Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde/IV. Gebete an Kranken-, Sterbe- und Todtenbetten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« III. Gebete für Sterbende Wilhelm Löhe
Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde
Register nach dem Alphabet
V. Alte Reimgebete »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
IV.
Gebete
an
Kranken-, Sterbe- und Todtenbetten.


1. Aufforderung zum Gebet für den Kranken. 169.
2. Um Genesung des Kranken. 170.
3. Sonderlich um geistliche Segnungen des Kranken. 171.
4. Herr, wie du willst, nur seliglich. 172.
5. Den Kranken zu einem seligen Ende Gott zu empfehlen. 173.
6. Fürbitten für Sterbende. 174–181.
7. Wenn der Sterbende in den letzten Zügen liegt. 182.
8. Der Seelsorger am Krankenbette:
 a. Krankenbesuch. 183. 184.
 b. Einsegnung des Sterbenden. 185–191.
9. Wenn ein Christ verschieden ist. 192. 193.
10. Trostgebet über unsre Seligverstorbenen. 194.
11. Um eine selige Nachfahrt. 195.
12. Anhang.
 a. Tröstung an Kindergräbern. 196.
 b. Bei Beerdigung todtgeborner Kinder. 197.


|
Betet für einander, daß ihr gesund werdet.
Der Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.
Jacob. 5, 16. 


|
1.
Aufforderung zum Gebet für den Kranken.
 169. Liebe Brüder, der Herr hat uns die Verheißung gegeben und treulich versprochen: „wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen, da wolle er mitten unter ihnen sein, und alles, warum sie bitten, des wolle er sie gewähren“. Auf diese Verheißung hin vermahne ich euch aus brüderlicher Liebe und Pflicht, daß ihr mit mir wollet Gott den Allmächtigen ernstlich helfen anrufen und bitten, daß er unsern lieben Bruder (unsre liebe Schwester), den (die) er hier gefangen hält, mit seiner Gnade ansehen wolle und seine Krankheit wenden ihm zur Ehre, unserm Bruder aber zum Heile seiner Seele. Der ewige, barmherzige Gott wolle ihm auch| Geduld und Gnade verleihen, daß er möge beständig sein bis ans Ende und ritterlich streiten in wahrem, festem Glauben wider alle Arglist des bösen Feindes in seinem letzten Abscheiden aus diesem Jammerthal. Welche das begehren, die sprechen ein Vaterunser und glauben fest, es werde unser Gebet erhöret und ja sein, wie uns denn Christus versprochen hat: „Alles, was ihr bittet im Gebete, glaubet ihrs, so werdet ihrs empfangen“.


2.
Um Genesung des Kranken.
 170. Allmächtiger, gütiger Gott und Vater, der du uns allein schlägst und heilest, tödtest und lebendig machst, zur Hölle führest und wieder heraus, der du dies alles richtest, daß es deinen Kindern zum ewigen Heile| dienen muß: wir bitten dich, o Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, gib diesem deinen Sohne solches gründlich zu erkennen, damit er sich von ganzem Herzen zu dir kehre und diese deine väterliche Zucht zu wahrer Beßerung aufnehme. Verleihe, daß er herzlich, mit festem Glauben faße, daß dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, für unsere Sünden gestorben und um unserer Gerechtigkeit willen von den Todten wieder auferwecket ist, und auch uns, seine Glieder, durch sein Leiden und Sterben von Sünden zur Gerechtigkeit, von allem Ungemach zu der seligen Ruhe, vom Tode zum Leben einführen wolle. Wende auch deine Augen von seinen Sünden, laß es genug sein mit dieser Ruthe und nimm hin oder mildere doch wenigstens diese seine Krankheit und Schmerzen, auf daß er dich darum und um alle deine Wohlthaten in deiner heiligen Gemeinde loben und preißen möge und hinfort all sein Leben also anstellen, daß dein Name durch ihn immer geheiligt, dein Reich gemehrt werde,| und alles nach deinem guten Willen geschehe auf Erden wie im Himmel. Durch unsern Herrn Jesum Christ! Amen.


3.
Sonderlich um geistliche Segnungen für den Kranken.
 171* Allmächtiger, ewiger, gütiger Gott, der du unter vielen andern Züchtigungen auch durch mancherlei Krankheit und durch das Siechbette unser Fleisch zu zähmen pflegst und damit seine Sicherheit dämpfest, es erinnerst des bösen Lebens und seines Endes, auch des Todes durch seine Vorboten und Schmerzen, dazu deines Gerichtes, des jüngsten Tages und ewigen Lebens Gedächtnis bei dem Fleische aufrichtest: wir bitten dich für diesen Kranken, du wollest gnädiglich um Jesu Christi, deines lieben| Sohnes, unsers Herrn willen, nicht mit ihm nach der Schärfe deines Gerichtes oder seinem Verdienste nach handeln, sondern Gnade und innerliche Stärke verleihen, damit er diese deine väterliche Heimsuchung willig annehme, mit Geduld trage, sich gegen dich gehorsam darin halte und leide. Stehe ihm bei in aller Anfechtung. Sei sein Schutz und Schirm in allen Nöthen, und sonderlich wenn sich sein Gewißen vor dir aufthun und die Sünde seines Herzens ihn vor dir verklagen wird. Schenke ihm, gieße aus über ihn mildiglich die Frucht der Marter und des Leidens deines Sohnes, welcher gewiß unsere Krankheit getragen und unsere Strafe auf sich genommen hat, da er für uns zur Sünde geworden, für unsre Sünde gestorben ist, und zur Abwaschung derselben sein theures Blut hat vergoßen und darnach vom Tode auferstanden ist, auf daß er unsre Gerechtigkeit und unser vollkommener Heiland würde. Laß ihn solcher deiner unermeßlichen Gabe, dazu so manchfaltiger,| unzählicher Wohlthat deines Sohnes genießen. Verleihe, daß er sei im rechten Glauben zum stäten Trost im Ungestüm der Sünden, zum starken Schilde wider allen Anlauf des bösen Geistes und zum Harnisch, damit er durch den Tod ins Leben dringe und zur ewigen Genesung. Wir befehlen ihn dir ganz, himmlischer Vater. Mach ihn gesund, denn er ist krank. Hilf ihm, denn er ist schwach. Richt ihn auf, denn er liegt darnieder. Wasche ihn, denn er bekennt seine Ungerechtigkeit. Heile ihn, denn er ist verwundet. Stärke ihn, denn er ist furchtsam. Und weil du alles kannst und vermagst, so sättige ihn, denn er klagt über Hunger und Durst. Nimm ihn auf, denn er will zu dir kommen. Mach ihn beständig in allem deinen Willen. Verzeih ihm alles, womit er deinen Eifer und Zorn verdient hat. Gib ihm für den Tod das Leben. Das aber alles durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn, welcher zum Trost und Vorbild allen Sündern den Schächer am Kreuz| mit sich ins Paradies hat eingeführt, welcher mit dir lebt und regiert in Einigkeit des heiligen Geistes, ein wahrer Gott in alle Ewigkeit. Amen.


4.
Herr, wie du willst, nur seliglich.
 172.* O allmächtiger, himmlischer Vater, der du unsern Athem und Leben in deiner Hand hast, du schlägst und heilest, du tödtest und machst wieder lebendig. Du hast uns ein gnädiges Wort gegeben durch David, daß du uns erhören wollest, wenn wir dich in unserer Noth anrufen, und durch Christum, deinen lieben Sohn, hast du uns verheißen: wo zween unter uns Gläubigen eins werden auf Erden, warum es ist, das wir bitten, das soll uns gewiß widerfahren. Darum bitten wir dich, allerliebster| Vater, für diesen kranken Menschen, du wollest dich seiner gnädig erbarmen und ihm zuerst alle seine Sünde verzeihen, denn bei dir, Herr, ist viel Gnade und viel Erlösung. Und weil er vor Schmerz und Blödigkeit des mündlichen Trostes nicht wohl fähig ist, so tröste ihn du selbst mit deinem heiligen Geiste im rechten Glauben und erscheine ihm, so es anders dein göttlicher, wohlgefälliger Wille ist und zu deiner Ehre und zu seinem Heile dienet, auch mit leiblicher Hilfe, wie du wohl thun kannst; denn dir ist niemand zu krank und schwach, daß du ihm nicht helfen könntest; du kannst auch die Dinge rufen, die nicht sind, daß sie sein müßen. So es aber dir, lieber Gott, anders gefällt und du sein Leben von ihm aufräumen willst, wie eines Hirten Hütte, und ihn heimholen; so stärke doch seine müde Seele wider alle gefährliche Anfechtung; mildere und verkürze ihm seine großen Schmerzen und laß ihn in deinem Frieden selig entschlafen. Gib und| verleihe, daß sein letzter Tag auf Erden der erste sei in deinem Reiche und ein Anfang des ewigen Tages – durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, auf dessen Namen und Verdienst dieser dein Knecht getauft ist! Amen.
5.
Den Kranken zu einem seligen Ende Gott zu empfehlen.
 173. O allmächtiger, gütiger Gott, dessen Eigenthum wir sind durch Jesum Christum im Leben und im Sterben: wir bitten dich, du wollest die Augen deiner väterlichen Güte und Barmherzigkeit wenden zu diesem kranken (sterbenden) Menschen, ihm zuvor alle Sünden aus Gnaden vergeben und ihn an Seel und Leib mit Trost und Hilfe wieder erquicken. Nimm, o Herr,| das Opfer des unschuldigen Todes Jesu Christi, deines lieben Sohnes, für die Bezahlung seiner Missethat, denn er auch auf seinen heiligen Namen getauft und mit seinem theuern Blute gewaschen und gereinigt ist. So errette ihn nun von des Leibes Pein und Marter; verkürze ihm seine Schmerzen, erhalte ihn wider die Anklage seines Gewißens und wider alle Anfechtung des bösen Feindes, auf daß er im Glauben ritterlich kämpfe und überwinde. Verleih ihm, wann sein Abschied vorhanden ist, eine selige Heimfahrt zu dem ewigen Vaterlande, und schicke her deine heiligen Engel, daß sie ihn begleiten zu der Versammlung aller auserwählten und vollkommenen Gerechten in Christo Jesu, unserm Herrn! Amen.


|
6.
Fürbitten für Sterbende.
a. Zu Gott, dem Vater.
 174. O Herr, allmächtiger Gott und Vater, du Brunnquell aller Gnade und Barmherzigkeit, der du bist unser Licht, Heil und Trost in unserm Leben, in unserm Leiden und sonderlich in unserm Sterben: wir schreien herzlich zu dir in dieser großen Noth und bitten aus kindlichem Herzen, du wollest die Augen deiner Barmherzigkeit wenden zu diesen! unsern kranken Bruder. Laß ihn dir in seinen großen und letzten Nöthen väterlich befohlen sein. Du hast ihn doch in der heiligen Taufe zu deinem lieben Kinde gnädig aufgenommen und gesagt: wie ein Vater sich erbarmet über seine Kinder, also wollest du dich über uns erbarmen. Ach Herr, so erbarme dich nun über diesen unsern Bruder: jetzt ist die Zeit zu erbarmen,| jetzt ist die Stunde der Trübsal und des Todes vorhanden. So siehe nun an seinen Jammer und Noth. Die Angst seines Herzens ist groß, führe ihn, o Gott, aus allen Nöthen. Sieh nicht an seine Sünde und Missethat, sondern deine große Gnade und Barmherzigkeit, und nimm das Opfer des unschuldigen und bittern Todes Jesu Christi, deines lieben Sohnes, für die Bezahlung seiner Sünde, denn er ist auf seinen Namen getauft, mit seinem theuern Blute gewaschen und gereinigt. So sieh nun an, o barmherziger Vater, die Angst und Noth und Schmerzen; laß dich erbarmen. Verkürze die Schmerzen seines Leibes. Erhalte ihn wider alle Anklage des Satans. Schütze ihn wider alle Anfechtung der Sünden. Lösche aus alle feurigen Pfeile des Bösewichts, auf daß er, stark, im Glauben, fröhlich in der Hoffnung, geduldig in Trübsal, durch den Glauben ritterlich kämpfen, auch im Tode getreu an dir bleiben, alle Widerwärtigkeit überwinden und also die Krone des| Lebens erlangen möge. Und wenn die Zeit vorhanden ist, daß du ihn nach deinem gnädigen Willen aus dieser Welt auflösen und abfordern willst; so verleihe, o Vater, diesem deinen Kinde eine fröhliche Hinfahrt zu dir in das ewige Vaterland. Laß ihn dir mit Leib und Seele befohlen sein, damit, wie er deinen heiligen Namen hier zeitlich herzlich geehrt hat, er denselben auch mit allen Auserwählten dort ewiglich rühmen möge! Amen.
b. Zu Gott, dem Sohne.
 175. O Herr Jesu Christe, du einiger Heiland, der du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben, der du alle unsere Krankheit geduldig getragen und alle unsre Schmerzen willig und gehorsam auf dich geladen, ja auch des Todes Angst erfahren hast, und also als ein treuer Hoherpriester ein recht Mitleid in allen unsern Nöthen mit uns haben kannst: erzeige, o barmherziger Heiland, auch jetzt ein herzliches| Mitleid gegen diesen unsern Bruder; erbarme dich über ihn in diesen seinen letzten Nöthen; lindere seine Schmerzen; hilf ihm dieselben geduldig tragen und selig überwinden. O du starker Held und Fürst des Lebens, der du die Welt und den Fürsten dieser Welt überwunden, erzeige doch jetzt deine große und wunderliche Güte gegen diesen unsern lieben Bruder; bewahre ihn unter dem Schatten deiner Flügel, schütze und schirme ihn, den du so theuer mit deinem Blute erkauft und erlöset hast. O du treuer Heiland, wir befehlen dir seinen Leib und seine Seele in deine Hände. Erlöse seinen Leib von diesen Schmerzen: reiße seine Seele aus dem Tode, seine Augen von den Thränen, seinen Fuß vom Gleiten, damit er also sicher wandeln möge vor dir im Lande der Lebendigen, und wie er dich hier in der Zeit geprießen hat, dich auch dort preißen möge in alle Ewigkeit! Amen.
.
|
c. Zu Gott, dem heiligen Geiste.
 176. O Herr Gott, du höchster Tröster in aller Noth, wir seufzen herzlich zu dir in unserer Noth und bitten dich demüthiglich, du wollest dich über diesen unsern Bruder gnädiglich erbarmen und sonderlich in diesen letzten Nöthen ihn im rechten Glauben an Jesum Christum erhalten, in Hoffnung erfreuen, in Widerwärtigkeit trösten, in Geduld stärken und bis ans Ende selig bewahren. Sonderlich aber, weil er um der leiblichen Schwachheit willen der mündlichen Ermahnung und Tröstung nicht fähig, ach du Gott alles Trostes, so erhalte ihn du selbst im rechten Trost und Glauben bis ans Ende. Und da er jetzt in dieser großen Angst und Noth nicht weiß genugsam zu Gott zu seufzen, so vertritt du selbst ihn gewaltiglich mit unaussprechlichem Seufzen. O du Geist der Stärke, stärke und erhalte ihn zum ewigen Heil. Die Angst seines Herzens ist groß; führe ihn, o Gott, aus diesen seinen letzten Nöthen.| O du Geist der Gnaden, verbirg doch dein gnädig Angesicht nicht vor ihm. Laß sein Herz hören und behalten deine Gnade, denn er hofft auf dich. Thue ihm kund den Weg des ewigen Lebens, denn ihn verlangt nach dir. O heiliger Geist, wehre dem bösen Geist und bewahre diese Seele vor allen listigen Anläufen des leidigen Satans. Regiere und führe ihn durch die lieben Engel. Behüte ihn vor allem Uebel und nimm auf seine Seele zum ewigen Leben, damit sie dich sammt dem Vater und dem Sohne, unserm Heilande, möge loben und preißen immer und ewiglich! Amen.
 177. Allmächtiger, gütiger Vater, der du durch den Tod deines Sohnes, unsers Herrn Jesu, unsern Tod zerstört, und uns alle, die du zu ihm gezogen, in ihm der Auferstehung und des Lebens theilhaftig gemacht hast; der du willst, daß wir das Bild des himmlischen Adam tragen sollen, wie wir hier das Bild des irdischen| Adam tragen: gib diesem unserm Bruder solchen deinen gnädigen Willen mit festem Glauben zu faßen und in diesen seinen Nöthen immer vor Augen zu haben, damit er in aller Anfechtung des bösen Geistes bestehe und sich fest halte an deinem lieben Sohne Jesu Christo, unserm einigen Herrn, welcher ist die Auferstehung und das Leben. Laß also diesen unsern Bruder, durch Christum von Tod und Hölle erlöset, dich mit allen deinen Auserwählten in deinem Reiche loben und preißen, durch denselben deinen Sohn, unsern Herrn Jesum Christum! Amen.
 178.* O gütiger Gott, barmherziger Vater, du bist unsere Zuflucht, unsere Stärke und Hilfe in unsern Nöthen. Laß leuchten dein Antlitz über deinem Knecht, der jetzt vor dir erscheinen soll. Wasch ab alle seine Sünde, o Herr Gott, mit dem theuern Blute Jesu Christi, auf daß derselben im Gerichte nimmermehr gedacht werde. Mehre ihm den Glauben, errette| seine Seele aus der Gewalt des brüllenden Löwen und der bösen Engel. Tröste ihn durch deinen heiligen Geist und gib ihm in dieser Stunde zu verstehen, daß du sein gütiger und barmherziger Vater, und daß er aus lauter Gnaden dein liebes Kind sei. Laß den nicht verloren werden, den du mit dem heiligen Blute Christi so theuer erkauft hast. Nimm seine Seele auf in das himmlische Paradies, wie du die Seele des Schächers am Kreuze hast aufgenommen. Laß seine Seele von den lieben Engeln getragen werden wie die Seele des armen Lazarus, und verleihe ihm eine fröhliche Auferstehung am jüngsten Tage. Erhöre, o Vater aller Gnaden, uns an seiner Statt. Erhöre deinen Sohn, unsern einigen Erlöser und Mittler, der zu deiner Rechten sitzt und für ihn und uns alle bittet, und sei uns gnädig um des Verdienstes seines theuern Blutes und Leidens willen. In solchem Vertrauen befehlen wir seine Seele in deine väterliche Hand und rufen dich an mit| dem Gebete, das uns Jesus Christus, unser Heiland, zu beten selbst gelehrt und befohlen hat. V. U.

 179. O Herr Jesu Christe, der du allein bist die Thür zum ewigen Leben, so daß, wer durch dich eingeht, selig werden kann, wir bitten dich von Herzen, du wollest solche Gnadenthür diesem Sterbenden auch aufthun und ihn aus der Anfechtung der Sünden und des Teufels List und Macht bald erlösen. Ach Herr, hilf ihm, daß er im finstern Thale und Schatten des Todes nicht irre gehe noch verderbe. Du als ein getreuer Hirte nimm auf das verlorene Schaf und laß im Herzen dieses deines Knechtes dein Wort leuchten. Stehe ihm in der Noth bei und zeig ihm dein Heil; laß ihn nicht entfallen aus des rechten Glaubens Trost; nimm seine Seele in deine Hände und Pflege ihrer mit Gnaden, auf daß sie keine Qual berühre, und gib ihm also das ewige Leben! Amen.


|  180.* O Herr Jesu Christe, du einiger Sohn des himmlischen Vaters, unser Erlöser, Heiland und Seligmacher, wir bitten dich, erlöse diesen sterbenden Menschen von allen greulichen und erschrecklichen Phantasien und Anfechtungen des Teufels, der Sünde und der Hölle. Erlöse ihn, wie du gnädiglich erlöset hast Noah von den Wellen der Sintfluth, Loth von dem Verderben Sodoms, die Kinder Israel von der Gewalt Pharaos, David von der Hand Goliaths, die drei Männer aus dem Feuerofen von Babel, Daniel aus der Löwengrube, Jonas aus dem Bauche des Walfisches, Petrum aus dem Gefängnis Herodis. Also erlöse auch, o Herr Gott, die Seele dieses sterbenden Menschen von aller Fährlichkeit, eröffne ihm heute noch die Thür des Paradieses, die Pforte des Himmels und den Eingang des ewigen Lebens. O Herr Christe, verzeih ihm alle seine Sünde und führe ihn mit Freuden in das Reich deines himmlischen Vaters, in den Schooß Abrahams, zur ewigen Ruhe,| auf daß er mit dir und allen auserwählten Kindern Gottes ohne Ende sich freue in dem ewigen Leben. Amen.
 181.* Allmächtiger, gütiger Gott, der du unser Leben erhältst im Tode, und Sterben, wir bitten dich, du wollest die Augen deiner Barmherzigkeit wenden zu diesem Menschen und ihn erquicken an Leib und Seele, ihm alle Sünden aus Gnaden vergeben. Nimm an das Opfer des unschuldigen Todes Jesu Christi, deines lieben Sohnes, für die Bezahlung seiner Missethat, denn er auch auf desselben Namen getauft und mit seinem Blute gewaschen und gereinigt ist. So errette ihn nun von des Leibes Qual und Pein, verkürze ihm seine Schmerzen, erhalte ihn wider die Anklage des Gewißens und wider alle Anfechtung des bösen Feindes, auf daß er im Glauben ritterlich kämpfe und überwinde. Verleihe ihm eine selige Heimfahrt zum ewigen Leben. Schicke deine heiligen Engel her, daß sie ihn geleiten| zur Versammlung der Auserwählten in Christo Jesu unserm Herrn! Amen.


7.
Wenn der Sterbende in den letzten Zügen liegt.
 182.* O unser Gott und Vater, nun ist die selige Stunde vorhanden, da dieses dein Kind aus der Fremde dieser Welt soll ausziehen und seine beschwerliche Reise und Wanderschaft vollenden: ach, laß es doch treffen den rechten Weg zu dir in das himmlische Vaterland. Nun ist seine edle Seele unter der Thür dieses elenden Leibes, um aus demselben herauszugehen: laß doch deine heiligen Engel bereit sein, sie aufzunehmen und zu tragen in Abrahams Schooß. Nun läuft sein heiliger Glaube zu Ende; laß ihn zum| seligen Anschauen in deinem Reiche kommen. Nun läuft aus das Stündlein seines zeitlichen und mühseligen Lebens: laß ihn antreten das selige ewige Leben. O Herr Jesu Christe, du getreuer Hirte, nimm dein liebes Schäflein zu dir aus dieser rauhen Wüste in dein schönes Paradies und laß es zu dir kommen. O Gott, heiliger Geist, hilf, stärke, tröste, laß diese liebe Seele geboren werden zum ewigen Leben, wie du sie wiedergeboren hast zu einem neuen heiligen Leben! Amen.


8.
Der Seelsorger am Krankenbette.[1]
a. Krankenbesuch.

 183. Wenn der Pfarrer in das Krankenzimmer tritt, so spreche er:

 Friede sei mit diesem Hause!

|
Antwort:

 Und mit allen, welche darin wohnen.

Darauf tritt er zum Kranken und betet mit dem Kranken oder mit den Umstehenden:

O Herr, hilf du deinem Knechte!

Antwort:

 Mein Gott, der sich verläßt auf dich. (Ps. 86, 2.

Sende ihm Hilfe vom Heiligthum.

Antwort:

 Und stärke ihn aus Zion. (Ps. 20, 3.

Der Feind soll ihn nicht überwältigen.

Antwort:

 Und der Ungerechte soll ihn nicht dämpfen. (Ps. 89, 23.

Sei ihm, o Herr, ein starker Thurm.

Antwort:

 Vor seinen Feinden. (Ps. 61, 4.

Herr, erhöre unser Gebet.

Antwort:

 Und laß unser Schreien zu dir kommen. (Ps. 102, 2.

Der Herr sei mit euch.

Antwort:

 Und mit deinem Geiste.

| Laßt uns beten!
Hierauf kniet der Seelsorger mit den Anwesenden nieder und betet:

 Herr Gott, himmlischer Vater, der du nicht Lust hast an der armen Sünder Tod, läßest sie auch nicht gerne verderben, sondern willst, daß sie bekehret werden und leben: wir bitten dich herzlich, du wollest die wohlverdienten Strafen unserer Sünden gnädiglich abwenden und uns zu beßern deine Barmherzigkeit mildiglich verleihen. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Darauf spricht er mit den Anwesenden:
Vater unser etc.

Statt dessen kann er auch nach dem Friedensgruß die nachfolgende Vermahnung gebrauchen:
 184. Geliebte im Herrn Jesu Christo! Der heilige Apostel Jacobus spricht (Cap. 5): „Ist jemand krank, der rufe zu sich die Aeltesten von der Gemeine und laße sie über sich beten und salben mit Oel in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des| Glaubens wird dem Kranken helfen und der Herr wird ihn aufrichten, und so er hat Sünden gethan, werden sie ihm vergeben sein. Bekenne einer dem andern seine Sünden, und betet für einander, daß ihr gesund werdet“. Weil denn der allmächtige Gott nach seinem verborgenen Rathe diesen unsern Bruder aufs Krankenbett gelegt hat, so wollen wir nach der Vermahnung des heiligen Apostels zu Gott seufzen und bitten, daß er unserm Bruder starken, festen Glauben und christliche Geduld verleihe, und daß diese Krankheit zu Ehren Gottes und zum Heile des Kranken sich wenden möge. Laßet uns auch bedenken, daß Gott allmächtig ist, wir aber schwach und ohnmächtig, und daß an uns alle Stunden und Augenblicke geschehen könne, was wir an diesem unserm kranken Bruder sehen. Darum laßet uns mit einander und mit dem Kranken also beten: Herr Gott, himmlischer Vater, der du nicht Lust hast etc. (S. oben).
.
|
Aufstehend spricht der Seelsorger:

 Der allmächtige Gott wolle unser Gebet gnädiglich erhören! Amen.

Hierauf thut er sein seelsorgerliches Amt, wie sichs gebührt.
b. Einsegnung der Sterbenden.

185. Wenn ein Pfarrer zur Einsegnung eines Sterbenden gerufen wird, so soll er, so weit es möglich ist, und der Zustand des Sterbenden zuläßt, ihn mit kurzen, kräftigen Sprüchen der heiligen Schrift trösten, wie es einem Seelsorger zusteht. Mit den Umstehenden aber kann er in folgender Weise handeln.

Er fällt mit ihnen auf die Kniee und betet:
Kyrie! Antwort: Eleison!
Christe! Antwort: Eleison!
Kyrie! Antwort: Eleison!
Vater unser – Versuchung.
Antwort:

 Sondern erlöse uns von dem Uebel.

Amen.
 Herr Jesu Christe, der du durch den Mund deines heiligen Propheten gesagt hast: „Ich habe dich je und je geliebt und aus lauter Liebe habe ich dich zu mir gezogen“,| ich bitte dich, du wollest deine Liebe, welche dich vom Himmel zur Erde und in die Bitterkeiten deiner Leiden getrieben hat, darbieten und zeigen dem allmächtigen Vater zum Seelenheile dieses deines sterbenden Knechtes. Befreie ihn von allen Leiden und Strafen, die er um seiner Sünden willen billig fürchtet und laß in dieser Stunde des Todes seine Seele zu ewigen Freuden und Ehren gelangen. Frommer Herr Jesu, du hast sie erlöset mit deinem kostbaren Blute, erbarme dich ihrer, und führe sie ein zu den immer grünen und lieblichen Auen des Paradieses, daß sie, obwohl den Augen der Sterblichen entrückt, in ewiger Liebe lebe, die von dir und deinen Auserwählten nimmermehr geschieden werden kann. Erhöre uns, der du mit dem Vater und heiligen Geiste lebst und herrschest ohne Ende!
Antwort: Amen.
Oder:
 186. Herr Jesu Christe, um deiner Todesangst und allerheiligsten Gebetes willen,| das du für uns am Oelberg gebetet hast, da dein Schweiß wie Blutstropfen zur Erde fiel, bitte ich dich und flehe dich an: zeige deinem allmächtigen Vater und biete ihm dar deinen schmerzlichen Blutschweiß zum Seelenheile dieses deines sterbenden Dieners. Befreie ihn in dieser Stunde des Abschieds von allen Aengsten und Anfechtungen, die ihn um seiner Sünden willen billig treffen könnten; laß dem Bösewichte über ihn keine Macht, der du demselben die Macht genommen und erlöset hast, die aus Furcht des Todes Knechte sein mußten ihr Leben lang. Erhöre uns, der du mit dem Vater und heiligen Geiste lebst und herrschest von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Oder es kann auch gebetet werden:

 187. Die Litanei für die Sterbenden:

Kyrie! – Eleison!
Christel – Eleison!
Kyrie! – Eleison!

Herr Gott, Vater im Himmel! – Erbarme dich!

|
Herr Gott Sohn, der Welt Heiland!
Herr Gott, heiliger Geist!
Heilige Dreieinigkeit, ewiger Gott!
Erbarme dich!
Herr, sei gnädig! – Verschone dieses sterbenden Menschen!
Vor deinem Zorne!
Vor bösem Tode!
Vor der Höllen Pein!
Vor des Teufels Macht!
Vor des Teufels Trug und List!
Vor allem Uebel!
Behüt ihn, lieber Herre Gott!
Durch deine heilige Menschwerdung
 und Geburt!
Durch deinen Todeskampf und
 blutigen Schweiß!
Durch dein Kreuz und deinen
 bittern Tod!
Durch deine heilige Auferstehung und
 Himmelfahrt!
Durch die Gnade deines heiligen Geistes,
 des Trösters!
Im Augenblick des Todes!
Im jüngsten Gericht!
Hilf ihm lieber Herre Gott!
|
Wir armen Sünder bitten, – Du wollest uns erhören, lieber Herre Gott!
Und diesen Sterbenden trösten,
Und ihm alle Sünde verzeihen,
Und ihn aus diesem Elend einführen
 zum ewigen Leben!
Erhöre uns, lieber Herre Gott!
O JEsu Christe, Gottes Sohn!
O du Lamm Gottes, das der Welt
 Sünde trägt!
O du Lamm Gottes, das der Welt
 Sünde trägt!
Erbarm dich über ihn!
O du Lamm Gottes, das der Welt Sünde
 trägt! – Verleih ihm ewiglich Frieden!
 Christe! – Erhöre uns!
 Kyrie! – Eleison!
 Christe! – Eleison!
 Kyrie! – Eleison!
 Amen.
Wenn man merkt, daß es mit dem zeitlichen Leben des Sterbenden zu Ende geht und die letzten Athemzüge gehen, so legt der Seelsorger dem Sterbenden die Hände auf und spricht:
 188. Es segne dich, o liebe Seele, Gott der Vater, der dich nach seinem Ebenbild| erschaffen hat! Es segne dich Gott, der Sohn, der dich mit seinem theuern Blut erkauft hat! Es segne dich Gott, der heilige Geist, der dich zu seinem Tempel bereitet und geheiligt hat! Der gnädige, barmherzige Gott wolle dich durch Kraft des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi und durch den Dienst seiner Engel führen in Abrahams Schooß, in das ewige Vaterland, daß du daselbst mit allen Auserwählten in unaussprechlicher Freud und Herrlichkeit leben mögest! Unser HErr Jesus Christus sei bei dir, daß er dich beschütze! In dir, daß er dich erquicke! Vor dir, daß er dich leite und führe zur ewigen Heimath! Um dich, daß er dich erhalte! Ueber dir, daß er dich segne mit ewigem Segen! – Der mit dem Vater und heiligen Geiste lebt und herrschet in Ewigkeit.
Antwort der Umstehenden: Amen.
Oder:
 189. Zieh hin, erlöste Seele, aus dieser Welt, im Namen des allmächtigen Vaters,| der dich geschaffen hat, im Namen Jesu Christi, der ein Sohn ist des lebendigen Gottes und dich erkauft hat, im Namen des heiligen Geistes, der in dir ausgegoßen ist! Ziehe hin! Sei heute mit Christo im Paradiese – und deine Wohnung sei von nun an in der heiligen Stadt Zion! – – Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! – – Der Herr segne dich und behüte dich! Der Herr erleuchte sein Angesicht über dir und sei dir gnädig! Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!
Antwort: Amen.
(Die Anwesenden können auch von dem „Gelobet sei etc.“ an mitsprechen.)

 190. Gott Vater, was du erschaffen hast; Gott Sohn, was du erlöset hast; Gott heiliger Geist, was du geheiligt hast, befehle ich dir in deine Hände! Deinem göttlichen Namen sei Lob, Ehre, Preis und Herrlichkeit, uns aber Friede, Freude und Seligkeit von nun an bis in Ewigkeit!

Antwort: Amen.
|
Wenn indes der Mensch verschieden ist, so spricht der Seelsorger weiter:

 Friede sei ewiglich mit dieser Seele!

Antwort: Amen.
Laßet uns beten!
 191. Wir danken dir, Herr Jesu Christe, du Herzog des Lebens, daß du unsern Bruder in wahrer Buße und Glauben erhalten hast bis zum seligen Ende. In deine Hände befehlen wir nun seinen Geist in seiner Heimfahrt! Nun wird er versammelt zu seinem Volke und von den Engeln getragen in Abrahams Schooß. Wer will nun seines Lebens Länge ausreden? Wer will ihn aus deiner Hand reißen? Niemand wird dir deine Schafe aus den Händen reißen. Du gibst ihnen das ewige Leben! – Wir loben dich, wir anbeten dich, wir preisen dich! – Ach Herr, erbarme dich auch über uns, die wir noch im Jammerthal wallen und hilf uns die Mühsal dieses Elends mit Geduld ertragen bis ans Ende. Laß uns täglich bereit sein! Hilf uns seligen Feierabend machen| und mit Fried und Freuden nachfahren deinen Auserwählten zu unserm Volke!
Antwort:
Amen.
Der Friede des Herrn sei mit euch allen!
Antwort:
Amen. Amen.


9.
Wenn ein Christ verschieden ist.
Gebete der Umstehenden.
 192. Wir danken dir, Herr Jesu Christe, daß du unser armes Gebet und Flehen nicht verachtet, sondern gnädiglich erhöret hast. Du hast unsern Bruder aus der Angst gerißen und eingeführt in die ewige Ruhe. Ach lieber Heiland, wir sprechen mit Hiob: „Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, der Name des Herrn sei gelobet“ und mit dem Volke| im Evangelio: „Er hat alles wohlgemacht“. Hilf, daß wir uns getrösten, wir haben unsern Bruder gar nicht verloren, sondern nur vorangesendet, der ungezweifelten Hoffnung, daß du den verstorbenen Leichnam, der allhie in Schwachheit vor uns liegt, am jüngsten Tage mit großer Kraft und Herrlichkeit auferwecken und uns verleihen werdest, daß wir einander bei dir im ewigen Leben wieder finden. Wollest uns auch sämmtlich deines heiligen Geistes Gnade verleihen, daß wir uns an diesem Todtenbette erinnern, wie bald es um einen Menschen geschehen sei, und daß, wie es heute um diesen Menschen gewesen, es morgen an uns sein könne, damit wir in stetiger und immerwährender christlicher Bereitschaft erfunden werden, dir, wann das Stündlein kommt, durch das finstere Thal des Todes mit Freuden zu folgen in dein Reich, der du sammt dem Vater und heiligen Geiste lebst und regierst in Ewigkeit! Amen.
|  193. Allmächtiger, barmherziger Gott, ewiger Vater, wir sagen dir für die selige Auflösung unsers Bruders und für die große, väterliche Hilfe, die du an ihm und uns allen bewiesen hast, von Grund des Herzens Lob, Ehre und Dank, und bitten dich in kindlichem Gehorsam und in deiner Furcht, du wollest uns allen Verstand und Gnade geben, daß wir durch dieses Bild vor unsern Augen erinnert werden, unser menschliches Elend zu betrachten: wozu wir in diese Welt geboren, wie hinfällig und vergänglich unser Leben und was unser aller Ende sein werde, – auf daß wir, wahrhaftig gedemüthigt, allem Hochmuth, Hoffarth, eigenem Wohlgefallen und falschem Vertrauen von Herzen absterben, auch uns in eine ernsthafte Buße und Beßerung unsers Lebens begeben, in festem Glauben und brüderlicher Liebe wachen, zur Zeit unserer Abforderung von dir als deine treuen Kinder erfunden werden und mit diesem unserm Bruder in der Auferstehung der Gerechten ewiges| Leben haben, durch unsern Herrn Jesum Christum! Amen.


10.
Trostgebet über unsere selig Verstorbenen.
 194. O du großer und allgewaltiger Gott, der du Tod und Leben in deinen Händen hast, der du die Menschen läßest sterben und sprichst: „Kommt wieder, Menschenkinder“, der du sie dahin „fahren läßest wie einen Strom und sie machest wie einen Schlaf und gleich wie ein Gras, das doch bald welk wird“! Du hast uns freilich unsre lieben Angehörigen nicht auf ewig gegeben, sondern nur eine Zeit lang geliehen, und holst sie wieder heim nach deinem gnädigen Rathschlag und Wohlgefallen. Du hast uns nun durch den Tod dieses unsers lieben Freundes in große| Traurigkeit versenket, aber tröste uns wieder nach deiner Gnade. Laß uns beherzigen, daß der Deinen Hintritt und Todesfahrt mehr mit Frohlocken und Glückwünschung aufzunehmen, als mit Thränen und Aechzen zu beklagen sei, weil sie ihr Elend selig enden und ihre herrliche Ewigkeit fröhlich anfangen. Wer wollte über den klagen und weinen, der aus dem Schiffbruch das Ufer glücklich erreicht hat? Er ist aus dem Kerker des Leibes mit dem heiligen Paulo aufgelöset und hat bei dem Herrn Christo die rechte wahre Freiheit erlangt. Er ist mit dem lieben alten Simeon in Frieden gefahren, ruhet nun wohl in Gottes Hand, und keine Qual rühret ihn an. Wir trauern, wehklagen und jammern; er jauchzt und triumphirt in dem himmlischen Jerusalem. Wir tragen schwarze Trauerkleider als Zeichen unsers herzlichen Leides; er ist mit sonnenhellen, weißen Kleidern angethan, trägt Palmenzweige als Zeichen der fröhlichen Ueberwindung und folgt dem| himmlischen Lamme, seinem Heiland und Erlöser, nach mit unaussprechlichen Freuden. Er hat alle Gefahr, alles Unglück, alle Zufälle, die das menschliche Leben betrüben können, die wir Hinterbliebenen noch alle mit Furcht und Sorgen erwarten müßen, wohl und gut zu Ende gebracht, seine Hoffnung ist schon erfüllt, er hat nunmehr im Schauen, was er hier geglaubt hat. Wer wollte dem Taglöhner misgönnen, wenn er das mühsame Tagwerk seiner Arbeit geendet, zum Feierabend gelangt, wo er ruhet und feiert von aller seiner Mühe und den Gnadenlohn einnimmt? Und was kann er nunmehr Beßeres wünschen? Wir sollen uns billig mit dem seligen Abgestorbenen freuen und seine vollkommene und über alle Maßen wichtige, unendliche Herrlichkeit mit unnöthiger Betrübnis nicht verdunkeln. Gib uns Geduld, du treuer Gott, und verleihe, daß wir in Demuth deine Züchtigungsruthe küßen, unsern Willen dem deinigen untergeben, einen guten Wandel führen, Glauben| halten und mit diesem unserm Bruder und allen christgläubigen Seelen dort die Krone der Ehren selig erlangen, durch Jesum Christum, deinen allerliebsten Sohn, unsern Fürsprecher und Mittler. Amen.


11.
Um eine selige Nachfahrt.
 195. Wir danken dir, Herr Jesu Christe, du ewiger Herzog des Lebens, daß du diesen unsern Bruder in wahrer Buße und Glauben beständig erhalten und ihm ein seliges Ende verliehen hast. Wie lieblich wird nun die erlöste Seele gen Himmel getragen, wie wohl ist ihr! Denn so wird gesagt von Lazari Seele, da er starb vor des Reichen Thür: „Seine Seele ward getragen von den Engeln in Abrahams Schooß“. So glauben und wißen wir es gewiß, ob wir| es schon mit unsern sterblichen und dunkeln Augen nicht sehen können, daß viele heilige Engel um dies Bette her auf die Seele gewartet haben. Nun wird sie heimgeholt, nun fährt sie ins ewige Paradies, nun kommt sie zur Ruhe in ihres Herrn Jesu Christi Armen und Schooß und wird begabt mit ewigem Frieden und Trost, mit Freude und Wonne.

 Ach Herr Jesu Christe, erbarme dich auch über uns, die wir noch hie leben und hinterstellig sind. Tröste uns in diesem Jammerthale und hilf uns die Mühseligkeiten dieses Elends mit Geduld ertragen bis ans Ende. Gib, daß wir der heimgefahrenen Seele im Glauben nachfolgen, täglich und stündlich zu unserer Heimfahrt bereit seien, wie sie einen seligen Feierabend machen und ihr nachfahren mögen mit Frieden und Freude! Amen.

S. Martin Moller p. 380. 


|
12.
Anhang.

Tröstung.
An Kindergräbern.
 196. Liebe Brüder, die Schrift lehrt uns, und es ist offenbar, daß auch die unmündigen Kindlein den Sold der Sünde mit Leiden und Sterben empfangen gleicher Weise, als auch wir. Des gedenken wir an ihren Gräbern und beweinen ihr Loos. Aber wir gedenken auch ihrer schnell gewonnenen Seligkeit, die sie ja mit nichts verdienen konnten, sondern aus lauter Gnade in ihrer Taufe empfangen haben. Ihrer ist das Himmelreich, das erkennen wir mit herzlicher Zuversicht und großem Dank, trösten uns des und legen unser Leid dadurch ab. Sie haben in kurzem Lauf die herrliche Krone des ewigen Lebens erlangt,| in kurzem Streit einen unvergänglichen Sieg gewonnen. Sie sind ohne Schule zur ewigen Weisheit, ohne Predigt zum Anschauen der Herrlichkeit Gottes, und durch kurze Schmerzen zu unverwelklichen Freuden erhoben. Auch ihre Leiber ruhen in Hoffnung und werden am jüngsten Tage zum Leben auferstehen. So sind sie denn gewisse Kinder, deren Seligkeit nicht zweifelhaft ist, und beßer versorgt, als alle Kinder, die auf Erden leben. Auch sind sie glücklicher zu preisen, als wir alle, die wir durch so viel Mühen und Sünden dem ewigen Leben entgegen gehen. Darum soll sprechen, wer sich an Gräbern der Kinder segnen will: „Meine Seele müße sterben des Tods der Gerechten und mein Ende werde wie dieser Ende“! (4. Mos. 23, 10.)

 Laßet uns beten: Kyrie etc.


Bei Beerdigung todtgeborener Kinder.
 197. Liebe Brüder! Wir legen ein Saamenkörnlein in Gottes Acker, dessen Leben wir kaum wahrgenommen haben.| Dennoch zweifeln wir an seinem ewigen Leben nicht. Es ist ja dies Kindlein in der höchsten Noth der Geburt und schon zuvor durch das gläubige Gebet gottesfürchtiger, lieber Eltern und anderer Christen dem allmächtigen Gotte zugetragen und empfohlen worden. Solcher Kindlein aber, die man betend dem Herrn darbringt, ist das Himmelreich. Darum sollen wir auch keinen Zweifel haben, dies Kindlein sei in seiner Ruhe und in der Zahl der Auserwählten. Das Licht dieser Welt hat es nicht gesehen, dafür wandelt es im Lichte jener Welt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Beide, dieser Welt Freuden und Leiden, hat es nicht erfahren: wohl ihm, es hat an beiden nichts verloren noch versäumt, und genießt nun leidloser Freuden die Fülle vor Gottes Angesicht. Seine lieben Eltern hat es hier nicht kennen gelernt; aber es ruht in des ewigen Vaters Schooß und wird dermaleins auch seine zeitlichen Eltern von Angesicht zu Angesicht schauen und erkennen. So hat denn dies Kindlein| nichts verloren und ist selber unverloren. Darum soll Gott auch von euch an diesem Grabe gelobt und geprießen, aber auch in Demuth gebeten sein, daß seine Christenheit gebeßert und uns allen ein seliges Ende bescheert werde.

 Laßet uns beten: Kyrie etc. V. U.




  1. Zu jedermanns Kenntnis und Nutz, und auf daß man Antwort geben und mitbeten könne.
« III. Gebete für Sterbende Wilhelm Löhe
Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde
V. Alte Reimgebete »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).