Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Dallwitz

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Autor: Otto Moser
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Titel: Dallwitz
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 31–32
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Dallwitz.


Dallwitz, ein von den Slaven angelegtes Dorf, liegt etwa eine und eine halbe Stunde entfernt von der Stadt Grossenhain, am Ufer des Naunhofer oder Lenzer Baches, dicht bei den Dörfern Lenz und Döbritzchen. Der Name Dallwitz bedeutet soviel als ein entfernt liegendes oder an der Grenze erbautes Dorf.

Das Rittergut, in dessen Nähe das Dorf Dallwitz mit drei Bauergütern, einer Mahl- und Schneidemühle nebst einigen Drescherwohnungen liegt, gehörte in den ältesten Zeiten der reichbegüterten Familie von Nischwitz, die es noch im sechszehnten Jahrhundert besass. Abraham von Nischwitz wird 1575 als ein sehr frommer um die Kirche des nahen Dorfes Lenz sehr verdienter Mann erwähnt. Von ihm kam das Gut an die Herren von Milkau, von denen Hiob von Milkau 1612 ein Ritterpferd zum Defensionswerke stellte. Die Milkaus verkauften Dallwitz um 1670 an den Oberconsistorialpräsidenten Gottfried Hermann von Beichlingen auf Zschorna, der es seinem Sohne, dem bekannten Grafen Wolfgang Dietrich von Beichlingen, Churfürstlich Sächsischen Oberkanzler und Premierminister hinterliess. Dieser Herr war der Schwager der schönen Sibille von Neitschütz, der Geliebten des Churfürsten Johann Georg IV. von Sachsen, und befand sich eben am kaiserlichen Hofe in Wien um die Gräfin von Rochlitz, zu welchem Range der Churfürst Sibillen von Neitschütz erhoben hatte, durch den Kaiser Leopold in den Reichsgrafenstand erheben zu lassen, als er die Nachricht von dem Tode seiner Schwägerin erhielt, die an den schwarzen Blattern erkrankt und schnell gestorben war. Wenige Tage nach Sibillens Tode starb auch der Churfürst, der mit Gewalt von der Leiche seiner Geliebten entfernt werden musste, an derselben schrecklichen Krankheit. Trotz des merkwürdigen Prozesses, in den die Verwandten der verstorbenen Gräfin von Rochlitz nach deren Tode verwickelt und zum Theil bestraft wurden blieb der Kanzler von Beichlingen bei des Churfürsten Johann Georg IV. Nachfolger, August dem Starken, in Gnaden, und genoss seines Fürsten Vertrauen in so hohem Grade, dass er eine unumschränkte Gewalt besass und Alles sich vor ihm beugte. In diesen glänzenden Verhältnissen blieb der zum Reichsgrafen erhobene Minister von Beichlingen bis zum Jahre 1703, wo er gemeinschaftlich mit seinem Mignon, dem Bürgermeister Romanus zu Leipzig in Ungnade fiel und auf die Festung Königstein gebracht wurde.

Das Aufsehen, welches des allmächtigen Ministers Fall verursachte, erstreckte sich über ganz Deutschland. Jetzt zeigte es sich, dass der gestürzte Günstling mehr gefürchtet als beliebt gewesen war, und von allen Seiten erhoben sich seine Feinde, um gegen ihn die schmachvollsten Vorwürfe auszusprechen. Die Churfürstliche Kanzlei selbst publicirte ein Manifest, welches die schwersten Beschuldigungen enthält. Es waren namentlich zwölf Punkte wegen deren man ihn verdammte. Er sollte zu den Sechspfennigern Consilia gegeben, den Profit aber behalten haben, Falschmünzer gewesen sein, Gelder nicht an den Kaiser bezahlt, sondern unterschlagen und Heyneswerde zu verkaufen beabsichtigt haben. Weiter wurde ihm vorgeworfen, er hätte falsche Blanquets und Vollmachten ausgestellt, des Landesherrn Petschaft nachstechen lassen, hoher Potentaten Schreiben an den König nicht abgegeben, Moskowitische und Dänische Gesandte verächtlich tractirt, den Prinzen stehlen und Selbigen an Churbaiern liefern wollen, ohne des Landesherrn Erlaubniss den Hugenotten das Exercitium Religionis einräumen wollen auch Incandation verübt und gegen Personen vorgehabt, sowie Staatsgelder an sich gezogen, und solche alsdann dem König geliehen. Eben so wurde ihm der Vorwurf gemacht, er hätte auf seinem Grafenwappen einen Fürstenhut geführt, statt des Landesherrn Unterschrift die seinige gebraucht, endlich einen Stammbaum anfertigen lassen, worin er nachweisen wollen, dass seine Vorfahren aus dem Wittekindischen Stamme und Sächsischen Hause entsprossen seien, und ausserdem noch eine [32] Menge Verbrechen begangen von denen jedes einzelne den Tod verdiente. Auch an Spottgedichten der gemeinsten Art fehlte es nicht. In einem derselben heisst es:

Wo ist nun deine grosse Pracht!
Wo bleiben deine Pfeifer?
Die dir so lustig aufgemacht,
Wo sind die vielen Läufer?
Mich däucht, man wird nun hören dich
Anstatt der sechs Trompeter
Anstimmen also jämmerlich:
Ein stetes Ach und Zeter!
An diesem Haman kann sich noch
Ein jeder Höfling spiegeln,
Dass er nicht steige allzuhoch
Mit seinen stolzen Flügeln.
Sonst wird er auch so kahl bestehn
Wie dieser arme Teufel
Und in den Kerker müssen gehn
Daran ist gar kein Zweifel.

Der unglückliche von der Höhe seiner Macht herabgestürzte Günstling starb in einem Kerker der Festung Königstein in seinem siebenundvierzigsten Jahre am 12. August 1713.

Nach des Ministers Tode besassen Dallwitz dessen zwei Söhne. Einer seiner Brüder, der Königlich Polnische und Churfürstlich Sächsische Oberfalkenmeister, Kammerherr und Oberst Gottlob Adolf Reichsgraf von Beichlingen starb auf dem Schlosse zu Dallwitz, und liegt in der Kirche zu Lenz begraben. Seine Gemahlin, Elisabeth Juliane Philippine von Haxthausen, vermählte sich später mit einem Freiherrn von Seyffertitz, und liess ihrem ersten Gatten ein schönes noch vorhandenes Denkmal setzen.

Um das Jahr 1760 gehörte Dallwitz dem Hof- und Justizrath von Schmidt, von dem es 1768 ein Baron von Kessinger erkaufte, der das Gut jedoch nur bis 1771 behielt, und nicht hier sondern in Grödel wohnte. Von ihm kam Dallwitz an den Churfürstlich Sächsischen Holzverwalter und Hoftrüffeljäger, Hans Sigismund von der Pforte, der zugleich auch Unterkommandant der Festung Königstein war. Nach dessen Tode gehörte das Gut eine kurze Zeit einem seiner Söhne, Alexander Sigismund von der Pforte, der es an Gustav Adolf Görne verkaufte. Von diesem Herrn kam Dallwitz an den jetzigen Besitzer Herrn Eduard von der Becke.

Seit dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts war das nahe Dorf Döbritzchen stets mit Dallwitz vereinigt. Ein Wallgraben und etwas Grundgemäuer deuten an, dass einst hier ein Schloss stand, welches, wie aus einigen Kennzeichen zu schliessen ist, durch Feuer vernichtet wurde. Im sechszehnten Jahrhundert gehörte Döbritzchen, wie Dallwitz den Herren von Nischwitz, 1618 Hans Friedrich von Schleinitz und später dessen Wittwe, von welcher es an einen Herrn von Poigk überging. Dieser verkaufte das Gut an den Oberconsistorialpräsidenten von Beichlingen und seit dieser Zeit blieb es stets mit Dallwitz vereinigt. Der Sage nach soll Döbritzchen einst durch Feuer eingeäschert und das Feld mehrerer nicht wieder aufgebauten Bauergüter zum Rittergute geschlagen worden sein. Das Schloss hatte einst eine Capelle, in welcher der Lenzer Pfarrherr den Kirchendienst verrichtete, auch steht dem Rittergute Döberitzchen eigentlich das Patronat über Kirche und Schule zu.

Dallwitz und Döberitzchen sind nebst den Ortschaften Altleis, Neuleis, Geisslitz mit Kleingeisslitz, Zschauitz und Mülbitz in die Kirche des nahegelegenen Dorfes Lenz eingepfarrt. Dieselbe wurde in den Jahren 1700 und 1701 neu erbaut, und ist ein zwar einfaches aber stattliches und geräumiges Gotteshaus. Auf dem Fussboden der Kirche befinden sich noch eine Anzahl alter mit verwischten Inschriften versehener Grabsteine, und unter den Monumenten zeichnet sich namentlich das des Oberfalkenmeisters etc. Reichsgrafen von Beichlingen aus, welches ihn in Lebensgrösse und im vollen Schmucke seiner hohen Stellung zeigt, worunter sich eine rühmende Inschrift befindet. Ausser andern Legaten besitzt Lenz auch eins vom Jahre 1614, hundert Gülden stark, welches von einem Schuhmacher aus Dahlen, Johann Jacob Alber herrührt, der in der Nähe von Lenz verunglückte und von den Einwohnern dieses Ortes freundlich aufgenommen und verpflegt wurde. Aus Dankbarkeit übergab er dem Rathe zu Grossenhain eine Summe von hundert Gülden mit der Bestimmung, den Armen in Lenz alljährlich einen Gülden der Zinsen zu überweisen. Dieser Gülden wird noch jetzt ausgezahlt.

Otto Moser, Red.