Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Giesenstein

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Autor: O. M.
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Titel: Giesenstein
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 65–66
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Giesenstein.


Das Rittergut Giesenstein liegt zwischen den beiden Städten Berggiesshübel und Gottleube in einem reizenden Thale, welches östlich von dem dürren Berge, südwestlich von der Rennplan und nordwestlich von dem Hohensteine begrenzt ist, von welchem letzteren ein hoher Felsen unbeschreiblich schöne Aussichten bietet. Zu dem Gute gehören hübsche, massive Wirthschaftsgebäude, ein stattliches Herrenhaus, ansehnliche Brauerei und Schäferei, eine Mahl- und Schneidemühle, einige Beigüter, sowie die Dörfer Oberhartmannsbach und Niederhartmannsbach mit dreiundzwanzig Bauergütern, einem Erbgerichte, zwei Mühlen, sieben Gartennahrungen und einigen Häusern. Das Areal des Rittergutes Giesenstein besteht aus beinahe dreihundert Ackern Landes, und zeichnet sich durch die Vortrefflichkeit des Bodens, äusserst ergiebige Wiesen und bedeutende Waldungen aus. Auf Giesensteiner Grund und Boden liegt auch ein Theil des durch Gellert und Rabener, die oft in dem Bade zu Berggiesshübel verweilten, sogenannten Poetenganges. Eine Freundin Gellerts schrieb diesem am 3. Juli 1768: „Hier bin ich nun seit vierzehn Tagen mit ein Paar geliebten Personen, meiner Mutter und meiner Schwester im Bade, wie Sie vor vier bis fünf Jahren. Noch nirgends habe ich ein so ähnliches Urbild zu der Idee gefunden, die ich von Arkadien habe, als hier!“ – Dieser herrliche Spazierweg führt zwischen uralten Buchen, Eichen, Linden und Ahornbäumen dahin und glich vor einigen Jahren einer ungeheuern Laube, durch die kaum ein Sonnenstrahl zu dringen vermochte, in neuerer Zeit aber hat man die Bäume etwas gelichtet, wodurch überraschende Aussichten auf die reizenden Wiesenparthieen der Gottleube und die nahen waldigen Felsen erlangt worden sind. Fast in Mitten des Ganges befindet sich ein mit Wehmuthskiefern umpflanztes Denkmal, eine steinerne Tafel über einem Steinsitze, mit der Inschrift:

„Der Sänger frommen Lieds, der heitre Fabeldichter,
Und Deutschlands Juvenal, der feine Sittenrichter,
Sie pflegten hier zu ruhn im Zwiesprach ernst und traut.
Noch tönet Gellerts Ruhm, noch Rabners Name laut.
Auf ihrem Schattensitz lasst ihrem Angedenken
Uns treue Dankbarkeit zu Deutschlands Ehre schenken.“
1767.       Th. Hell.       1829.

Den Namen Giesenstein hat das Gut, wie auch das nahe Berggiesshübel, von den schon in frühester Vorzeit hier befindlichen Gusshütten. Nach einem alten „Giesshübelium redivivum“ betitelten Buche galten die hiesigen Eisenhütten für die ältesten im Meissner Lande, und das namentlich auch deshalb, weil dieselben vor allen Andern „besonders begnadigt“ waren. Das hier gewonnene Eisen hatte schon in früher Zeit als sogenanntes pirnaisches Eisen einen weitverbreiteten Ruf, den Namen aber führt es von der „churfürstlichen Eisenkammer zu Pirna“ wie denn die Pirnaische Hammerordnung bis zur neuesten Zeit gültig blieb. Es waren in hiesiger Gegend an dreizehn Eisenhütten, darunter Giesenstein, Haselberg, Bienenhof, Fichte, Kratze, Kleppisch, Bahre, Reichstein und eine bei Liebstadt. Die Hammerherren hatten in den nahen Waldungen besondere Gebiete und entrichteten für den Korb Kohlen nur acht Pfennige, lebten aber dabei unter einander in unaufhörlichem Unfrieden, wie die noch vorhandenen Stösse der Streitacten solches hinreichend beweisen. Der Bergbau beschäftigte damals über dreihundert Bergleute und das Bergamt zu Giesshübel war noch vor hundert Jahren unter unseren vaterländischen Bergämtern keines der geringsten, auch stand unter dem hiesigen Bergmeister das Bergamt zu Glashütte. Im Jahre 1783 wurden beide genannte Bergämter mit dem zu Altenberg vereinigt und der Bergbau sank endlich dergestalt, dass sämmtliche Gusshütten erloschen und nur noch ein einziger Bergmann am Communstollen die halbe Tranksteuer von Berggiesshübel und Gottleube verbaute. Da beschloss im Jahre 1818 die Gräflich Einsiedel’sche Hüttenadministration zu Lauchhammer auf des Oberfactors Trautschold Anregung den hiesigen Bergbau wieder aufzubringen, aber viele Tausende kostete das Unternehmen ehe die Ausbeute erheblich erschien. Da entdeckte 1820 der Obersteiger Hengst in einem Kalkbruche bei Nenntmannsdorf Rotheisenstein und diese Fundgrube liefert zur Zeit an 350 Fuder reichen weichen Eisenstein, sowie vorzüglichen Eisenrahm und schönen Rubinglimmer. Bald darauf wurden neue Entdeckungen gemacht und namentlich ein sehr schätzbarer Magneteisenstein gefunden, worauf man die Gründung eines neuen Hüttenwerkes beschloss. Zur Zeit ist der Bergbau zu Giesshübel wieder im Aufblühen begriffen, und hauptsächlich hat der Aufbau des neuen Einsiedel’schen Eisenwerkes [66] im Zwieselthale dazu ungemein viel beigetragen. Dasselbe wurde am 6. Juli 1836 eingeweiht.

Nicht unerwähnt bleiben darf hier das mit dem Bergbau der hiesigen Gegend eng zusammenhängende Mineralbad „Johann-Georgenbad“ genannt, welches mit vielem Erfolge gegen chronische Nervenschwäche, Gichtleiden und besonders Hypochondrie und Hysterie, angewendet wird. Der Johann-Georgenbrunnen fliesst aus dem dürren Berge und ist ein alter Stollen, welchen Johann Georg II. anlegen liess. Das Mundloch des Stollens befindet sich in einer Wiese nach dem Walde zu. Eine alte Lindenallee führt zuerst nach einem kleinen Obelisken, von etwa fünfundzwanzig Fuss Höhe, ohne Inschrift, mit Sitzen umgeben, und sehr freundlicher Aussicht, auf dem sich ein aus neuerer Zeit stammender Halbmond befindet, der sich auf das Wappen des Besitzers, Generalleutnant von Leyser, bezieht. Hier war früher ein Sammelplatz der Badegäste, die früher auch tranken, während man jetzt nur badet. Die Säule soll, der Sage nach, zur Todtenfeier einer Mecklenburgischen Prinzessin, der Aebtissin des nahen Klosters, errichtet worden sein, und heisst deshalb die Prinzessinsäule. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass diese Säule zu dem gegenüber liegenden Kloster Dirnenhof in irgend einer Beziehung gestanden haben mag, auch soll dessen Calvarienberg der Dürrenberg (Dirnenberg?) gewesen sein. Oberhalb der Säule führt der Weg in das Gehölz und dann links hinein zur Wiese und der gemauerten Stollenöffnung des Brunnens, der jedoch jetzt noch einige Schritte höher gefasst ist. Das reichlich fliessende Brunnenwasser wird 1800 Ellen durch Röhren ins Badehaus geleitet und hier geheizt. Es enthält etwas Mittelsalze und Schwefellebergas. Ein zweiter 1722 entdeckter Brunnen, der Friedrichs- oder Sauerbrunnen genannt, enthält Bitter-, Koch- und Laugensalz, und ein dritter 1818 aufgefundener, der Augustusbrunnen, befindet sich dem Badehause gegenüber am Wehr der Gottleube. Bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts war das Bad Giesshübel so zahlreich besucht, dass die Gäste oft auf den umliegenden Dörfern ein Unterkommen suchen mussten.

Reichbegütert war früher in dieser Gegend die alte adlige Familie von Bünau, und auch Giesenstein gehörte zu deren Besitzthümern. Zu Anfange des siebzehnten Jahrhunderts wohnte auf hiesigem Schlosse Rudolf von Bünau, dessen Sohn, ebenfalls Rudolph genannt, es noch 1649 besass. Das Gut muss zu Ende des siebzehnten oder bald nach Beginn des achtzehnten Jahrhunderts von den Bünau’s weggekommen sein, denn 1714 gehörte es einem Herrn von Schönberg, von dem es an den Oberconsistorialpräsidenten von Globig gelangte, der auch Zehista besass und 1779 starb. Nach ihm war wiederum ein Consistorialpräsident von Globig Eigenthümer von Giesenstein, der dieses Gut seinem Sohne, dem Kammerherrn von Globig vererbte, worauf das Gut an Herrn Amtmann J. F. Pfau, den jetzigen Besitzer kam.

Das Rittergut Giesenstein erhielt durch Rescript vom 11. Juli 1771 die Altschriftsässigkeit und ist, trotzdem dass es viel näher an Berggiesshübel liegt, nach Gottleube eingepfarrt.

O. M.