Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Waldenburg

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Autor: M. G.
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Titel: Waldenburg
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 205–206
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Waldenburg.


Waldenburg liegt in der Standesherrschaft gleiches Namens, und gehört zu den Schönburgischen Recessherrschaften, welche früher zu dem erzgebirgischen Kreise gezählt wurden, gegenwärtig, in soweit sie nicht noch eine besondere Verwaltung haben, zur Zwickauer Kreisdirection gerechnet werden.

Ein Konrad von Waldenburg ist der erste, den wir kennen; obschon die Erbauung des frühern Schlosses unter Heinrich I., welcher im 10. Jahrhundert an der Mulde eine Reihe von Burgen anlegte, erfolgt sein soll.

Unter den spätern Besitzern ist 1274 ein Ahnarg oder Unari von Waldenburg als Oberhofrichter im Pleissnerlande bekannt. Ein Otto, ein Heinrich, ein Johann folgten im 14. Jahrhundert. Letzterer hat wahrscheinlich die Herrschaft an die von Kaufungen versetzt, indem 1357 Heinrich und Kunz von Kaufungen sich Herren von Waldenburg nannten. Erst 1360 kommt wieder ein Johann von Waldenburg vor, welcher sich mit dem Landgrafen Friedrich von Schönburg und seinem eignen Sohne Hanns ewiglich verband; seine Tochter, die Baronissa Sophie, heirathete Burggraf Albrecht zu Leissnig.

Dieser Johann trat seine Stammherrschaft an Friedrich III. von Schönburg ab, wenigstens soll dieser 1371 vom Kaiser Wenzel die Lehn über Glauchau, Waldenburg und Pyrsenstein (Lichtenstein) empfangen haben.

Doch hat sich erst dessen Sohn Veit I., 1390 auch Herr von Waldenburg geschrieben.

Anarg von Waldenburg heirathete 1408 die Meissnische Prinzessin, Constantin[VL 1], Heinrich von Waldenburg ward 1422 Leipziger Studio.

Der kurfürstliche Hofmeister Anarg von Waldenburg war 1428 Herr von Zschopau, und 1429 Herr zu Scharfenstein; 1440 belehnte er den Georg von Wiedebach mit Venusberg. Dieser Anarg scheint aber nicht Wolkenstein besessen zu haben, sondern es ist vielmehr für jene Zeit eine Wolkensteiner und eine Scharfensteiner Linie derer von Waldenburg anzunehmen.

Wann der männliche Stamm dieses Geschlechts erloschen sein mag, ist nicht recht bekannt. Der weibliche starb 1494 aus, mit Katharine, des Grafen Ludwigs von Gleichen Wittwe und Herrin von Cranichfeld.

Unter den Schönburgischen Besitzern von Waldenburg ist besonders als Stammvater Ernst der Jüngere von Schönburg zu betrachten, bekannt als Herzog Georgs Feldmarschall im Bauernkriege.

Die jetzigen Glieder des Waldenburger Zweiges, von der obern oder fürstlichen Linie der Herren von Schönburg, sind: Fürst Otto Victor, geb. 1785, dessen Gemahlin Thekla geb. Prinzessin von Schwarzburg-Rudolstadt, geb. 1793, dessen Prinzessinnen Car. Henr. Marie Louise, geb. 1818, und Ida, geb. 1821, und die Prinzen Otto Friedrich, geb. 1819, und Hugo, geb. 1822, Prinzessin Mathilde, vermählt mit dem Prinzen Schwarzburg-Rudolstadt, ferner Prinz Georg und Prinzessin Ottilie, vermählt mit dem Grafen von Schönburg, und endlich Prinz Karl Ernst. Fürst Otto Victor ist im vorigen Jahre in Leipzig mit Tode abgegangen und ihm folgte Otto Friedrich.

Der Fürst besitzt ausser Waldenburg noch die Standesherrschaft Lichtenstein, die Herrschaft Rempe, die Herrschaft Hlobusch mit Pitzschin im Bernauer Kreise Böhmens, die Schwarzenbacher und vier Bauergüter im nördlichen Baiern, das Rittergut Gauernitz mit Constappel bei Meissen, das Rittergut Cahlenberg, die Güter und Gerichte Ziegelheim, Reichenbach, Tirschheim, Rusdorf, Neudörfel, und Abtei Oberlungwitz; auch das schöne Rittergut Oelsnitz, und gemeinschaftlich mit der ganzen Linie die Gusowschen Güter unweit Berlin, auch Mittelfrohna bei Burgstädt.

Die alte Burg von Waldenburg, oder – weil das im Jahre 1848 abgebrannte Schloss damals schon stand, – das sogenannte hintere Schloss, brannte im Jahre 1619 ab; die ansehnlichen Ruinen desselben müssen aber noch lange gestanden haben, da man sie auf einem alten Kupferstiche v. J. 1762 noch erblickt. Das neuere Schloss hatte bis zu seiner Zerstörung mannigfache Veränderungen erlitten, und schöne Zinnen und einen zierlichen Thurm erhalten, von dessen Plattform man eine schöne Aussicht hatte, wie überhaupt vom Schlosshofe aus nach der Mulde hin eine reizende Aussicht sich darbietet.

[206] Eine seiner schönsten Zierden, den ältesten Zeugen der vergangenen Tage, hatte das Schloss Waldenburg schon im Jahre 1839 verloren, eine riesige Eiche, hart an der Westseite des Schlosses, welche an einem ganz windstillen Maitage, unberührt von der Axt und nur der Last ihrer Jahre und ihrer eignen Schwere erliegend, darnieder sank.

Damals ahnete man nicht, dass durch blinde Aufregung 9 Jahre darauf das Schloss selbst zerstört werden würde.

In die ganze Erhebung des Volks, im Jahre 1848, zieht diese Zerstörung wie ein schwarzer Faden sich hindurch, und unsere Nachkommen werden es nicht glauben wollen, wie unter den Augen der herbeigezogenen Civil- und Militairgewalt so Etwas geschehen konnte. Schwer wird es heute noch auf den Gewissen derer lasten, welche ein so grobes Verbrechen verübten und das Schloss in Brand steckten.

Der Fürst Waldenburgs hatte ein solches ihm zugefügtes Leid nicht verdient, und sein Entschluss war bald gefasst, das Schloss in Waldenburg in Trümmern liegen zu lassen.

Doch bald wurde der hohe Herr mit Bitten bestürmt, Allen nicht entgelten zu lassen, was nur Wenige verbrochen hatten und von dem vernünftigeren Theil der Bevölkerung nicht gebilligt worden war, und so liess sich der Fürst bewegen, ein neues Schloss auf den Trümmern des abgebrannten entstehen zu lassen, welches wir jetzt in der Abbildung erblicken, und schöner und grösser als das alte hinaus in die Mulde schaut, umgürtet von grünen Terrassen, dichten Blumengruppen und freundlichen Gartenanlagen, in welchen der Beschauer vielleicht, wenn das Glück ihm wohl will, die fürstliche Gebieterin des Schlosses im Kreise ihrer Familie mit Freundlichkeit und Würde lustwandeln sieht.

Hinter dem Schlosse blicken die Wirthschaftsgebäude, der Reitstall, und weiterhin das Amthaus durch die Bäume hindurch.

Das Schloss liegt am linken Ufer der Mulde, und zwar im Vordergrunde und nach dem Thale absteigend, während an den obern Ende der Stadt in angemessener Würde, wie eine ernste Wächterin die Kirche sich erhebt, und ihr zur Linken der Rathhausthurm.

Dagegen ist das rechte Ufer mit Bergen von Nadelholz eingefasst. Den Vordergrund nimmt hier das ziemlich ausgedehnte Altstadt-Waldenburg ein, dessen ansehnliche Kirche dem Thal zu nicht geringer Zierde gereicht.

Die Rauchwolken, welche sich von Zeit zu Zeit über diesen Ort erheben, zeigen uns an, womit man sich vorzugsweise beschäftigt: Sie entsteigen den Brennöfen der Töpfer, welche den Hauptstamm der dasigen Bevölkerung ausmachen, und das beliebte braune Geschirre, Flaschen, Apothekergefässe, thönerne Pfeifen und Oefen in Kacheln und Aufsätzen liefern.

Hinter Altstadt mündet sich ein enges Seitenthal in das Hauptthal, worinnen das Dorf Oberwinkel, und der von dem Vater des gegenwärtigen Fürsten angelegte englische Park Greenfield sich befindet. Eine Eichenallee führt dorthin, und Keiner, der in dieses Thal kommt, möge hier vorübergehen. Unter den vielen schönen Puncten zeichnet sich das von der Fürstin Henriette von Schönberg erbaute, und mit fürstlicher Pracht und im edlen Styl ausgeführte, zum Begräbnissplatz der Aeltern bestimmte Mausoleum aus. Eine eigenthümlich schöne Aussicht belohnt noch überdem die Mühe des Steigens.

Waldenburg liegt zwar an keiner Hauptstrasse; es hat sich jedoch immer eines nicht ganz unbedeutenden Verkehrs zu erfreuen, und gilt namentlich als der Mittelpunct des Getreidehandels zwischen dem Gebirge und dem fruchtbaren Altenburger Lande. Ausser den gewöhnlichen bürgerlichen Gewerben wird vorzugsweise die Weberei von baumwollenen, besonders aber wollenen und halbwollenen Zeugen, die Strumpfweberei, und zum Theil auch noch die Posamentirerei betrieben, namentlich hören wir, wenn wir uns in die ärmeren Stadtheile wenden, fast aus allen Häusern das Klappern des Webstuhls oder das Schnurren des Strumpfwirkerstuhles.

Die Stadt ist auf dem Abhange des linken Muldenufers erbaut, und nur ein Thal derselben, die Mittelstadt genannt, zieht sich den Berg hinunter bis an den Fluss, der durch einen Mühlgraben mehrere Mühlenwerke treibt.

Diese Lage ist die Ursache von den meist schrägen Strassen.

Einige Reihen neuer schöner Häusser am Markte lassen am Ende schnell den Stadttheil erkennen, welcher durch den letzten grossen Brand verheert wurde.

Von andern öffentlichen Gebäuden verdient die Kirche einer Erwähnung. Sie ist gegenwärtig das Muster einer edlen Einfachheit, und besitzt ein Gewölbe, welches durch Schönheit und acustische Bauart dem Erbauer, einem (aus Strassburg gebürtigen) Steinmetzen aus Rochlitz, alle Ehre macht.

Waldenburg liegt unter dew 50° 52′ n. B., und 30° 15′ östl. L., gegen 2 Stunden oberhalb Glauchau, und gegen 8 Stunden unterhalb Penig.

Es zählt 290 Häuser und 3100 Einwohner, ungerechnet die angelegenen Ortschaften Altwaldenburg und Eichleite, mit welchen es eine Kirch- und Schulgemeinde bildet.

M. G.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Constantia