RE:Litra

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Röm. Gewichts- und Münzbezeichnung vgl. Libra Nr. 2 Pondo
Band XIII,1 (1926) S. 784786
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Litra, das griechische Äquivalent für lat. libra = Pfund (s. den Art. Pondo), und daher in der Spätzeit für das römische Pfund gebraucht (Hultsch Metrologici scriptores II 190 im Index s. v. Ziff. 1–5, und zahlreiche Gewichtsstücke mit der Aufschrift Λίτρα, Λείτρα), ursprünglich aber in Sizilien eine eigene Gewichtsgröße; als Münzeinheit ist die L. (das folgende meist nach Willers Rh. Mus. N. F. LX 345–356) – nach Aristoteles bei Pollux IX 81 = Hultsch Metr. scr. I 292, 14f. (vgl. IV 174 = Metr. scr. I 298, 5f.) τὸ μέντοι δεκάλιτρον δύνασθαι μὲν δέκα ὀβολούς, εἶναι δὲ στατῆρα Κορίνθιον, wobei die Gleichung von Obol und Litra (kurz vorher schon als δύνασθαι δὲ τὴν λίτραν ὀβολὸν Αἰγιναῖον auftretend), nur eine rohe Angleichung zu besserem Verständnis des späten Lesers ist – ein Zehntel des korinthischen Staters (s. den Art. Dekalitros Stater o. Bd. IV S. 2413, jetzt durch Willers’ Arbeit überholt, und Art. Korinthischer Münzfuß o. Bd. XI S. 1398), der zu Aristoteles’ Zeit in Sizilien stark umlief und von Leontinoi und Syrakus nachgeprägt wurde; nach dem Durchschnitt von 13 aus Syrakus im Brit. Mus. Cat. gr. coins. Corinth S. 98f. kommt er in praxi auf 8,6 (genauer 8,57) g, die L. danach also auf 0,86 g, (das Durchschnittsgewicht von den 25 Berliner Exemplaren derart, von zwei oxydierten abgesehen, beträgt 8,48 g (der Maxima 8,65 und 8,80! g), in der Litra also 0,85 g); berechnet man die L. aber nach dem Damareteion (s. o. Bd. IV S. 2032), das von Diodor XI 26, 3 als = 10 attischen Drachmen und zugleich als Πεντηκοντάλιτρον bezeichnet wird, so kommt sie (s. Willers S. 347) auf 0,87 (genauer 0,868) g [für Sizilien besteht also kein merklicher Unterschied zwischen attischem und korinthischem Fuß; [785] wiegt doch ein syrakusanischer Stater des korinthischen Typus im Brit. Mus. Cat. S. 98 nr. 7 sogar 8,71 g, steht also auf einer in der Prägung Athens selbst damals kaum je erreichten Höhe. Die beachtenswerten Bedenken also, die Viedebantt Philol. LXXIX 298ff. gegen die Identität des attischen und des korinthischen Fußes geäußert hat, treffen für Sizilien nicht zu]. Das sizilische Kupferpfund nun, als dessen Wertäquivalent diese kleine Silber-L. eben diesen Namen trug, errechnen wir mit Willers gleichfalls aus einer Nachricht des Aristoteles bei Poll. IX 87 (Hultsch Metr. scr. I 294, 22–24, vgl. auch S. 300, 1–3 aus Apollodors Werk über Sophron): τὸ μέντοι Σικελικὸν τάλαντον ἐλάχιστον ἴσχυεν, τὸ μὲν ἀρχαῖον, ὡς Ἀριστοτέλης λέγει, τέτταρας καὶ εἴκοσι τοὺς νούμμους, τὸ δὲ ὕστερον δυοκαίδεκα [was folgt, δύνασθαι δὲ τὸν νοῦμμον τρία ἡμιωβόλια, bezieht sich nicht mehr auf denselben Nummos, deren 24 bezw. 12 = 1 Talent seien, sondern auf den späteren, den römischen Nummus = Sesterz, Willers 351f., vgl. Klio VI 504 Anm. 4], indem wir im Nummos eben den korinthischen Stater zu 10 L. erkennen und in der älteren L. also 1/240 des (attischen, der sizilischen Silberprägung stets zugrundeliegenden) Talentes: dies wog 80 römische Pfund, also, dies zu 327,45 g angenommen (ich bleibe bei diesem alten Ansatz, vgl. den Art. Solidus) = 26,196 kg, das sizilische Kupferpfund (Kupfer-L.) also war = ⅓ römisches Pfund = 109,15 g. Unter den uns erhaltenen Bronzemünzen können wir tatsächlich in Lipara eine L. etwa dieses Gewichtes (die Stücke bis zu 108,03 g) nachweisen (Willers 354f.). [Auch die Bronzemünzen von Kroton mit der Aufschrift ΤΡΙᾶς?, im Durchschnitt 27,38 g wiegend, also auf ein Pfund von 109,52 g führend (Giesecke Sicilia numismatica 1923, 71), könnten hierhergehören; doch entsteht folgende Schwierigkeit: Unter einem τριᾶς müßte man sprachlich doch den Triens, d. h. ⅓ der großen Einheit, verstehen; aber nach den beiden Stellen aus Aristoteles’ Ἱμεραίων πολιτεία, so wie wir sie bei Poll. IX 81 und IV 175 lesen (Metr. scr. I 292, 7–13 und 298, 2–5, vgl. S. XX): ἑξᾶντα ὅπερ ἐστὶ δύο χαλκοῖ, καὶ τριᾶντα, ὅπερ τρεῖς, und τοὺς μὲν δύο χαλκοῦς ἑξᾶντα καλοῦσι, τὸν δὲ ἕνα οὐγκίαν, τοὺς δὲ τρεῖς τριᾶντα, hat Aristoteles den sizilischen τριᾶς als = 3 οὐγκίαι = ¼ der Einheit (also Quadrans) bezeichnet. Nur dazu passen auch jene Bronzemünzen von Kroton. – Giesecke hat in dem eben genannten Werke eine ältere (Silber-)L. von 1,164 g angenommen, die sowohl der etruskischen Prägung wie der älteren der euböischen Gründungen an der Nordküste Siziliens nebst Rhegion zugrunde läge als ⅕ der dortigen größeren Münze. Aber der Deutung des auf Münzen von Himera als 5 ίτραι (Giesecke 5. 7. 8) kann ich sowohl aus epigraphischem Grunde wie auch, weil sonst nie auf griechischen Münzen des 6.–4. Jhdts. Wertziffer und Münzsorte genannt wird, nicht zustimmen, die Beziehung des der kleinen Münzen von Himera auf eine L. von 1,164 g (Giesecke 8) wird durch deren nie über 0,97 g kommendes Gewicht nicht gerechtfertigt, und die Aristotelesstelle über die L., als einem äginetischen Obol entsprechend, kann er (S. 5) nur durch eine Gewaltsamkeit auf Himera [786] beziehen, und was er S. 15 zur Erklärung einer Sorte von Rhegion sagt, der einzigen von ihm beigebrachten, die wirklich zuweilen bis auf 1,14 g kommt, aber auch bis auf 0,85 g sinkt, befriedigt gleichfalls nicht. Eine ausführliche Stellungnahme zu dem Werke als ganzem kann indessen hier nicht erfolgen]. Alle sonstigen sizilischen Prägungen schwerer Bronzemünzen, die wir durch Wertzeichen metrologisch festlegen können, sind infolge von Reduktionen, Abknappung am Münzfuß oder als Kreditmünzen erheblich unter diese ursprüngliche Norm gesunken. – Das Wertverhältnis von Silber zu Kupfer war bei dieser L. also (109,15 : 0,87) = 125 : 1. – Die L. von normal 0,87 g, in praxi fast stets etwas tiefer, ist uns in Silber von etwa 20 sizilischen Städten im 6. und 5. Jhdt. v. Chr. erhalten (Head HN² 118ff.), in Akragas auch mit der Wertaufschrift ΛΙτρα, dort auch ein ΠΕΝτάλιτρον, in Syrakus von dem im Gewichte so nahestehenden Obolos, normal 0,72 g, durch das Münzbild der Rückseite (L.: Oktopus; Obol: Rad; vgl. Lederer Berl. Münzblätt. 1913, 493ff.) geschieden. Wie das römische Pfund zerfiel sie, vgl. die oben aus Aristoteles ausgeschriebenen Belege, in 12 Unzen (ὀγκία, οὐγκία), die dieser für seine Leser mit χαλκοῦς paraphrasiert; die Unze (in Eryx einmal als ΟΝΚΙΑ bezeichnet), der ἑξᾶς (s. o. Bd. VIII S. 1387) = 2 Unzen mit zwei Wertkugeln, der τριᾶς = 3 Unzen (s. o.) mit dreien, das Hemilitron (s. o. Bd. VIII S. 246) = 6 Unzen mit sechs Wertkugeln sind in Silber sowohl wie Bronze von vielen sizilischen Städten vom 6.–4. Jhdt. v. Chr. ausgeprägt worden.

Nachträge und Berichtigungen

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Band XIII,1 (1926) S. 12871288
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Zu S. 784–786: Fortsetzung des Art. Litra:

Seit dem Aufkommen der Kupferprägung nach Mitte des 5. Jhdts. prägt man die Teil der L. mehr und mehr in Kupfer (Bronze) aus und versieht sie mit der entsprechenden Zahl von Wertkugeln, statt deren später auch Zahlen ( = πέντε oder = 5, = 4) oder Striche treten; das Gewicht wird öfter reduziert: von einer ersten Veränderung, wodurch 12 statt 24 νόμοι, also 120 statt 240 L. aufs Talent gingen, berichtet Poll. IX 87 aus Aristoteles; man setzt sie, ohne daß von einer wirklichen Klärung der Frage gesprochen werden könnte, unter Dionysios I. an, Evans Numism. chron. 1894, 223ff. Willers 354; dann sinkt sie allmählich immer tiefer, doch sind Ausmaß, Verlauf und Gründe dieser Herabsetzungen noch nicht erforscht; die späteren hängen gewiß direkt mit den Reduktionen des römischen As im 3. Jhdt. v. Chr. zusammen, über die zu vgl. Art. Semis o. Bd. II A S. 1348; es konnte eben auch hier das Kupfer die gleichberechtigte Stellung als Währungsmetall neben dem Silber nicht lange behaupten und sank zur Kreditmünze herab. – Die verschiedenen in Kupfer wirklich ausgeprägten, mit Wertzeichen des L.-Systems versehenen Teile der L. (zu den sizilischen Städten tritt Rhegion) s. bei Head HN² 111f. 119. 121–123. 130. 134–135. 139. 142. 150–151. 155–156. 158–159. 161. 164. 169–170. 175.

Auf das großgriechische Festland hat [1288] die L.-Rechnung, von den durchaus von der sizilischen Prägung direkt abhängigen Beispielen in Rhegion und bei den Brettiern (Regling Ianus I 1921 [Festschr. Lehmann-Haupt] 87 Anm. 1) abgesehen, in alter Zeit nicht übergegriffen, außer nach Tarent, wo Zehntel sowohl des Gold- wie des Silberstaters vorkommen (Head 55. 58. 67; über die Wertkugeln auf Kleinsilber von Tarent höchst unsicherer Deutung s. Head 67, ein Trias mit Τ und 3 Kugeln Head 55); die in der späten Kupferprägung Unteritaliens auftretenden Wertkugeln usw. beziehen sich vielmehr auf das römische Assystem. Wenn dann aber in der römisch-kampanischen Silberprägung des ausgehenden 4. Jhdts. v. Chr. zuerst einmal das Zehntel eines Silberstaters in Silber ausgeprägt wird (Willers Kupferpr. 31 Taf. II 2 = Bahrfeldt Riv. ital. di num. 1900, 33 nr. 31 Taf. I 26), wenn spätere Ausgaben dieser Stateren (Kredit-?)Kupfermünzen hinter sich haben, die vielleicht ihr Zehntel darstellen, und wenn schließlich zu ihren Nachfolgern, den quadrigati, Kupfersorten mit Wertkugeln gehören, die auf eine kupferne libella (s. d.) vom Zehntelwerte des den quadrigati zugrunde liegenden scripulum (s. d.) führen, so haben wir hier wohl sizilischen Einschlag vor uns, der dann in der Zehntelung der oberen Silbereinheiten im Rechnungswesen sich fortsetzt (darüber s. den Art. Libella) und in der Verwendung der Redensart libella argenti gerade bei Plautus und in Ciceros Verrinen deren Lokalkolorit verrät.


Schluß des fünfundzwanzigsten Halbbandes

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Band R (1980) S. 158
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Litra

Röm. Gewichts- und Münzbezeichnung. XIII 1287; vgl. XXIV 652,10ff. IX A 614,39ff. 641,8ff. Libra Nr.2 (XIII 116). Pondo (S XIV 443).