Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Pfaffroda

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Autor: O. M.
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Titel: Pfaffroda
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 87–88
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Pfaffroda.


Pfaffroda liegt eine Stunde von Sayda und ebenso weit von Olbernhau, 1900 Pariser Fuss über dem Meeresspiegel in einem offenen, nicht allzutiefen Grunde und erstreckt sich von Süden nach Norden bis zu einer freien Höhe hinaus. Das Dorf ist von einer Chaussee durchschnitten, die Freiberg mit Olbernhau verbindet und umschlossen von kleineren Baumgruppen und mit Waldungen bedeckten Höhen. Die Umgegend ist ausserordentlich angenehm, hauptsächlich bieten der nahe Schaafhübel, die westlichen Höhepunkte nach Hallbach und die nördlichen nach Dörnthal hin treffliche Fernsichten. Sehr angenehme Parthieen bilden die Ufer des Bielabaches, der an den südlichen Gebirgswänden bei Sayda entspringt, durch mehrere andere Gewässer, namentlich den Pfaffrodaer Dorfbach und das Mittelwasser verstärkt wird und nach dreistündigem jähen Laufe bei Blumenau in die Flöhe einmündet. Auf dem linken Ufer der Biela liegt ein liebliches Thal, die Hölle genannt. Die Biela windet sich in rascher Fluth dahin, ist reich an Forellen und enthielt sonst Perlmuscheln und Goldkörner. In Pfaffroda befinden sich einhundertzehn Hausnummern, darunter die herrschaftliche Mühle, das Lehngericht‚ der Gasthof, einige Bauergüter‚ die Scharfrichterei und eine Ziegelei, mit [88] mehr als achthundert Einwohnern, grösstentheils Ackerbauer, Professionisten und Handarbeiter. Pfaffroda bildet mit Dörnthal, Dittmannsdorf, Schönfeld, Oberneuschönberg, Kleinneuschönberg, Niederneuschönberg, Renckersdorf, Hutha, Hallbach, Zethau und Helbigsdorf die alte Schönberg’sche Herrschaft Pfaffroda, mit einem Flächenraume von mehr als einer Quadratmeile und achttausend Einwohnern.

Das hiesige bedeutende Rittergut zeichnet sich namentlich durch seine herrlichen Waldungen aus, die theils mit Nadelholz, theils mit Buchen und Erlen bestanden sind. Der gesammte Wald dehnt sich von Südost nach Nordwest über anderthalb Stunden hin und ist an manchen Stellen drei Viertelstunden breit. Es wird von den Fluren der Ortschaften Nieder- und Kleinneuschönberg, Hallbach, Pfaffroda, Schönfeld, Heidersdorf, der Zechhäuser, Oberneuschönberg und Olbernhau begrenzt.

Das Schloss zu Pfaffroda liegt auf einem etwas schroff ansteigenden Hügel, der südlich mit Gebüsch und Bäumen bewachsen ist. Auf der südlichen, sechszehn Fenster breiten, Seite des Schlosses sind noch einige aus dem Mittelalter herrührende Mauerstücken vorhanden und an dem Vereinigungspunkte der beiden Flügel erhebt sich ein stattlicher Thurm. Die beiden Flügel des Schlosses bilden mit den Wirthschaftsgebäuden einen geräumigen Hof, nach welchem zwei gewölbte Thore führen. Das Schloss hat sehr moderne Einrichtung und sein Inneres enthält einen herrlichen Gartensaal, einen Waffensaal der eine grosse Anzahl von Seltenheiten birgt, ein reiches Münzkabinet und eine Bibliothek. Die Brauerei, Schäferei, zwei grosse Scheunen, Schuppen und die Gärtnerwohnung liegen ausserhalb des inneren Hofraumes. Die ansehnliche Reitbahn erbaute 1772 der Kammerherr von Schönberg. – Von den beiden Gärten zeichnet sich besonders der südlich gelegene durch seine hübschen Anlagen aus, auch enthält er Treibbeete, ein Gewächshaus und einen Park, der an den kleinen Schlossteich mit einer Insel stösst und sich in das Gebüsch bei der Schneidemühle verliert. Von den beiden schönen Lindenalleen führt eine nach Dörnthal, die andere steht an dem Damme des grossen Teiches im Bielaer Grunde.

Pfaffroda ist eine alte Besitzung der Familie von Schönberg, gehörte aber in frühester Zeit zum Kloster Ossegk in Böhmen, dem der Ort wol auch gleich dem nahen Dörnthal seine Entstehung verdankt, doch lässt sich nicht bestimmen in welchem Jahrhundert die Gründung stattfand und wann das Gut an die Familie Schönberg gelangte. Dasselbe war bis 1648 ein Bestandtheil der Herrschaft Purschenstein, wo es Caspar von Schönberg aus dem Hause Mittelfrohna nebst Dörnthal von Caspar Heinrich von Schönberg auf Purschenstein an sich brachte. Der neue Besitzer erbaute das noch jetzt stehende Schloss und wurde Gründer der Schönberg-Pfaffrodaer Linie, auch begleitete er hohe Staatswürden als kurfürstlicher Kammerherr, Berghauptmann und Amtshauptmann. Als ein sehr frommer Herr nahm Caspar von Schönberg 1658 eine Anzahl aus Böhmen vertriebener Protestanten auf und gestattete ihnen, sich auf seinem Grund und Boden anzusiedeln, wodurch die Dörfer Ober- und Niederneuschönberg entstanden, während fast zu gleicher Zeit Kleinneuschönberg durch sächsische Colonisten gegründet wurde. Wolf Rudolf von Schönberg, des Vorigen Sohn, war Geheimrath, verlor seine drei Söhne und starb 1735, eine Wittwe hinterlassend. Dadurch kam die Herrschaft Pfaffroda an Gotthelf Friedrich von Schönberg auf Tannenhain, Trebitz und Lauterbach und von ihm an den königlich sächsischer Kammerherrn, auch Gensd’armeriechef und Feuerkommissarius Curt Heinrich von Schönberg, der als wohlthätiger und menschenfreundlicher Herr noch in gesegnetem Andenken steht. Er war ein grosser Freund der Wissenschaften und dabei ein tüchtiger Tonkünstler. Sein Tod erfolgte am 29. September 1843 zu Teplitz und die Herrschaft Pfaffroda gelangte an Herrn Joachim von Schönberg, der sie noch jetzt besitzt.

Die Schicksale Pfaifroda’s waren mannigfaltig und namentlich im dreissigjährigen Kriege wurde es von den Kaiserlichen und den Schweden um die Wette gebrandschatzt, wobei 1632 die Kroaten auch den hiesigen Pfarrer Homilius tödtlich verletzten, so dass er bald darauf starb, auch brannten sie die Kirche nebst mehreren Häusern und das Schloss nieder. Der Schwedenkrieg zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, der siebenjährige Krieg und sogenannte einjährige Krieg trafen die Gegend ebenfalls sehr hart und 1813 wohnte der König Murat von Neapel sammt seinem Gefolge einige Tage auf dem Schlosse Pfaffroda, in dessen Nähe verschiedene leichte Gefechte und Plänkeleien stattfanden. Die in Sachsens Geschichte unerhörten Hungerjahre von 1770 bis 1773 und von 1815 bis 1817 empfanden die hiesigen Armen weit weniger als Tausende anderer Unglücklichen, da die damaligen Besitzer der Herrschaft durch die zweckmässigsten Anstalten und Bauten (den Reitstall), sowie durch Vertheilung von Brod und Holz unendlich viel Gutes thaten und die Noth der armen Leute nach Kräften milderten.

Die Kirche zu Pfaffroda, wohin auch Schönfeld eingepfarrt ist, wurde, nach ihrer Zerstörung durch eine Feuersbrunst, 1645 wieder aufgebaut und seit dieser Zeit wenig verändert. Sie besitzt einen interessanten Ablassbrief vom Jahre 1480, den Caspar von Schönberg auf Frauenstein und Pfaffroda bei einer Reise nach Rom vom Papste Sixtus IV. für die hiesige Kirche erbat. Derselbe wird im Archive des Schlosses aufbewahrt und enthält noch sechs, freilich schadhafte, Siegel der Cardinäle welche ihn ausstellten. Der Bischof von Meissen fügte den gegebenen hundert Ablasstagen durch ein Postscriptum noch vierzig Tage bei. Filial der Kirche zu Pfaffroda ist Hallbach mit den eingepfarrten Dörfern Hutha, Renkersdorf, und Antheilen von Niederneuschönberg und Kleinneuschönberg. Die Pfaffrodaer Kirche besitzt eine Silbermannsche Orgel mit vierzehn klingenden Stimmen. – Am obern Ende des Dorfes befindet sich ein besonderer Friedhof mit einer gefälligen und geräumigen Todtenkapelle, deren Bau dreihundert Thaler kostete. Hier werden nur die Verstorbenen des obereren Ortstheils beerdigt.

O. M.