Gemsen, Antilopen und Wildsauen (Col. IX 1). Das Wild, durch im Hause aufgezogene Tiere der gleichen Gattung zutraulich gemacht, stellte sich regelmäßig zu bestimmten Zeiten zur Fütterung ein, die in den Jahreszeiten, wo der Wald nichts bot, besonders reichlich sein mußte; dies galt vor allem für die Zeit, wo die Tiere geworfen hatten. Man fütterte Gerste, Dinkel, Bohnen, Weintrester und andere billige Futtermittel; für die Hasen wurde Kohl, Endivien und Lattich angesät, auch wurden [563] sie mit Kichern und Gerste genährt. Der praktische Columella rät, außer den Hirschen alles Wild nur bis zum vierten Lebensjahre im Tiergarten zu lassen, von diesem Zeitpunkte an nähme seine Kraft ab. Qu. Fulvius Lippinus hatte bei seinem Gute in Etrurien ein leporarium von 40 Morgen Landes, Qu. Hortensius ein solches in der Nähe von Laurentum in einer Ausdehnung von sogar 50 Morgen, auch des Lucullus Tierpark war berühmt (Varro III 3. Plin. VIII 211). In den Provinzen legten sich die Römer gleichfalls derartige Gehege an, die häufig noch mit Fischteichen (piscinae), einem glirarium (Raum für Siebenschläfer), einem Bienenstand (alvearium) und Vogelhäusern (ornithones) verbunden waren (s. d.). Von weit größerer Ausdehnung war der παράδεισος (Xen. an. I 2, 7) genannte Tiergarten persischer und indischer Fürsten, welcher ausgedehnte Wälder, Flüsse und Seen einschloß. Viele Rudel Wild und zahlreiche Raubtiere, wie Panther und Löwen, die eigens hereingesetzt wurden, blieben in ihnen für die J. der Herrscher aufgespart (Strab. XV 1). In einem Tiergarten von begrenzterem Umfange hat Kyros, da er als Knabe bei seinem Großvater Astyages zu Besuch weilte, seine ersten Jagdübungen angestellt. Nachdem er aber auf sein inständiges Bitten zum erstenmale die Reize einer wirklichen J. unter Aufsicht seines Oheims hatte kosten dürfen, bei der er Hirsch und Eber auf freiem Felde erlegt hatte, vermochten ihn die dürftigen, mageren Tiere des Geheges nicht mehr zu fesseln (Xen. Cyr. I 3). Kyros der Jüngere hatte bei Kelainai einen großen Tiergarten, durch den der Mäander floß, in dem er täglich, um sich gewandt zu erhalten, Reitübungen anstellte und der J. pflegte (Xen. an. I 2 und 9). In einem παράδεισος in Baktrien, in welchem seit Menschengedenken nicht mehr gejagt worden war, soll Alexander der Große etliche Tausend Stück Wild erlegt haben (Curt. VIII 9).

Jagdrecht und Jagdfreiheit. Ein Jagdrecht im Sinne der Neuzeit kannte das Altertum nicht, ebensowenig wie eine gesetzliche Schonzeit des Wildes, daher waren ihm auch Wilddiebe und Jagdfrevel fremd. Nach uraltem Völkerrechte, das sowohl im Morgen- wie im Abendlande Geltung hatte, stand es jedem Manne frei, jedes wildlebende Tier, wann, wie und wo er wollte, zu töten und für sich selbst zu verwerten. Alle im Walde, Felde und Wasser lebenden Säugetiere, Vögel und Fische galten als herrenlos, selbst wenn Wald, Feld und Teich bestimmten Besitzern gehörten (Seidensticker Waldgesch. d. Altert. Bd. II 1886, 183). Ebensowenig hatten Fürsten oder andere hochstehende Personen irgend ein Vorrecht zur Ausübung der J., und selbst das in vergatterten Wäldern freilebende Wild galt nicht als ihr Eigentum, sondern nur die in Zwingern gefangen gehaltenen Tiere (Seidensticker 183). Erst in der späten römischen Kaiserzeit erfährt die Jagdfreiheit, wenigstens was die Löwenjagd anlangt, eine Beschränkung. Wohl um der massenhaften Vertilgung der großen Raubtiere, die in Menge für die Spiele der Hauptstadt erforderlich waren, entgegenzutreten, und um sich selbst nicht des Genusses eines Sportes zu berauben, der mehr denn jeder andere eines Fürsten wert erschien, haben die Kaiser Theodosios II. und Honorius die Löwenjagd als das [564] ausschließliche Vorrecht der Kaiser erklärt (O. Keller Ant. Tierw. 43). Zwar konnte der Besitzer einen Jagenden am Betreten seines Grundstückes hindern, aber die Ausübung der J. konnte er ihm nicht verbieten. Es scheint indessen, als seien gewisse Rücksichten inbezug auf das Jagen auf bebautem Gelände schon frühzeitig zur herrschenden Sitte geworden (Xen. cyn. V 35). Auch fanden sich in allen Gegenden der Gottheit geweihte Bezirke, die nicht durch Jagen entweiht werden durften, z. B. Haine der das Wild schützenden Artemis, Ufer ihr heiliger Quellen und Flüsse, sowie bestimmte Inseln, die, wie Delos, überhaupt nicht von Jägern und Hunden betreten werden sollten (Xen. cyn. V 25 und 34). Weiterhin sollten an den Feiertagen der Götter, an denen die Arbeiten in Stadt und Land ruhten, die J. und alle auf sie bezüglichen Verrichtungen, wie Fallen- und Netzestellen, unterbleiben (anders freilich ist die Stelle bei Xen. cyn. V 34 zu verstehen, wenn man ἀναγρία übersetzt: ,die Zeit in der es nichts zu jagen gibt‘ anstatt ,die Zeit, in der man nicht jagt‘. Da jedoch das Altertum nicht einmal die Setzzeit des Wildes berücksichtigte [Xen. cyn. IX], so gab es wohl kaum eine Zeit, ,in der es nichts zu jagen gibt‘). Junge Hasen wurden der Artemis überlassen, d. h. verschont (Xen. cyn. V 14). In einem bestimmten Umkreise von Athen war es verboten, Fallen und Netze während der Nacht zu stellen (Xen. cyn. XII 7). Da überhaupt die Umgebung der Großstadt sehr wenig Wild aufzuweisen hatte, so sollte wohl dadurch eine weitere Verminderung des Wildbestandes durch erwerbsuchende Berufsjäger verhindert werden. Im übrigen war die Jagdausübung auf keine bestimmte Tages- und Jahreszeit beschränkt. Größere J., zu denen der Jäger mit Gehilfen, Hunden und Netzen auszog, wurden vorzugsweise im Herbst veranstaltet, wo die Feldfrüchte bereits eingeheimst waren. In dieser Jahreszeit, in der der Spürsinn der Hunde am schärfsten, das Wild am feistesten war, versprach die J. besonders an windstillen Tagen am meisten Vergnügen und Erfolg. Im Hochsommer wurde mit Rücksicht auf die Hunde gewöhnlich in der Morgendämmerung, im Winter um die Mittagszeit ausgezogen. Bei den Römern waren ebenfalls Herbst und Winter die Hauptjagdzeiten (Opp. cyn. I 110–140. Nemes. ven. 322. Verg. georg. I 310. Hor. epist. II 29).

Von den ältesten Zeiten an gab es neben Fischern und Vogelstellern Berufsjäger, die sich die Vertilgung schädlichen Raubwildes und die Erlegung von Hasen, Rotwild und Sauen zum Lebenserwerb machten und zu jeder Tages- und Nachtzeit ungehindert ihrem Berufe nachgingen. Berufsjäger fanden sich auch in der Reihe der Sklaven der Gutsbesitzer, die im Auftrage ihrer Herren, den Gutsbezirk von Raubwild säuberten, das erlegte Wild verkauften oder für den Herrn verwerteten, und denen die Instandsetzung des mannigfachen Jagdgerätes oblag (Abb. eines solchen auceps bei Rich Ilustr. Wörterb. 63). Daß daneben die meisten Hirten oder einsam wohnende Landleute von Natur Jäger waren, liegt in den Verhältnissen. Bargen doch die umfangreichen Waldungen ebensowohl zahlreiches Raubwild, das in die Herden einbrach, wie die Felder verwüstendes Rot- und Schwarzwild. Der Ursprung der J. [565] liegt ja überhaupt in der Notwehr des Menschen gegen die ihn bedrängenden Raubtiere, in der Abwehr gegen die seine Nahrung schmälernden friedlichen Bewohner des Waldes. Demgemäß sind auch die ältesten gemeinsamen J. solche der Notwehr, wie z. B. gegen den Menschen und Herden bedräuenden Löwen, zu denen sich ,ein ganzes Volk‘ rüstiger Männer vereinigt (Hom. Il. XX 164), oder der Abwehr, indem die besten Helden einer Gegend den die Felder zerstampfenden, Saaten vernichtenden Eber fällen (Il. IX 539). Daß dann die J. des Nutzens und des Vergnügens halber geübt wurde, ergibt sich von selbst.

Jagdgottheit. Als Schutzgottheit der J. wurde Artemis an zahlreichen Kultstätten verehrt und zwar nicht nur in Wald und Feld, sondern auch in Städten, wie in Athen (Paus. I 19), Megara (Paus. I 41), Syrakus (Schol. Il. XXI 41) u. a., auch zu Olympia war ihr ein Altar errichtet (Paus. V 15). In Sage und Dichtung erscheint sie, von Nymphen begleitet, als schlanke Jungfrau, hochgeschürzt, ausgerüstet mit Köcher, Bogen und Pfeilen, den Jagdhund zur Seite, zuweilen gefolgt von zahlreicher Meute. Auch wird sie als Beschützerin der Jagdtiere dargestellt, die linke Hand auf das Gehörn der ihr geweihten Hündin stützend. Wie sie als λοχία oder λοχεία den Frauen in der Stunde der Entbindung beisteht, so auch der Jagdhündin (Anth. Pal. IX 303). Beim Auszug zur J. versicherte sich der Jäger des Beistandes der Artemis und gelobte ihr einen Teil der Jagdbeute. So verspricht auch Propertius (eleg. II 19, 17ff.) der Diana ein Hirschgeweih an einer Pinie aufzuhängen, wenn sie ihm Erfolg auf der J. bringen werde, und Micon bei Vergil (Ecl. VII 29) weiht der Jagdgöttin den Kopf des Keilers und ein Hirschgeweih. In dem ihr geweihten Bezirke wurde Artemis häufig nur unter einem mit heiligen Binden geschmückten Baum verehrt, oder es wurde ihr eine Spitzsäule oder auch ein schlichtes geschnitztes Bild aufgestellt. Daneben finden sich bescheidene Waldkapellen (aediculae, sacella) und von reichen Jagdbesitzern errichtete Tempel (Xen. an. V 3), an denen Köpfe erlegter Eber und Bären, Hirschgeweihe und Tierfelle als Jagdtrophäe aufgehängt waren (Anth. Pal. VI 111. 112. 121. 326. Diod. IV 22 u. a.). Philostratos (imag. I 28) schildert eine solche Waldkapelle mit den Erstlingen der J. (πρωτάγρια, πρωτόλεια) geschmückt. An bildlichen Darstellungen fehlt es nicht. C. Boetticher (Über den Baumkultus der Hellenen) gibt folgende: Fig. 9 Baum der Artemis mit Jagdwaffen: An einem von den unteren Ästen befreiten Baumstamme hängt ein schön geschwungener Bogen, Köcher, Jagdspieße mit langen Binden. Fig. 10 Spitzsäule der Artemis mit aufgehängtem Hirschschädel. Fig. 26 Baumsacellum der Artemis: Der geweihte Baum, eine Eiche, steht umgeben von Weihgeschenken im Sacellum. Vor diesem eine Bildsäule der ein Reh tragenden Göttin. Fig. 31 Heiliger Baum der taurischen Artemis: neben einer aedicula, in welcher das Bild der Artemis hinter einem flammenden Altar steht, befindet sich der heilige Baum, an dem Köpfe geopferter Menschen und Tiere, sowie Jagdwaffen hängen. Fig. 58 Bekränzte Baumaedicula der Artemis. Großes Bild der bogenführenden Göttin, am Fries Tierschädel und Jagdwaffen [566] als Weihegaben. Fig. 52 Friedensstab der Artemis: Stab, an dessen Spitze ein Bogen angebunden ist. Das Anheften des Geweihs veranschaulicht ein Relief auf einem Sarkophag des Louvre (Clarac Mus. de sculpt. 178): ein bekränztes Bild der Artemis Agrotera mit Girlanden, Speeren und einem Hirschschädel, sowie ein Relief des Palazzo Spada (bei Braun Ant. Basrel. III). Auch die Jagdgöttin entbehrte nicht der Festfeier, die ihr die Jäger ausrüsteten. Berühmt war zu Athen das Fest Ἐλαφηβόλια, das zu Ehren der Artemis Ἐλαφηβόλος gefeiert wurde. Die bei dieser Gelegenheit veranstalteten Hirschopfer wurden in späterer Zeit durch süße Kuchen (ἔλαφοι genannt) ersetzt (Athen. XIV 646), die vielleicht ebenso wie das an den Thesmophorien hergestellte Gebäck, welches den Namen ἀχαιΐνη führte (Athen. III 109), die Form des Hirsches hatten. Eine bescheidenere Festfeier der Artemis beschloß wohl nicht selten die große J., zu der der Jagdherr einmal im Jahre einen ausgewählten Kreis von Jagdfreunden einlud. Die Schilderung eines solchen Artemisfestes bei Xenophon (an. V 3) mag als typisch gelten. Xenophon hatte zur Zeit seiner Verbannung in Skillus in einer von dem Orakel des Apollon zu Delphi bestimmten Gegend von früher erworbenem Beutegeld der Artemis ein Grundstück gekauft und ihr dort ein Heiligtum geweiht. Tempel wie Standbild waren dem ephesischen nachgebildet, nur bedeutend kleiner und weniger kostbar. Eine Säule neben dem Tempel trug eine Weiheinschrift und verpflichtete den jeweiligen Besitzer des Grundstückes zur Abgabe des Zehnten und Instandhaltung des Tempels. Ein jährliches Fest der Artemis wurde von dem Jagdherrn und seinen Söhnen unter freudiger Beteiligung der Nachbarn, Männer wie Frauen, begangen. Nach einer größeren J., bei der zahlreiches Wild erlegt wurde, fand das Opfer statt. Dann vereinigte ein großer Schmaus, bei dem nicht nur das Wildbret, sondern auch Anteil von dem geopferten Vieh, Brot, Zukost und Wein genossen wurde, die Feiernden. Die den Tempel umstehenden Obstbäume lieferten den Nachtisch, und selbst das Zugvieh der Gäste fand auf den trefflichen Wiesen, die auch zum Tempelbezirk gehörten, reichliche Nahrung. Daß auch zu Athen, wie in dieser Schilderung, der Festfeier der Elaphebolien zu einer Zeit, wo es noch einen guten Hochwildbestand gab, eine Hirschjagd vorherging, darf man wohl ohne weiteres annehmen. Daß auch in anderen griechischen Städten der Jagdgöttin zu Ehren Feste veranstaltet wurden, zeigen die Ἐλαφία, Ἐλαφιαία zu Elis, die man im Festmonat Ἐλάφιος beging (Paus. VI 22), und das alljährlich wiederkehrende dreitägige Fest der Artemis in Patrai, bei dem sich an den großen Festzug des ersten Tages die Opfer (Wildschweine, Hirsche, Rehe, junge Wölfe und Bären) des zweiten anschlossen. Am dritten Tage wurden Haustiere geopfert (s. o. Bd. VIII S. 1497). Über Artemis s. näheres bei Schreiber in Roschers Myth. Lex. I 558ff. und Wernicke o. Bd. II S. 1336.

Unter dem Bilde von Jägerinnen, die ihr Opfer unablässig verfolgen, erscheinen in der Dichtersprache der Tragiker die unheimlichen Göttinnen Ἂτη und Λύσσα, welche den Menschen zu Raserei und Wahnsinn treiben, wenn er sich in ihre Netze [567] verstrickt. Die Furien werden gleichzeitig als wilde Jägerinnen und als Hunde, die der Spur des Verbrechers folgen und ihn zu Tode hetzen, dargestellt.

Der Jäger und sein Gehilfe. Die Kleidung des Jägers (ἡ κυνηγετικὴ στόλη) muß leicht und bequem sein, damit die Bewegungsfreiheit nicht gehindert werde, und von unauffälliger Farbe, daß das Wild nicht vorzeitig seiner ansichtig werde. Auf den zahlreichen Jagdabbildungen ist gewöhnlich ein Teil der Jäger unbekleidet oder nur mit kurzem, kragenartigem, auf der rechten Schulter mit einer Spange geschlossenem Mantel (χλαμύς) dargestellt. Dieser Mantel, welcher lose um den Körper flattert, sollte beim Beschleichen des Wildes abgelegt (Opp. I 105), beim Laufen hinter den Hunden her um den linken Arm gewickelt werden (Xen. cyn. VI 17). Sehr häufig erscheint der ärmellose oder mit kurzen Ärmeln versehene Kittel (χιτών, tunica), der über der Hüfte von einem Ledergurt, in dem das Weidmesser steckt, zusammengehalten wird. Zuweilen deckt der Kittel nur die linke Schulter (χιτὼν ἑτερομάσχαλος, Poll. VII 47, Abb. bei Rich 679), während der rechte Arm und ein Teil der Brust völlig frei bleibt; auch werden Kittel und Mantel gleichzeitig getragen, besonders von Jägern zu Pferde (Alexandersarkophag). Die spartanischen Jungfrauen trugen einen unter der Brust schmalgegürteten, über den Hüften hochgeschürzten Chiton aus leichtem Stoffe, der die Knie freiließ (Statuen der Artemis als Jägerin). Oppian (I 102) empfiehlt dem Jäger barfuß zu gehen. Daneben waren Sandalen und bis zu den Waden reichende Halbstiefel aus Leder, welche zugeschnürt wurden (κόθορνος cothurnus, Her. VI 125. Serv. Aen. I 337) und Beinschienen aus Metall (ocreae) als Schutz gegen Dornen und Gestrüpp, wie auch bei Raubtierjagden im Gebrauch (Abb. des cothurnus bei Rich 194, sehr häufig bei Artemisdarstellungen). Daß der linke Arm und die Beine auch durch lederne oder wollene Binden nach Art der Wickelgamaschen gegen Raubtierangriffe geschützt wurden, zeigt das Basrelief eines Grabmals von Pompeii (Rich 679 venatio 2). Die Kopfbedeckung richtete sich, ebenso wie die übrige Kleidung und Beschuhung, nach Klima und Jahreszeit. Meistens erscheinen die Jäger barhäuptig, daneben werden Hüte verschiedener Formen und eine hohe Fellmütze (κυνέη, galerus, auch galerum, Gratt. ven. 339) getragen. Häufig, besonders bei jugendlichen Jägern, findet sich der πέτασος, petasus, ein flacher, breitkrämpiger Hut mit kleinem Kopf, der vermittels Bänder oder eines Sturmriemens am Hinterkopfe oder unter dem Kinn befestigt wird, wodurch gleichzeitig sich ein beliebiges Zurückwerfen des Hutes in den Nacken ermöglicht (Abb. des πέτασος bei Rich 464, bei Manns III Fig. 5 und 6, des galerus bei Rich 290). Die verschiedenen Arten der Bekleidung des Jägers veranschaulicht die Darstellung einer Eberjagd vom Grabmal der Nasonen (Rich 679): die Jäger zu Fuß tragen teils nur den Mantel, teils ärmellose, die Brust freilassende Kittel, der Reiter trägt Ärmelkittel und Mantel, ein Gehilfe anschließende Jacke, bis zu den Füßen reichendes Beinkleid und Mantel. Eine Marmorstatuette zu Neapel (Rich 63) stellt einen auceps (ὀρνιθευτής Vogelsteller) dar, einen der familia rustica angehörenden Berufsjäger, [568] der für seinen Herrn das Wild abzuschießen und zu verkaufen hatte. Der bärtige Mann ist bekleidet mit Ärmelkittel, Mantel aus behaartem Fell, weichem Hut und hohen Schnürstiefeln, die am oberen Rande Klappen haben. Am Gürtel hängen einige gefangene Vögel; auf dem linken Arm trägt er einen Hasen, die Rechte hält das Weidmesser.

In der rechten Hand sollte der Jäger den Jagdstock zur Hasenjagd (λαγωβόλον, κορύνη, pedum, Abb. bei Rich 453) oder zwei Wurfspieße tragen, in der linken den Leitriemen des Hundes, bezw. den Zügel des Pferdes führen, im Gurt oder an der Seite ein starkes Weidmesser bereit halten (Opp. I 91–109). An der Seite hing noch das panarium, auch reticulum panis (Horat. sat. I 1, 47. Iuv. sat. XII 60) genannt, der Brotbeutel, und die laguncula (Iuv. ebd.), eine weitbauchige Flasche für Wein und Wasser.

Dem Jäger zur Seite geht der Jagdgehilfe (συνεργός, famulus), auch Netzwärter (ἀρκυωρός, Xen. cyn. 2) genannt, ein aus der Reihe der Sklaven ausgewählter junger Mann, der die für den Jäger notwendigen Eigenschaften, Gewandtheit, Mut und die Fähigkeit des schnellen Handelns, mit der Freude am Weidwerk vereinigt. Er muß in der Anfertigung der Jagdgeräte, besonders in Herstellung und Stellen der Netze, Legen der Fallen u. a. ebenso erfahren sein, wie in Aufzucht, Dressur und Führung der Hunde, sowie in der Pflege der Jagdpferde. Er bleibt in der Nähe des Herrn, hält Ersatzspeere und andere Waffen bereit, steht ihm, gegebenenfalls auch den Hunden, im Kampfe mit dem Hirsch und Eber bei. Er soll die Gewohnheiten des Wildes kennen, ebenso wie die Charaktereigenschaften der ihm unterstellten Hunde. Da er die Sprache des Landes verstehen muß, so eignet sich nur ein Einheimischer, kein Fremder für dieses wichtige Amt. Es bedarf nicht der Erwähnung, daß bei den großen J. neben den ständigen Netzwärtern noch zahlreiche Treiber herangezogen wurden (Nemesian 298: famuli comitumque animosa iuventus).

Jagdausrüstung, θηρατικὴ κατασκευή, τὰ θήρατρα, θήρης ὅπλα, ἔντεα (Opp. cyn. I 91 und 92. I 150–158).

A. Netze oder lichtes Zeug. Τὰ θηρευτικὰ πλέγματα oder ἓρκη (Xen. cyn. II. Opp. cyn. 147–157. Poll. V 26–32. Gratt. 24ff. Nemes. 299ff. Plin. XIX 11ff.).

1. Das Stellnetz, τὸ δίκτυον, rete sechszehnfädig ἑκκαιδεκάλινον, 10, 20, 30 Klafter δεκόργυια, εἰκοσόργυια, τριακοντόργυια = 18, 37, 55 m lang, für den Fang der Hasen, Rehe, Hirsche, Sauen, Bären und Löwen. Höhe und Stärke richteten sich nach dem zu jagenden Wilde. Die Stellnetze wurden auf freiem Felde oder auf der einen Seite der Stallung (= umstellter Raum z. B. eines Gehölzes) aufgestellt.

2. Das Fallnetz, ἡ ἂρκυς (auch ἄρκυον, ἄρκυσμα, ἀρκύστατον), cassis neunfädig ἐννεάλινος, jedes Seil aus drei Fäden zusammengeflochten (ἔκ τριῶν τόνων συμπεπλεγμέναι), mit einer bauchigen Vertiefung, sinus, κόλπος, κεκρύφαλος, letztere Bezeichnung wegen der Ähnlichkeit mit dem Haarnetze κεκρύφαλος der Frauen. Der obere Teil des Bausches hieß κορυφαῖος, auch κορυφιστήρ. Nach Grattius (31 und 32) sollte das Fallnetz [569] 40 Schritt lang und 10 Maschen hoch sein. Auch dieses Netz diente dem Fangen kleiner und großer Tiere; demgemäß war die Stärke der Fäden verschieden. So werden für die J. auf Schwarzwild 45fädige Saunetze empfohlen, die fünfmal so stark waren wie das nur aus 9 dünnen Bindfäden geknüpfte Hasengarn.

3. Wegnetze, τὰ ἐνόδια (scil. δίκτυα), plagae, zwölffädig δωδεκάλινα, 2, 4 und 5 Klafter διόργυια, τετρόργυια, πεντόργυια = 3,70, 7,40, 9,25 m lang. Sie wurden an den Stellen aufgestellt, wo das Wild seinen Wechsel hatte (Hor. carm. I 1, 28. 5, 31. 6, 58; ep. II 71. Martial. I 42). Miller (28) nimmt an, daß σαγήνη, ein großes Schleppnetz mit vielen Maschen (πολύγληνος), dem von Oppian nicht genannten ἐνόδιον entspreche.

4. Τὸ πάναγρον, ein großes Fangnetz, das zunächst für den Fischfang bestimmt war, auch als Adjektiv mit λίνον (Hom. Il. V 487) und δίκτυον (Athen. I 256) verbunden, wird von Oppian (cyn. I 151) auch als Jagdnetz angeführt.

Das Material für die Jagdnetze war zumeist wohl Flachs, sodaß sie geradezu als λίνα, lina bezeichnet werden. Als die besten Qualitäten werden genannt der ägyptische, phasianische, karthagische und sardianische (Poll. V 26), der cinyphische aus Afrika (Gratt. 34), der kumanische (Gratt. 35. Plin. XIX 9), der zoelische aus der Landschaft Gallizien im nordwestlichen Spanien (Plin. XIX 10). Auch Hanf cannabis wurde verwandt, die beste Art lieferte Alabanda in Kleinasien (Plin. XIX 174). Die Maschen (βρόχοι, maculae) des Netzes waren viereckig, in der Form des Rhombus geknotet (Poll. V 28: ἔστι δὲ ὁ βρόχος τὸ συνεχὲς ἐν τοῖς δικτύοις τετράγωνον σύστημα συνεστηκὸς ἒκ τεττάρων ἁμμάτων, ὁ τεινομένης τῆς ἄρκυος γίνεται ῥομβοειδές). Die Maschen waren im allgemeinen 15 cm weit (διπάλαιστοι δὲ τοὺς βρόχους). Zehn Maschen, oder, wie Xenophon sagt, dreißig Knoten, also 1,5 m ergaben die Höhe der Netze. Zum Zusammen- bezw. Auseinanderziehen der Netze dienten starke Zugleinen, welche man durch die oberste, bezw. unterste Maschenreihe (ἡ σαρδών) hindurchzog (ὑφιέναι). Diese Stricke, die ohne Knoten (ἀνάμματοι) sein mußten, hießen περίδρομοι; zuweilen verstand man hierunter nur die Unterleine, im Gegensatze zu ἐπίδρομος der Oberleine. Die Spitzen der Maschen rechts und links (τὰ πέρατα τῶν ἀρκύων) hießen ἀκρωλένια Ellenbogenspitzen, wohl verstümmelt aus ἀκρολίνια (Netzsaum), auch κράσπεδα Saum, Rand und πτερύγια kleine Flügel genannt (Poll. V 28). An diesen Spitzen waren bei den Wegnetzen Schleifen (μαστοί) aus starkem Seil zum Anbinden an Baumstämme usw. angebracht, bei den Stellnetzen dagegen metallene Ringe (δακτύλιοι), die dazu dienten, zwei Netze miteinander zu verbinden (συνάγειν τὰ ἀκρωλένια). Um Sauen einzustellen, sollten 15 auf diese Weise miteinander verbundene Netze genügen. Da der Jäger, wie das übrige Jagdzeug, so auch die Netze in der Regel selbst trug, so war man darauf bedacht, diese letzteren nach Möglichkeit leicht herzustellen. Um ein bequemeres Fortschaffen zu ermöglichen, brachte man die Netze in einem Rucksack aus Kalbleder (κυνοῦχος μόσχειος; Pollux δέρμα μόσχειον) unter, der einem zusammengezogenen Beutel glich und über die Schulter getragen wurde (Abb. eines etwas rohen [570] Reliefs des Brit. Mus. bei O. Keller Tiere des kl. Altert. Fig. 38 S. 180. Drei Männer von der Fuchsjagd heimkehrend. Der Rechtsstehende hat in der linken Hand einen Jagdspeer, über die linke Schulter einen gefüllten Rucksack geworfen). Im übrigen war es Aufgabe des Netzwärters (ἀρκύωρος) mit den anderen Jagdgerätschaften die Jagdnetze an Ort und Stelle zu schaffen.

Zum Aufstellen (tendere, ponere) der Netze dienten Forkeln, Stellstangen und -stäbe (στάλικες, σχάλιδες, σχαλιδώματα, amites, ancones), starke, hölzerne Stangen, die etwa 1,15 m lang waren, wovon ungefähr 15 cm in der Erde steckten. Für kleinere Netze genügten zum Durchlaufen der Zugleine bloße Einschnitte in das obere Ende der Stange, schwerere Netze benötigten dagegen Gabeln (τὰ δικρᾶ) zu diesem Zwecke. Um den Bausch der Fallnetze nach außen zu stellen (ἀντιρείδειν), waren noch Sprießen (αἱ ἀντηρίδες) erforderlich. Die Kerben, bezw. auch die Gabeln sollten glatt und nicht zu tief sein, damit, wenn das Wild das Garn angenommen hatte, die Oberleine herabschnellte und so das Gestrick über das Tier fiel; jede Anstrengung, sich herauszuarbeiten, verwickelte es nur um so tiefer in das Gestrick. Bei unebenem Boden mußten die Forkeln von verschiedener Länge sein. Ihr Aufstellen (ἡ ἀρκυστασία, τὸ ἀρκυστάσιον, Xen. cyn. VI 6) erforderte große Vorsicht des Netzwärters. Beim Morgengrauen, oft erst wenn das Wild bestätigt war, wurden die Stangen und Netze aufgestellt, und zwar die Fallnetze um steile, enge, dunkle Wege, um Schluchten, Waldwasser und Flußläufe, die Stellnetze auf ebener Erde, entsprechend gestützt und so hoch gestellt, daß der Hase sie nicht überspringen konnte. Die Wegnetze wurden an den Gängen und geeigneten Steigen angebracht. Der Netzwärter mußte von außen die richtige Stellung der Netze prüfen, gegebenenfalls mußte er nachhelfen. Um das Wild nicht vorzeitig aufzuscheuchen, war unbedingte Ruhe geboten, auch galt es, auf die Windrichtung zu achten. Bei starkem Winde war die J. mit Netzen überhaupt nicht möglich (Xen. cyn. VI 2). Sobald das Wild von den aufgestellten Stangen und Netzen Wind bekommt (Gratt 239: naribus auras apprensare, Verg. Georg. I 376 captare), wird es sofort rege, flieht und vereitelt so den Zweck der J. Waren die Netze aufgespannt, so wurden die Hunde ins Jagen gelassen. Durch ihr Gebell wurde das Wild in die Netze getrieben und in ihnen durch die Geschosse der Jäger getötet (Verg. Aen. X 707–713). Eine Netzjagd auf Hirsche stellt dar ein assyrisches Relief des Brit. Mus. bei O. Keller Tiere des kl. Altert. Fig. 88. Ein großes Netz, dessen aufgestellte Stangen deutlich sichtbar sind, zwei Netzwärter. Daß auch Wildrinder in Netzen gefangen wurden, bezeugt das Relief eines Goldbechers der mykenischen Periode aus dem Kuppelgrabe bei Vaphio. Ein starker Stier hat sich in einem aus besonders starkem Seilmaterial geflochtenen Netze verfangen (Collignon Gesch. der griech. Plastik, deutsch von Baumgarten I Fig. 24).

Das Blendzeug (metus, formido Gratt. 85f. Nemes. 314ff.). Um das eingestellte Wild zu verhindern, aus dem Kreise der es umstellenden Jäger herauszubrechen, und um es zu zwingen, sich in die Netze zu stürzen, bedienten sich die Römer [571] des den Griechen unbekannten Blendzeugs, eines langen, aus Flachs oder Hanf angefertigten Strickes, an dem hellschimmernde, weiße und rote Federn befestigt waren. Flinten (dünne Schindeln aus Fichtenholz) und Tuchlappen, das beste Blendzeug, waren ihnen unbekannt. Weiße Federn älterer Schwäne, Störche und Kraniche, besonders aber weiße Gänsefedern wechselten regelmäßig mit roten Federn ab. Diese letzteren waren vielleicht vom Purpurreiher (Ardea purpurea L.), der in den toskanischen Maremmen im April häufig angetroffen wird und dort ranocchiaga Froschfänger heißt, oder vom Flamingo (Phoenicopterus antiquorum, Tem.), der in den Lagunen von Cagliari (hier mangone genannt) und Sassu alljährlich erscheint (v. Martens Italien II 305 bezw. 297). Auch färbte man weiße Federn rot. Solches bunte Zeug (varia formido Ovid. rem. am. 203) blendete mehr (Nem. 305. 310 und 311) als nur weiße Federn. Wegen ihres starken, dem Wilde unangenehmen Geruchs wurden auch Geierfedern als Federlappen verwandt. An solches Blendzeug denkt wohl Lucan (Phars. IV 437f.), wenn er sagt: Dum pavidos formidine cervos Claudat odoratae metuentes aera pinnae (Lauchert 10). War das Revier mit solchen Scheuchen eingestallt, so wagte das Wild kaum durchzubrechen. Selbst Sauen und Bären ließen sich durch den Anblick der Federlappen zurückschrecken.

Schlingen (βρόχοι, laquei) und Fallen (ποδάγρα, ποδοστράβη, pedica). Bei den Alten galt es nicht für unweidmännisch, jagdbare Tiere in Schlingen und Fallen zu fangen. Schlingen wurden zwar in erster Linie zum Erdrosseln (daher πολύστονα δέσματα) der Vögel, aber auch größerer Tiere gebraucht. Aus Hirschsehnen (cervino nervo contexti) wurden sie für Vögel an Bäumen, für Hasen und Rehe in Lücken von Hecken, an Wechseln in entsprechender Höhe aufgehängt, damit sich das hineinlaufende Wild mit dem Halse verfing. Das Beiwort curraces (Gratt. 89) hat zu Kontroversen geführt. Miller (30) tritt für die Erklärung ein, daß unter laquei curraces in ‚fortlaufender Reihe‘ auf den Boden gelegte Schlingen zu verstehen sein, würden doch auch Rebhühner noch heutzutage auf diese Weise von Schlingenlegern gefangen. Das vom Köder angelockte Tier verstrickt sich mit den Füßen in den auf der Erde liegenden Schleifen.

Lauffänger (ποδάγρη, ποδοστράφη, pedica), eine mit einer Schlinge versehene Falle, in der sich größere Tiere (Hirsche, Sauen) mit dem Laufe verfingen. Xenophon (cyn. IX) und Pollux (V 32) beschreiben die Anlage genau. Etwa fünf handbreit tief wird eine trichterförmige Vertiefung in die Erde gegraben, deren obere Weite dem Kranze der zu legenden Falle entspricht. Der hölzerne Kranz umschließt ein Geflecht (πλόκανον), das abwechselnd mit eisernen und hölzernen Nägeln versehen ist. Auf dem Rand liegt ein starker Strick (σειρίς, ἀρπεδόνη) aus Pfriemenkraut (σπάρτος), an dessen anderem Ende ein dicker hölzerner Pflock (ξύλον) angebracht ist, der in einiger Entfernung leicht in den Erdboden hineingesteckt ist. Kranz, Strick und Pflock müssen sorgfältig mit leichtem Laub (λεπτὰ πέταλα), Gras (ποά) und Erde bedeckt werden, die übrige herausgegrabene Erde ist fortzuschaffen, überhaupt muß die ganze [572] Stelle dem Wilde möglichst unauffällig sein. Tritt der Hirsch oder die Sau in die Vertiefung (ὄρυγμα), so verstrickt sich der Lauf in dem Geflecht, und die aus dem Geflechte hervorstehenden Nägel verletzen den Fuß. Bei dem Bemühen, diesen herauszuziehen, zieht das Wild die Schlinge zu, reißt den Pflock aus der Erde und schleift ihn mit sich. An den durch das Nachschleifen entstandenen Beschädigungen des Unterholzes vermag der Jäger leicht den Weg, den das flüchtende Tier genommen hat, zu erkennen, das übrigens durch den gegen Leib und Läufe schlagenden Klotz zum mindesten stark in seiner Schnelligkeit behindert, wenn nicht gar zum Stillstehen gezwungen wird (Rich Illustr. Wörterb. 452 erwähnt eine noch jetzt in Arabien gebräuchliche, ganz ähnliche Falle, die, vermutlich aus Ägypten stammend, den Beweis liefert, daß diese Falle verschiedenen Völkern des Altertums gemeinsam ist. Der Jäger brachte sie für Hirsche an Wechseln, Wiesen und Äckern, für Schwarzwild an sumpfigen, kühlen Plätzen an).

Die Jagdwaffen. Speer, Lanze der homerischen Zeit waren im allgemeinen für J. und Kampf die gleichen. Τὸ ἔγχος, ἡ ἐγχείν, τὸ δόρυ, ἡ μελίη, ἡ αἰχμή dienten zum Wurf ebenso wie zum Stoß. Die eherne Spitze (ἡ αἰχμή, ἡ ἀκωκή) war auf den Schaft (ὁ καυλός, Hom. Il. XVI 115) von Eschenholz (μελίη, μείλινον ἔνχος Il. XIX 390) durch eine röhrenförmige Tülle (ὁ αὐλός Il. XVII 297) aufgesetzt, die durch einen Ring (ὁ πόρκης Il. VI 320) am Schafte befestigt war. Da auch am unteren Ende des Schaftes eine kürzere Spitze angesetzt war, so heißt der Speer ἀμφίγυος (Il. XIV 26) doppelgespitzt. Die Beiwörter χάλκεον, χαλκοβαρές, ἀκαχμένον oder κεκορυθμένον χαλκῷ gehen gleichfalls auf die Speerspitze. Über die Form dieser letzteren geben die Homerischen Gesänge keinen Aufschluß, nach der in Mykenai gefundenen Spitze, die mittels einer Tülle aufgesetzt wurde, scheint sie zweischneidig und blattförmig gewesen zu sein. Später ist jedenfalls die Form dieser Spitze eine ganz mannigfaltige gewesen. Neben der Form des Baumblattes findet sich die eines breiten Schilfstengels usw., auch Lanzenspitzen mit Widerhaken kommen vor und solche, die den Lanzenspitzen unserer Reiterei gleichen (Guhl-Koner Das Leben der Gr. und R.5 315). Die untere Spitze, der Schaftschuh (ὁ oὐrίαχος Il. XVI 612, an einer Stelle Il. X 153 ὁ σαυρωτήρ, eine in der nachhomerischen Zeit verbreitete Bezeichnung), diente dazu, den Speer in den Boden zu stoßen, wenn man seiner nicht gebrauchte, gelegentlich hatte er wohl auch im Kampfe die abgebrochene Lanzenspitze zu ersetzen. Die außerordentlich lange homerische Lanze (ἑνδεκάπηχυ 11 Ellen lang Il. VI 319, also mehr denn 5 m lang, daher die Beiwörter μακρόν, δόλιχον, δολιχόσκιον) wurde später durch weit kürzere Speere verdrängt, deren Länge ungefähr 1,56–2,20 m betrug; ja auf Vasenbildern kommen Speere von etwa 0,62–0,94 m Länge vor, bei denen das Eisen ungefähr ein Drittel des ganzen Wurfspeeres beträgt (Guhl-Koner 315). Zur Aufbewahrung der Lanze diente ein Futteral (ἡ σύρεγξ Il. XIX 387). Der Od. IX 156 αἰγανέη genannte Jagdspeer, mit dem Odysseus und seine Gefährten auf der Ziegeninsel Wildziegen erlegten, hatte eine lange Tülle (δολίχαυλος). In der geschichtlichen Zeit [573] unterschied man hauptsächlich zwei Arten speerförmiger Waffen: 1. Die ἀκόντια, die gegen Hirsche und andere Tiere, an die man nur schwer herankommen konnte, aus der Ferne geschleudert wurden, und die προβόλια, mit denen man Wildschweine und andere starke Tiere angriff (Poll. V 20 τόξοις δὲ καὶ ἀκοντίοις χρῷντ᾿ ἂν ἐπὶ τὰς ἐλάφους καὶ ἃ πόῤῥωθεν ἔστι βαλεῖν, προβολίοις δὲ ἐπὶ τοὺς σῦς καὶ τὰ ἄλλα ἀγχέμαχα θηρία). Die ἀκόντια, die auch neben den προβόλια auf der Saujagd gebraucht wurden, waren von verschiedener Länge (Xenophon sagt παντοδαπά von mannigfaltiger Art). Auf den meisten Bildwerken haben die einen Jäger lange, die anderen kurze Speere oder auch beide Arten; mindestens aber hat jeder zwei Speere. Man darf wohl annehmen, daß die langen zum Stoß, die kurzen zum Wurf bestimmt waren. Die Klingen waren breit und scharf wie Schermesser. Zuweilen war der feste, aus Eschen- oder Buchenholz hergestellte Schaft mit einem Schleuderriemen (ἡ ἀγκύλη, amentum) versehen; ein solcher Riemenspeer hieß μεσάγκυλον, hasta amentata. Den Gebrauch des Riemenspeeres hat Köchly eingehend behandelt (s. Guhl-Kone5 316). Auf allen Darstellungen von Jagdszenen zeigt der Jagdspeer einen starken Schaft und breites, zuweilen mit Widerhaken versehenes Eisen.

Das Fangeisen oder die Schweinsfeder (προβόλιον, πρόβολος, venabulum) hatte eine ungefähr 40 cm lange, breite, zweischneidige, lanzettähnliche Klinge (Feder, λόγχη, ferrum, cuspis) mit kräftigen Knebeln (κνώδοντες, morae, Aufhalter), die an der Mitte der Tülle (καυλός) angeschweißt waren, und einen 5 Fuß langen (Gratt. 147) Schaft aus Hartholz in der Stärke der Kriegspeere. Bekanntes Schaftholz war das Holz der Eiche (robur) und der Esche (μελία, fraxinus), des Eiben-, Kornelkirschen- und Myrtenstrauchs (taxus, cornus, myrtus). War das προβόλιον ganz aus Eisen mit Widerhaken hergestellt, so hieß es σιγύνη (auch σιγύνης, σίγυνος, σίγυνον, und dialektisch σιβύνη, σίβυνον).

Der gekrümmte Knotenstock, der bei Homer καλαῦροψ, später λαγωβόλον Hasenschläger heißt. Er findet sich in den Händen der Hirten, Bauern und Jäger. Letztere benutzten gelegentlich diesen Stab, um ihn nach Hasen zu werfen, meist wurde aber an ihm das erlegte Wild nach Hause getragen.

Oppian (cyn. I 152) führt unter den Jagdwaffen auch eine αἰχμὴ τρίγλωχιν (Dreizack) an, womit sonst Fische harpuniert wurden (Opp. hal. I 88. V 364), ein Werkzeug, das vielleicht der hier und da gebrauchten drei- oder zweizackigen Dachsgabel ähnlich war. Was man unter dem hasentötenden Dreizack (Opp. cyn. I 154 λαγωοφόνον τρίαιναν) zu verstehen hat, ist noch nicht festgestellt worden.

Bogen (τὸ τόξον, arcus, aus Horn hergestellter Bogen cornu, eigentlich nur die Bogenhälfte, daher oft Plural). Bei der Ausübung der J. mögen wohl beide Formen des antiken Bogens in Anwendung gekommen sein: der einfachere skythische oder parthische Bogen, der aus einem leicht gekrümmten Stabe einer elastischen Holzart bestand, und der weit kostbarere sog. griechische Bogen, bei dem das Gehörn des wilden Geisbocks (s. unter Wildziege) an den beiden Wurzelenden durch metallenen Beschlag verbunden, die Stelle des Holzstabes vertrat. Bei der einfachen Form des Bogens waren die beiden Stabenden zum Festhalten [574] der Sehne (νευρή, nervus) entweder nur in die Hohe gekrümmt oder mit Holzknäufen (capita), auch mit Ringen versehen. Beim griechischen Bogen waren die Spitzen des Gehörns mit Metall beschlagen (die gekrümmte Metallspitze κορώνη Hom. Il. IV 111), sodaß er schwer war, und daher nur von Männern mit besonders kräftigen Armen gespannt werden konnte. Die Bogensehne (νευρά, auch κορδή) war aus Därmen des Rindes, des Hirsches und anderer Tiere gedreht (εὐστρεφής, νεόστροφος), im Orient hielt man die Rute des Kamels für besonders geeignet. In Ermangelung geeigneter großer Hörner — der homerische Bogen könnte, das einzelne Horn zu 80 cm gerechnet, einschließlich des Metallbeschlages die Größe von fast 1,90 m erreicht haben (Il. IV 105ff.) — bildete man den Bogen in der gleichen geschwungenen Form aus Rohr (Sil. It. X 12) oder Holz nach, wodurch er an Schwere, freilich auch an Wert verlor. Der Pfeil (ὀιστός, att. οἰστός, ἰός, sagitta) bestand aus dem etwa 60 cm langen Schaft aus Rohr (κάλαμος, calamus, arundo) bezw. auch aus leichtem Holz und einer einfachen oder mehrkantigen, öfter mit Widerhaken versehenen eisernen Spitze (χαλκήρης Hom. Il. XIII 560). Das untere Ende war gefiedert (πτερόεις Il. V 171), εἔπτερος Opp. I 153, die Federn (τὰ πτερά) waren in Kerben (γλυφίδες) befestigt. Für den Rohrpfeil gebrauchte man nur inwendig mit Mark gefülltes Rohr (κάλαμος ναστός, μεστοκάλαμος); wegen vorzüglichen Pfeilrohrs war die Insel Kreta bekannt (Theophr. h. pl. IV 11 κάλαμος τοξικὸς ἢ κρετικός). Inder und Gallier haben die Pfeile auch mit Gift bestrichen (s. Hirsch- und Wildstierjagd), bei Homer werden nur einmal vergiftete Pfeile erwähnt (Od. I 261). Als Aufbewahrungsbehälter für die Pfeile diente ein Köcher, φαρέτρα (Il. XV 443 ἰοδόκος φαρέτρη), τοξοθήκη, pharetra aus Leder oder Flechtwerk, mit einem Deckel (τὸ πῶμα Il. IV 116) versehen, daher ἀμφηρεφής eigentlich doppelt geschlossen (Il. I 45). Der Köcher wurde an einem Riemen um die linke Schulter gehängt oder an der linken Hüfte getragen. Bogen und Pfeile scheinen als Jagdwaffe vorzugsweise im Orient und in Ägypten gebraucht worden zu sein, in Griechenland traten sie schon bei Homer gegen den Wurfspeer zurück; immerhin wird man sich auf der J. ihrer da bedient haben, wo es darauf ankam, aus gewisser Entfernung schwer zu erreichendes Wild, wie Wildziegen, Antilopen und andere Tiere zu erlegen. Im Nahekampf mit von Hunden gestelltem Wilde trat naturgemäß der Wurfspieß an die Stelle des Bogens. Daß auch in Italien dieser letztere, wenn auch seltener, bei der J. Verwendung fand, zeigt die Darstellung einer Eberjagd am Grabmal der Nasonen (Rich Illustr. Wörterb. 679). Hingegen wurden von den Griechen die der J. obliegenden Götter und Göttinnen, besonders Artemis, ebenso wie die mythischen Jäger mit Vorliebe Bogen und Köcher tragend dargestellt (s. die zahlreichen Artemis- und einige Apollonstatuen): Atalante wird als Lehrmeisterin der Menschen in der Handhabung des Bogens gefeiert (Opp. II 26), Venus erscheint dem Aeneas als Jägerin mit über der Schulter gehängtem Bogen (Verg. Aen. I 318), Aeneas erlegt mittels des Bogens, den ihm der treue Achates nachträgt, sieben starke Hirsche [575] (Verg. Aen. I 187ff.), Odysseus schießt mit Bogen und Wurfspieß zahlreiche Wildziegen auf dem einsamen Eiland (Od. IX 156). Nicht dem Jägerbrauch, sondern eitler Prachtliebe entsprechend trägt Dido auf der großen, Aeneas zu Ehren veranstalteten Treibjagd einen Köcher mit Gold verziert (Verg. Aen. IV 138). Bogen und Pfeile sind die Freude der Artemis, sie ist ἰοχέαιρα (Hom. Il. V 53 und 447. VI 428. XXI 480; Od. XI 198. CIG 6280 B. εἰοχέαιρα CIG 1064); τοξοφόρος (Hom. Il. XXI 483. Pind. Ol. VI 59. CIG 1051). Der Ἄρτεμις τοξοφόρος entspricht Diana arcitenens und arquitenens. Die Beiwörter τοξοφόρος und arcitenens führt auch Apollon: τοξοφόρος (Hom. h. Ap. XIII 126. Her. I 103. Orac. IX 43. Eur. Troad. 802; Rhes. 32); arcitenens (Naev. bei Macrob. Sat. VI 5. Ovid. met. I 141); arquitenentes (Apollo et Diana), Arnob. I 36; Apollo arcipotens Val. Flacc. V 17).

Das Weidmesser (κοπίς, culter venatorius) diente zum Öffnen, Aufbrechen und Ausweiden des erlegten Wildes, zur Not hatte es das zerbrochene Fangeisen zu ersetzen.

Die Hippe (τὸ δρέπανον, falx), zum Durchhauen des Gestrüpps, wird von Xenophon (cyn. II) und Grattius erwähnt.

Der Jagdhund (über Jagdhundrassen, Gestalt, Kennzeichen, Namen und Allgemeines s. Art. Hund o. Bd. VIII S. 2540ff.).

Wenn auch die Jagdlust fast allen Hunderassen angeboren ist, so eignet sich doch nicht jeder Hund zum Begleiter des Jägers. Dieser muß die angeborenen körperlichen Eigenschaften des Hundes durch wohlerwogene Auswahl der zur Züchtung verwendeten Tiere zu vervollkommnen suchen und die beim Hunde in weit höherem Maße als bei anderen Tieren vorhandenen geistigen Fähigkeiten durch verständige Erziehung zu seinen Zwecken ausbilden (Plat. resp. V 459). Je edler eine Rasse ist, je mehr gute Eigenschaften von den Eltern dem jungen Hunde vererbt werden, desto leichter wird es sein, einen Jagdgehilfen zu erziehen, der durch seinen Eifer die Freude des Jägers erhöht. Hunde von schlechtem Körperbau mit schwachen Beinen und schlechter Nase sind für den Jäger unbrauchbar, trotzdem sie natürlich weit häufiger vorkommen, als die guten Rassen. Unbrauchbar sind auch unlustige Hunde, die vom Wilde ablassen und lieber zu dem Menschen zurückkehren, solche, die durch jedes Geräusch zerstreut, sich von ihrer Pflicht abwendig machen lassen, oder solche, die zu täuschen versuchen und die andere Hunde irre machen. Entweder beruht ihre Unfähigkeit auf schlechter Rasse oder, falls dies nicht der Fall ist, auf mangelhafter Dressur. Da derartige Hunde auch dem leidenschaftlichsten Jagdfreunde das Vergnügen an der J. völlig verleiden können, so gehört die richtige Auswahl und die sachgemäße Dressur zu den wichtigsten Pflichten des Jägers (Xen. cyn. III). Ist er gezwungen einen Hund zu kaufen, so kaufe er nur beim Jäger, besser aber ist, den Hund selbst zu züchten. Als Rasse kommt für die J. auf Hasen und Rotwild vorzugsweise der lakonische Hund in Betracht, welcher nicht allein in Griechenland der Jagdhund im engeren Sinne war, sondern auch vielfach ins Ausland ausgeführt wurde; ferner für die spätere Zeit der aus Gallien stammende vertragus (Arrian. [576] III 6), der aber mehr Hatzhund als Spürhund war, und der wegen seiner vortrefflichen Nase geschätzte Agassäer aus Britannien (Opp. I 468-480). Zur J. auf Sauen und Raubwild wurden starke Windhundrassen (kretische und sizilische), hauptsächlich aber die Doggen (indische Hunde, Molosser oder Epiroten) verwendet. Die zur Paarung ausgewählten, in bester Kraft stehenden Tiere wurden von den übrigen abgesondert gehalten. Die Paarung erfolgte im Winter, zu einer Zeit, wo die Jagdhunde Ruhe hatten, damit der Wurf in die gute Jahreszeit fiel. Die letzten Wochen vor dem Wurfe durfte die tragende Hündin, damit sie sich durch übergroßen Jagdeifer nicht Schaden zufüge, nicht mehr ausgeführt werden (Xen. cyn. VII). Hündinnen, deren Begattung nicht gewünscht wurde, trugen einen innen mit Pelz gefütterten, außen mit spitzen Stacheln versehenen Leibgurt (Xen. cyn. VI). Um die Kraft der Hündin nicht vorzeitig zu schwächen, wurde nur eine beschränkte Anzahl Junge zur Aufzucht behalten, die solange als möglich mit der Muttermilch, nur im Notfalle mit der Milch anderer Hündinnen ernährt werden durften. Geht die Mutter ein, so soll der junge Jagdhund als Ersatz die Milch der Wildziege, Hirschkuh oder gefangenen Löwin erhalten, die Milch der Haustiere macht ihn untauglich (Opp. 436–443). Dem heranwachsenden dürfen nur leichte Speisen wie Mehlbrei, Gerstenschrot, Molken gereicht werden, Überladung des Magens rächt sich durch Erkrankung der Gliedmaßen (Xen. cyn. Vii). Um zu erkennen, welches Hündchen des Wurfes das beste ist, bedient sich der Jäger der Gewichts- oder Feuerprobe: das leichteste Hündchen wird der flüchtigste Jagdhund. Bei der Feuerprobe entscheidet die Mutter selbst über den Wert der Kleinen: der Jäger nimmt der Alten alle Hündchen fort und setzt sie nebeneinander auf die Erde. Dann legt er in gewisser Entfernung um die Jungen einen Kreis leicht brennbarer Stoffe und entzündet dieselben. Die freigelassene Hündin wird sofort in den Kreis springen, um ihre scheinbar in großer Gefahr befindlichen Kinder zu retten. Welches Junge sie zuerst ergreift und auf das wärmende Lager zurückträgt, das ist das beste (Nemes. 144ff.) (nach Manns soll sich diese altrömische Weidmannsregel noch heute in Jägerkreisen erhalten haben). Plinius (VIII 151) gibt dem Jungen, welches am spätesten sehend wird, den Vorzug vor den Geschwistern.

Auf Gewöhnung an den Herrn und den Netzwärter, sowie auf unbedingten Gehorsam gegen beide beschränkte sich die Erziehung der ersten Monate. Vom Netzwärter wurde verlangt, daß er, wie der Herr selbst die einzelnen Hunde je nach ihrer Gemütsart zu behandeln verstehe, und daß seine Autorität so groß sei, daß er sie durch bloßen Zuruf von dem im Netze zappelnden Hasen zurückhalten konnte (Xen. cyn. VI). Im übrigen suchte man die jungen spielenden Hunde durch Aufeinanderhetzen ‚scharf‘ zu machen; an einer im Hofe aufgestellten ausgestopften Hirschhaut lernten sie das Wild ‚verbellen‘ (Hor. epist, II 2, 65). Mit der Dressur wurde begonnen, wenn die Hündin den achten, der Hund den zehnten Monat zurückgelegt hatte, einige Monate später, frühestens nach Vollendung des elften, bezw. [577] zwölften Monats, wurden sie zuerst mit auf die J. genommen unter beständiger Berücksichtigung ihrer Anfängerschaft. Bei windstillem, nicht heißem Wetter, am besten im Frühling und Herbst, wurden sie vorzugsweise auf unbebautes Land, am liebsten auf Berge geführt. Die kahle Höhe ermöglicht dem Ungeübten leichter das Finden und Verfolgen einer Spur. Gleichzeitig härtet frühzeitige Gewöhnung an steinigen Boden die Füße ab. Während ältere jagdgeübte Hunde die Spur suchten, führte der Jäger den Anfänger an einer langen Leine (ἱμάς, lorum) an der linken Hand, wodurch er ihm einerseits den nötigen Spielraum gab, andererseits ihn leicht vor Fehlern zurückhalten konnte (Xen. cyn. VI 1). War der Hase aufgescheucht, so wartete der Jäger mit Loskoppeln des jungen Hundes, bis jener den Blicken entschwunden war. Alsdann setzte er ihn auf die frische Fährte und ließ ihn den übrigen nachjagen. Gutbeanlagte Hunde fanden bald den ins Netz gegangenen Hasen; während die alten Hunde warnend zurückgerufen wurden, durfte der Neuling zur Anspornung seines Jagdeifers den Hasen zerreißen. Auch erhielt der Anfänger vom Herrn und vom Netzwärter bei den Netzen Nahrung gereicht, damit er sich gewöhnte, nie weit abzuschwärmen, sondern sich im Bereiche der Netze zu halten, und auch bei etwaigem Verirren den Weg zu den Netzen zurückfände. Ältere Hunde erhielten ihre Kost regelmäßig nur zu Hause, denn dem jagdeifrigen Hunde liegt nichts an der Nahrung (Xen. cyn. VII 11). Dagegen will Grattius (246–248), daß der treue Gehilfe stets Anteil an der Beute erhalte. Hatte der junge Hund den Jagdbetrieb verstanden und gelernt, daß auch ein etwa aufgehender Fuchs ihn nicht von der Spur des Hasen abbringen dürfe, so ließ der Jäger ihn mit den alten Hunden suchen. Bei Beginn des Suchens soll der Jäger sich hüten, durch Schreien die Hunde aus der Ruhe zu bringen, damit sie nicht die Spur überrennen; nur ermahnend soll er mit wechselnder Stimme ihre Namen nennen, haben sie aber die Spur aufgenommen, so soll er durch ermunternden Zuruf ihre Jagdlust anspornen (Xen. VI 14).

Die Jagdhunde spüren je nach ihrer Individualität auf verschiedene Weise: während die einen nur auf die Spur bedacht sind und unbeirrt ihres Weges ziehen, sind die anderen unruhig, drängen sich bellend vor und verwirren die Gefährten, oder sie haben kein Selbstvertrauen und blicken nur auf ihre suchenden Kameraden. Gute Hunde halten sich fast vollkommen ruhig, wenn sie die Spur angenommen haben; mit schief zur Erde geneigtem Kopfe, mit lebhaftem Auge, gesenktem Ohre schreiten sie bedächtig einher, oder sie suchen mit gerunzelter Stirne und eingezogenem Schwanze. Nähern sie sich dem Hasen, so geben sie durch leichte Bewegung der Ohren oder Wedeln des Schwanzes dem Jäger Zeichen, indem sie abwechselnd auf ihn und auf das Lager der Hasen sehen. Ein guter Hund vermag auch aus völlig verwirrten Spuren die richtige zu erkennen und ihr zu folgen. Haben die Hunde den Hasen aufgejagt, so folgen sie ihm Laut gebend, bis er sich in den Netzen verfängt. Mißlingt diese Absicht, so muß der den Hunden nacheilende Jäger dort, wo sie die Spur verloren haben, ein Zeichen [578] machen und unter freundlichem Zusprach die Übereifrigen wieder zum neuen Finden der Spur anhalten. Ebenso darf er sich, falls der Hase auch dann nicht gefunden wird, keine Mühe verdrießen lassen, mit den ermüdeten Hunden, die er durch Namenanruf ermutigt, jedes Fleckchen, an dem der Hase Deckung finden könnte, nochmals abzusuchen (Arrian. XVIII 1).

Arrian, der bei seiner Schilderung des Jagdhundes den keltischen vertragus im Auge hat, berichtet über die Dressur des jungen Hundes zur Hasenjagd: der Jäger nimmt einen jungen Hasen mit und läßt ihn auf freiem Felde laufen, damit der lernende Hund den flüchtenden Hasen sieht. Sofort wird er voll Eifer dessen Verfolgung aufnehmen; da der Hase noch schwach ist, wird dem Hunde der Fang bald gelingen, und sein Vertrauen zur eigenen Kraft wird gestärkt. Gelingt aber wider Erwarten das Einfangen nicht, so muß der Jäger einen fertigen Hund zur Unterstützung mithetzen lassen, damit der junge nicht aus Ermattung die Verfolgung aufgibt. Hat sich der Hase im Netz gefangen, so muß der Jäger schnell bei der Hand sein, damit nicht der junge Hund den Hasen ohne seine Erlaubnis zerreiße (Arrian. XVI 5). Nach Oppian (cyn. I 480–514) erprobt der Jäger die Dressur des von ihm erzogenen Hundes auf folgende Weise: nach langem Hin- und Hergehen vor den Toren der Stadt verbirgt der Jäger ein mitgebrachtes totes oder lebendes Häschen an irgend einer verborgenen Stelle, die vom Hauptwege abseits liegt. Alsdann geht er zurück und holt seinen Hund. Dieser nimmt sofort die Witterung des Hasen auf, sucht mit großem Eifer, ruhelos hin- und herrennend, ‚gequält von herzverzehrender Gierde‘, bis es ihm gelungen ist, den versteckten Hasen zu finden. Einen sich im Lager duckenden Hasen beschleicht der wohldressierte Hund mit der größten Vorsicht, Schritt für Schritt geräuschlos vorgehend, stürzt dann lautgebend wie ein Pfeil auf ihn los, packt ihn, tötet ihn und bringt die schwere Bürde schweifwedelnd dem hocherfreuten Jäger. Dieser geht dem sich mit der Last abschleppenden Gehilfen entgegen, nimmt ihm die Beute ab und streichelt ihn freundlich (Opp. I 515-538).

Kein Jagdhund wird sich an toten Hasen oder Sauen, die er findet, vergreifen, woraus ersichtlich, daß es ihm nicht auf Gewinnung von Nahrung, sondern auf den Kampf mit dem Wilde ankommt. Doch freut er sich selbsterjagter Beute und betrachtet sie, wenn sein Herr es ihm erlaubt, als willkommenen Kampfpreis. Wenn nicht, so hält er Wache bei dem gefangenen Tiere, bis sein Herr dazukommt (Aelian. VIII 2). Etwas anders als auf der Hasenjagd ist das Gebaren des Jagdhundes auf der Hirsch- und Saujagd. Als Spürhund diente auch hierbei in erster Linie der Lakoner. Hier sucht er nicht frei, sondern schreitet, an einem langen Riemen befestigt, schweigend, scheinbar niedergeschlagen, die Nase fest am Boden, vor dem Jäger, den er mit sich zieht, her. Findet er eine Fährte, so bleibt er stehen, bis der Jäger näher tritt, dem er schmeichelnd voll Freude die Füße küßt. Dann zieht er langsam, immer noch schweigend, weiter und bleibt dicht vor dem Lager des Wildes, welches sich gewöhnlich in einem Dickicht befindet, stehen. Der [579] Jäger versteht ihn und gibt den Netzwärtern das Zeichen zum Stellen der Netze. Jetzt bellt der Hund laut auf, und das erschreckte Wild verfängt sich beim Fliehen in die tückischen Netze. Ist das Wild erlegt, so stößt der Hund ein freudiges Siegesgebell aus, er freut sich wie ein Krieger des Triumphes über den bezwungenen Feind (Aelian. VIII 2).

Die Jagdhunde sind mit ihren geschärften Sinnen dem Jäger ganz unentbehrlich, denn während der Mensch nur dem Auge folgt und daher eine Wildspur fast nur im Schnee oder bei aufgeweichtem Boden zu erkennen vermag, folgt der Hund seiner Nase, die es ihm ermöglicht, auf Geröll und Gestein, auf bebautem Felde und im blumigen Waldtale die Fährte zu spüren. Zwar spürt er am leichtesten im Herbste, denn im Frühling benimmt der würzige Geruch der frischen Kräuter leicht die Witterung, und im Sommer nimmt bei großer Hitze seine Kraft ab, aber selbst alt, blind und schwach kann ein guter Jagdhund dem Menschen noch Dienste leisten, auf dem Arme getragen spürt sein Geruchsinn noch das verborgene Wild auf (Plin. VIII 147). Auch durch seine Schnelligkeit, seine Ausdauer und seinen Mut wird er der unentbehrlichste Gehilfe des Jägers. Ein Prüfstein für die Ausdauer der Hunde ist, wenn sie sich auch bei Hitze nicht von der J. abhalten lassen, für ihre gute Nase, wenn sie den Hasen selbst in den Hundstagen zu spüren vermögen, für ihre Füße, wenn sie in dieser Jahreszeit auch im Gebirge jagen können, ohne fußwund zu werden.

Wie wichtig der Besitz solcher treuen Jagdgehilfen dem Jäger war, erhellt aus dem breiten Raum, der der Schilderung der Hunde, ihrer Rassen, Eigenarten, Kennzeichen, ihrer Aufzucht, Pflege und Dressur bei den schriftstellernden Weidmännern des Altertums gewidmet ist (Xen. cyn. III. IV. VI und VII. Opp. cyn. I 368-438. Arrian. 4 cyn. II-V. Gratt. ven. 154ff. Nemes. ven. 104ff.). Nennt doch allein Xenophon 47 verschiedene Hundenamen, die jedenfalls zum größten Teil Jagdhundnamen waren, und die Anweisungen, die er zur Pflege der Jagdhunde gibt, sind aus einem tierfreundlichen Herzen hervorgegangen. So will er, daß der junge Hund vor jeder Überlastung des Magens und vor jeder Überanstrengung gehütet werde, daß ihm daher nur leichtbekömmliche Nahrungsmittel gereicht und die Übungen im beschränkten Bezirk mit ihm vorgenommen werden. Auch ältere Hunde sollen nie überanstrengt werden; bei großer Hitze, bei Schnee, oder wenn sie zum Fressen unlustig sind, müssen sie zu Hause gelassen werden. Ermüdete, erhitzte Hunde sollen abgerieben werden, ihre Füße müssen geschont werden, der lechzende Rachen kann mit einem rohen Ei gekühlt werden. Niemals darf der Riemen oder die Leine, woran der Hund geführt wird, als Schlinge am seinen Hals gelegt werden, sondern er muß an dem innen mit Pelz gefütterten ledernen Halsband angebracht sein. Wer es anders macht, ‚der meint es nicht gut mit seinem Hunde‘. Die Halsbänder, welche den Hunden bei Raubtierjagden angelegt wurden, waren außen mit starken Stacheln besetzt (Abb. bei Rich Illustr. Wörterb. 395 Hund des Meleager).

Als Muster eines Jagdhundes mit den besten [580] körperlichen Anlagen, liebenswürdigen Charaktereigenschaften und ungewöhnlicher Klugheit hat Arrian (cyn. V) seine Hündin Horme geschildert. Unzertrennlich von ihm und seinem Jagdgefährten ist sie ebenso empfindsam für jedes Lob, wie für den leisesten Tadel. Sie kennt kein anderes Bestreben, als ihrem Herrn zu dienen, und während draußen ihr Jagdeifer unbezähmbar ist, ist sie daheim das sanfteste, anschmiegendste Tier, welches in einer Liebkosung des Herrn seine Belohnung findet. Nicht selten wurde in Griechenland und Rom eine Statue auf dem Grabe eines besonders geschätzten Jagdhundes errichtet oder ein Gedicht zu seiner Verherrlichung verfaßt (Poll. V 48. Martial. XI 69). Das schönste und bleibendste Denkmal aber ist dem Argos gesetzt, jenem Jagdhunde des Odysseus, der in seiner Jugend im dichtverwachsenen Waldtale Hasen, Hirsche und Rehe jagte, auch der flinken Wildziege folgte, und dann alt und vergessen, vernachlässigt auf der Dungstätte liegt. Schweifwedelnd erkennt er den endlich heimkehrenden Herrn, ist aber zu schwach sich ihm zu nähern, der letzte Blick des treuen Tieres gilt seinem einstigen Gebieter, ‚dann umhüllen ihn die schwarzen Schatten des Todes‘ (Hom. Od. XVII 290ff.).

Wenn es auch in Sparta staatliche Jagdhunde gab, die jeder Bürger, der sie benötigte, benutzen durfte, so war doch sonst gerade das Verhältnis zwischen Jäger und Jagdhund ein durchaus persönliches, der Besitz eines guten Jagdhundes ein erstrebenswerter und wertvoller, oft höher geachtet als der eines Jagdsklaven (Poll. V 47), und wenn in ältester Zeit Pferd und Hund auf dem Grabe des Jägers getötet worden, damit sich der Herr noch im Jenseits an ihnen ergötzen konnte, so erhellt auch daraus, wie unzertrennlich man sich diese dachte (Poll. VI 451). Auch die griechischen Ausdrücke für J. ἡ κυνηγεσία, τὸ κυνηγέσιον, τὸ κυνηγέτημα = Hundeführung, jagen κυνγηετέω und Jäger κυνηγέτης mögen nochmals an dieser Stelle Erwähnung finden.

Jagdhunddarstellungen. Plinius (XXXIV) erwähnt als ein besonders schönes Kunstwerk, welches vor dem Brande des Kapitols in dem Tempel der Iuno gestanden und sich noch zu seiner Zeit höchsten Ansehens erfreut hätte, einen Hund von Erz, der seine Wunden leckte. Die Naturtreue dieses Werkes war nach ihm so vollendet und wurde derartig geschätzt, daß die Tempelhüter für dieses seltene Kunstwerk mit ihrem Kopfe haftbar gemacht wurden. Zu den besten Darstellungen des Lysippos gehörten seine Hundestatuen und seine Jagdgruppen, von denen eine J. Alexanders d. Gr. nach Delphi kam; auch sein Sohn Euthykrates zeichnete sich als Bildner von Hunden und Jagdszenen aus. Ein von Myron aus Eleutherai geschaffener Hund erregte die Bewunderung der Zeitgenossen (Plin. XXXIV).

Jagdhunde auf der Hasenjagd: Müller Denkm. d. a. K. Vasengemälde von Nola: die Helden Tydeus, Aktaion, Theseus und Kastor begleitet von suchendem Hunde auf der Hasenjagd. Reinach Répert. de vases. Ölkrug von Vienna: Aufbruch zur Hasenjagd. Ein Hund springt voran, ein zweiter wird von einem Sklaven an der Leine geführt. Archaisch-ionische Vase von Temir-Gora: zwei [581] Jagdhunde in gestrecktem Laufe Hasen und Antilopen verfolgend. Imhoof-Blumer und O. Keller Münzen und Gemmen: roter Jaspis der Berliner Sammlung: nackter Jüngling, der in der Linken zwei Jagdspeere trägt, führt mit der Rechten den zu ihm aufblickenden Jagdhund an langem Riemen. Schwarzer Jaspis der Pariser Sammlung: ein schlanker Jagdhund steht über einem auf dem Rücken liegenden Hasen. Silbermünze von Eryx: ein Windhund steht auf einem erlegten Hasen. Jaspis der Münchener Sammlung: Amor läßt einen Windhund auf einen Hasen los.

Jagdhunde auf Hirschjagd. Imhoof-Blumer und O. Keller Karneol der Berliner Sammlung: vier starke Jagdhunde fallen paarweise von rechts und links über einen niedergestürzten Edelhirsch her. Didrachmon von Motya: ein Windhund benagt einen Hirschkopf.

Jagdhunde auf Eberjagd. Müller Kampanische Vase: zwei Jagdhunde mit dickbehaartem buschigen Schwanz stellen den Eber. Reinach Vase aus Caere: Eberjagd. Der Keiler hat den Hund mitten durchgerissen; aus dem Hinterteil sehen die Gedärme, aus dem Vorderteil die Lungenflügel hervor. Henkelvase von Corneto: Kalydonische J. Zwei starke, großfleckige Hunde greifen den Eber an. Der auf den Rücken gesprungene Hund beißt nach dem Halse des Keilers. Wassereimer von Caere: fünf starke Hunde und acht schwerbewaffnete Jäger eilen auf einen starken Eber zu. Ein Hund ist bereits auf den Rücken gesprungen, ein zweiter hängt unter dem Bauche. Imhoof-Blumer und O. Keller Chalcedon der Berliner Sammlung: Parthischer Reiter auf der Eberjagd von mittelgroßem, glatthaarigem Hunde unterstützt. Besonders häufig sind die Darstellungen der kalydonischen J. und des Angriffes der Hunde auf den in einen Hirsch verwandelten Aktaion.

Das Jagdpferd. Da Xenophon, der in Bezug auf die Jagdhunde so ausführlich ist, das Jagdpferd nur einmal und zwar ganz nebensächlich bei der Raubtierjagd erwähnt (Xen. cyn. XI), Ovid es dagegen zur Ausrüstung des Jägers rechnet (Ovid. met. VII 805), so ist anzunehmen, daß der griechische Jäger meistens zu Fuß dem Weidwerk nachging, und daß die Römer die J. zu Pferde von den Galliern und Spaniern, bezw. asiatischen und afrikanischen Völkern übernommen haben. Das Jagdpferd eignet sich ja auch vorzugsweise zur J. in der Ebene auf Raubtiere, Antilopen, Hirsche und Esel, während es für die Hirsch- und Eberjagd im dichten Walde, für die Wildziegenjagd auf steilen Klippen und für die in Griechenland so beliebte Hasenjagd nicht in Betracht kommt.

Mit Schnelligkeit und Ausdauer muß das Jagdpferd Mut, Ruhe, leichte Lenkbarkeit und schönes Äußere vereinigen. Nicht alle diese guten Eigenschaften finden sich leicht zusammen, denn während die skythischen und illyrischen Pferde sehr ausdauernd sind, besitzen sie ein unscheinbares Äußere, und die schöngebauten Iberer, die sich mit Falk und Adler an Schnelligkeit messen können, ermüden infolge ihres nicht sehr kräftigen Hufes verhältnismäßig leicht (Opp. I 278ff.). Leicht lenkbar sind die prächtigen Rosse aus Spanien, Mauretanien und Libyen, sie werden ohne Zügel, nur mit einer Gerte geleitet. Bei den Libyern reiten [582] sogar Knaben auf ungesatteltem, ungesäumten Pferde und machen J. auf Wildesel (Xen. an. I 5). Diese Pferde sind auch ausdauernd und an harten Boden gewohnt, vermögen Gluthitze, Hunger und Durst zu ertragen (Opp. I 289–301). Während das parthische Roß mit ‚dem wildfunkelnden Blick‘ seine Ausdauer am besten in der Ebene erweist (Gratt. 518. Abb. auf parthischer Gemme bei O. Keller Ant. Tierw. Taf. III 3), passen für gebirgiges Gelände besonders die gutgezüchteten Schläge aus Thrakien, Kreta und Sizilien (Gratt. 525). Die Rosse aus Kappadokien, Thessalien, Tyrrhenum, aus Achaia, Armenien und vom Euphrat sind ebensowohl im Kriege wie auf der J. vorzüglich zu gebrauchen. Doch sind die kappadokischen Pferde in den ersten Lebensjahren schwächlich, nehmen aber mit den Jahren an Kraft und Ausdauer zu (Opp. I 169-200). Überhaupt soll man allzu junge Pferde nicht zur J. benutzen, die dazu erforderlichen Eigenschaften gewinnen sie erst mit zunehmendem Alter. Wie sich beim Wettrennen die Stute vorzugsweise bewährt, so bei der J. der Hengst (Opp. I 158ff.). Der Jäger muß aus der großen vorhandenen Zahl der Arten die für seine Zwecke geeignetste Rasse auswählen oder durch Kreuzung mit einer ausländischen Art seine einheimische Zucht verbessern. Die Gestalt des edlen Jagdrosses muß folgendermaßen beschaffen sein: der Körperbau des Rosses ist lang gestreckt und schlank mit breiter Brust und breitem Rücken. Der wohlgeformte Hals mit langer, weicher Mähne trägt einen gut angesetzten, zierlichen, feingliedrigen Kopf, über dessen breite Stirn eine Haarlocke fällt. Die Augen sind klug, feurig und von lebhaftem Ausdruck, die Nüstern weit, das Maul proportioniert, die Ohren kurz. Beim Geben muß ein Rassepferd den Kopf anmutig nach dem Halse zugebogen tragen, das Gegenteil ist ein Fehler. Die Schenkel müssen fleischig und kräftig, die Schienbeine gerade, fest und beinahe fleischlos sein, wie beim Hirsche, scheinbar nur aus Muskeln und Sehnen bestehend. Der runde hohe Huf ist aus dichtem Horn. Der Schwanz in seiner Fülle der Mähne entsprechend üppig und lang (Opp. I 178–193, ganz ähnlich Nemes. 241ff.). Im allgemeinen war die dunkle Farbe des Pferdes die beliebteste (Verg. Georg, III 82). Pferde dieser Art verwandte man zur Hirschjagd. Zur Raubtierjagd wurden die weniger geschätzten Schimmel und Falben (‚das silbergraue parthische Roß mit dem wildfunkelnden Blick‘), bei Eberjagd Füchse verwendet. Als schönste Art Goldfüchse wird die Zucht aus Nisaeum in Medien genannt, deren wallend zu beiden Seiten des Halses herabfallende Mähne sie zum beliebten Reitpferd der Fürsten macht (Opp. I 311–320). Auffallend sind auch die tigerartig gestreiften Oryngen (nach Miller die Tigerpferde Afrikas), von denen eine Art in der Jugend künstlich mit in das Fell gebrannten Flecken verziert wird (Opp. I 318–327). Wichtiger aber als die Farbe ist die Gemütsart des Rosses: der Kenner sieht am Ausdruck des Auges, zu welcher Art J. das betreffende Pferd am besten verwendbar ist.

Eigentliche Hetzjagden zu Pferde werden von Kelten, Geten, Mysiern, Illyriern, Skythen, Karthagern und Libyern auf Hirsche, Wildesel (Arrian. [583] cyn. XXIV), Antilopen (Opp. II 308) und Strauße (Xen. an. I 5, 1. Opp. IV 439) erwähnt. Das ermattete Tier wurde entweder mit dem Lasso gefangen oder mit dem Wurfspeer erlegt (Mosaik von Utica bei O. Keller Tiere des klass. Altert. Fig. 24). Auch folgten die Kelten, welche die Hasenjagd ohne Netze ausübten, ihren flüchtigen Windhunden zu Pferde (Arrian. II. III und XV). Abbildungen des Jagdpferdes: Wandgemälde vom Grabmal der Nasonen bei Rich 679. Das Pferd ist ungezäumt und ungesattelt. Reiterstatue des Commodus im Vatikan: das Pferd trägt als Sattel ein Löwenfell und einen ganz einfachen Zaum. Assyrisches Relief aus Kujundschik: das reichgeschirrte Pferd des Herrschers trägt Schabracke, Brustschützer und Halsschmuck. Bei O. Keller Ant. Tierw. Fig. 81 und 74.

Die verschiedenen Jagdarten. Hasenjagd, λαγωβολία. Der Hase war im Altertum in allen Gegenden Griechenlands und Italiens das am meisten vorkommende Jagdwild. Vermöge seiner ungewöhnlichen, alle anderen Säugetiere übertreffenden Fruchtbarkeit, die übrigens von den Schriftstellern noch bedeutend überschätzt wurde (Xen. cyn. V 13), vermochte er trotz aller Anfeindungen und Nachstellungen, die ihm von Menschen, Raubtieren und Raubvögeln unausgesetzt bereitet wurden, in großen Mengen sowohl im Gebirge und Walde, als in den weiten Ebenen und angebauten Feldern aufzutreten. Besonders auf den griechischen Inseln, wo Füchse und Adler fehlten, und die Bevölkerung mehr vom Fischfange als von der J. lebte, sollen Hasen in ungewöhnlicher Anzahl zu finden gewesen sein. Die Hasen werden von den Schriftstellern nach ihrem Aufenthaltsorte in Berg-, Feld- und Sumpfhasen geschieden. Der Gestalt nach unterschied man eine größere und eine kleinere Art. Bei den größeren war der Rücken dunkler gefärbt, auch war ihnen eine Blässe auf der Stirn eigentümlich. Die kleinere Art, von heller Färbung mit kleinen Verschiedenheiten an Blume und Löffeln, fand sich besonders zahlreich auf den Inseln. Alle Hasen zeichnen sich durch ungewöhnliche Schnelligkeit aus, besonders die Berghasen, welche auch vermöge ihrer behaarten Läufe weit besser auf steinigem Geröll laufen können, als die Hunde, die sich leicht an den ungeschützten Sohlen verletzen. Auch Feldhasen übertreffen die meisten Hunde an Schnelligkeit, während die Sumpfhasen von allen die verhältnismäßig langsamsten sind. Der Landmann stellte dem in seine Gärten und Felder eindringenden, die jungen Bäumchen benagenden Hasen Schlingen und Netze und schlug den gefangenen Hasen, ebenso wie es gewiß die Hirten häufig taten – hieß doch der gekrümmte Hirtenstab später geradezu λαγωβόλον, Hasenschläger – mit einem Knüttel tot. Die eigentliche Hasenjagd, die, wie das Tier selbst ‚so reizvoll ist, daß jeder, der sich an ihr beteiligt, alles vergißt, was sonst sein Herz erfreut‘ (Xen. cyn. V 33), wurde mit Hunden und Netzen ausgeübt. Einen flüchtenden Hasen im Laufe einzuholen und zu fangen, würde dem Hunde unmöglich sein, wenn der Hase nur geradeaus fliehen würde. Da aber erfahrungsgemäß die Hasen stets gern an den ihnen vertrauten Platz zurückkehren, auch Seitensprünge lieben, so suchen die Hunde, die auch [584] immer zu mehreren jagen, dem Hasen den Weg abzuschneiden und den Verängstigten, der nicht scharf sieht, in die aufgestellten Netze zu jagen. Einen Hasen im Lager zu töten, galt, wie auch heute, als nicht weidmännisch. Aufgabe des Jägers war es, den Hasen von den Hunden spüren und aufjagen zu lassen und erst den Flüchtenden zu erlegen oder im Netze zu fangen. Die Spur des Hasen ist nicht zu allen Jahreszeiten für die Hunde leicht erkennbar; wie einerseits die Sommerhitze sie verwischt, so ist sie andererseits auf gefrorenem und bereiftem Boden auch vor dem Auftauen nicht zu erkennen. Ebenso können Blumen- und Grasdüfte sie verbergen. So ist die beste Jahreszeit für die J. auf Hasen der Herbst oder ein milder Wintertag, die beste Tageszeit der frühe Morgen. Leichter zu finden ist das Lager, welches sich der Hase im Sommer an kühlen, in den anderen Jahreszeiten an warmen, sonnigen, grasbewachsenen Plätzen wählt. Von größter Wichtigkeit war, daß der Jäger über flüchtige, wohldressierte Hunde verfügte. Von ihm selbst wurde Gewandtheit und Ausdauer im Laufe verlangt; so eigneten sich vorzugsweise junge, schlanke Leute zur Hasenjagd. In leichter Kleidung, mit leichtem Schuhwerk oder auch unbeschuht, um möglichst wenig Geräusch zu machen, begibt sich der Jäger, nur mit dem Knotenstock bewaffnet, die Hunde an der linken Hand führend, vom Netzwärter begleitet, im Sommer und Herbst vor Tagesanbruch, im Winter bei Sonnenaufgang in sein Revier. Will er im Walde jagen, nimmt der Netzwärter die kürzeren Fall- und Wegnetze, handelt es sich um Feldjagd, die großen Stellnetze mit sich. Während er tunlichst geräuschlos die Netze an kleinen Engpässen, an Wegen und Schluchten des Waldes, bezw. auf freiem Felde stellt, bindet der Jäger die Hunde, jeden einzeln, an einen Baum fest. Nachdem er der Artemis Agrotera Anteil an der zu hoffenden Jagdbeute gelobt hat, läßt er seinen besten Spürhund – gewöhnlich der echten lakonischen Rasse entstammend – zuerst los. Hat dieser die Spur gefunden, den zweiten und in kurzen Zwischenräumen die anderen. Dann folgt er ihnen, schnell ausschreitend, ohne sie anzutreiben, sie nur durch Namenruf ermunternd. Die Hunde geben ihren Jagdeifer deutlich zu erkennen, die Ohren gespitzt, die Nase am Boden, in jeder Bewegung Freude und Eifer kundgebend, sucht einer es dem anderen zuvorzutnn. Haben sie den Hasen im Lager entdeckt, so läßt ihr lautes Gebell den Ruhenden auffahren und eilig fliehen. Und zwar richtet sich der Hase mit der von ihm aufgewendeten Anstrengung nach den Leistungen der ihn verfolgenden Hunde, er hält Haus mit seiner Kraft und ermüdet sich nicht vorzeitig. Hat er einen Vorsprung gewonnen, so hält er an, macht Männchen und horcht. Alsdann flieht er mit erneuten Kräften und sucht Berge oder Deckung zu erreichen. Für den Jäger ist dieser Teil der J. sehr anstrengend. Er muß den Hunden nacheilen, sie durch Zuruf anfeuern und, wenn nötig, den Hasen von bergigem Gelände abwärts, von gebahnten Wegen weg, auf bebautes oder bewachsenes Land, wo er leichter ermüdet, hintreiben. Manchmal kommt es vor, daß der Hase sich schon beim ersten Jagen fängt, bezw. der Jäger ihn mit dem [585] λαγωβόλον (pedum) erlegt. Dann wird nach kurzer Rast mit dem Aufspüren eines zweiten Hasen begonnen u.s.f. Johannes stellt fest, daß diese kunstvolle Art der Hasenjagd, die Xenophon so ausführlich schildert, schon viele Jahrhunderte vor ihm fast allen Griechen gemeinsam war. Vom 9. bis 5. Jhdt. läßt sich eine typische Art der Darstellung von Hasenjagden auf Vasen einfachster Dekorationsmalerei, die vermutlich auf phönizische Vorbilder zurückgehen, verfolgen. Es sind dies schmale Streifen, die entweder nur aus Hasen, oder nur aus Hunden, oder auch aus einem Hasen und mehreren Hunden bestehen. Durch Zusatz einer ebenfalls typisch wiederkehrenden Menschengestalt wird der Charakter der J. betont. Nun finden sich auf sf. Vasen des 8. Jhdts. bei diesen Darstellungen jedenfalls dem Leben entnommene Abbildungen der verschiedensten Formen von Netzen, woraus Johannes mit Recht den Schluß zieht, daß man den Gebrauch der Netze bei der Hasenjagd von jener Zeit an feststellen kann. Außer den lakonischen Jagdhunden, von denen sich besonders die Hündinnen durch Jagdeifer auszeichneten, wurden von den Römern in späterer Zeit mit Vorliebe die keltischen Windhunde, vertragi, zur Hasenjagd gebraucht, die vermöge ihrer Schnelligkeit den Hasen im Laufe fingen und apportierten. Auch agassäische und tuskische, sogar die Molosserhunde fanden Verwendung (Arrian. III. Gratt. 204. Martial. XIV 200). Nach beendeter J. wurden die erhitzten Hunde abgerieben, die Netze zusammengerollt und es wurde mit den an dem Krummstab gehängten Hasen der Heimweg angetreten. Während der heißen Jahreszeit sollte dies mit Rücksicht auf die Hunde nicht am Mittag geschehen. Während des Winters nahm der Jäger die Hunde nur bei günstiger Witterung ins Revier. Bei Schneefall und Kälte, welche die Witterung nimmt, der Nase und den Füßen der treuen Gehilfen schadet, begibt sich der Jäger mit seinen Genossen allein auf die J. Er folgt der im Schnee sehr leicht erkennbaren Fährte, die gewöhnlich zu einem geschützten Plätzchen führt, wo der Hase sich geduckt im Lager hält, spürt, wenn möglich, noch einige andere in der Nähe befindliche auf und umstellt dann den Platz mit Stellnetzen. Der aufgescheuchte Hase wird, selbst wenn er den Netzen entrinnen sollte, doch leicht die Beute des Jägers, denn der hohe Schnee hindert ihn im Laufe. Die Kelten übten nach Arrian in dreifacher Weise die J. auf Hasen, und zwar stets ohne Netze aus. Der Jäger zog mit Spür- und Hatzhund aufs Feld. Hatte ersterer den Hasen aus dem Lager aufgeschreckt, so mußte letzterer, dessen Schnelligkeit, wie oft erwähnt wird, der des Hasen gleichkam, diesen fangen. Oder eine Kette von Jägern trieb mit angekoppelten Hunden das Feld ab. Stieß ein Hase auf, so ließ der zunächstgehende Jäger zuerst seinen Hatzhund los. Die dritte Art, dem den Hasen hetzenden Hunde zu Pferde zu folgen, dürfte wohl ausschließlich ein ritterlicher Sport des keltischen Adels gewesen sein. Man jagte den Hasen in erster Linie wegen seines vortrefflichen Wildbrets. Der Pelz wurde zu Mützen und Kissenfüllungen verarbeitet, fast sämtliche innere Teile verarbeitete man zu medizinischen Zwecken (Hom. Il. X 360; Od. XVII 295 und 316. Xen. cyn. V. Opp. IV 425–438. [586] Arrian. XVI u. a. Aelian. XIII 13 und 14. Theocr. IV 49. VII 29. Plin. n. h. XXVIII 177ff. Mart. ep. I 42).

Hirschjagd (ἐλαφηβολία). Die J. auf den in den Gebirgsgegenden Griechenlands, Italiens und der römischen Provinzen nicht selten vorkommenden Edel- oder Rothirsch, sowie auf den in Kleinasien einheimischen Damhirsch galt von alters her als eine der größten Freuden des Weidmannes. Götter und Helden vergnügen sich mit der Hirschjagd (s. die zahlreichen Darstellungen der Artemis mit dem Hirsche und den Art. Hirsch o. Bd. VllI S. 1936). Bei den homerischen Griechen heißt der Jäger ανὴρ ἐλαφηβόλος (Il. XVIII 319). Odysseus trifft einen gewaltigen Hirsch mit solcher Kraft mit dem Wurfspieß in den Rücken, daß die Waffe am Leibe wieder herausfährt. Dann bindet der starke Held dem Tiere die Läufe zusammen und trägt es auf dem Rücken zu seinem ermatteten Gefährten. Nachdem diese die Größe des Hirsches angestaunt haben, erlaben sie sich an dem Braten (Od. X 153–181). Aeneas erlegt in einer abgelegenen Gegend aus mehreren vorüberziehenden Rudeln sieben Hirsche mit seinen sicher treffenden Pfeilen, darunter drei prächtige, stolze Geweihe tragende Leittiere (Verg. Aen. I 184f£). Neben dem Pfeil und dem Wurfspeer (Xen. cyn. IX) fand auch die Schleuder (Verg. georg. I 308) bei der Hirschjagd Verwendung. Der griechische Jäger folgte dem flüchtigen Edelwild, von schnellen, starken Hunden begleitet – indische, lokrische, kretische Hatzhunde werden namhaft gemacht – meistens auf leichtem Jagdpferde. Manchmal flüchtete der Hirsch ins Wasser und entzog sich so seinen Verfolgern, oder es gelang dem ‚erzfüßigen Renner‘, der an Schnelligkeit Pferd wie Hund übertrifft, auf freiem Felde zu entkommen. Bei allzu eiliger Flucht muß der Hirsch durch Blasenbeschwerden (Plinius: ‚Schmerzen in den Eingeweiden‘) veranlaßt, von Zeit zu Zeit stehen bleiben (Opp. IV 439ff.). Dann gelingt es wohl den Hunden ihn einzuholen. Oder sie treiben ihn in die Enge und greifen ihn an. Der Jäger muß sich hüten, allzu nahe heranzutreten, vielmehr soll er seine Speere möglichst aus der Ferne schleudern, denn das von den Hunden gestellte Wild verteidigt sich mit dem Mute der Verzweiflung. Mit den Vorderhufen schlagend und mit dem Geweih die Hunde in die Luft werfend, verletzt es häufig mehrere Hunde schwer, bis es selbst fällt (Xen. cyn. IX). Um die große Schnelligkeit des Hirsches zu vermindern, verschmähte der griechische Jäger nicht die unwürdige Art, Fußfallen zu legen. Diese Vorrichtung, die aus einem über einer trichterförmigen Grube liegenden, mit Nägeln besetztem Holzkranze, der sorgfältig mit Laub und loser Erde bedeckt werden mußte, bestand, beschreibt Xenophon ganz ausführlich (Xen. cyn. IX; s. Jagdausrüstung). Trat der Hirsch mit dem Vorderlaufe in den Kranz, so riß er, bei dem Bemühen den Huf herauszuziehen, einen schweren eichenen Knüppel, dessen Schlinge auf den Kranz gelegt war, los, und dieser Knüppel schlug dem Forteilenden gegen die Beine, bei schnellerer Flucht sogar gegen Leib und Kopf. Oft auch blieb das geängstigte Tier mit dem nachschleppenden Klotze im Unterholz hängen und wurde so von dem Jäger mit Leichtigkeit [587] erreicht. Die Fallen wurden gelegt, wo die Hirsche ihren Wechsel haben, und falls es sich um angebautes Land handelt, am frühen Morgen, in einsamen Gebirgsgegenden auch über tags nachgesehen. Die Richtung, in welche der Hirsch enteilt war, wurde durch die Spuren, die der nachschleifende Klotz hinterließ, deutlich erkennbar. Ebensowenig weidmännisch erscheint die Gepflogenheit, säugende Kälbchen der Hindin zu rauben. Der Jäger kundschaftet den Ort aus, wo die Hindin ihr Junges tränkt, begibt sich vor Tagesanbruch dorthin und legt sich auf die Lauer, bis die Alte sich etwas abwendet. Dann ergreift er mit sicherem Griffe das sich furchtsam zusammenduckende Tier, auf dessen lautes Geschrei die Hindin herbeieilt, die mit dem Wurfspieß erlegt wird. Schwerer ist es, größere Kälbchen, die schon mit den Alten äsen, zu ergreifen; denn die wachsamen Alttiere, welche die Jungen verteidigen wollen, treten die Hunde nieder. So muß das Rudel zerstreut und das Junge vereinzelt werden. Flieht es auch anfangs mit großem Vorsprunge, so ist doch seine schwache Kraft der Ausdauer der Hunde nicht gewachsen (Xen. cyn. IX). Gefangene Hirschkälber wurden, mit bunten Halsbändern geschmückt, Kindern und jungen Mädchen gern geschenkt. Die Netzjagd auf Hirsche wird bei Xenophon nicht erwähnt, scheint also in Griechenland nicht gebräuchlich gewesen zu sein. Dagegen findet sie sich sowohl in Asien (Assyrisches Relief bei O. Keller Ant. Tierwelt 279: vier zum Teil schwer verwundete Hirsche werden gegen ein sehr langes Netz getrieben, bei dem zwei Netzwärter stehen), als auch in Italien, wo sie von den Römern vielfach geübt wurde (Verg. Georg. I 307. Horat. carm. IV 5, 32. Ovid. met. VII 701). Der gespürte Hirsch wurde mit Blendzeug = Federlappen, pinnae umstellt, durch lautes Geschrei der Treiber aufgescheucht und von den Hunden gegen die aufgespannten Netze getrieben, wo er von dem Jäger mit dem Wurfspieß erlegt wurde (Verg. georg. III 372. Ovid. met. XV 475; ars am. I 45. Gratt 85). Eigentliche Hetzjagden zu Pferde wurden bei solchen Völkern veranstaltet, deren Pferde sich durch besondere Schnelligkeit auszeichneten, wie die Skythen, Illyrer, Mysier und Geten (s. Jagdpferd). Das ermattete Tier wurde entweder mit dem Wurfspieß erlegt oder lebend mit der Schlinge (Lasso) gefangen. Bei dieser Art J. darf dem flüchtenden Hirsch keinen Augenblick Ruhe gegönnt werden (Opp. IV 439ff.). Daß sie auch im Gebiet von Karthago gebräuchlich war, bezeugt ein Mosaik aus Utica (Brit. Mus., bei O. Keller Tiere des klass. Altertums Fig. 24). Kelten und Skythen sollen sich zur Hirschjagd vergifteter Pfeile bedient haben. Das hierzu verwendete Gift hieß venenum cervarium (Plin. XXV 61. XXVII 101). Von Jagdhunden zu Tode gehetzt und zerrissen wird der in einen Hirsch verwandelte Aktaion (Ovid. met III 206ff.). Aus vereinzelten Vasenbildern ist zu entnehmen, daß auch bisweilen das sonst bei der Hasenjagd gebrauchte λαγωβόλον und die Keule zur Hirschjagd benützt wurden, wodurch vielleicht angedeutet werden sollte, daß die Szene in die Heroenzeit verlegt wurde. Auch ist zu bedenken, daß die Künstler häufig willkürlich verfuhren, umsomehr sie ihre Stoffe seit dem 6. Jhdt. meistens [588] typisch gewordenen Vorbildern entnahmen (Johannes 19ff.). Eine sehr alte Darstellung der Damhirschjagd hat sich auf einem goldenen Siegelring aus dem vierten Grabe von Mykenai gefunden. Ein Bogenschütze erlegt vom zweispännigen Wagen aus den Damhirsch (Collignon Gesch. d. gr. Plastik I Fig. 17). Die ältesten Malereien sind sf. Bilder auf Amphoren, die alle gleichmäßig gemalt sind. Der Hirsch befindet sich stets in der Mitte, die Reiter oder je ein Fußgänger und ein Reiter kommen paarweise von rechts und links (Johannes l9). Marmor- und Bronzegruppen, Reliefs, Vasenbilder, Münzen und Gemmen zeigen vorzugsweise den verwundeten, sich seiner Angreifer erwehrenden Hirsch (Tiergruppen im Museum des Vatikan, Saal der Tiere bei Helbig 112. Die Netzjagd veranschaulicht ein assyrisches Relief des Brit. Mus. bei O. Keller Ant. Tierw. 279. Die Speerjagd zu Fuß ein Mischkrug aus Caere im Museum des Louvre bei Reinach I 302 und eine Vase aus Vulci bei Reinach II 275; die J. zu Pferde eine antike Paste der Berliner Samml. bei Imhoof-Blumer und O. Keller XIII 31; den von den Jagdhunden überwältigten Edelhirsch, ein Karneol der Berliner Samml. ebd. XV 42. S. auch die Frasçoisvase, Florenz, mit verschiedenen Jagddarstellungen bei Reinach I 135f. und den Alexandersarkophag (Museum von Konstantinopel), wo ein Grieche mit dem Wurfspieß, ein Perser mit der Axt einen Edelhirsch erlegen.

Die J. auf Rehe wird nicht ausdrücklich erwähnt, vermutlich wird sie in derselben Art wie die auf Hirsche ausgeführt worden sein. Wo es noch zahlreiches Raubwild und Schwarzwild gibt, kann sich der Rehbestand nicht entwickeln. Bei den Römern wurden Rehe vielfach in Tiergärten gehegt (Varro r. r. III 12).

Saujagd. Da die J. auf Wildsauen mit Gefahr verbunden ist, so galt sie dem griechischen Jäger als besonders ehrenvoll. Vermochte doch der wütende, mit scharfgewetztem Zahn seitwärts um sich hauende Eber des Bergwaldes (Hom. Il. XII 146), der so stark war, daß er dem andringenden Löwen Widerstand leistet (Il. XVI 823), dem Jäger lebensgefährliche Verletzungen beizubringen, Wunden, deren Narben noch im späten Alter zu sehen waren (Od. XIX 450). Daher galt es als eines Helden würdig, den Kampf mit dem Eber aufzunehmen, wie schon der jugendliche Odysseus, bei seinem Großvater Autolykos zu Besuch weilend, allen anderen voraus sich auf der Eberjagd auszeichnet, voller Ungestüm den aus undurchdringlichem Dickicht hervorbrechenden Keiler mit der Lanze angreift und trotz der erhaltenen schweren Verletzung erlegt (Od. XIX 428–454). Die Sage schmückte die Heroen der Vorzeit mit der Erzählung von einem rühmlich bestandenen Kampfe mit einem die natürlichen Verhältnisse weit überragenden Eber. So erlegt Theseus Phaia, die die Gegend von Krommyon verwüstete, Herakles den erymanthischen Eber. Meleagros, unterstützt von den besten Jägern Griechenlands und ihren Hunden, erlegte den kalydonischen Eber, welchen Artemis zur Strafe ob eines versäumten Opfers dem König Oineus von Aitolien gesandt hatte. Um die ‚borstenstarrende Hülle‘ und den Kopf des Ebers entstand dann noch heftiger Streit zwischen den Kureten und Aitolern [589] (Hom. Il. IX 546–549). Die langbehaarte Decke und die gewaltigen Hauer wurden jahrhundertelang im Tempel der Athena Alea zu Tegea aufbewahrt. Augustus nahm nach der Schlacht von Aktium die Riesenzähne mit nach Rom, während das Fell in Tegea verblieb (O. Keller wirft die Frage auf, ob es sich bei diesen Reliquien nicht um Mammutzähne gehandelt hätte?). Darstellungen der kalydonischen J. fanden sich u. a. an dem Thron des Apollon zu Amyklai bei Sparta, auf zahlreichen schönen Sarkophagreliefs, auf der Françoisvase in Florenz und späteren attischen Vasenbildern. Die Françoisvase, deren Entstehung in die Zeit von 550–500 v. Chr. verlegt wird, zeigt den Menschengröße weit überragenden Eber, von zehn Jägern, die teilweise in Löwenhäute gekleidet, aber nach der Weise des 6. Jhdts. mit Schilden, Lanzen, Schwertern und Wurfgeschossen bewaffnet sind, angegriffen. Ein Jäger, Ankaios, liegt bereits am Boden, ebenso ein getöteter Hund. Ein großer, gefleckter Hund ist dem Eber auf den Rücken gesprungen, drei weitere starke Hunde greifen ihn an (Reinach I 135 und 136). Spätere rf. Vasen schildern die Heroen in richtigerer Auffassung mit Keulen ausgerüstet.

Das häufige Vorkommen des Schwarzwildes in frühester Zeit geht auch aus den Gräberfunden hervor. In einem von Schliemann aufgedeckten Grabe der mykenischen Zeit fanden sich allein 30 Eberzähne (O. Keller 391). In geschichtlicher Zeit fand sich Schwarzwild in Epirus, Thrakien, Makedonien, in Thessalien und Böotien, in Arkadien und Elis, auf dem Taygetos und dem Erymanthos (Hom. Od. VI 101), auf dem Parnassos (Od. XIX 394), in Aitolien (Paus. VII 26, 10); in Italien hauptsächlich im waldigen Lukanien (Lucanus aper Horat. sat. II 3, 234. 8, 6), in den Abruzzen im Gebiete der Marser (Marsus aper Horat. carm. I 1, 28), in der Gegend von Laurentum (Laurens aper Verg. Aen. X 709. Horat. sat. II 4, 42. Martial. X 45), in Umbrien (Umber aper Horat sat. II 4, 40) und in Tuskien (Tuscus aper Stat. silv. IV 6, 10. Martial. VII 27, 1–2). Die damals noch ausgedehnten Wälder mit ihren Eichen- und Kastanienbeständen lieferten dem Schwarzwilde im Herbst treffliche Mast. Die Wildsau bevorzugt zum Aufenthalte dunkle, undurchdringliche schattige Wälder; während der Sommerhitze, die sie leicht erschlafft, lagert sie in morastigem Talgrund oder suhlt in dichtbestandenem Sumpfe. Diese Gewohnheit kennend, legt der Jäger auf den Wechseln Fußfallen, wie den Hirschen, oder stellt Netze von besonders starkem Material (Xen. cyn. X).

Die eigentliche Saujagd schildert Xenophon (cyn. X) in sehr anschaulicher Weise. Zu ihr vereinigen sich stets mehrere erfahrene Jäger mit Gehilfen, denn die J. ist gefährlich und erfordert ebensowohl Besonnenheit wie tatkräftiges Handeln. Die Ausrüstung besteht in etwa 15 starkfädigen Fallnetzen, in Wurfspießen und dem starken, zuweilen halb, zuweilen ganz aus Eisen bestehenden Fangeisen oder Saufeder, προβόλιον. Lakonische Hunde dienen zum Spüren, indische, lokrische und kretische, die stark genug sind, den Kampf mit dem Wildschwein aufzunehmen, zum Stellen des Wildes. Am Waldrande angekommen, wird einer [590] der lakonischen Hunde losgemacht, während die übrigen Hunde angekoppelt nachgeführt werden. Der Lakoner nimmt alsbald die Spur auf, und das Jagdgefolge zieht ihm nach, bis er, gewöhnlich an einem dichtverwachsenen, beschatteten Platze, durch lautes Bellen den Aufenthalt des Ebers kündet. Nun werden die Hunde in ziemlicher Entfernung angebunden, und die Netzwärter umstellen das Dickicht mit Fallnetzen, alle Zwischenräume mit Reisig vermachend. In den meisten Fällen wird sich der Eber völlig ruhig verhalten. Ist alles in Ordnung gebracht, so werden die großen Hunde losgekoppelt und von einem erprobten Weidmanne auf den Keiler gehetzt. Die übrigen Jäger folgen in gewissen Abständen voneinander, denn erfahrungsgemäß nimmt das flüchtende Wildschwein zusammenstehende Menschen am leichtesten an. Die Hunde, welche den lagernden Eber von vorn angreifen, werden von ihm in die Luft geschleudert, dann erhebt er sich widerwillig, flüchtet und verfängt sich in einem der Netze. Während der Keiler damit beschäftigt ist, sich loszumachen, müssen ihn die Hunde von allen Seiten anfallen und die Jäger mit Steinen und Wurfspießen nach ihm werfen. Das immer weiter vorwärts drängende Schwein wird die Leinen des Netzes zusammenziehen. Jetzt springt der geübteste Jäger mit dem Fangeisen (Saufeder) vor, um es abzufangen. Die linke Hand faßt die Waffe vorn, die rechte hinten, der linke Fuß folgt der linken Hand. Dabei muß der Jäger jede Kopfbewegung des Tieres im Auge behalten und den Stoß mit gewaltiger Wucht gegen die Kehle führen. Gelingt dies, so ist die Beute gewonnen. Es kommt aber auch vor, daß ein starker Eber mit heftiger Kopfbewegung dem Jäger das Fangeisen aus der Hand schlägt und ihn annimmt. Bliebe er stehen, so wären ihm schwere, wenn nicht tödliche Verletzungen gewiß. Daher wirft er sich flach auf den Erdboden, sich mit den Händen an Baumwurzeln festklammernd, sein Gesicht verbergend. Der Keiler, der wegen seiner gekrümmten Stoßzähne den Körper nicht aufzuheben vermag, wird nun versuchen, den Liegenden unter seine Füße zu treten. In dieser höchsten Not muß ihm einer der Gefährten zu Hilfe eilen und durch Reizen die Aufmerksamkeit des wütenden Tieres von dem Gefallenen ablenken. Während es den neuen Gegner annimmt, erhebt sich der erste Jäger, ergreift sein entfallenes Fangeisen und sticht nun den gefährlichen Gegner ab, der vor Wut rasend, geradezu in den ihm entgegengestemmten Speer hineinstürmt.

Sehr häufig (wie auf Abbildungen ersichtlich) werden die Wildsauen auch ohne Netze nur mit Hilfe der starken Hunde überwältigt. Zwar ist der Keiler dem Hunde an Stärke weit überlegen, sodaß er gewöhnlich mehrere Hunde verletzt oder tötet ehe er selbst fällt (Varro II 9. Ovid. met. III 213); aber einerseits ermattet die Sau leicht bei großer Hitze, andererseits unterliegt sie der Überzahl der sie von allen Seiten bestürmenden Hunde. Für den Jäger bleibt neben entschlossenem Mute die richtige Handhabung der Saufeder das wichtigste. Aach das Abfangen einer Bache (scrofa Petr. 40) ist sehr schwierig, und das Einfangen lebender Frischlinge (porcelli Phaedr. II [591] 415, Petr.), die sich lange in der Nähe der Alten halten, ist ebenfalls gefahrvoll (Xen. cyn. X). Bei J. zu Pferde wurden meistens die gewöhnlichen Wurfspieße, seltener Bogen und Pfeile, auch Beile verwendet. Das erlegte Wild wurde an Ort und Stelle aufgebrochen und je nach Größe und Schwere auf Stangen heimgetragen oder auf Wagen von Lasttieren fortgeschafft. Kehrte ein Jagdherr ohne die erhoffte Beute heim, so gab der Speisemarkt (macellum) Roms noch immer Gelegenheit, einen Eber heimlich zu erwerben und ihn als ‚selbsterlegt‘ wieder in die Stadt einzuführen (Gargilius bei Horat. epist. I 6, 58–61). Im Herbst und Winter, wo die Wildsau am feistesten ist, war das Fleisch am wohlschmeckendsten. Römische Feinschmecker bevorzugten das aus Umbrien, Lukanien und Tuskien stammende Wildbret, da Eichelmast bekanntlich den Wohlgeschmack des Fleisches erhöht, während das in sumpfiger Gegend (Laurentum) erlegte Schwein für minderwertig galt (Horat. sat. II 4, 41-42. Martial. X 37, 5).

Die Eberjagd ist vielfach auf Gemälden, Skulpturen, Vasen, Münzen und Gemmen dargestellt worden. Johannes macht darauf aufmerksam, daß die Darstellung einer Eberjagd nach dem Leben auf attischen Vasen naturgemäß selten sei. Auch wenn es sich nicht um die kalydonische J. handle, folgten die Vasenmaler den feststehenden Typen, da die Wildsau mit der steigenden Kultur immer mehr dem Gesichtskreis der Städter entrückt wurde. Flavius Philostratus der Ältere beschreibt (Εἰκόνες I 28) ein Gemälde der Pinakothek zu Neapolis, welches den Auszug einer Jagdgesellschaft zur Eberjagd zum Gegenstand hat (s. Miller 86). O. Keller Ant. Tierw. Fig. 137 Abb. eines römischen Sarkophagreliefs: Hippolyt auf der Eberjagd mit sehr naturwahr modellierten Tieren. Rich Illustr. Wörterb. 679 Abb. des Grabmals der Nasonen: Sieben Jäger zu Fuß und zu Pferd mit Wurfspießen und Pfeilen den Eber angreifend; ebd. 679 Abb. eines pompeianischen Gemäldes: ein von starkem kurzhaarigen Hund begleiteter Jäger tötet den schon verwundeten Eber durch Speerstich in den Kopf. O. Keller Ant. Tierw. Taf. III 3 Londoner Gemme: Parther mit langem Spieß auf der Eberjagd.

Jagd auf Wildziegen. Die Wildziege (αἲξ ἄγριος, ἀγρία oder ἀγροτέρα, capra agrestis) wird neben Hirschen und Rehen als jagdbares Wild bei Homer mehrfach genannt. Der Bogen des Pandaros war aus dem Kopfschmucke eines Geißbockes, dessen Gehörn 16 Handbreit groß war, kunstvoll gearbeitet. Der Bock, welchen der Jäger auf dem Anstand erwartet hatte, war durch einen sicher gezielten Schuß in das Herz erlegt worden (Hom. Il. IV 105. XV 271). Auf dem Laublager, welches Eumaios dem Odysseus bereitet, liegt die Decke eines Geißbockes, und sein trefflicher Hund Argos hatte in seiner Jugend auf Wildziegen gejagt. Die zahlreichen ‚Ziegeninseln‘ Aigina, Aigates, Capreae, Capraria (Name für drei Inseln) u. a. bezeugen, wie ungemein häufig das Tier auf den felsigen Eilanden des Mittelländischen Meeres zu finden war. Ob es sich dabei um wirkliche Wildziegen oder nur verwilderte Ziegen handelt, läßt sich nicht feststellen. Manns (II 29) nimmt für Griechenland zwei Wildziegenarten an: 1. den Paseng oder die Bezoarziege, Capra aegagrus, nach [592] Keller die Stammrasse unserer Hausziege, mit großem, ziemlich steilem, scharfkantigem Gehörn, das bei alten Böcken eine Länge von 80 cm erreichen kann. Der Paseng war im Altertum hauptsächlich auf Kreta, weiterhin in Griechenland und in den gebirgigen Gegenden Kleinasiens zu finden, wo er noch heute angetroffen wird (Keller) (Kopf des Pasengbockes auf einer Münze von Hyrtakina bei O. Keller Ant. Tierw. Taf. II 9); 2. eine kleinere, dunkelbraune, gemsenartige (nach O. Keller ‚verwilderte‘), hauptsächlich die Inseln bevölkernde Rasse, die Jouraziege, welche noch heute zahlreich auf Felseneilanden vorkommen soll. Da diese Wildziege auch in der Gefangenschaft durch Mut und Kampfeslust auffällt, so könnte Oppians Bemerkung (cyn. II 326–335), daß die Wildziegen im Kampfe siegen oder unterliegen, auf diese kleinere Rasse ebensogut passen wie auf den größeren Paseng. Auch der eigentliche Alpen-Steinbock, ἴξαλος, ibex (Hom. Il. IV 105. Plin. VIII 124), der sich vom Paseng durch schöneres, breiter ausladendes Gehörn auszeichnet, war dem Altertum bekannt. Er findet sich auf Abbildungen aus Ägypten, Cypern und Rhodos. Der pyrenäische und der kaukasische Steinbock (Capra pyrenaica und Capra caucasica), δορκάς, caprea, heute Tur genannt, sind durch eigenartig geformtes Gehörn ausgezeichnet. Im Altertum rechnete man sie zu den Antilopen (O. Keller Ant. Tiere 300). Echte Gemsen gab es auf den hohen Bergen Griechenlands (Parnassos) und Italiens (Sorakte), wie in den Alpen. Auf Gemsen bezieht sich wohl Catos Ausspruch (bei Varro r. r. II 3), daß die Wildziegen des Sorakte 60 Fuß weit springen könnten. Die außergewöhnliche Sprungkraft der verschiedenen Wildziegenarten rühmen auch Plinius (VIII 214) und Aelian (XIV 16). Die Wildziegen wurden meist mit Bogen und Pfeil oder auch mit dem Wurfspieß von mehreren Jägern (Hom. Od. IX 156) oder vom Jäger allein auf dem Anstande erlegt (Il. IV 105), oder auch mit Netzen und Fallen gefangen (Aelian. XIV 16). Auch wurden Hunde und, wenn es das Gelände erlaubte, Jagdpferde in manchen Gegenden benutzt. Die Hunde scheuchten die Wildziegen aus ihren in Höhlen befindlichen Lagerplätzen auf, die Flüchtigen wurden von den bereitstehenden Jägern mit Pfeilen erlegt. Haut und Gehörn fanden Verwendung, letzteres wurde zu Trinkhörnern verarbeitet (Aelian. XIV 16). Darstellungen von Wildziegen bei O. Kel1er Tiere des klassischen Altertums Fig. V Gemme aus Kreta, Fig. VIII Mosaik aus Halikarnass, Fig. IX Assyrisches Relief, Fig. X J. zu Pferde, Fig. XI weidender Steinbock; bei Collignon Gesch. d. gr. Plastik I Fig. 29 und 31 geschnittene Steine aus Mykenai und Kreta, Fig. 38 eherner Votivschild phönizischer Arbeit aus der Idagrotte auf Kreta, Fig. 49 ausgeschnittene Erzplatte von Kreta (jetzt Louvre): ein Diener bringt dem bogenbewaffneten Jäger einen erlegten Pasengbock.

Die Antilope, Gazelle δορκάς, δόρκη, δόρξ, φορκάς, φορκός, φόρξ, dorx, damma (Antilope, Oryx) von Plinius (VIII 214) mit den Wildziegen zusammengenannt, in der Größe die Mitte haltend zwischen Damhirsch und Reh. Ein sehr schönes Tier mit glänzenden, großen Augen (daher der Name δορκάς von δέδορκα - δέρκομαι) und eigenartig [593] nach hinten gebogenem Gehörn (Opp. II 300–315). Die Antilope tritt in den Steppen Afrikas und Asiens in verschiedenen, durch Größe, Farbe und Form des Gehörns unterschiedenen Arten auf, die sich aber alle durch ungewöhnliche Schnelligkeit auszeichnen (Aelian. XIV 14). Sie wurde in Ägypten und Libyen, in Assyrien und Arabien mit Unterstützung von Jagdwindhunden, Hyänenhunden und Geparden zu Pferde gejagt, mit Pfeilen und Wurfspießen erlegt, oder auch mit Netzen oder dem Lasso gefangen (Opp. II 308). Darstellungen von Antilopenjagden besonders in Ägypten sehr häufig. O. Keller (Ant. Tierw. Fig. 53) gibt eine Abbildung aus einem Grab in Theben, wo drei verschiedene Antilopenarten: Gazelle, Kuhantilope, Säbelantilope und ein Steinbock in der Form des Gehörns und der Gestalt trefflich charakterisiert sind. Die Bemerkung Aelians (XIV 14), daß die libysche Antilope (Oryx) mit ihrem schön gestalteten geraden Gehörn den Jäger annehme, wird von neuen Forschern bestätigt (Brehm bei O. Keller 292). Gefangene Antilopen, welchen der Jäger die Freiheit schenkt, finden selbst aus weitentlegenen Gegenden sich wieder in die Heimat zurück (Opp. II 308–315). Gazellen wurden in Ägypten vielfach gezähmt, die Säbelantilopen hegten die Römer auch in Tiergärten (Col. IX 1).

Der Wildesel (ὄναγρος, ὄνος ὁ ἄγριος, onager, asinus agrestis) der asiatischen Steppen, ein schöngebautes, pferdeähnliches Tier, wurde meist von Doggen gestellt, von flinken Reitern mit dem Lasso lebend gefangen, um ihn zu zähmen und zur Zucht zu verwenden. Zuweilen wurde er auch mit Pfeilen erlegt, da das Fleisch als zart und wohlschmeckend galt. Aelian, der den indischen Wildesel mit phantastischen Zügen ausschmückt, ihn geradezu als Einhorn von weißer Farbe mit purpurnem Kopfe und anderthalb Meter langem Hοrn schildert (Aelian. IV 52), sagt über seine außerordentliche Schnelligkeit, der Ausdruck, den Wildesel verfolgen, bedeute, etwas Unerreichbarem nachjagen. Die Reiter wechselten sich im Jagen ab (Xen. Cyrop. I 4, 7), auch bedienten sich bei dieser J. die Inder der Jagdgeparden (Aelian. XVΙΙ 26 ‚jung gezähmte Löwen‘). Ebenso flüchtig waren die Wildesel Mauretaniens und Libyens, doch ermüdeten sie leichter als die ausdauernden Jagdpferde der Libyer und blieben schließlich ermattet stehen. Dann sprangen die Jäger von den Pferden herab, warfen ihnen die Schlinge um den Hals und führten die Gedemütigten an das Pferd gebunden fort (Aelian. XIV 10. Arrian. cyn. XXIV 3ff.).

Jagd auf Wildstiere. Der Wisent (βόνασος, vison, bison), von Aristoteles (hist an. ΙX 230ff. ΙΙ 12. 19) ausführlich beschrieben, von Plinius (VΙΙΙ 38) ausdrücklich von dem urus der germanischen Wälder unterschieden, war ein besonders großer, starkbemähnter, kurzgehörnter Wildstier, der in geschichtlicher Zeit in den Gebirgswaldungen Spaniens, Germaniens, Pannoniens, Thrakiens, und zwar besonders in Päonien vielfach anzutreffen war und als wertvolle, weil schwer zu erringende Jagdbeute galt. Aus der Sage läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit für den Kaukasus wie für Hellas sein Vorkommen annehmen: Die feuerschnaubenden Stiere des [594] Iason, Theseus und der marathonische Stier, Namen von Bächen und Ortschaften in Böotien lassen auf das Vorhandensein des Wisent schließen (O. Keller Tiere des klass. Altertums 56). Die J. auf diesen gewaltigen, unzähmbaren Wildstier ist deswegen so gefährlich, weil der gereizte Stier, dessen Augen vor Zorn rotglühend werden, den Jäger angreift, mit seinen kurzen, spitzen Hörnern aufspießt und in die Luft schleudert (Opp. II 159–176). Die J. wurde gewöhnlich zu Pferde mit Hilfe großer Hunde (Doggenrassen waren besonders geeignet) ausgeführt. Das Tier wurde durch Wurfspeere getötet. Die Hörner wurden als Trophäe gern bei Trinkgelagen verwendet. Die Thraker verstanden es, sich des Wisent lebendig zu bemächtigen. Da auch das stärkste Netz seiner wilden Kraft nachgibt, fingen sie ihn in einem Graben. Zu dem Behufe suchten sie einen besonders tiefen Graben aus, dessen Ränder sie mit geölten, schlüpfrigen Häuten bedeckten. Den Zugang zu diesem Graben befestigten sie auf beiden Seiten durch starke Holzzäune. Alsdann hetzten berittene Jäger, von Doggen begleitet, eine Herde Wildrinder zwischen den Palisaden hindurch auf den Graben zu. Die gejagten Tiere glitten auf den schlüpfrigen Häuten aus, überschlugen sich und stürzten in den Graben hinunter. Wenn sie von Hunger entkräftigt waren, wurden sie mit Fichtenzapfen kärglich ernährt. In diesem Zustand der Entkräftung fesselte man sie und brachte sie fort, damit sie bei den circensischen Spielen in ihrer wilden Kampflust den Zuschauern zur Augenweide dienen sollten. Pausanias hat diese ‚päonischen Ochsen‘ in Rom gesehen, auch werden sie ausdrücklich bei den Spielen des Severus genannt (Paus. IX 21, 2. X 13, 1. Cass. Dio LXXVI 1).

Der Urus, bos primigenius, Ur- und Auerochse, in der geschichtlichen Zeit hauptsächlich in der westlichen Hälfte Europas anzutreffen, in den Waldgebirgen Spaniens und Germaniens häufig vorkommend (Caes. bell. Gall. VI 28. Plin. n. h. VIII 38), hat keine Mähne, größeres, breit auslaufendes Gehörn, weiß-rote Farbe und ist zähmbar. So hat sich der Wisent länger als Jagdtier erhalten, während der Urus sich zum Haustier umwandelte (O. Keller). Demgemäß wurde er nicht allein auf der J. erlegt, sondern sehr häufig lebendig in Netzen oder mit der Schlinge oder auch durch Zusammentreiben junger Tiere gefangen.

Darstellungen der Wildstierjagden: Goldbecher aus dem Kuppelgrabe von Vaphio bei Amyklai, mykenische Periode bei Collignon Gesch. d. griech. Plast. I Fig. 24 und 25: Einfangen lebender Tiere. Großgehörnte Wildstiere werden von Sklaven, die dabei in Lebensgefahr geraten, in starkmaschige, zwischen Bäumen angebrachte Netze getrieben, in denen sie sich verstricken, hernach am Fuße gefesselt fortgeführt. Wandmalerei des Palastes von Tiryns: Schlanker Mann in spitzen Schnabelschuhen greift mit der Rechten zwischen die Hörner eines gewaltigen, buntgefleckten Stieres, ebd. Fig. 28. Münze der Orreskier aus Makedonien bei O. Keller Ant. Tierwelt Taf. II 12.

Neben den europäischen Arten erwähnen die Schriftsteller die Wildstiere aus Afrika und Asien. Die großen, weißen Stiere Ägyptens sollen leicht zähmbar gewesen sein (Opp. II 83).

In Äthiopien soll es ganz besonders wilde und [595] starke Arten gegeben haben, von denen manches Fabelhafte erzählt wird, z. B. sie seien feuerrot und fräßen Fleisch. Ganze Volksstämme Äthiopiens lebten hauptsächlich von der J. auf diese Wildrinder, bei der sie ihren starken Jagdgehilfen, den Hunden, reichen Anteil an der Beute gäben (Plin. n. h. VIII 74. Diod. III 24 und 34. Strab. XVI 771. Philostr. vit. Apoll. VI 24). Von den Wildstieren Indiens werden die ungeheuren Hörner, die vier Fuß auseinander stehen, hervorgehoben (Plin. VIII 176). Ptolemaios Philadelphos erhielt als Ehrengeschenk ein Ochsenhorn, welches drei Amphoren faßte (Aelian. III 34. Nach Lenz und O. Keller wohl vom ostindischen Arnibüffel stammend, dessen Hörner eine Länge von 5 Fuß erreichen können. Abbildung eines Arnibüffels nach einem altchaldäischen Zylinder aus dem 4. Jhdt. v. Chr. bei O. Keller Ant. Tierw. Fig. 123). J. auf syrische und assyrische Wildrinder, welche etwas erhöhten Widerrist, Mähne und leierartig gebogene große Hörner haben, stark und unzähmbar sind (Hiob XXXIX 9–12), sind häufig auf assyrischen Reliefs abgebildet. O. Keller Tiere d. kl. A. Fig. 12: der König, auf dem Jagdwagen stehend, hat bereits einen Stier mit vier Pfeilen erlegt, einen zweiten sticht er in das Genick. Daß es auch syrische Stiere gab, die wie die Kamele einen Höcker am Widerrist haben (Zebu), berichten Aristoteles (VIII 160) und Plinius (VIII 179), der von den syrischen die karischen Buckelochsen scheidet, deren Hörner häßlich seien. Bei Oppian (II 90ff.) hören wir, daß die lose sitzenden Hörner nach vorn und rückwärts bewegt werden konnten. Auf den tibetanisch-indischen Büffel, den Yak, machen die Inder auf schnellen Pferden, begleitet von flüchtigen Hunden, J. Da ihnen am Fleische nichts liegt, erlegen sie ihn mit vergifteten Pfeilen. Wertvoll ist ihnen sein prachtvoller, pferdeartiger, seidenhaariger Schweif, der, wenn er, wie meistens, reinweiß ist, zu Fliegenwedeln als Geschenk für Könige benutzt wird. Ist er schwarz, so flechten die Inderinnen die Haare unter ihre eigenen (Aelian. IV 14 und XVI 11).

Jagd auf Raubtiere. Über die J. auf Raubtiere, welche sich außer in den fernen Ländern hauptsächlich in den Waldgebirgen Griechenlands und Makedoniens fanden, von wo sie zeitweise aber auch bis weit in die Ebenen, sogar in die Nähe der Städte vordrangen, äußert sich Xenophon nur kurz. War das Gelände für die J. ungünstig, so wurden sie mit vergiftetem Köder vernichtet oder in Gruben gefangen, die bezüglich der Größe und Stärke der Umzäunung sehr verschieden waren. Am reizvollsten war die J. zu Pferde, zu der sich der damit verbundenen Gefahr halber stets mehrere Jäger vereinigen mußten (Xen. cyn. XI).

Löwe. Löwendarsteilungen mykenischer Funde haben die Frage angeregt, ob in der ältesten Zeit im Peloponnes Löwen vorgekommen sind. Perrot (Perrot-Chipiez Hist. de l'Art VI 824f.) bejaht in Rücksicht auf die naturwahre Wiedergabe der Löwen diese Frage und meint, die Löwen hätten sich nach und nach bis zu den Südabhängen des Balkan zurückgezogen, wo ihr Vorkommen zwischen den Flüssen Acheloos und Nestes im Lande der Abderiten von Herodot bezeugt wird (Herod. VII [596] 125 u. 126). Welcker, v. Wilamowitz und Furtwäng1er bezweifeln bezw. verneinen das Vorkommen von Löwen in Griechenland. Johannes, der diese Frage näher behandelt, spricht die Vermutung aus, daß, falls es sich bei den mykenischen Kunstwerken wirklich um Originalarbeiten griechischer Künstler und nicht um Nachbildungen, bezw. Import ägyptischer oder asiatischer Kunst handle, die Verfertiger sehr wohl ihr Vorbild in gefangenen Löwen gefunden haben könnten, die in den Königsburgen gezähmt gehalten wurden (Johannes 6ff.). O. Keller ist geneigt, in der bekannten inkrustierten Dolchklinge mit der Löwenjagd wegen der ägyptischen Kleidung der Jäger zum mindesten ägyptische Erfindung zu sehen (Dolchklinge aus dem vierten Grabe von Mykenai: fünf schlanke Jäger, von denen einer mit dem Bogen, die vier andern mit Wurfspeeren und großen Schilden ausgerüstet sind, werden vom Löwen angenommen. Zwei Löwen flüchten, Collignon Gesch. d. griech. Plastik I Fig. 8 und O. Keller Ant. Tierw. Fig. 8). Dem Berichte des Herodot, daß Löwen die Lastkamele des Xerxes auf dem Durchmarsch des Heeres durch Thrakien überfallen hätten, und daß es in der dortigen Gegend zahlreiche Löwen gegeben hätte, schenkt O. Keller, im Gegensatz zu andern, Glauben; allerdings vermutet er, es könnte sich hierbei um Nachkommen von früher aus Asien versprengten Löwen handeln, welche sich in den unzugänglichen Gebirgen Makedoniens und Thrakiens ungehindert vermehren konnten. Xenophon (XI) nennt ebenfalls den Pangaion, das Land am Kittos oberhalb Makedoniens und den Pindos als Jagdgründe, wo neben andern Raubtieren Löwen zu finden seien. Auch die genauen Schilderungen des Löwen bei Aristoteles (VI 178 und VIII 165) sprechen dafür, daß er das Tier, welches zu seiner Zeit schon selten geworden war, selbst beobachtet hat. Nach allem scheint der Löwe nur auf einem ganz beschränkten Gebiete und nur für kurze Zeit in Europa aufgetreten zu sein. Anders in Asien. Wie vertraut der Löwe dem kleinasiatischen Griechen der homerischen Zeit war, beweisen die häufig wiederkehrenden Vergleiche besonders starker Helden, des Agamemnon (Il. V 161. XI 175. XVII 64), des Menelaos (Il. XVIII 61 und 110), des Diomedes (Il. V 136ff. und 556. X 486) und des Hektor (Il. XV 630ff.) mit dem Gebirgslöwen, der ringsum Schrecken verbreitet. Er überfällt nicht nur die im Freien weidende Ziegen-, Schaf- und Rinderherde und schleppt ein blutiges Stück in seinem Rachen fort, sondern er setzt auch, wenn er hungrig ist, über die Umfriedignng, und bricht sogar dem Stier den Nacken (Il. V 136–143. V 161. X 486. XI 175. XVII 542. XVIII 578). Die Hirten suchen durch lautes Geschrei den Räuber zu verscheuchen, die Hunde brechen in wütendes Gebell aus, aber keiner wagt es, dem Löwen zu nahe zu kommen (Il. XVII 61ff. XVIII 578). Wissen sie, daß ein Löwe in der Nähe ist, so wachen sie die ganze Nacht hindurch und suchen den in der Dunkelheit heranschleichenden durch helllodernde Feuerbrände, Speerwürfe und Getümmel zu erschrecken, bis er unverrichteter Sache in der Morgendämmerung zum Bergwalde heimkehrt (Il. XI 547–555. XVII 656-664). Bedrängt der Löwe eine [597] Gegend, so vereinigen sich die Landleute mit jagdgeübten Männern zur wirklichen J. Mit Speeren bewaffnet und von ihren stärksten Hunden unterstützt, greifen sie in großer Anzahl den nahenden Löwen an. Sobald der erste Speer den Löwen getroffen, verwandelt sich seine anfängliche Gleichgültigkeit in Wut, er peitscht mit dem Schweife die Flanken und macht sich zum hartnäckigen Widerstand bereit (Il. XX 164–173), ehe er von der Übermacht überwältigt wird (Il. V 558). Auf freiem Felde weicht der von einem Schwarm von Jägern und Hunden bedrohte Löwe nur Schritt für Schritt zurück (Aelian. IV 34). Erst wenn er den schützenden Wald erreicht hat, beschleunigt er seine Flucht. Beim Angriff springt er den Gegner an. Wird er verwundet, so erkennt er den Täter aus der Schar der Jäger und nimmt ihn an (Plin. VIII 51). Furchtbar ist auch die Löwin, welcher der Jäger aus dichtverwachsenem Gehölz im tiefen Walde die Jungen geraubt hat. Unablässig folgt sie seinen Spuren (Il. V 554ff. XVIII 318).

Stark verbreitet war der Löwe außer in Kleinasien auch in Arabien und Palästina, Syrien, Assyrien, Babylonien, Persien, Indien und besonders in Afrika. Da die Löwenjagd zu Pferde oder zu Fuß, vom Jagdwagen oder vom Elefanten herab immer ein gewisses Aufgebot von Gehilfen und Hunden verlangte, so galt sie von altersher als eine Hauptfreude königlicher Jäger, als vornehmstes Vergnügen, welches Fürsten sich selbst oder einem zu ehrenden Gast bereiteten. So rühmen assyrische Inschriften die Taten der Herrscher auf der Löwenjagd, von denen Tiglat Pilesar 110 Löwen erlegt haben soll. Semiramis und Ninus waren auf der Löwenjagd dargestellt, Dareios führte eine Löwenjagd im Siegel, wobei der Schütze im Wagen steht (O. Keller Ant. Tierw. 40 und Fig. 10). Äußerst lebenswahre assyrische Reliefs aus Kujundschik (jetzt in Paris und London) stellen Einzelheiten aus der Löwenjagd dar (O. Keller Ant. Tierw. Fig. 11. 12a–c und 74: Sardanapal, auf dreispännigem Jagdwagen stehend, erlegt einen großen Löwen mit Pfeilen; der Herrscher, welcher vier Löwen zur Strecke gebracht hat, spendet, den Bogen in der Linken, von Bogenschützen und Speerträgern begleitet, Trankopfer nach glücklich beendeter J., der Herrscher auf reichgeschirrtem Pferde stößt dem angreifenden Löwen, der seine Pranken in die Brust des Pferdes schlägt, den Speer in den weitgeöffneten Rachen). Ähnliche Inschriften und Abbildungen fanden sich in Ägypten, wo die Löwenjagd ebenfalls Vorrecht der Fürsten gewesen zu sein scheint, denen unterworfene Nachbarvölker gefangene Löwen zum Geschenk brachten, welche, wie in Assyrien, zu den königlichen J. in Käfigen aufbewahrt wurden. Auf den assyrischen und ägyptischen Darstellungen finden sich keine Hunde, meistens schießen die Herrscher vom Wagen herab mit Pfeilen (O. Keller). Alexander der Große und sein Freund Lysimachos waren leidenschaftliche Löwenjäger, deren sicher treffendem Speere die gewaltigen Löwen Syriens und Baktriens erlagen (Curt. VIII 1,14 und 15). Daß Alexander die Löwenjagden mit Hunden ausübte, erhellt aus den verschiedenen Berichten, wonach ihm von persischen und indischen Fürsten als Ehrengeschenk ‚indische Hunde‘, die den Kampf [598] mit dem Löwen nicht scheuten, ja den mit geringeren Tieren sogar verachteten, übersandt wurden (Plin. VIII 149; s. den Art. Hund o. Bd. VIII S. 2540), sowie die Erzählung, daß er zu Ehren seines Lieblingshundes Peritas, seines steten Begleiters auf der Löwenjagd, eine Stadt habe erbauen lassen. Hunde, allerdings keine Doggen, finden sich auch dargestellt auf dem Relief des sog. Alexandersarkophags, welches eine Löwenjagd schildert. Sechs Jäger, drei zu Pferde und drei zu Fuß, sind im Nahkampfe mit dem Löwen, der die Brust des einen Pferdes zerfleischt, begriffen. Alexander und ein zweiter Reiter erscheinen barhäuptig, mit kurzem Jagdkittel und Mantel, bloßen Knieen und Beinschienen, ein dritter Reiter und zwei Mann zu Fuß sind durch ihre Kleidung, lange Hosen, lange Ärmel und Kopfverhüllung als Perser gekennzeichnet, der dritte Jäger ist völlig nackend mit um den Arm gewickeltem Mantel. Die drei Reiter und ein Fußjäger sind mit Wurfspeeren, der zweite mit einem Bogen, der dritte mit einer Axt bewaffnet. Letzterer ist im Begriff, den Löwen von hinterrücks niederzuschlagen. In der Schlachtszene des Sarkophages trägt Alexander anstatt des Helmes die Haut eines Löwenkopfes. Ein Goldmedaillon aus dem Schatz von Tarsos zeigt auf der Vorderseite den Kopf Alexanders, auf der Rückseite den Herrscher zu Pferd auf der Löwenjagd. In einem Relief aus Messene (jetzt Louvre), Alexander im Löwenfell, unterstützt von zwei Hunden, mit der Doppelaxt einen Löwen angreifend, während ein Reiter (Krateros) ihm zu Hilfe eilt, sieht Collignon eine Anlehnung an die berühmte Statuengruppe des Leochares und des Lysippos, Alexander mit Freunden auf der Löwenjagd darstellend (Gesch. d. gr. PI. II Fig. 159).

Es erscheint fast als selbstverständlich, daß sich die Herrscher Roms auch mit Vorliebe der Löwenjagd widmeten und sich als Löwenjäger darstellen ließen. Es finden sich auf Münzen und Gemmen Traian, Hadrian, Marc Aurel, Commodus, Caracalla, Alexander Severus, Gordianus. Theodosius und Honorius erklärten die Löwenjagd geradezu als kaiserliches Vorrecht (O. Keller Ant. Tierw. 43). Oppian schildert verschiedene Jagdarten auf Löwen, die in fremden Ländern gebräuchlich waren. So wurde am Euphrat die Treibjagd vorzugsweise geübt. Reiter auf silbergrauen, parthischen Pferden, Jäger zu Fuß und Hunde treiben mit lodernden Pechfackeln, lautem Lärmen und Schildgetöse den aufgespürten Löwen in starke Netze, welche in großem Halbkreis an besonders festen Stangen aufgestellt sind. Für diese Netze sind drei Netzwärter erforderlich. So kann der Löwe entweder durch Speere erlegt oder lebendig gefangen weiden (Opp. IV 112–147). In Äthiopien hüllen sich die Eingeborenen in dicke Wollkleidung, vermummen das Gesicht, schützen sich mit undurchdringlich geflochtenen Schilden und begeben sich dann gemeinsam, mindestens zu vier Mann, vor die Höhle des Löwen. Dort reizen sie den Ruhenden durch lautes Peitschenknallen, bis er herauskommt, greifen ihn dann fortwährend von den verschiedensten Seiten an, bis er ermattet zusammenbricht und gefesselt werden kann. Die Massyler, ein im östlichen Numidien wohnender Volksstamm, werfen dem [599] andringenden Löwen weite Tücher über, in denen er sich verstrickt (Opp. IV 147–212). Das Fangen in tiefen umzäumten Gruben, welches Xenophon im allgemeinen für Raubtiere erwähnt, war, wie in vielen anderen Gegenden, in Libyen, wo es zahlreiche Löwen gab, gebräuchlich. Die Grube mußte mit einer Mauer aus dicht aufeinander gehäuften Steinen umgeben sein. Inmitten der Grube bleibt eine Erd- oder Steinsäule stehen, auf welcher gegen Abend ein Lamm festgebunden wird. Sein klägliches Geblök ruft bald den Löwen herbei, der, in raschen Sätzen herzueilend, über die Mauer springt, in die Grabe fällt und nicht mehr herausgelangen kann. Ist er von Hunger ermattet, so wird er entweder gefesselt oder es wird ein Käfig mit einem angebratenen Stück Fleisch herabgelassen, in welchen der Löwe, in der Hoffnung, zu entkommen, hineinläuft (Opp. IV 77–111). Auf diese Art wurden sehr zahlreiche Löwen alljährlich lebendig gefangen, um für Königsjagden und circensische Spiele aufbewahrt zu werden. Daß dieses Verfahren auch in Assyrien bekannt war, zeigt das Relief aus Kujundschik, wo ein stattlicher Löwe aus dem Käfig entlassen wird (O. Keller Ant. Tierw. Fig. 11).

Wolf (λύκος, lupus). Der Wolf, der nächtliche, blutgierige, würgende Räuber, der sich in die vom Hirten versäumte Herde der Schafe und Zicklein stürzt und die Wehrlosen erwürgt (Il. XVI 352), der einzeln feige und heimtückisch, in Rudeln aber so kühn ist, daß er sogar den Hirsch anfällt (Hor. carm. I 15, 30. IV 50) und dann in wilder Gier an seinem Wildbret sich sättigt, bis ‚ihm der Bauch sich dehnt‘, περιστένεται δέ τε γαστήρ (Hom. Il. XVI 156–163), war in klassischer Zeit noch über ganz Griechenland verbreitet und in Italien, besonders in den Sabinerbergen, in Apulien und Samnium von den Landleuten gefürchtet (Verg. Aen. IX 59 und 565. Hor. carm. I 22, 9. 33, 6. III 18, 13. 27, 3; ep. IV 1. VI 2. XII 25. XV 7; sat. II 1, 52. und 55 u. a.). Deswegen waren es hauptsächlich die Hirten, die mit Gift (Akonit und Apokynon), mit Fallen, mit Fang-(Wolfs-)gruben (Hor. ep. I 16, 50: cantus enim metuit foveam lupus) dem Räuber nachstellten, oder keulenbewaffnet, unterstützt von treuen Hunden, den anschleichenden Feind überwältigten. Wegen der oft vorkommenden nächtlichen Kämpfe mit den Wölfen sollten die Hirtenhunde von heller Farbe sein, um dem Hirten die Unterscheidung von Freund und Feind zu ermöglichen. Die Hunde trugen starke, innen mit Pelz, außen mit langen Stacheln versehene Halsbänder als Schutz gegen die Bisse der Wölfe (Abb. bei Rich Illustr. Wörterb. 395). Auch wurden die Wölfe mit Pfeilen geschossen oder wie anderes Wild bei Treibjagden von den Hunden in die Netze getrieben und dort mit dem Jagdspieß getötet (Nemes. venat. 307). Außer den Gebirgen bevorzugt der Wolf weite sumpfige Waldstrecken, wo er in Rudeln oder als Einzelwolf umherstreift (Aelian. VII 47). Im Winter kommt er vorzugsweise in die Nähe von Ansiedlungen, ja er dringt sogar bis in die Städte ein.

Bär (ἄρκτος, ursus). Der Bär, welcher heute noch am Olymp und Pindus vorkommt, war im Altertum, wie in allen Waldgebirgen Mitteleuropas, so auch in Griechenland und in Italien häufig zu [600] finden. Er bewohnte nicht allein die Höhen des Taygetos und das Hochgebirge Arkadiens, Gegenden, die überhaupt reich an Raubtieren waren, sondern auch die attischen Berge, Thessalien, Epirus, Makedonien, Thrakien, Dakien, Pannonien. In Italien waren es besonders Apulien und Lukanien, wo er der Schrecken der Hirten war (Hοr. carm. III 4, 17 und 18; ep. XVI 51. Ov. hal. 58. Plin. VIII 131. Paus. I 32, 1. IΙΙ 20, 4. IV 11, 3. VIII 23, 9. Plut. Pel. 29). Vielfach wurden die Bären mit vergiftetem Köder vernichtet oder in Fanggruben, auch in Netzen gefangen (Ovid. met. II 498). Doch auch die ritterlichere Art, in offener Angriffsjagd den Bären zu erlegen, wurde häufig, auch von Fürsten, geübt. Speerbewaffnete Jäger zu Fuß griffen, unterstützt von mutigen Hunden, den gespürten Bären an, der zwar, vom Menschen nicht gereizt, demselben aus dem Weg geht, gereizt aber ein furchtbarer Gegner wird, der mit seinen gewaltigen Tatzen todbringende Schläge austeilen kann. Junge Bären wurden mit großer Lebensgefahr lebendig gefangen, um als drollige Begleiter hochstehender Personen gezähmt oder zum Kunststückemachen für den Circus abgerichtet zu werden. Gefangene Bären wurden in Rom in Käfigen gehalten, um bei den Tierhetzen in der Arena verwandt zu werden (Hor. epist. II 1, 186. II 3, 472). Seine Wut und seine Gefräßigkeit machten ihn zu einem gefährlichen Gegner. In Armenien und am Tigris, gewiß auch in anderen Gegenden, vereinigten sich die Bärenjäger zu einer Art Treibjagd. In den unzugänglichen Schluchten des Hochgebirges, in welchen sich die Bären vorzugsweise aufhalten, wird von einem kundigen Jäger mit angekoppelten Hunden zuerst die Höhle des Bären gespürt. Hat er sie gefunden, so vereinigt er sich wieder mit der übrigen Jagdgesellschaft, und nun werden an allen Zugängen starke Fallnetze, bei denen sich je zwei Netzwärter versteckt halten, aufgestellt. In weitem Bogen vorrückend, ein starkes Seil mit Blendzeug vorantragend, begeben sich die Treiber nach der Höhle, während sich die Jäger dicht neben der Höhle unter Laub und Gebüsch verstecken und den Bären durch laute Trompetentöne zum Verlassen seines Schlupfwinkels reizen. Kommt er heraus, so wird er gleichzeitig von beiden Seiten angegriffen und durch fortwährendes Schwingen des Seiles in Schrecken versetzt. Blindlings stürzt er bergab, einen Ausweg suchend. Die lärmende Schar zieht ihm nach und treibt ihn den Netzen entgegen, in denen er sich verstrickt. Dann springen die Netzwärter vor und werfen ihm neue Netze über (Opp. IV 354–425). Bei Homer wird die Bärenjagd nicht erwähnt, doch bildete der Bär mit Löwe und Eber zusammen die Verzierung des in Gold getriebenen Wehrgehenks des Herakles (Od. XI 611). Darstellungen der J. auf Bären: Fries vom Nereiden-Monument bei Xanthos in Lykien (jetzt Brit. Museum). Drei berittene Jäger mit starkem Hund greifen einen starken Bären an, dessen täppische Bewegungen gut wiedergegeben sind (Collignon Gesch. d. gr. Pl. II Fig. 39). Wandgemälde der Casa della Caccia zu Pompeii: Speerbewaffnete Jäger zu Fuß, von großen Hunden begleitet, greifen den Bären, der sich unter anderem Jagdwild befindet, an; Relief des Konstantbibogens; [601] Traian zu Pferde, einen Bären bekämpfend (O. Keller Tiere des klass. Altert. Fig. 29 und S. 373). Die Veranlassung zur Erbauung der Stadt Adrianotherae in Mysien soll eine erfolgreiche Bärenjagd gewesen sein, welche Kaiser Hadrian an jener Stelle abgehalten hatte (Hist. Aug. Hadr. 20).

Fuchs (ἀλώπηξ, vulpes). Füchse, die den Hühnern, Hasen, Lämmern und Hirschkälbern gefährlich werden, gab es, wie überhaupt in Europa, überall in Griechenland und Italien, doch fehlte der Fuchs auf den meisten Inseln, sogar auf dem an Gebirgen reichen Kreta (Xen. cyn. V 4,24. Plin. VIII 103 und 228. Aelian. VI 24). Freilich deutet der Name zweier kleiner Inseln 1. Alopece insula (Plin. IV 87), Ἀλωπεκία καὶ Ταναὶς νῆσος (Ptolem. III 5, 16), auch Μαιῶτις genannt, eine im Delta des Don gelegene kleine Insel, sowie 2. eine kleine Insel Ἀλωπεκή an der Westküste Kleinasiens unweit Smyrna (Plin. V 138) darauf, daß auf diesen 2 Eilanden jedenfalls der Fuchs heimisch war. Besonders zahlreich traten die Füchse in Thrakien und Böotien auf (Plin. VΙΙΙ 103. Aelian. VI 24); böotische Landleute handelten mit Fuchspelzen auf dem Markte Athens. Da der Fuchs vermöge seiner ungewöhnlichen Schlauheit (Hor. ep. I 1, 73 volpes cauta; sat. II 3, 18 astuta. Aelian. XIII 11) nicht leicht in die ihm gestellten Fallen und Netze geht, sondern Stricke zu durchnagen und Schlingen zu lösen versteht, so wurde er meistens mit Hunden im Treibjagen gehetzt. Zwar ist er schwächer als die Hunde, wehrt sich aber lange durch wütendes Beißen, bis er überwältigt wird (Opp. IV 448–452). Auch das Legen von Gift und das Umstellen des Fuchsbaus mit Blendzeug und Netzen war gebräuchlich. In Indien wurden Füchse mit Hilfe abgerichteter Raubvögel gejagt, welche jene mit großer Geschicklichkeit fingen und dem Jäger brachten, der ihnen zur Belohnung und Aneiferung die Eingeweide überließ (Aelian. IV 26). Hauptsächlich wurde dem Fuchs wegen seiner Schädlichkeit, sodann wegen seines Pelzes, der bei den Böotern, Thrakern, Skythen und Kelten zu Mützen verarbeitet wurde, nachgestellt (Her. III 75). Das Fleisch, welches im Herbst infolge der vielen genossenen Trauben ein gewisses Aroma haben sollte, wurde von den kleinasiatischen Griechen verspeist, von den Römern verachtet (Gal. VI 665). Etruskisches Sandsteinrelief aus Chiusi, Brit. Mus.: Drei Männer, von denen der erste zwei erlegte Füchse an einem Stock über der Schulter, der zweite einen Knotenstock, der dritte einen Sack (für die Netze) und einen Speer trägt, kehren von Hunden begleitet von der Fuchsjagd heim (O. Keller Tiere d. kl. Alt Fig. 38); Tonschale nach Panofka bei Manns und O. Keller Fig. 37: Fuchs im Tellereisen gefangen, herbeieilender Satyr will den Fuchs mit der Keule totschlagen.

Panther (Leopard, πάρδαλις, πάρδαλος, πάρδος, πάνθηρ, pardalis, pardus, panthera, leopardus). Der Panther, häufig als Attribut der asiatischen Artemis dargestellt, war wegen seines schön gezeichneten Felles, welches Helden zum Schmuck der Schultern umlegten (Hom. Il. III 17 und X 29) eine begehrte Jagdbeute. Der Anmut seiner Bewegungen, seiner ausdauernden Kampfeswut und seiner Blutgier wegen wurde er [602] zu Hunderten und Tausenden lebendig gefangen, um bei den Kampfspielen im Cirkus verwendet zu werden (Hist. Aug. Prob. 19). Panther fanden sich besonders zahlreich in Kleinasien, und zwar in Kilikien, Karien und Pamphylien, auch in Armenien, Syrien, Assyrien, Babylonien und Persien, sowie im nördlichen Afrika. In Assyrien und Babylonien wurden sie von altersher in Käfigen gehalten, um gelegentlich der königlichen J. in die Tiergärten gesetzt zu werden. So war es selbstverständlich, daß sie, ebenso wie die Löwen, zu den Ehrengeschenken gehörten, welche dem siegreichen, jagdliebenden Alexander bei der Übergabe Babylons gespendet wurden. Man jagte den Panther zu Fuß oder zu Pferde entweder, wie in Ägypten, mit Pfeilen oder mit dem Wurfspieß. Das mutige Tier fürchtet weder die Hunde, noch die todbringende Lanze; schon durchbohrt, versucht es immer wieder, den Jäger anzunehmen (Hom. Il. XXI 572. Aelian. XVII 43). Vergiftet wird der Panther mit Akonitum, welches daher auch τὸ παρδαλίαγχες (Aristot. hist. an. IX 43), pardalianches (Plin. XXVII 7) heißt. Wie alle Raubtiere wurden sie gefangen in Fanggruben, welche kleiner und weniger fest als die für Löwen angelegt wurden. Auch genügte statt der Stein- oder Erdsäule eine solche aus Holz, auf welcher ein Zicklein oder ein kläglich heulendes Hündchen festgebunden wurde (Opp. IV 212–230). In Nordafrika, woher besonders viele Panther für die römischen Spiele bezogen wurden, fing man sie in kistenartigen, steinernen Behältern, in welche ein Stück fauliges Fleisch gehängt wurde. Zerrte der Panther an dem Fleisch, so klappte die Falltüre zu (Aelian. XIII 10. O. Keller Tiere des klass. Altert. Fig. 32 und Rich 678 geben die Abbildung eines solchen Fangkastens nach einer Freske aus dem Grabmal der Nasonen bei Rom. Letzterer erklärt allerdings das Bild als Käfig mit Spiegel, in welchem Raubtiere gefangen wurden. In der Tat scheint der anspringende Panther sein Spiegelbild zu sehen). Auch die Vorliebe des Panthers für starken Wein soll zu seiner Überlistung benutzt worden sein (Opp. IV 320–354). Jedenfalls suchten die Alten, wenn möglich, sich des schönen Tieres lebend zu bemächtigen, da es, abgesehen von seiner oben erwähnten Verwendung im Circus, seiner leichten Zähmbarkeit wegen als Begleiter oder als Jagdgehilfe geschätzt war. Gezähmte Panther, die wie Hunde mit dem Menschen verkehren, finden sich auf Skulpturen, Wandgemälden und Vasenbildern Ägyptens, Assyriens, Griechenlands und Roms häufig abgebildet (z. B. im Gefolge des Bakchos). Besonders war es der afrikanische und indische Gepard, jene kleiner und schlanker gebaute Pantherart, der, gleich dem Jagdhunde, mit schönem Halsbande geziert, von ägyptischen und asiatischen Herrschern zur Hirsch- und Antilopenjagd mitgeführt wurde. Ob die Annahme des Aristoteles (IX 43), des Plinius (VIII 62) und des Aelian (V 40), der Panther vermöge kraft eines ihm eigentümlichen Wohlgeruchs das Rotwild anzuziehen, dem er dann aus dem Dickicht heraus auf den Nacken springe, auf Wahrheit beruht, mag dahingestellt bleiben.

Ebenfalls als Schädiger des Wildbestandes wird der in Griechenlands Wäldern ziemlich [603] häufige europäische Luchs, λύγξ (Xen. 11. Opp. III 85), lynx erwähnt, dem, wie allem Raubwild, nachgestellt wurde. An Größe dem Wolfe, im Felle dem Pardel ähnlich, zeichnete er sich durch besonders scharfes Auge aus und stellte hauptsächlich den Hirschen nach (Plin. VIII 84).

Nicht eben häufig, aber auch in den Waldungen Griechenlands, Italiens und Kleinasiens vertreten erscheint die Wildkatze, αἴλουρος (Aristot V 10. VI 184), felis, die hauptsächlich den Hirsch- und Rehkälbchen nachstellt. Der Jäger spießt die im hohlen Baumstamm dräuende Katze mit langem Speere auf (Nemes. Yen. 55 und 56).

Der Tiger, τίγρις (Aristot. VIII 167), tigris, von Xenophon (XI 1) nicht erwähnt, blieb dem europäischen Griechenland bis zur Zeit Alexanders d. Gr. ein unbekanntes ‚indisches Tier‘. Die Eingeborenen Innerasiens suchten dem ‚windschnellen‘ Raubtier (Opp. III 340. Plin. VIII 65) mit List beizukommen und es lebend ihrem Herrscher als Tribut darzubringen (Aelian. XI 14). Alexander erhielt gebändigte Tiger von den Indern am Hydraotes. Die undurchdringlichen Dschungeln am Ganges, Indus und auf Ceylon sollen Schlupfwinkel zahlloser Tiger gewesen sein (Plin. VI 73 und 91). Berittene Jäger suchten in Abwesenheit der Mutter die Jungen zu rauben. Folgt die Tigerin, so wird ihr ein Junges zugeworfen; während sie sich bemüht, es zum Lager zurückzutragen, entkommen die Jäger (Plin. VIII 66). Die die Spur wütend verfolgende Alte wird dann meist in Netzen gefangen; männliche Tiger, welche sich um die Brut nicht kümmern, sieht man selten (Opp. III 340–363). Abbildung vom Grabmal der Nasonen: Drei berittene Jäger und einer zu Fuß, durch große Schilde gedeckt, haben ein Tigerjunges geraubt; von drei großen Tigern verfolgt flüchten sie in ein bereitstehendes Boot (O. Keller Tiere d. kl. Altert. Fig. 30). Der erste lebende Tiger soll unter Augustus nach Rom gebracht worden sein, wo er bei der Einweihung des Theaters des Marcellus im J. 11 v. Chr. Aufsehen erregte (Plin. VIII 65).

Jägerlatein. Wenn Aelian (hist. an. XIII 12) die jeder Erfahrung widersprechende Behauptung, daß der männliche Hase Junge werfen kann, mit der Einleitung versieht, er wisse es von einem durchaus glaubwürdigen Jäger, dessen Wahrheitsliebe zu mißtrauen er sich nicht entschließen könne, so ist ersichtlich, daß eine gewisse Art des Aufschneidens schon dem Jäger des Altertums eigentümlich war. Spuren hiervon sind bei den verschiedensten Jagdarten zu finden.

a) Hase: Einem halbtoten männlichen Hasen, dessen geschwollener Bauch auffiel, wurden drei Junge herausgeschnitten. Anfangs wie erstarrt, erholten sie sich unter den belebenden Strahlen der Sonne, gaben ihre Lust nach Nahrung zu erkennen, wurden mit Milch gefüttert und als Gegenstand größter Bewunderung aufgezogen (Aelian. XIII 12).

b) Hirsch: Man hat Hirsche gesehen, an deren Geweih Efeu grünte (Arist. IX 38).

c) Wildsau: Die Stoßzähne eines vor Wut rasenden Keilers sind so glühend, daß sie den angreifenden Hunden die Haare versengen. Auch beim erlegten Keiler strahlen sie noch solche [604] Hitze aus, daß daraufgelegte Haare sich sofort kräuseln (Xen. cyn. X 10). Es ist nötig, daß die Schweinsfeder einen starken eisernen Aufhalter habe, damit der Eber in seinem Grimm sich nicht völlig hineinrenne (Xen. X 22).

d) Wildziege: Die Wildziegen auf den hohen Bergen verfügen über ungeheure Schnelligkeit und Sprungkraft. Sie stützen sich auf ihre gewaltigen Hörner und schwingen sich wie von einer Wurfmaschine geschleudert von Felsen zu Felsen (Plin. VIII 214).

e) Wildstiere: Der verfolgte, verwundete Wisent verteidigt sich durch Ausschlagen und dadurch, daß er seinen Kot den andringenden Hunden entgegenschleudert. Er vermag dies auf eine Entfernung von vier Klaftern wiederholt zu tun. Der Kot ist so ätzend, daß er die Haare der Hunde wegbrennt (Arist. IX 234).

f) Panther: In Libyen bemächtigen sich die Jäger der Panther auf eigenartige Weise: In eine im Wüstensande spärlich rieselnde Quelle, an welcher die Panther gewöhnlich in der Morgendämmerung ihren Durst löschen, werden nach Eintritt der Dunkelheit etwa 20 Krüge stark duftenden alten Weines gegossen. Die ‚Wein gern kostenden‘ Panther eilen herbei, berauschen sich, hüpfen taumelnd umher und fallen betrunken nieder. In diesem Zustande werden sie von den in Decken gehüllt auf der Lauer liegenden Jägern leicht überwältigt (Opp. IV 320. 354).

g) Jagdbetrieb: Die Netze vom besten kumanischen Flachs, welche so stark sind, daß man Wildsauen damit fängt, sind gleichzeitig so fein, daß sie samt den Schnüren durch den Ring eines Mannes gezogen werden können, und daß ein Mann so viele zu tragen vermag, als nötig sind, ein ganzes Revier (saltus) zu umstellen (Plin. XIX 11).

Arrians keltische Hündin Horme nahm es in ihren besten Jahren mit vier Hasen auf einmal auf (Arrian. V).

Literatur: Fr. Lauchert Das Weidwerk der Römer, Progr. Abh. Rottweil 1848. M. Miller Das Jagdwesen der alten Griechen und Römer, München 1883. O. Manns Über die Jagd bei den Griechen, Progr. Abh. Cassel I–III 1888, 1889 und 1890. A. Seidensticker Waldgeschichte d. Altertums. 2B. Frankfurt a. O.1886. O. Lenz Zoologie der alten Griechen und Romer. Gotha 1856. O. Keller Tiere des klassischen Altertums, Innsbruck 1887; Die antike Tierwelt, Leipzig 1909. R. Johannes De studio venandi apud Graecos et Romanos, Göttingen 1907. A. Rich Illustriertes Wörterbuch der römischen Altertümer, Paris und Leipzig 1862. Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- u. Pflanzenbilder auf Münzen und Gemmen des klassischen Altertums 1889. S. Reinach Répertoire de vases peints grecs et étrusques, Paris 1899. Collignon Geschichte d. griechischen Plastik, deutsch von Baumgarten. C. Boetticher Baumkultus der Hellenen, Berlin 1856.

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