Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Bergen

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Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Bergen
Untertitel:
aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 179–180
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Bergen


liegt 21/2 Stunden von Plauen, 11/2 Stunde von Falkenstein, 21/2 Stunden von Oelsnitz, 2 Stunden von Treuen in einem grossen und romantischen Thalbecken, was von dem Triebbach durchflossen nach dem Dorfe Trieb zu immer weiter und weiter wird.

Dieses herrliche Thal ist nach Mittag von waldigen Höhen eingeschlossen, wovon Bergen seinen Namen erhalten hat. Das Klima dieses Ortes ist wegen dieser Umfassung keinesweges so rauh, als öfter erzählt wird.

Bei guter Cultur gedeihen alle Getreidearten gut, ja sogar einzelne ausgezeichnet; berühmt sind vorzüglich die Kartoffeln hiesiger Gegend.

Der Boden enthält viel Granitsand mit etwas Lehm und Granitfelsblöcken, aus denen die hier heimischen Steinmetzen Werkstücke jeder Art fertigen, die weit und breit zu Bauten verfahren werden. Die Steinmetzen sind zünftig und haben sich der Zunft der Maurer angeschlossen; sie haben unter den Einwohnern des Ortes unstreitig den besten Verdienst.

Vorzüglich durch diese Werkstätten der Steinmetzen, sowie durch die nicht unbedeutenden Holzlieferungen aus den hiesigen Waldungen, findet im Dorfe Bergen ein lebhafter Verkehr, namentlich mit der Stadt Plauen statt.

Das im Dorfe befindliche in der Abbildung zu schauende Schloss ist zwar nicht ausgezeichnet an Grösse, dagegen ist dasselbe sehr wohnlich eingerichtet und die Gastfreundschaft der jetzigen dasigen Gerichtsherrschaft macht den Aufenthalt daselbst angenehm. Wer hier als Gast weilte, der kann gewiss auch von froh verlebten Stunden auf diesem Gute erzählen und wird der traulichen Gespräche im heitern Kreise sich stets gern erinnern. Möge nie der heitre Sinn, der frohe Lebensmuth aus diesem Hause weichen und Glück und Segen walten für und für.

Das Rittergut mit Trieb sammt seinen Gerechtsamen gehörte in früheren Zeiten zu dem grossen Güter-Complex der Familie von Trützschler auf Falkenstein, die sich auch bei dem Verkauf des Gutes die Collatur über die hiesige Pfarr- und Schulstelle, sowie die Gerichtsbarkeit über das Pfarrlehn (auch Collaturgerichte genannt) vorbehalten hat.

Seit dem 27. Juni 1788 ist die Förstersche Familie im Besitze dieses Gutes.

Der derzeitige Besitzer, Herr Franz Julius Förster, trat schon im Jahre 1848 seine Gerichtsbarkeit an das Justizamt Plauen ab, deren Verwaltung später dem königlichen Gerichtsamt zu Falkenstein zugetheilt worden ist.

Das Rittergut Bergen wird deshalb „Bergen mit Trieb“ genannt, weil ihm die Gerichtsbarkeit über beide Orte zustand.

Seine hiervon bezogenen Einnahmen waren früher bedeutender, als die von der zum Rittergute gehörigen Oeconomie. Letztere wurde erst in neuerer Zeit durch den Ankauf von einigen Bauergütern, sowie durch Urbarmachung von Waldboden, eine entsprechende Ausdehnung gegeben. Der ganze Gütercomplex enthält 484 Acker mit 3004 Steuer-Einheiten.

Der zum Gute gehörende gut gepflegte Wald liefert durch seine geschützte und zusammenhängende Lage, durch seinen üppigen Wuchs und durch seine Pechnutzungs-Erträge seit 50 Jahren einen sichern, nicht unbedeutenden Reinertrag.

Besondere hervorragende andere Gebäude ausser dem Rittergute [180] hat Bergen nicht aufzuweisen, selbst die Kirche, um welche der Friedhof angelegt ist, bietet, mit ihrem altväterischen, unregelmässig gebauten Thurme dem Auge nichts Ausgezeichnetes dar; aber die drei Glocken auf dem alten Kirchthurme ergötzen, so oft sie ertönen, die Ohren durch ein überaus schönes, harmonisches Geläute.

Wann und durch wen die hiesige Kirche gegründet worden, welche Schicksale dieselbe im Laufe der Zeit erfahren hat, darüber fehlen die geschichtlichen Nachrichten. Nach mündlichen Traditionen ist sie eine der ältesten Kirchen des Voigtlandes und schon lange vor der Reformation erbaut. Die katholischen Kapläne zu Falkenstein haben der Sage nach den Gottesdienst in derselben mit verrichtet.

Ausserdem sind im Orte zwei Mühlen, die eine die obere, die andere die untere Mühle genannt. Erstere hat neben der Mahlmühle, aus zwei Mahlgängen bestehend, noch eine Schneidemühle und mit der letztern, ebenfalls aus zwei Mahlgängen bestehend, ist noch eine Oelmühle verbunden. In früherer Zeit soll auf der nämlichen Stelle, wo jetzt die untere Mühle steht, ein Eisenhammer gangbar gewesen sein. Wenigstens bürgt für diese Sage das Auffinden von Schlacken in der Nähe jenes Ortes.

Der Triebbach, welcher die beiden Mühlen in Bewegung setzt, ist ein klares, kaltes und schnellfliessendes Bergwasser (daher jedenfalls der Name Trieb von treiben) also zum Aufenthaltsorte und zum Gedeihen der Forelle besonders geeignet. Zu Zeiten ist auch jetzt noch grosser Reichthum an dieser Fischart vorhanden.

Die Fischerei in demselben gehört, so weit die Bergner Fluren reichen, einzig und allein dem Rittergute Bergen.

Die Pfarr-, sowie die Schulstelle in Bergen gehört zu den besseren des Voigtlandes. In die Schule zu Bergen sind auch die Kinder aus dem Harzberge, der Gansgrün, dem Streuberge, dem Steinigt und dem untern Jägerswalde gewiesen.

Die Einwohner Bergens, angeblich 750 an der Zahl, nähren sich theils vom Ackerbau, theils vom Tagelöhnen, Nähen und Klöppeln.

Auch einige Handwerker haben sich ausser den Steinmetzen hier niedergelassen, wie z. B. ein Fleischer, drei Schneider, einige Zimmerleute, Maurer und Weber, ein Hufschmied und zwei Wagner.

Die Wohnungen der Landleute ziehen sich in einem Halbkreise um eine massige Anhöhe herum, auf welcher die Kirche, nebst Pfarr- und Schulwohnung, liegen.

Hier findet man unter den Landleuten die voigtländische Genügsamkeit zu Hause. Der Mittagstisch besteht jeden Tag in der Woche meist aus Kartoffeln, und doch ist aus den Kartoffeln zu jeder Mahlzeit ein anderes Gericht bereitet. Hier, Unzufriedener mit Welt und Menschen, lerne und beobachte mit wie Wenigen eine Familie leben und auskommen kann, und wie froh und heiter, wie bescheiden und anspruchslos diese Menschen dabei leben!

Das nach Bergen eingepfarrte und mit dem Rittergute verbundene Trieb hat ausser mehreren Kleinhäuslern auch bedeutende Bauerngüter, zu denen viele und schöne Waldungen gehören. Durch Trieb führt die alte Strasse nach Falkenstein. und dann bleibt Bergen rechts liegen.

Bergen mit Trieb gehört seit Einführung der neuen Gerichtsordnung zum Gerichtsamte Falkenstein.

(M. G.)