Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Potschappel

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Potschappel
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 211–213
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Potschappel


zwei Stunden südwestlich von Dresden im sogenannten Plauenschen Grunde, auf beiden Seiten der Weiseritz gelegen, welche im Sommer nur einen mittelmässigen Bach darstellt. Derselbe trägt aber zur Schönheit des Plauenschen Grundes ungemein viel bei, mag er bei Mühlwehren gleich wie in einem Spiegel das Bild der Felsencolosse verdoppeln, zwischen denen er sich hindurchdringt – oder mag er raschen Laufes in unermesslichen Wellchen gekräuselt, über die bunten Kiesel zum Theil auch über herabgefallene Gneuss- und Syenitblöcke dahineilen – oder in der Mitte des Grundes durch üppige Wiesen, schnell zwar, doch nicht mit Hast sich hinschlängeln – oder endlich hier und da einen wühlerischen, wenngleich niedrigen und von der Kunst herbeigeführten Sturz bilden, unter welchen jener von der Neumühle, über ein vier Ellen hohes, aus Steinen unordentlich ausgeworfenes Wehr einer natürlichen Caterackte sehr ähnlich ist. Der Name Plauenscher Grund führt in der engsten Bedeutung nur der eine halbe Stunde lange bis nahe an Potschappeler Eisenhammer reichende unterste Theil des Weiseritzthales, südöstlich bei Dresden da von jenem Eisenhammer aufwärts das Thal so breit wird, dass es vielmehr einer Aue als einen Grund bildet, dann aber auch deshalb, weil das Dorf Plauen eigentlich nicht wohl dem Thale weiter hinauf den Namen zu geben verdient, sondern zu Bezeichnung eines grösseren Abschnitts des Weiseritzthales vielmehr Potschappel der schicklichste Ort sein dürfte.

Dessenungeachtet wird der Name Plauenscher Grund, der durch fast ganz Europa bekannt ist und noch drüber hinaus, gewöhnlich in weiterer Bedeutung, bald bis nach Hainsberg hinauf bald bis nach Tharandts heiligen Hallen gebraucht.

Der bis Hainsberg reichende Grund wird im Allgemeinen auch nicht mehr der Plauensche sondern der Döhlner Grund oder das Döhlner Thal besonders nach unten genannt. Von Potschappel abwärts nach Döhlen und Deuben benannt; der obere Hauptabschnitt reicht vom Backofen bei Hainsbach bis nach Tharandt und bildet den Heilsberger oder Eckersdorfer Thalkessel und den Tharandter Grund.

Der vorerwähnte untere Theil ist der engste, ja er ist einer Schlucht zu vergleichen, wie das Wasser bei einem Durchbruche sie sich zu bahnen pflegt. Daher wurde der mittlere Theil des Thales, der Döhlner Grund von den Geologen für einen grossen abgelaufenen See erklärt. Ja, der Name Plauen sprechen für diese Erklärung.

Der Döhlner Grund wird zwar von ansehnlichen, doch meist sanft ansteigenden wenigstens nicht felsigen Bergen eingefasst, die grösstentheils einen 1000 bis 1500 Schritt breiten Raum eben lassen: nur in seiner untern Hälfte tritt der Potschappler Berg, der steilste unter allen, weit vor und ist vom gegenüber liegenden Sauberg nur 500 Schritt entfernt, wodurch ein besonderer Abschnitt des Döhlner Grundes entsteht, den man den Potschappler Thalkessel nennen dürfte, und welcher durch den Kulben vom untern Plauenschen Grunde geschieden wird.

Um aber ein gehöriges schönes Bild von diesem Grunde zu erlangen muss man von Dresden aus zu Fusse wandern und weder Eisenbahn noch Wagen benutzen.

Ist der Wandrer über die Plauensche Hofmühle hinaus um eine Ecke herumgebogen, so wölbt sich vor ihm ein enger Kessel in dessen Seite, 100 Schritt vom Wege die wohlgebaute Buschmühle am linken Ufer des Klosters liegt. Hinter demselben steigt das Gebirge zum Theil mit Wein bepflanzt, zum Theil auch zu Weideplätzen benutzt nicht zu steil an, und nur einzeln hängen Klippen. Hingegen erhebt sich der Mühle gegenüber eine 100 bis 140 Ellen hohe einwärts gekrümmte Felsenwand. Das Malerische und das Schauerliche dieser Felsen wird durch die fast schwarze Farbe desselben erhöht, welche der Syenit an der Luft gewinnt.

Nächst der Heegereuthers Wohnung geleitet die Weiseritzbrücke über den Fluss – ein treffliches zum Theil nach der Dresdener Brücke [212] aus Pirnaschen Quadern errichtetes Gebäude von drei Bogen. Am jenseitigen Ufer angelangt, steht der Wanderer mitten im Thalkessel und sieht zur Linken die unterhalb Plauen erhöhete Felskuppe, welche man jetzt als Punkt zu den herrlichsten Aussichten benutzt, während vor 150 Jahren von dieser Höhe Hirsche und Bären in den Abgrund geworfen wurden.

Etwas weiter öffnet sich am rechten Ufer eine enge und finstere, stets feuchte Felsenschlucht in den Grund.

Weiterhin führt die Strasse um eine Felsenecke herum nach der Königsmühle, einem 1747 von August III. errichteten Gebäude, welches seiner Zeit ein wahres Prachtgebäude genannt werden konnte.

An den Höhen hinter derselben stehen Häuser, deren Bewohner sich von Obstbau nähren. Durch eine Klippe war sonst die Mühle von der Buschmühle ganz getrennt, und von hier nach Dresden zu kommen, war ohne Uebersteigen des Gebirges gar nicht möglich. Als einst August II. den hässlichen Jagdweg des Grundes beklagte, liess Graf Brühl durch 600 Freyberger Bergleute denselben ebenen und von jener Klippe so viel absprengen, dass sich im Grunde hin eine schmale Strasse führen liess.

Ein Felsenhorn bei dieser Klippe wird das Schweizerbett genannt, zur Erinnerung eines Schweizers, welcher bei einer Königl. Jagd hier sein Nachtlager genommen hatte und doch nicht in den Abgrund gestürzt war. Bei der Königsmühle wurde zur Vermählung Augusts das häufig besungene Saturnusfest gefeiert.

Auf den jenseitigen Höhen liegt das Dörfchen Coschüz. Weiterhin wird der Grund wieder sehr enge und man erblickt die Neumühle, der berühmte Vergnügungsort von Dresdens Bewohnern. Von der Neumühle erklimmt der Wanderer die steile Dölzschener Felskuppe, an welche sich die mit Wein bestandenen Höhen des Dorfes reihen, Hier geniesst man eine der herrlichsten Aussichten. Im Thale selbst führt der Weg zu einem Pass, welcher das Coschüzer Vorgebirge mit der Dölzschner Höhe verbindet.

Da, wo er sich nach einer gefälligen Windung des Grundes öffnet, steht am rechten Ufer die Pulvermühle von Potschappel und hier zieht sich ein langer tiefer Wiesengrund in die Nähe von Coschüz hinauf. Rechts hat nun der Wanderer nackte, zum Theil durch die Kunst geglättete Felsenwände, welcher die des 140 Ellen hohen Kulbenberges entgegenstehen.

Der Kulben ist am rechten Ufer der letzte steile und noch beim Flusse emporsteigende Berg; am linken begleitet das Gebirge den Wanderer bis an den Eisenhammer und tritt dann ebenfalls zurück: die ganze Ansicht ändert sich – die Schönheit tritt in Hintergrund, aber die Erhabenheit wechselt mit der Milde.

Eine weite Wiesenfläche mit Alleen und Weiden kündigt das schöne Dorf Potschappel an, welches sich zum Theil wieder an den steilen, hervorspringenden kahlen Syenitfelsen anlegt. Am Fusse dieses schroffen Felsen, welcher einen der schönsten Standpunkte in diesem Thale gewährt und durch Anlagen im englischen Geschmack durch einen tempelartigen Pavillon auf der höchsten Spitze verschönert wird, steht das schöne Herrenhaus mit den grossartigen vielen dazu gehörigen Gebäuden.

Der Sage nach soll an der Stelle des Herrenhauses vor der Reformation ein Nonnenkloster gestanden haben, zu welchem eines Gnadenbildes willen häufig gewallfahrtet worden sei.

Noch ist zwar eine Kapelle, wo es aufgestellt gewesen sein sollte vorhanden, aber vom Kloster selbst sind keine geschichtlichen Nachrichten bis auf unsere Zeiten gelangt.

Auf der Anhöhe, jenseits der Weiseritz liegen sieben Gärten und Häuslerwohnungen sowie vier herrschaftliche Berghäuser, welche Leissnitz genannt werden und mit den übrigen diesseits des Flusses liegenden Bauerngütern von Potschappel eine Gemeinde bilden, weshalb es Potschappel mit Leissnitz heisst.

Der Name Potschappel war vor Alters nur für diese Häuser im Gebrauch, nach Mehrung deren Zahl verschlang er die ältere Benennung des Dorfes mit.

Nach der Reformation wurden auf alle Fälle die Klostergüter eingezogen und in ein amtsfähiges Gut oder Vorwerk verwandelt, mit welchem zuerst die reiche Ritterfamilie von Theler beliehen wurde, deren Besitzungen von hier über Burgk, Sonnsdorf, Höckendorf bis über Ruppendorf hin ununterbrochen sich erstreckten.

Die Familie von Theler besass dieses Gut bis ins 17. Jahrhundert und leisteten deshalb ein Ritterpferd.

Schon im Jahre 1689 besass es Herr von Haugwitz auf Bärenclause, 1726 kaufte die Familie von Lüttichau das Rittergut, doch gehörte damals nur die eine Hälfte des Dorfes dazu; nach ihr kaufte es der Appelationsgerichtspräsident Graf von Hagen, welcher es 1784 wieder an die Lüttichauische Familie verkaufte, und im 18. Jahrhundert kam es nicht lange an das Geschlecht derer von Güntherode.

Im Jahre 1804 acquirirte es Herr von Schönberg, von welchen es für 340,000 Thaler an die Familie Klett überging.

Jetzt aber gehört es der Potschappeler Actiengesellschaft, die natürlich Alles für ihr Unternehmen befördert, wogegen die Rittergutsöconomen Nebensache geworden.

[213] Die früher hier gestandene Glashütte ist schon länger eingegangen. Sie lieferte blos grüne Hohl- und Medicinalgläser. Ihr Produkt war zwar haltbar und glänzend aber von unangenehmer Farbe.

Vor der Einführung der neuen Gerichtsorganisation gehörten zu Potschappel die Dörfer Deuben, Birkigt, Schweinsdorf, Zschiedgen, Kleinburg und Kleinnaundorf.

Im letztern Orte war ursprünglich ein besonderes Rittergut und bestand deshalb dortselbst ein besonderer Dingstuhl, weshalb der Rittergutsbesitzer von Potschappel in seinem Lehnbriefe allemal mit Kleinnaundorf als einem besondern Rittergute belehnt wird.

Jetzt befindet sich die Schäferei daselbst, so wie mehrere Wirthschaftsgebäude.

Bei Schweinsdorf hat das Rittergut bedeutende Kalksteinbrüche mit Kalköfen.

Bekannt und berühmt ist aber Potschappel durch seinen Kohlenbau geworden, welcher hier ächt bergmännisch betrieben wird, und vorzüglich schön durch den Grafen von Hagen in die Höhe gebracht wurde. So ist das Rittergut, welches im Jahre 1784 38000 Thaler gekostet hatte, im Jahre 1804 mit 198000 Thaler verkauft worden.

In einem zwanzigjährigen Besitz hatte sich der Werth um das fünffache erhöht und die Kohlen und Vitriolwerke einen Gewinn von 90000 Thaler abgeworfen.

Durch dieses Verfahren des Grafen von Hagen kam natürlich der Ort in die Höhe. Dreissig Jahre früher war derselbe so nahrlos und arm, dass sämmtliche Wirthschaften im Dorfe für 6000 Thaler feil geboten wurden, während jetzt jeder einzelne Bauernhof einen viel höheren Werth hat.

Seit des neuen Betriebs von der Actiengesellschaft ist nun der ganze Kohlenbau noch viel grossartiger geworden und die nähere Beschreibung gehört nicht hierher, da solche schon durch die ausgegebenen Prospecte der Actiengesellschaft genugsam beleuchtet und das Unternehmen selbst durch öffentliche Blätter in einem so günstigen Lichte geschildert worden ist, dass darüber nichts mehr hinzuzufügen sein dürfte.

Potschappel gehört unstreitig unter die merkwürdigsten Dörfer Sachsens und steht an Lebhaftigkeit den schönen Fabrikdörfern der Oberlausitz nicht nach.

Die Einwohner, deren Zahl sich auf 600 beläuft, sind zur Hälfte nach Döhlen, zur andern nach Pesterwitz gepfarrt und müssen unter dem Gerichtsamte Döhlen jetzt Recht leiden.

(M. G.)