Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Tuttendorf

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Tuttendorf
Untertitel:
aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 161–162
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Tuttendorf


liegt nordöstlich ½ Stunde von Freyberg entfernt im gekrümmten, angenehmen, von Fichten und Laubholz beseiteten Thale der sich hindurchschlängelnden Mulde.

Den Namen des Ortes erklären Einige durch Theodonisdorf (woher auch Dietenhofen oder Thionville benannt worden sei), Andre durch Theodotusdorf. Indess kommt schon 1185 der Name Tutendorf vor und deshalb ist wohl an den altdeutschen Namen Tute, Teute, Taute zu denken, von welchem so viele andere Ortsnamen abstammen.

Tuttendorf bildete ursprünglich ein besonderes Erblehngut mit eigenen Gerichten, welches die Schriftsässigkeit erlangte und ist der Ort selbst sehr alt. Ja, man hat die Vermuthung aufgestellt, dass derselbe sammt Christiansdorf als eigentlicher Mutterort der Colonie Freyberg zu betrachten sei. Denn der Bergbau Tuttendorfs, vormals sehr belebt, seit 3 Jahrhunderten aber nicht bedeutend, soll älter sein als der Freyberger, eine Behauptung, die dadurch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, dass unter andern Tuttendorf, des ergiebigen Bergbaues wegen, von dem Bezirke des durch Otto den Reichen 1162 gestifteten Klosters Altenzelle urkundlich ausgeschlossen blieb.

Mit dem nahe gegenüber, auf dem rechten Muldenufer gelegenen Conradsdorf, durch eine Brücke in Verbindung gesetzt, ist das rücksichtlich seiner Gebäude von der Mulde nach Freyberg zu sich ziehende Tuttendorf, von dem tiefer liegenden Dorfe Halsbrücke nur eine kleine halbe Stunde entfernt.

Das hiesige Herrenhaus zeichnet sich durch seine Grösse und schöne Bauart aus und gewährt für unser Album gewiss ein herrliches Bild.

Die früheren Besitzer des Gutes sind wegen mangelnden Nachrichten nicht mehr mit Bestimmtheit zu ermitteln gewesen. Auf alle Fälle stand es, wie die anderen Orte des Freyberger Bergbaues, in den ersten Jahrhunderten unter einem Advocatus oder Voigt, auch Friedensrichter genannt. Erst nach Beseitigung dieser Voigte mag Tuttendorf ein selbstständiges Gut geworden sein. Denn als erster bekannter Besitzer von 1451 wird uns der Freiberger Bürgermeister Weller von Molsdorf genannt, derselbe, welcher bei der Landestheilung zwischen Friedrich dem Sanftmüthigen und Herzog Wilhelm auf des Ersteren Ansinnen, Wilhelmen die Treue zu versagen, dem Kurfürsten die Wahl stellte, sie sterben oder treu bleiben zu lassen, worauf letzteres der Kurfürst Friedrich vorzog.

Durch den Bürgermeister Weller von Molsdorf kam Tuttendorf an den Stadtrath zu Freyberg, als den Verwalter des Johannishospitales, von welchem es die Scheunert’sche Familie aquirirte, bei welcher solches sich jetzt noch befindet. Herr August Wilhelm Scheunert ist der dermalige Besitzer.

Tuttendorf liegt in einem milden und schon viel Laubholz zeugenden Thale, gegen 900 bis 950 par. Fuss über dem Meere.

Unterwärts vermitteln es einzelne Häuser so ziemlich mit Halsbrücke. Die Mulde hat hier sehr gekrümmten Lauf, weshalb der Ort im Thale nirgends weit zu sehen ist; auch dehnt sich derselbe nicht nach hiesiger [162] Art eben sehr in die Länge aus, sondern ist mehr niederländisch angelegt. Die Pflege gehört zu den volkreichsten in Sachsen, wozu natürlicher Weise der Bergbau die Veranlassung gegeben hat.

In der Nähe von Tuttendorf giesst ein Hauptstollen Sachsens, der alte tiefe Fürstenstollen nebst dem alten Thurmhöfer Hülfsstollen in die Mulde aus. Von vielen hier sonst betriebenen Zechen ist nur das Ober-Neugeschrei, jedoch ohne sonderliche Bedeutung, noch im Gange; wichtiger war sonst die, jetzt in Frist liegende Grube Gottes Hülfe, das Beilehn von Güte Gottes an der Halsbrücke.

Tuttendorf war, wie oben schon erwähnt, sonst ein dem Stadtrathe zu Freyberg zustehendes Dorf, und deshalb steht auch noch heutigen Tages dem Stadtrathe zu Freyberg das Collaturrecht über die dasige Kirche zu, welche tiefer als das Herrenhaus näher der Mulde steht.

Diese Kirche war früher der heiligen Anna geweiht, also einer Schutzpatronin des Bergbaues, weshalb hieher grosse Wallfahrten unternommen wurden.

Im Jahre 1705 riss man die alte Kirche hinweg und weihete 1710 die neue ein, an deren Thurm auch noch das Bildniss der Anna aufbewahrt wird. Von 1681 bis 1690 existirte hier der Liederdichter Johann Gfr. Hoffmann aus Freyberg, welcher auch das geistliche Grubenlicht und die Rosengedanken und Rosengespräche geschrieben hat.

Eingepfarrt in die hiesige Kirche sind Halsbrücke mit Neubau, Lossnitz, Fürstenhof und Fürstenthal und Lössnitz. – Lossnitz und Lössnitz sind nicht mit einander zu verwechseln. Ersterer Ort ist sehr alt und kommt eher vor, als Freyberg.

Lössnitz dagegen ist erst in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erbaut. Jenes Lossnitz gehörte früher den 3 Brüdern von Mordeisen auf Kleinwalthersdorf, welche den Ort nebst noch 6 andern Dörfern im Jahre 1587 an den damaligen Kurfürsten von Sachsen, Christian I. um 525,000 fl. verkauften.

Lossnitz und Lössnitz haben ihre eigenen Schulen, während Fürstenthal seine Kinder nach Tuttendorf in die Schule schicken muss, in welcher 150 Kinder unterrichtet werden.

Tuttendorf mit seinen 58 bewohnten Gebäuden und seinen 458 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamte Freiberg.

M. G.