Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Ober-Langenau

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Titel: Ober-Langenau
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 73–74
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Ober-Langenau.


Das grosse Dorf Langenau liegt in dem Amte Freiberg des Erzgebirgischen Kreises. Es zerfällt in Ober- und Nieder-Langenau, und jedes derselben hat ein amtsässiges Rittergut; die verschiedenartige Benennung der Dorftheile bezieht sich indess nicht auf ihre gegenseitige Lage, sondern eben nur auf die beiden Rittergüter, von denen wir hier das oben benannte beschreiben wollen, soweit dies gesondert bei zwei so eng verschmolzenen Theilen möglich ist.

Langenau, welches im alten Gemeindesiegel Lagna heisst, liegt am obersten Theile der Striegnit; diesen Namen nimmt das bei Langenau fliessende Gewässer erst bei St. Michaelis an. Von Freiberg ist Langenau gegen Südsüdwest 2 bis 2½ Stunde entfernt und eben so weit gegen Osten von Oederan, und ¾ bis 1¼ Stunde von Brand südwestlich, an der Strasse von Freiberg nach Zschopau, so wie an der von Zöblitz nach Blumenau. Jene läuft quer durch das Niederdorf, diese eben so durch das Oberdorf. Die Höhe Langenau‘s, beider Theile, über der Meeresfläche, geht von 1400 bis gegen 1700 Fuss. Diese bedeutende Verschiedenheit hat zur Folge, dass auch das Clima an beiden Enden des Ortes sehr verschieden ist.

Das Dorf hat den Namen von seiner grossen Länge, denn es dehnt sich 1¼ Stunde lang hin, in dem ersten Drittel die Richtung von Südsüdwest nach Nordnordost verfolgend, dann aber meist von Südosten nach Nordwesten, so dass es im Ganzen einen scharfen Bogen beschreibt.

Doch nicht blos wegen seiner Länge ist Langenau gross, sondern auch wegen seiner Einwohnerzahl, denn in mehr als 300 Häusern hat es über 2200 Seelen, so dass es nächst Collmitz das stärkste Dorf im Amte ist. Von seinen Einwohnern gehören einige unter das Bergamt Freiberg. Die jährliche Durchschnittszahl der Geburten beträgt 65–70, die der Todesfälle 45–55.

Die weitgedehnte Flur gränzt südlich mit Gross-Hartmannsdorf, nordwestlich mit dem Ober-Reichenbacher Gebiet, südwestlich mit Gränitz und Klein-Hartmannsdorf und in den übrigen Theilen mit Waldungen.

Ober-Langenau zählt ausser dem Rittergute 17 Güter, 47 Gärtner und 27 Häusler, von denen 4 Zechhäuser unter das Bergamt Freiberg gehören. Ausserdem hat es noch einen Zainhammer und einen Hufschmied. Auch mehrere Mühlen, so wie zwei Hammerwerke, am Anfange der grossen Strigis und am Fusse der Langenauer Höhe gelegen, gehören dazu.

Unter den Gütern sind einige sehr ansehnlich und wohlgebaut. Sie besitzen zusammen 13½ Magdeburger Hufe. Die Einwohner treiben starke Viehzucht, doch gewährt ihnen auch der bedeutende Flachsbau eine ergiebige Einnahme. Einige der Einwohner treiben auch nicht unbedeutenden Handel und beschäftigen zum Theil viele Menschen durch Spitzenklöppeln und Bandmachen.

Das Rittergut ist nicht sehr bedeutend, auch haben die Einwohner das früher ausgeübte Schaaftriftrecht so wie das Zwanggesinderecht abgekauft; indess besitzt es etwas Wald und einige Teiche, letztere besonders in dem Grunde, der östlich in das Grubenholz ausläuft.

Ober-Langenau und Nieder-Langenau machten früher nur eine Besitzung aus, doch im Jahre 1766 wurden sie getrennt. Das obere Gut besass seitdem im Jahre 1820 die Familie Köhn, und das untere Herr Rudolph, der im Jahre 1833 beide Güter besass, ohne sie jedoch wieder vereinigt zu haben. Gegenwärtig ist Ober-Langenau im Besitz des Herrn von Oelschlägel, der indess nicht auf dem Gute selbst wohnt, sondern königlicher Postmeister in Tharand ist.

In der Collatur von Kirche und Schule alterniren beide Güter mit einander.

Die Kirche, ein ansehnliches und stattliches Gebäude, steht ziemlich in der Mitte des Dorfes, zwischen beiden unfern von einander gelegenen Rittergütern. Eingepfarrt ist dahin das Dorf Ober-Reichenbach, so wie das Freigut Münchs- oder Mönchsfrei, im Munde des Volks gewöhnlich nur der Frei genannt. Ihre Entfernung ist 2⅛ Stunden von Oederan, 1 Stunde südwestlich von Brand, ⅝ Stunden ebenfalls südwestlich vom Himmelsfürsten, und ihre Höhe über der Meeresfläche beträgt 1400 Par. Fuss. Die Kirche wurde 1663 und dann wieder 1705 renovirt, die Pfarrgebäude aber 1688. Vor der Reformation gehörte die Pfarre zur Sedes Freiberg der Meissner Dompropstei.

Gränitz war früher Filial von Langenau, dürfte aber wohl erst seit der Reformation dazugeschlagen sein, denn vor derselben machten die zahlreichen Wallfahrer, welche alljährlich das dortige Gnadenbild besuchten, dem man wunderthätige Kräfte zuschrieb, es nöthig, einen eigenen Priester zu halten. 1614 wurde indess Gränitz zur eigenen Parochie erhoben, was weiter keinen Vortheil hatte, als die vielen elenden Pfarrstellen Sachsens um eine neue zu vermehren.

Jedes der beiden Rittergüter hatte bis zu der neuesten Aenderung unserer Gerichtsverfassung ein eigenes ansehnliches Erbgericht, Gasthofsnahrung und andere Emolumente.

Oestlich von Langenau befinden sich mehrere Silbergruben, besonders in dem sogenannten Grubenholze, welches wohl eben davon seinen [74] Namen hat. Auf der Flur von Langenau sind ausser der ziemlich beträchtlichen Hoffnung-Gottes-Fundgrube nur wenige Eigenlehnerzzechen; indessen beschäftigt der Bergbau dennoch über 300 Einwohner.

Oestlich von Langenau erstreckt sich das Grubenholz, zu welchem man gewöhnlich auch das Freiholz rechnet, obgleich es eigentlich nicht dazu gehört. Aus diesen Waldungen, die zum grössten Theile königlich sind, empfangen die meisten Zechen ihr Gruben-Zimmerholz, theils umsonst, theils gegen Freikuxe, welche Holzkux genannt werden, theils gegen billige Zahlung.

Die Gehölze bedecken eine sehr coupirte, hochgelegene Gegend. In ihrem Umkreise befinden sich viele, mitunter sehr ansehnliche Bergwerksteiche und der Hochbirkner- so wie der Erbisdorfer Kunstgraben beröhren sie.

Unter den verschiedenen Gruben, welche dieser Wald umschliesst und die ihm seinen Namen gegeben haben, sind besonders das Unterhaus Sachsen und Johannes-Fundgrube als starkbelegte Werke zu erwähnen.

Am östlichen Rande des Grubenholzes befindet sich die Wohnung des königlichen Aufsehers über die Kunstgräben dieser Gegend, des Röschen-Kunstmeisters; sie ist nach Berthelsdorf eingepfarrt. Ein zweiter Aufseher hat seine Wohnung in dem Dorfe Dörenthal.

Südöstlich von dem Dorfe Langenau erreicht das hiesige Gebirge seine höchste Höhe; sie beträgt 1800 bis 1900 Pariser Fuss über der Meeresfläche und man geniesst von ihr eine weite und sehr interessante Aussicht nach Frauenstein, Nassau, Gross-Walthersdorf, Freiberg und vielen andern Orten.

Die Geschichte von Langenau geht bis zu dem Jahre 1185 zurück. In diesem Jahre schenkte Markgraf Otto der Reiche einem gewissen Ekkard Land, um es urbar zu machen und in der darüber ausgestellten Urkunde werden die Markungen des Ortes Langenau (Langenae) als Grenze bezeichnet.

Besitzer beider Güter war gegen das Ende des 16. Jahrhunderts die Familie von Hartitsch. Im Jahre 1792 besass Ober-Langenau Hans Heinrich von Schönberg auf Tanneberg.