Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Paunsdorf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: M. G.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Paunsdorf
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 172–173
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[Ξ]
[172]
Paunsdorf


mit Schönfeld, dem heiteren Blick, Sommerfeld, Mölkau, Stünz und Sellerhausen rainend, ist 450 pariser Fuss über das Meer erhaben und die Gegend erhebt sich von hier sehr merklich gegen Nordosten.

Das frühere alte Schloss, dessen Erbauer nicht bekannt ist, brannte am 18. October 1813 ab und die jetzigen Rittergutsgebäude sind daher in ganz neuem Styl erbaut.

Das altschriftsässige Rittergut gehörte in früheren Zeiten der Familie von Thümmel, von welcher es der Geheime Kammerrath und Bürgermeister zu Leipzig, Herr Dr. Christian Wilhelm Küstner acquirirte, von dem es später an Professor Arndt in Leipzig kam. Dann war es Eigenthum der Körner’schen Familie. Jetzt besitzt solches seit 1844 H. Alwin Körner.

Paunsdorf hat eine sehr nutzbare Oeconomie und beträchtliche Schäferei. Auch gehören zum Gute einige Teiche und die mit demselben durch eine schöne Lindenallee verbundene im Süden stehende Windmühle. Die früher so frequente Chaussee von Leipzig nach Dresden berührt das östliche Ende des Ortes.

Paunsdorf ist geschichtlich merkwürdig geworden durch die Leipziger Völkerschlacht. Paunsdorf bildete einen Hauptpunct, dessen endliche Erstürmung durch das Armeecorps des Königs von Schweden besonders mit Hülfe Congrevescher Raketen zur Entscheidung der Schlacht viel beitrug.

Bei Paunsdorf erfolgte auch der Uebergang der sächs. Truppen zu dem Heere der Verbündeten, ein Umstand, der zu Napoleons Verderben ebenfalls viel mitwirkte.

Paunsdorf hat in jener Zeit unsaglich viel gelitten, der grössere Theil des Dorfes wurde ein Raub der Flammen und Vieh und Wirthschaftsgeräthe ging durch Plünderung verloren.

Indessen haben die Einwohner sich bald wieder erholt. Die vielen hier erbaut werdenden Küchengewächse verschaffen einen reichlichen Gewinn und das nahe Leipzig bietet den übrigen Einwohnern, welche dort Arbeit suchen, hinreichende Beschäftigung. Im Jahre 1814 erhielt Paunsdorf von dem Leipziger Unterstützungsverein zur Wiederaufhülfe 2620 Thaler. Die Zahl der abgebrannten Häuser in der Leipziger Schlacht betrug 35.

Die Gemeinde bildet einen eigenen Schulbezirk, und hat jetzt sein eignes Schulhaus, während sonst sich die Schule und Lehrerwohnung in einem gemietheten Locale befand. Das Collaturrecht über die Schulstelle hat die Gemeinde.

Die dasige Kirche hat der vormalige Gerichtsherr Dr. Christian Wilhelm Küstner im Jahre 1784 grösstentheils auf eigne Kosten aufführen lassen, doch musste bereits im Jahre 1839 der Thurm, welcher einzustürzen drohte, wieder abgetragen werden.

Zur Besorgung des Gottesdienstes in dieser Kirche besteht seit fast dreihundert Jahren die Einrichtung, dass ein Candidat des Predigtamtes in Leipzig als Katechet oder Hülfsprediger drei Sonntage hinter einander predigt und der Pfarrer von St. Thekla am vierten Sonntage die Predigt und Communion hält, der Katechet predigt alsdann in St. Thekla und Mockau. St. Thekla als Parochie hat zwei Tochterkirchen unter sich, wovon eine eben Paunsdorf, die andere Mockau ist. St. Thekla hat wohl eine der ältesten Kirchen hiesiger Gegend. Sie ist, wie bekannt, auf einem Hügel erbaut, der früher als heidnischer Opferplatz gedient haben mag. In der Volkssprache wird sie „die Tiegelkirche“ genannt.

Als Schutzpatronin muss man dem Namen zufolge, die heilige Thekla betrachten.

Diese Thekla war, wie die Legende erzählt, die Tochter eines reichen Bürgers in Ikonium, der Hauptstadt Lykaonines in Kleinasien, und die Verlobte eines jungen Mannes Namens Thamyrus. Als der Apostel Paulus nach Ikonium kam, um das Evangelium zu verkündigen, hörte ihn auch Thekla, welche, da ihre Wohnung der seinigen gegenüber lag, seine Predigten recht gut hören konnte. Sie gab, ergriffen von der Rede des Apostels, dem Pförtner seiner Wohnung ihr kostbares Ohrgehänge, um Zutritt zu dem Gottesmanne zu erlangen und wurde bald darauf Christin.

Sie wurde dann von ihrer Mutter und ihrem Bräutigam angeklagt und vom Richter zum Feuertode verurtheilt. Nach der Legende blieb sie von den Flammen verschont, und als sie von wilden Thieren zerrissen werden sollte, liebkosete sie der eine der Löwen und auf diese Weise erfolgte ihre Rettung.

Die Nachwelt hat sie zur ersten Märtyrerin erhoben und als Heilige verehrt.

[173] In dieser Kirche zu St. Thekla ist ein Bild Luthers vom Jahre 1532. Dieses Bild ist in übergoldetes Leder gepresst und sehr schön zu nennen.

Die Predella des Altarschreins zeigt in einem Gemälde die Vision eines heiligen Papstes, dem, als er vor dem Altare kniet, der Heiland erscheint, bedeckt mit Blut und Wunden. Auch ist die ganze Leidensgeschichte Jesu in verschiedenen Köpfen und Zeichen dargestellt. Neben dem Altar rechts ist noch das Tabernakel zu sehen, davor befindet sich eine alle eiserne durchbrochene Thüre.

An einigen Seiten des Hügels, worauf die Kirche steht, sind noch Ueberreste von den doppelten Gräben zu finden, welche die Schweden im 30jährigen Kriege anlegten, um den Berg als Schanze zu benutzen.

Die Aussicht von demselben auf die Parthenaue herab, von Plaussig bis nach Schönfeld, ist wahrhaft entzückend. Die Menge Dörfer, Leipzig und Taucha, welche das Auge erschaut, gewähren ein liebliches Bild.

Die Kirche in Paunsdorf enthält nichts besonders Erwähnenswerthes. Sie steht ziemlich am östlichen Ende des Dorfes und diente von jeher jeden angehenden Candidaten der Theologie als geeignete Stelle, ihre ersten Proben in der Kanzelberedtsamkeit abzulegen.

Manchen ältern Pastor hört man oft mit Thränen der Rührung heute noch erzählen: In Paunsdorf habe ich meine erste Predigt gehalten; in Paunsdorf habe ich zuerst Muth gefasst, als Prediger öffentlich aufzutreten.

Das Collaturrecht über die Kirche zu St. Thekla steht dem Leipziger Stadtrath zu und sind in die Kirche zu St. Thekla eingepfarrt Cleuten, Plösen und Neutzsch.

Durch die Filiale Paunsdorf und Mockau sind Geschäfte und Einkommen des Pfarrers ansehnlich. Wenn der Pastor für Paunsdorf keinen Katecheten hält, so muss derselbe Sonntags früh drei Mal predigen und einen Weg von drei Stunden machen.

Paunsdorf hat ausser dem Rittergute der Kirche und Schule noch zwei ansehnliche Gasthöfe, 12 Güter und 68 Häuser und gehört mit 800 Einwohnern zum Gerichtsamt Taucha, zum Bezirksgericht Leipzig.

M. G.