Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Hilbersdorf

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Autor: M. G.
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Titel: Hilbersdorf
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 156–158
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Hilbersdorf


in Urkunden Hildebrandisdorf genannt, ¾ Stunden von Freiberg entfernt, an der Strasse nach Dresden und Dippoldiswalde gelegen.

Der Erbauer dieses Ortes soll ein Magister montium, Namens Hildebrandus gewesen sein.

Im Jahre 1272 wurde es von seinem damaligen Besitzer Heinrich Becherer, Bürger zu Freiberg, mit allen durch Markgraf Heinrich verliehenen Gerechtigkeiten und Zubehörungen, nebst 5 Talenten Zinsen, der von ihm im Hospitale zu Freiberg der Jungfrau Marie zu Ehren erbaueten Kapelle als Geschenk überlassen, wie auch später und zwar im Jahre 1351 von Friedrich von Honsberg, einem Freiberger Adeligen, die noch übrigen zu diesem Dorfe gehörigen 5 Hufen Landes dem Hospital zu St. Johannis zu Freiberg geschenkt wurden.

Auf der Höhe des Muldenthals zur Rechten des ausmündenden Dorfbaches steht der sogenannte in der Abbildung befindliche obere Hof, mit einem grossen Herrenhause von uralter Bauart. Dieser Hof war der Sitz der früheren Gerichtsherren.

Im Jahre 1543 kaufte es der Rath zu Freiberg vom Herzoge Moritz und seit dieser Zeit ist es bis auf die neuesten Zeiten von dem Rathe zu Freiberg verwaltet worden, dem ebenfalls die Verwaltung des Hospitals von St. Johannis zusteht.

Das dem Dorfe westlich nahe vielfach gekrümmte Muldenthal: gewährt durch die Nacktheit seiner strauch- und graslosen hohen Bergseiten ein düstres Bild. Der Rauch der Muldener Schmelzhütten hat diese Berge schwarzbraun gefärbt, und verhindert die Natur, hier ihr grünes Kleid auszubreiten.

Durch seine vielen Ziegeldächer hat das Dorf ein stadtähnliches Ansehen.

[157] Die Fluren des Dorfes werden durch Weissenborn, Niederbobritzsch, Naundorf und Halsbach bereint.

Heinrich der Erlauchte, dem das Hospital St. Johannis viel zu verdanken hat, bedachte dasselbe unter andern sonderbarer Weise mit den ausgedienten Säcken, in welchen damals, statt in Kübeln, das Erz aus den Gruben gefördert und mit den abgenutzten Plantüchern, auf welchen die Erze gewaschen und geschieden wurden, nebst dem Erze, was in dergleichen Säcken und Tüchern zurückgeblieben sein würde.

Lebenslänglich geniessen 54 Freiberger Verarmte in diesem Hospitale geheizte Wohnung, auch, wenn sie erkranken, Abwartung nebst ärztlicher Pflege und ausserdem eine jede dieser Personen wöchentlich 1 Thlr.; ausser diesen 54 Personen erhalten, bei derselben Wohnung und Pflege, 18 Freiberger wöchentlich 18 Gr., sowie 18, 24 und 17, von der Hospitalwohnung ausgeschlossene Einheimische, wöchentlich 12, 8 und 6 Groschen lebenslänglich; endlich werden noch 60 Hausarme unterstützt, deren jeder wöchentlich 6 Groschen empfängt.

Selbst für Auswärtige giebt es in diesem Hospitale 6 sogenannte Kauf-Stellen, verbunden mit der geheizten Wohnung, der beschriebenen Krankenpflege und 1 Thlr. Wochengeld; um aber eine solche Stelle zu erlangen, müssen einmal für immer 200 Thlr. erlegt werden.

Ueber alles dieses giebt endlich das Hospital jährlich 500 Thlr. an die städtische Armenversorgungs-Anstalt, 600 Thlr. zu dem geistlichen Einkommen der Stadt und 150 Thlr. zur Schulcommun; und bestreitet überhaupt mit Einschluss der Verwaltungskosten eine jährliche Ausgabe von wenigstens 1400 Thlr. Ausser Hilbersdorf kamen auch schon 1295 Ober-Bobritzsch und Sohra zu dieser Stiftung, sowie das Zinsgetreide von Lichtenberg und der Zehend von Conradsdorf. –

Hilbersdorf war derjenige Ort im 30jährigen Kriege, welcher am meisten zu leiden hatte. Schon im Jahre 1632 trafen in hiesiger Gegend die Croaten ein und wütheten so fürchterlich, dass viele Einwohner die Erhaltung ihres Lebens nur durch die Flucht bewirken konnten. In dem nahen Conradsdorf waren alle Einwohner ausser Pfarrer und Schullehrer, die zeitig genug noch ihre Wohnungen verlassen hatten, ein Opfer der Mordlust croatischer Soldaten geworden.

Am 21. März 1634 legte sich der schwedische General Banner vor das mit kaum 308 Mann Sachsen besetzte, wohl aber mit einer grossen Masse Schutz suchender Landleute angefüllte Freiberg. Gegen 70,000 soll damals die gesammte Menschenzahl in Freiberg betragen haben.

Bis zum 20. März erneuerten sich täglich die heftigen Angriffe der Belagerer, welche unter dem in der Stadt commandirenden Oberstlieutenant Haubitz, die Bürger und Bergleute durch das wenige Militair, sowie durch die eingeflüchteten Bauern unterstützt, muthvoll zurückschlugen. Endlich bei Annäherung churfürstlich-kaiserlichen Truppen zogen am 21. März die Schweden ab, verheerten aber durch Mord und Brand viele Dörfer auf diesem Rückzuge.

Auch die Hilbersdorfer Kirche und mehre Wohnhäuser wurden während dieser Belagerung Freibergs ein Raub der Flammen.

Ebenso hat auch das Dorf im Jahre 1813 durch Plünderung und Requisitionen viel gelitten.

Die hiesige Kirche, eine der schönsten in der Umgegend, wurde im Jahre 1773 verbessert und vergrössert, erhielt einen neuen Altar, eine neue Kanzel und neben der Kirche einen neuen Thurm. Schon 1723 wurde dieser Tempel des Herrn mit einer Silbermannschen Orgel ausgestattet. Eingepfarrt hieher sind:

1) Die Muldener oder oberen Schmelzhütten. Die ältesten in der Freiberger Gegend.

2) Die Philipp’sche oder niedere Pulvermühle, früher unter dem Namen der Goldmühle bekannt.

In den älteren Zeiten stand hier ein Kupferhammer. Man verfertigt hier meistens Schwarzpulver für das hiesige Bergwerk.

3) Die an der dresdner Chaussee an der aus einem einzigen, 30 Ellen weiten Bogen bestehenden sogenannten Hammerbergsbrücke gelegenen, zum Thiel’schen Drath- und Eisenhammer gehörigen Gebäude nebst der Mühle. Dieser Drathhammer existirt seit 1708. Thomas Weber führte in Freiberg die leonischen Geld- und Silberarbeiten ein, das Kupfer der verarbeitet werdenden Masse, welches aus Russland bezogen wird, schmiedet man hier. Vor dem Drathziehen erfolgt dann die Versilberung oder Verzinnung oder Vergoldung.

4) Die ehemalige Schwefelhütte ist seit 70 Jahren nicht mehr im Gange. Früher gehörte dieses Gebäude, hart am Muldenstrome gelegen, der Tuchmacherinnung, welche ihre Tücher hier schwefeln liess.

5) Das Königl. Flossholzanweise-Haus. Der hiesige Flossplatz [158] ist unter dem Namen des Thurmhofer bekannt. Früher waren in der Nähe Schmelzhütten, sowie ein Verkohlungsplatz, weshalb auch der frühere Flossholzanweiser, Köhlermeister und das Anweisehaus das Köhlerhaus genannt wurde.

Die Kirche zu Hilbersdorf ist eine Filialkirche von Conradsdorf, wo in den frühesten Zeiten blos eine Kapelle zum Gebrauche der nach Altenzella Wallfahrenden erbaut war.

Die Schule zu Hilbersdorf wird von 120 Kindern besucht.

Als gleichzeitiger Besitzer von Conradsdorf steht dem Stadtrathe von Freiberg das Collaturecht über die Mutter und Tochterkirche zu und auch über die beiden Schulen zu Conradsdorf und Hilbersdorf.

Ackerbau und Viehzucht sind die Hauptnahrungsmittel von Hilbersdorf.

Besonders wird hier viel Flachs erbaut und sowohl roh verkauft, als versponnen.

Auch giebt es im Dorfe viele Fabrik- und viele Berg- und Hüttenarbeiter.

Ausser dem alten in der Abbildung befindlichen Herrenhause zeichnet sich im Dorfe noch das Erbgericht aus und verdient deshalb besondrer Erwähnung.

Die Gesammtzahl der hiesigen Einwohner beträgt 763, worunter 14 Bauern mit 17 Bauergütern, 18 Gärtnern, 24 Häuslern sich befinden.

Hilbersdorf gehört, jetzt ebenfalls zum Gerichtsamte Freiberg, und steht demnach auch unter den diesem Gerichtsamte vorstehenden höheren Behörden.

M. G.