Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Eythra

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Eythra
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aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 137–139
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Eythra.


Eythra liegt in einer schönen von der weissen Elster bewässerten Aue, nur eine halbe Stunde nordwestlich von dem Städtchen Zwenkau, 3 Stunden südwestlich von Leipzig, 2 Stunden nördlich von Pegau.

Eythra ist das im elften Jahrhundert schon erwähnte Städtchen Idern, und das 1018 dem Merseburger Stifte geschenkte Vbedern.

Die Fluren gränzen mit Bösdorf und den preussischen Orten Kleinskorlopp, Kutzen und Zitzschen. Zu Eythra selbst gehört Bösdorf, Mausitz an der preussischen Grenze bildet ein Nebengut, so wie auch Groitzsch als Zubehör von Eythra betrachtet wird. Eben so gehört zum Gute die Wüstung Hitzschen.

Im Dorfe giebt es einen Gasthof, eine schöne grosse Mühle mit 6 Gängen, Hirse- und Oelstampfen und mit Sagemühle.

Das im ausgezeichneten Style erbaute Schloss mit seinem vorzüglichen Park, der von Leipzigs Bewohnern und der ganzen Umgegend häufig besucht wird, um in ländlicher Zurückgezogenheit die Genüsse der grossen Stadt auf Zeit zu vergessen, zeichnet diesen Ort aus. Der Blitzableiter des drei Etagen hohen Schlosses gehört zu den ersten in Sachsen, so wie auch das Gut selbst zu den schönsten und besten gezählt wird.

Erst vom Anfange des funfzehnten Jahrhunderts finden wir einzelne Geschlechter im Besitze des Gutes und zunächst die Familie der Pflugke, welche damals, ausser dem noch jetzt mit Eythra verbundenen Gute Mausitz, auch Zöbigker und Knauthain besass. Unter diesen ältesten Besitzern ist besonders der kurfürstliche Rittmeister Siegmund von Pflugk merkwürdig, welcher sich 1421 bei Brix gegen die Hussiten auszeichnete. Die Tugend des Vaters erbte fort auf seinen Sohn Nicolaus auf Knauthain, welcher 1450 vom Kurfürsten Friedrich dem Sanftmüthigen zum Ritter geschlagen wurde und den Beinamen des Eisernen erhielt. Beide aber wurden überstrahlt an Ruhm durch einen Sohn des Nicolaus, Cäsar Pflugk auf Eythra und Pegau, ein wohlerfahrener Rechtsgelehrter und der beste Redner seiner Zeit. Er war kurfürstlicher Land- und Appellationsrath, auch Ritter des goldenen Vliesses. Unzufriedenheit mit den religiösen Neuerungen in den Landen seines Fürsten veranlassten ihn, in die Dienste des Herzogs Georg zu treten, der ihn zum Kanzler erhob. Bei der in Leipzig im Juni 1519 zwischen Luther und Eck stattgehabten Disputation, führte Pflugk als herzoglicher Commissar nebst dem geh. Secretär Dr. Küchel und dem Schlosshauptmann von Wiedebach den Vorsitz. [138] Bei dieser Gelegenheit verschaffte er Dr. Eck gegen die von einigen Studenten ihm gedrohten Misshandlungen Schutz und sprach auch seine Unzufriedenheit über die von Dr. Luther gehaltene Predigt aus, so dass er ausrief: „Ich wollte Dr. Martinus hätte seine Predigt bis gen Wittenberg gespart.“ Er starb im Jahre 1524 zu Pegau als Leipziger Stadtcommandant und ruht in der Leipziger Paulinerkirche.

Die religiöse Ueberzeugung Cäsars und dessen Abneigung gegen die Lehre Luthers ging auf seinen Sohn Julius über, der von ihm in erster Ehe mit Magdalena geb. von Carlowitz erzeugt wurde.

Dieser Julius von Pflugk, der durch seine Gelehrsamkeit sowohl wie durch seine Schicksale berühmt geworden ist, war in Eythra 1499 geboren. Er studirte 1517 zu Bologna, ward später Domdechant zu Meissen und Domprobst zu Zeitz, und 1541 von dem Domkapitel zu Naumburg heimlich, ohne des Kurfürsten Johann Friedrichs Einwilligung, zum Bischoff erwählt. Obschon die Kirchenverbesserung seit einer geraumen Zeit in das Stift eingedrungen war, so widersetzte sich doch Bischoff Julius der evangelischen Lehre. Johann Friedrich der Grossmüthige hatte zur Förderung der Reformation Nicolaus von Amsdorf nach Naumburg gezogen. Aber das Domkapitel erkannte ihn nicht an und erwählte statt seiner den katholischen Domherrn Julius von Pflugk, welchem auch Amsdorf, nachdem Johann Friedrich in Gefangenschaft gerathen war, weichen musste. Julius Pflugk war übrigens der letzte Bischoff von Naumburg und zwar vom Jahre 1547–1564. Mit diesem Jahre hörte die bischöffliche Würde auf und das Stift erhielt einen Administrator aus dem Hause Sachsen. Von Stiftung des Bisthums Naumburg bis auf Julius Pflugk hatte Naumburg 36 Bischöffe gehabt. Julius von Pflugk starb am 3. September 1564 zu Zeitz, wo derselbe auch begraben liegt, während sein Grabdenkmal zu Naumburg aufgestellt ist.

Nachdem Eythra zwei Jahrhunderte hindurch denen von Pflugk gehört hatte, wechselte es seine Besitzer öfter. Zunächst folgten im Besitze die Herren von Rechenberg, von welchen es die von Schleinitz acquirirten. Im Jahre 1751 kam das Gut an Graf von Werthern, von welchem es der Cabinetsminister Senft von Pilsach kaufte, der Schwager des Ersteren. Die verw. Gräfin Senft von Pilsach ererbte dasselbe im Jahre 1817, unter deren Gemahl Eythra oft der Schauplatz grosser Feste und Feierlichkeiten war. Von Letzterer kaufte es der Kammerrath David Anger, welcher auch Groitzsch, Grossdalzig, Zitzschen, Pödelwitz und Zweinaundorf besass. Seit 1839 ist mit Eythra sammt Pertinenzen dessen Sohn, Herr Alexander Anger beliehen. Der vielverdiente Kammerrath Anger war Mitglied der ersten Ständekammer. Auch sein Herr Sohn hat viele Verdienste um Eythra.

Bemerkenswerth ist noch von Eythra, dass in dem sehr kalten Winter des Jahres 1829 auf dem Elsterflusse in der Nähe von Eythra ein Singschwan geschossen wurde, der aus seiner Heimath nur sehr selten in unsere Gegenden kommt.

Das zu Eythra gehörige kleine Städtchen Groitzsch ist bekannt durch seine Pabusenfertigung, welche im siebzehnten Jahrhundert ein gewisser Meyer aus der türkischen Gefangenschaft hierher verpflanzt hat.

Früher war Groitzsch eine Grafschaft, welche den Sommerscheburger Grafen gehörte, die ihren Sitz in einer ungemein festen Burg auf dem Hügel im Westen hatten. Auf derselben residirte der gefürchtete lausitzische Markgraf Wieprecht, sowie dessen Sohn Heinrich, worauf sie Leibgedinge seiner Wittwe ward. Wie aber das Zubehör durch kaiserliche Schenkung an Conrad den Grossen, (welcher hier die prachtvolle Hochzeit seiner Tochter Mathilde mit Albrecht von Brandenburg feierte), so kam auch die Burg selbst an dessen Sohn Carl, welchen jene Wittwe erzogen hatte. Groitzsch wurde später den Pegauer Aebten, welche die Burg völlig schleiften, überlassen. Letztere haben den Ort selbst an die von Groitzsch verliehen. Im Jahre 1200 hatte es ein Friedrich von Groitzsch. Von Friedrich Tuta Groitzsch ging es an Tidemann über, der es 1289 an Friedrich den Freudigen abtrat, es jedoch von diesem nach dem Verluste der Lausitz wieder bekam. Im Jahre 1305 hielt Friedrich in Groitzsch einen besonderen Voigt, nach dem Jahre 1482 wurde es nebst Pegau an die Herren von Pflugk auf Eythra versetzt, wobei es denen von Pflugk für immerwährende Zeiten geblieben ist.

Eythra mit Bösdorf und Mausitz gehört seit der neuen Gerichtsordnung zum Gerichtsamte Zwenkau, zum Bezirksgerichte Borna, zur Amtshauptmannschaft Borna, zum Regierungsbezirk Leipzig, wogegen Groitzsch mit seinen Bewohnern jetzt zum Gerichtsamte Pegau gehört.

Eythra zählt 130 bewohnte Gebäude mit 186 Familienhaushaltungen und 787 Bewohnern.

Eythra als Parochie hat über 1000 Seelen.

In den ältesten Zeiten scheint in Eythra blos eine Kapelle gewesen zu sein, in welcher der Pfarrer zu Bösdorf eine Erbauungsstunde hielt. Später wurde wahrscheinlich die Kapelle zur Filialkirche und noch später zu einer eigenen Pfarrkirche mit einem besonderen Pfarrer erhoben. Der erste Pfarrer von Eythra ist aus Bösdorf dahin gezogen, welche beide Orte früher ihren eigenen Pfarrer hatten; aber wegen des spärlichen Einkommens wurde dann nur eine Stelle für beide Orte gegründet. Daher lässt sich erklären, dass in Eythra nur alle 14. Tage gepredigt wird, während in Bösdorf alle 8 Tage Gottesdienst stattfindet. An dem Sonntage, wo [139] Gottesdienst in Eythra gehalten wird, predigt der Pastor Nachmittags in Bösdorf.

Die Zeit der Erbauung des Gotteshauses in Eythra lässt sich nicht genau bestimmen, da die Urkunden darüber fehlen. Nur so viel ist gewiss, dass im Jahre 1740 das Gotteshaus verwüstet worden ist, indem man mit einem Kostenaufwand von 1500 Thalern der Länge desselben vier Ellen und seiner Höhe drei Ellen zusetzte, den Thurm vom Dache entfernte und vorn am Eingange einen neuen erbaute und die vorige Sacristei in eine Gerichtsdirectorcapelle verwandelte.

Das Vermögen der Kirche ist unbedeutend und erst durch das Legat des Herrn Kammerrath Anger im Jahre 1839 ist dasselbe auf ungefähr 1000 Thaler erhöht worden.

Unter den hiesigen Pastoren ist vorzüglich Georg Friedrich Sperber vom Jahre 1776 bemerkenswerth, welcher durch ein Legat von 200 Thalern, dessen Verwaltung der Merseburgischen Prediger-Wittwen-Pensionskasse übertragen ist, die hiesigen Pfarrwittwen zum Danke sich verpflichtet hat. Letztere bekommen die alljährlichen Interessen, was auch durch die Convention zwischen Sachsen und Preussen vom Jahre 1825 garantirt ist.

Der Kirchhof, welcher früher um die Kirche herum lag, ist später ausserhalb des Dorfes angelegt worden und zeichnet sich vor vielen anderen Begräbnissplätzen durch die festgehaltene Ordnung der Gräber, so wie durch die Denkmale des Grafen und der Gräfin von Werthern und den Begräbnissplatz der hiesigen Herrschaft aus.

In Eythra befindet sich ausserdem nur ein Schulhaus, welches massiv gebaut ist und durch seine innere zweckmässige Einrichtung sich auszeichnet. Seine Erbauung erfolgte erst in der neuern Zeit und ist ein Werk des Herrn Kammerrath Anger. An der Schule selbst sind zwei Lehrer, ein Cantor und ein Adjuvant angestellt. Letzterer erhält aus der hiesigen Waisenhauscasse 100 Thaler.

Die Schule hat ausserdem zwei Legate, welche von der Gräfin von Werthern und dem ehemaligen Gerichtsdirektor Flidner gestiftet sind. Von den Intressen derselben werden nützliche Bücher für arme Schulkinder angeschafft.

Die Collatur der Pfarre und Schule hat der jedesmalige Rittergutsbesitzer. Früher vergaben das Domkapitel zu Merseburg und der hiesige Gerichtsherr alternative die Pfarrstelle, weil in noch früherer Zeit die Pfarre zu Bösdorf blos vom Domkapitel besetzt worden war, und nach Vereinigung beider Stellen dieses Wechselpatronat gestattet werden musste.

Durch ein Rescript d. d. Dresden den 17. April 1748 übt jedoch das Patronatrecht der hiesige Gerichtsherr nur ganz allein aus. Bösdorf ist fälschlich öfter als Filial von Eythra ausgegeben. Es ist aber die Kirchengemeinde vereinigt.

Im sechszehnten Jahrhundert stand hinter Bösdorf noch ein kleiner Ort, Gumlitz genannt, mit einer Mühle, welches nach Bösdorf eingepfarrt war, aber wahrscheinlich im dreissigjährigen Kriege untergegangen ist.

Eythra hat schönen Ackerbau und gute Viehzucht. Den ärmern Bewohnern des Orts war früher reichlich Gelegenheit geboten in der herrschaftlichen Zuckerrunkelfabrik sich ihren nothwendigen Lebensunterhalt zu verschaffen. Leider ist dieses Etablissement wieder eingegangen.

M. G.